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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2022

Schulerweiterung Gymnasium Ziehenschule in Frankfurt am Main

Gymnasium Ziehenschule

Gymnasium Ziehenschule

2. Preis

Preisgeld: 36.300 EUR

Dietrich | Untertrifaller Architekten ZT GmbH

Architektur

DE BUHR LA

Landschaftsarchitektur

Bollinger+Grohmann

Tragwerksplanung

HL-Technik Engineering GmbH

Bauingenieurwesen

Crossboundaries

sonstige Fachplanung

Erläuterungstext

Die 1913 gegründete Ziehenschule in Frankfurt am Main ist mit rund 1.350 Schülern eines der größten Gymnasien der Stadt. Die Schule erstreckt sich über mehrere Gebäude, einen denkmalgeschützten Altbau aus dem Jahr 1913, einen Anbau (inkl. Turnhalle) aus den 1970er Jahren und einen Neubau aus 2011. Mit einem Erweiterungsbau samt 3-fach Sporthalle, der den 70er-Jahre-Anbau ersetzen wird, soll ein nachhaltiger, zukunftsfähiger Schulcampus entstehen, der auch die Anforderungen moderner pädagogischer Konzepte erfüllt.

Unser kompaktes, dreistöckiges Gebäude ist präzise in das heterogene Umfeld gesetzt und nimmt die baulichen Fluchten des Altbaus auf. Die zwei zueinander versetzten Gebäudeteile umschließen ein Atrium, das Herzstück des Neubaus. Das Erdgeschoss empfängt mit halböffentlichen Funktionen wie Foyer, Aula und Cafeteria. Eine Treppenskulptur im Atrium verbindet alle Ebenen, schafft zahlreiche Ein-, Aus- und Durchblicke. Rund um das Atrium gruppieren sich Unterrichtsräume, Lernlandschaften und Treffpunkte.

Die Sporthalle samt Nebenräumen haben wir ins Untergeschoss eingegraben, um den Fußabdruck möglichst klein zu halten. Als Verlängerung der Erschließungsspange verbindet im ersten Obergeschoss eine Brücke den Neubau mit dem Bestand. Diese zentrale Achse erleichtert die Orientierung und sorgt für kurze Wege. „Die großzügig und angemessen dimensionierte Brücke verbindet sich geschickt mit der zentralen Treppenanlage im Atrium und öffnet spannende Raumbeziehungen“, lobt die Jury.

Im Bestandsbau haben wir die ehemalige Turnhalle zur Pausenhalle umfunktioniert. Die darüberliegende, aktuell als Aula genutzte Fläche wird als zweigeschossige Mediathek und Bibliothek ausgebaut. Die unterschiedlichen Funktionen wie Verwaltung, MINT- und Sonderklassen, Werkstätten und Lernbereiche haben wir vertikal gegliedert und so eine übersichtliche Struktur erzielt.

Der Schulvorplatz fungiert als repräsentativer, adressbildender Freiraum. Mit Bäumen bepflanzt und festen Sitzelementen ausgestattet, dient er als sozialer Treffpunkt und kann auch für Unterricht im Freien genutzt werden. Der Neubau ist als Hybrid mit massivem Sockel und darüberliegendem leichten Holzbau konzipiert. Die begrünten Fassaden und Dächer fügen sich harmonisch in das Schulareal mit seinem schönen Baumbestand ein.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Leitidee basiert auf der präzisen Setzung eines baulichen Solitärs, der die baulichen Fluchten des denkmalgeschützten Schulhauses aufnimmt und sich in zwei zueinander versetzte Elemente um einen Innenhof als Atriumtypus gliedert. Die freiräumliche Struktur um das Gebäude ist klar formuliert und vernetzt sich mit den angrenzenden Bereichen.

