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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2022

Dorfcampus Merzen – Neubau Grundschule und Dorf-/Jugendtreff

Teilansicht/Fassadenschnitt

Teilansicht/Fassadenschnitt

ein 3. Preis

Preisgeld: 10.000 EUR

bbp : architekten bda

Architektur

KEMMING Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Kontext und städtebauliches Konzept
Durch den Neubau der Grundschule und die zugehörige Neugestaltung der Außenanlagen in direkter Nachbarschaft zum Sportgelände wird ein Ort geschaffen, der - weit über die Schulfunktion hinaus - dem Dorf Merzen einen zentral gelegenen und multifunktionalen Campus hinzufügt. Die Grundschule der Samtgemeinde Neuenkirchen wird hier ebenso ein Zuhause finden wie die Vereins- und Jugendarbeit. Die Neuordnung der Verkehrssituation und die Stärkung der fußläufigen Wegeverbindungen integriert den Schulcampus in das vorhandene Ortsgefüge und schafft so einen Mehrwert für ganz Merzen.
Durch Auflösung des zu erschaffenden Gebäudevolumens in drei markante zweigeschossige Einzelkuben fügt sich der Neubau harmonisch in die dörfliche und weitgehend von Einfamilienhäusern geprägte Struktur ein. Die Anordnung der Kuben wirkt in der weitläufigen Umgebung einerseits spielerisch, fast schon zufällig, lässt aber zugleich ein Spannungsfeld zwischen den Baukörpern entstehen. Dessen Mitte schafft als lichte Halle die räumliche Verbindung der Funktionsbereiche und ist das Herzstück des Gebäudeensembles. Zwischen den einzelnen Kuben entstehen zudem spannungsvolle und räumlich gefasste Außenbereiche mit unterschiedlichem Charakter, welche die angegliederten Funktionen optimal ergänzen.

Struktur und Funktion
Der Zugang zum Campus aus Norden erfolgt sowohl über einen breiten Fußweg sowie den Busparkplatz mit angelagerter Kiss+Ride-Zone. Durch die Bildung von „grünen Inseln“ zur Zonierung des Außenraumes wird eine organischen Wegeführung geschaffen, die den Besucher über das leicht abfallende Gelände zum Schulhof und zum Haupteingang leitet. Über diesen gelangt man in die zweigeschossige Halle, welche mit repräsentativer Haupttreppe und Galerie zugleich Foyer- und Verteilerfunktion übernimmt und als Treffpunkt und kommunikativer Möglichkeitsraum dient.
Die auf diese Weise zentral erschlossenen Gebäudeteile unterscheiden sich sowohl in Proportion und Größe als auch in ihrer Funktionalität. Während der nördlich an die Halle angegliederte Kubus gemeinschaftlich genutzte Funktionen wie Aula, Musikraum und Mensa im Erdgeschoss sowie Verwaltung, Lehrerzimmer und Bücherei im Obergeschoss aufnimmt, beherbergt der östliche Kubus Ganztagsbereich und Jugendzentrum (Erdgeschoss) sowie die Fachräume im Obergeschoss. Der größte, westlich positionierte Kubus beinhaltet den Unterrichtsbereich mit Klassen- und Differenzierungsräumen. Die Anordnung ermöglicht eine Aufteilung auf zwei Cluster je Geschoss.
Alle Verkehrs- und Aufenthaltszonen in den Gebäuden profitieren über die zentral angeordneten Innenhöfe von direktem Außenbezug. Die klare Strukturierung der Baukörper sowie die verständliche und funktionale Ordnung der benötigten Räumlichkeiten ermöglicht eine einfache Orientierung im gesamten Gebäude. Es entsteht ein offenes, kommunikationsförderndes und multifunktionales Haus, das sowohl den Bedürfnissen von Schülern und Lehrern als auch aller anderen Nutzergruppen Rechnung trägt.

Materialität und Fassade
Die kubischen Gebäudeteile werden in nachhaltiger Holz-Beton-Verbundbauweise errichtet und erhalten eine natürliche und in Würde alternde Holzfassade. Eine auf Abstand gesetzte Lattung verleiht der Fassade Tiefe und ermöglicht zugleich die harmonische Integration von Öffnungsflügeln und dezentralen Lüftungselementen.
In bewusstem Kontrast erhält die Halle eine vollständig transparente Fassade als Pfosten-Riegel-Konstruktion. Die Dachflächen werden als Gründach (Retentionsdach) ausgeführt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf arrangiert drei einzelne, zweigeschossige Baukörper, welche durch eine zentrale Halle zu einem differenzierten, kompakten Gebäudeensemble verbunden werden. Die Gebäudehöhen und die Körnung der einzelnen Bauvolumen erscheinen in der Maßstäblichkeit für die gewachsenen Strukturen Merzens angemessen. Das Arrangement wird zurückliegend von dem Straßenraum im Norden des Grundstücks platziert und lässt einen großen, begrünten Freiraum für die Nutzungen der Parkplatzflächen und des Busbahnhofes, sowie für den Pausenhof frei.

