modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 10/2022

Neubau Gutenberg-Museum in Mainz

Modellbild

Modellbild

2. Preis

RIEHLE KOETH

Architektur

Carmody Groarke Ltd.

sonstige Fachplanung

TÜV SÜD AG

Brandschutzplanung

Béla Berec Architektur-Modellbau-Gestaltung

Modellbau

Erläuterungstext

Ein neuer Platz für Mainz

Zwischen den beiden vorgeschlagenen Gebäuden des neuen Gutenberg-Museums wird ein neuer öffentlicher Platz für die Stadt Mainz geschaffen. Dieser neue ‚Gutenberg-Museumsplatz‘ ersetzt die historische Seilergasse und schafft eine starke visuelle Verbindung zum Liebfrauenplatz und dem Mainzer Dom. Unter Berücksichtigung der bestehenden öffentlichen Durchwegungen vom Marktplatz bis zum Rhein (Ost-West) und jenseits des bestehenden Museums zum Rebstockplatz (Nord-Süd) verwebt der neue öffentliche Raum diese bestehenden Stadtverbindungen mit dem Museum und dem Domplatz.

Das Museum wird in Form zweier separater Gebäudeteile arrangiert, um einen großzügigen neuen öffentlichen Platz für alle zu schaffen. Dieser neue öffentliche Raum stärkt die Öffentlichkeit des Museums, verleiht der neuen Hauptfassade nach Westen Prominenz und dient als neuer Orientierungspunkt innerhalb der Stadt, wodurch das Gutenberg-Museum seiner öffentlichen Rolle und städtischen Verantwortung gerecht wird.  

Das primäre Museumsgebäude schließt sich an die Rückseite des historischen Römischen Kaisers an. Ein dreigeschossiges Foyer über die volle Länge des historischen Bestandsgebäudes dient als neuer öffentlicher Innenraum. Das ‚Gutenberg-Foyer‘ verbindet die Museumserweiterung funktional mit dem Römischen Kaiser und trennt gleichzeitig die Gebäudeteile kompositorisch voneinander. Dies erlaubt innenräumlich das gewünschte Erlebbarmachen der historischen Rückfassade und damit die Lesbarkeit der historischen Evolution des Gebäudeensembles.

Die Haupterweiterung des Museums erstreckt sich über vier Obergeschosse, wobei die flexiblen Galerienräume und die primären Museumsfunktionen in den unteren drei Stockwerken untergebracht und über Brücken mit den Verwaltungs- und Unterstützungsfunktionen im Römischen Kaiser verbunden sind. 

Während die kunstbelichteten Museumsräume eine solide Basis und geschlossene Form bilden, wird das ‚Gutenberg-Forum‘ im obersten Geschoss als ein ‚Raum für die Stadt‘ in Form einer transparenten, offenen Krone konzipiert. Das Forum nutzt so die Möglichkeit des Tageslichtes aus und profitiert von der Aussicht auf den Dom, die Dachlandschaft der Stadt und den Rhein in unmittelbarer Nähe. Eine große Dachterrasse umspült dieses offene, flexible Obergeschoss und ermöglicht so verschiedene Modi von internen und externen Veranstaltungen.

Im Erdgeschoss des Römischen Kaisers befinden sich die historische Werkstatt, der Museums-Shop und das Café, die oberen Etagen werden für die Verwaltung genutzt. Das Hotel Schwan ist als Teil des Ensembles konzipiert, das im Erdgeschoss als Café-Bar und in den Obergeschossen in Mitglieder- und Begegnungsräume für das Museum umgenutzt wird (erzeugt zusätzliche Einnahmen) und die Stadtschreiber-Wohnung aufnimmt.

Das zweite Gebäude des Ensembles nutzt den im Jahr 2000 errichteten Flügel als öffentlich zugängliches Bildungsgebäude, in dem sich der Druckshop, das Kindermuseum sowie die Lese- und Forschungsfunktionen befinden. Das oberste Stockwerk verfügt über eine offene Dachterrasse und bietet eine Gemeinschaftsfunktion an, die es allen Bürgern ermöglicht, sich mit dem Museum zu beschäftigen und das Bildungsangebot zu erweitern. Das Bildungsgebäude ist im Untergeschoss mit dem Hauptgebäude des Museums verbunden. Service und Zugänglichkeit werden über diesen Bereich abgewickelt. 