Der Haupteingang liegt seitlich in der Fuge zwischen Neu- und Altbau und weist hinsichtlich der Adressbildung auch innenräumlich wenig Prägnanz auf. In der erdgeschossigen Raumfolge werden die Aula, die zentrale Treppenanlage und die Sporthalle als Raumkontinuum interpretiert. Die fehlende funktionale sowie akustische Trennbarkeit zur Aula wird kritisch eingeschätzt, was nur durch ein zusätzliches Raumelement kompensiert werden kann. Der nördlich angelegte Nebeneingang hat wie das Foyer am Haupteingang einen direkten Blick – und Wegebezug in das Atrium mit skulptural gestalteter und gleichsam inszenierter Treppenanlage. Dies bietet Orientierung, eine hohe räumliche Großzügigkeit und eigenständige Atmosphäre in den über alle Geschosse gespannten Atriumraum als „Herz“ der Schule. Die Brandabschnittbildung des Projektes ist insbesondere im Atriumbereich nicht nachgewiesen bzw. müssten die notwendigen Treppenhäuser zum Atrium überarbeitet werden.

Der Zugang der Vereine an der Südseite zur Sporthalle ist knapp bemessen und schwer auffindba

Der im denkmalgeschützten Bereich in der ehemaligen Aula angeordnete Pausenbereich im Erdgeschoss, der direkt von außen erschlossen wird, ist zwar funktional nachvollziehbar, bewirkt jedoch Eingriffe in das Denkmal Ziehenschule.

Im ersten Obergeschoss erfolgt ein uneingehauster Brückenschlag zwischen Alt-und Neubau und bildet mit einem geschickten Rückschnitt im Baukörper am erdgeschossigen Haupteingang einen überdachten Bereich für den Neubau.

Die großzügig und angemessen dimensionierte Brücke verbindet sich geschickt mit der zentralen Treppenanlage im Atrium und öffnet spannende Raumbeziehungen. Die im Atrium in den Obergeschossen eingefügten Raumkuben verstellen die Großzügigkeit des zentralen Raumes und wirken kleinteilig und heterogen gestaltet.

An das Atrium legen sich in den Obergeschossen Lernbereiche und Treffpunkte an, die jedoch durch die ringartige Erschließung überlagert und somit gestört werden. Die gleichwertigen, alle an den Fassaden angeordneten Klassen – und Lernräume werden positiv bewertet. Es wurden jedoch keine innovativen Raumstrukturen für die pädagogischen Bereiche, wie z.B. zukunftsorientierte Lernlandschaften entwickelt. Im Altbau werden die MINT-Bereiche über zwei Geschosse organisiert, was nicht den Anforderungen entspricht.

Die Denkmalbehörden bewerten den Entwurf im Rahmen des Umgebungsschutzes und im Hinblick auf die geplanten Eingriffe in das Kulturdenkmal Ziehenschule kritisch. Dies betrifft insbesondere die substanziellen Eingriffe im Bereich der Nordfassade im Erdgeschoss der ehemaligen Turnhalle sowie den Anschluss des Brückenbauwerkes im 1. OG der Nordfassade an bisher unversehrter Stelle. Der vorgesehene Fassadeneingriff im Bereich der ehemaligen Turnhalle erscheint im Rahmen einer Überarbeitung jedoch heilbar. Der singuläre Anschluss des Neubaus in nur einem Geschoss wird im Grundsatz begrüßt.

Es besteht ein technisch sinnvolles und intelligentes Zusammenwirken zwischen dem Einsatz der Wärmepumpentechnik mittels Geothermie und Abwasserkanalwärmetauscher und den daran angelegten Flächentemperierungssystemen. Die geforderte Be - und Entlüftung mit Wärmerückgewinnung ist leider nicht prüffähig dargestellt. Die Kompaktheit des Solitärgebäudes fördert die energetische Effizienz, wobei die relativ knappe Dimensionierung der Fensterbänder unter gestalterischen und funktionalen Gründen kritisiert wird.

Das Konzept eines Hybridbaues mit massiven Betonsockel im UG und EG und einem leichten Holzbau in den Obergeschossen ist nachvollziehbar, doch wenig innovativ. Es lässt sich eine wirtschaftliche Umsetzung des Projektes auf Grund der klaren Baukörperstruktur und kompakten Volumens erwarten. 

Das Projekt zeichnet sich durch eine klare städtebauliche Kubatur und Setzung im Kontext aus, entwickelt einen sehr spannungsvollen und räumlich großzügigen dreidimensionalen Atriumraum, wird jedoch im architektonischen Ausdruck und in räumlich funktionalen Teilbereichen auch kritisch hinterfragt.
Gymnasium Ziehenschule

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