Die Gebäudefassaden fassen drei Zugangshöfe, welche sich zu den peripheren Außenbereichen öffnen und Adressen und Aufenthaltsbereiche für die verschiedenen Funktionsbereiche ausbilden. Das Konzept einer 'Schule im Grünen' wird begrüßt, in seiner Zurückgezogenheit und Präsenz der Zugangsgeste aber auch kritisch gesehen. Die Differenzierung der drei Höfe wird im Sinne einer autarken, separierten Nutzbarkeit, insbesondere für das 'Jugendhaus' begrüßt, hat aber in der Ausrichtung des Schulhofes in Richtung der Erschließungs- und Parkierungszonen seine Schwächen und wird in den südlichen Freiflächen in Bezug zu der Sporthalle als zu beengt empfunden. Weiter wird die fußläufige Durchlässigkeit des Grundstücks in Nord-Süd-Richtung, trotz des gefälligen Arrangements der Baukörper, als ´sperrig´ und wenig selbstverständlich beurteilt.

Das Gebäudeensemble wird über den Pausenhof von Nord-Westen erschlossen. Von hier gelangt man in ein zentrales Foyer, welches als ´Transitraum´ und als erweiterter, überdachter Pausenhof zwischen den Außenräumen gefällig vermittelt. Kritisch wird hier die Nutzbarkeit im Sinne einer erweiterten schulischen Nutzung gesehen und insbesondere im Obergeschoss und in der Erreichbarkeit der Mensa verbleibt der Eindruck einer Verkehrsfläche, welche sich zu stark von den Räumlichkeiten der Schule isoliert und das A/V- Verhältnis der Baumaßnahme vergleichsweise zu Ungunsten beeinflusst. Die klare Funktionszuweisung der einzelnen Baukörper in der Grundrissorganisation wird in der Lage zu den Außenbereichen und in der guten Orientierung und Identifikation gewürdigt. Die autarke und gute Nutzbarkeit des Veranstaltungsraumes für die Nutzungen des Jugendhauses finden besondere Zustimmung. Kritisiert werden der relativ weite Weg zur Sporthalle und die Distanz Mensa zum Ganztagesbereich.

Die Clustereinheiten der Klassenzimmer werden um einen zentralen Innenhof organisiert und erhalten somit eine zusätzliche Belichtung und eine visuelle Transparenz. Kritisch wird die Nutzbarkeit aufgrund der Anforderungen des Brandschutzes in Bezug auf die offenen Mitten gesehen und somit deren räumliche Qualität in realiter angezweifelt.

Die klar gegliederten Holzfassaden mit den tiefen, bespielbaren Fensterleibungen wissen zu gefallen und unterstützen durch die Ausgestaltung eines Schwellenraumes in der Fassade den Bezug zu den Außenräumen. Die hybride Deckenkonstruktion wird als ambitioniert gewürdigt, führt aber nach Einschätzung der Jury durch die Ausrichtung der Spannrichtung der tragenden Struktur vermutlich zu Konflikten mit der technischen Gebäudeausstattung. Die Materialwahl der vertikalen Holzbekleidung wirkt wertig, zeitgemäß und für eine Grundschule angemessen. Kritisch werden hier die Fragen der Unterhaltung gesehen.

Der relativ weit von der Hauptstraße und den Parkplätzen entfernte Haupteingang wirkt für den Schulneubau wenig adressbildend. Die vorgelagerte Campusbühne sowie die bespielbare Grüninsel vor dem Haupteingang wirken auch von der Nutzung her ein wenig deplatziert. Der Zugang zum Jugendtreff ist folgerichtig am südlichem Eingang Richtung Dorf angeordnet und mit einem zusätzlichen Sitzbereich ausgestattet. Der östlich orientierte Außenbereich der Mensa mit Küchengarten und Klima-Lehrpfad wirkt etwas zwanghaft. Stark verbesserungswürdig wäre die Erschließung des Grundstücks mittels Bus und PKW: Die Überschneidung des Bus- und Pkw-Verkehrs bewirkt ein erhöhtes Gefährdungspotential bei Ausweisung einer geringen Anzahl von Kiss + Ride Parkplätzen. Die formale Ausgestaltung in den Außenanlagen wirkt insgesamt vergleichsweise zu ideenarm, mit zu wenig Bezügen zu den Baukörpern bzw. zu deren direkter Umgebung. Eine Zonierung von Nutzungsbereichen im Freiraum wird vermisst, ebenso wie eine erkennbare Ausgestaltung als Dorfcampus.
Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Erdgeschoss