Ein offenes Museum für die Stadt

Das neue Museum ist im Erdgeschoss offen und durchlässig konzipiert und wird die Menschen von mehreren Seiten in das Museum einladen, um einen belebten und inklusiven Raum auf Stadtniveau zu schaffen. Zugänge in Kreuzform führen zu einem zentralen Orientierungspunkt für das Museum, der sich vom Marktplatz im Westen, dem Liebfrauenplatz im Süden (durch den historischen Kutscheneingang) und der Rotekopfgasse im Osten erstreckt. Dieser neue zentrale Foyer-Raum ist in Ost-West-Richtung zwischen dem historischen Römischen Kaiser und den neuen Galeriefunktionen des Museums aufgespannt und symbolisch als leichtes Holz-Dach zwischen den soliden Massen des Römischen Kaisers und der Museums-Erweiterung formuliert.

Darüber hinaus sieht der Entwurf vor, die historischen Eingangstüren zum Römischen Kaiser wieder zu öffnen, wodurch eine zusätzliche Durchlässigkeit vom belebten Liebfrauenplatz in den Shop und das Café geschaffen wird. Die aktiven Nutzungen werden das Erdgeschoss beleben und zwischen dem belebten Platz und dem öffentlichen Foyer vermitteln. Diese Räume innerhalb des historischen Bestandsgebäudes schließen auch direkt an das Hauptfoyer im Erweiterungsbau an, was für mehr Porosität und Verbindungen vom Erdgeschoss zur Stadt sorgt.

Dieses neue, großzügige und einladende Foyer ermöglicht dem Besucher gleichzeitig einen Blick auf die Gesamtheit der historischen Anlage des Römischen Kaisers und zeigt die ablesbare Erschließung der neuen Museumsgeschosse. Eine Freitreppe führt den Besucher vom Erdgeschoss über mehrere kaskadenartige Ebenen nach oben und gibt den Blick frei auf die oberen Galerien und das Forum. Die lineare Treppe führt auf jeder Etage zurück zum Haupteingang der Galerie und zu den Aufzügen und ermöglicht eine Promenade durch das Foyer und angrenzende Ausblicke auf die Stadt. In der Abfolge der Galerien des Museums ist dies ein wichtiger Orientierungspunkt für alle und ein Raum mit Tageslicht, der den Besucher zwischen den einzelnen Kunstlicht-Galerien erfrischt.
Das Foyer ist damit ein gut lesbarer und einladender Empfangsraum, der die Hauptorientierung für das Museum und die Grundlage für einen Ausstellungsrundgang mit einer klaren Besucherroute darstellt:

Die Besucherroute beginnt im Erdgeschoss, welches zu allen Seiten Museumsbesucher und Passanten über einen Blick auf die historischen Gutenberg-Pressen, multiple teilweise historisch reaktivierte Zugänge und aktivierte Nutzungen am Römischen Kaiser wie die historische Werkstatt, den Museumshop oder das Café in das Museum ziehen. Das Untergeschoss bietet neben den dienenden Funktionen (Toiletten, Garderobe, Schließfächer) mit dem Schaulager einen besonderen Ausstellungsraum in direkter Nähe zu den untergeordneten Depotflächen. Die Dauerausstellung erstreckt sich über das Erdgeschoss und erste Obergeschoss, wobei die Gutenberg-Schatzkammer im Zentrum des Rundganges und symbolisch in der Mitte der OG1-Galerie steht. Das zweite Geschoss beherbergt mit den Werkstätten den Abschluss der Dauerausstellung und einen flexiblen Galerie-Raum für die temporäre Ausstellung mit direktem Anschluss an den Lastenlift. Im dritten Obergeschoss befindet sich das Gutenberg-Forum, welches isoliert von den abtrennbaren Galerieräumen auch zu den Schließzeiten des Hauptmuseums über das Foyer autark betrieben werden kann.   
Nach dem Rundgang kann der Museumsbesuch im Café im historischen Hotel Schwan ausklingen. Über den Römischen Kaiser mit dem Foyer und der Rezeption verbunden verfügt das Café über eine Außenbestuhlung in der Rotekopfstraße und lädt zum Verweilen in einer für Mainz charakteristischen Gasse ein.

Ein Ensemble aus Zeitschichten

Die neuen Gebäude kennzeichnen horizontale Bänderungen, die von den Höhen und Fassaden-Proportionen des Römischen Kaisers abgeleitet wurden. Dieser Materialverlauf verleiht dem Gebäude einen sedimentären Ausdruck und eine tragende Materialqualität. Als Massivbau konzipiert schlagen wir vor, das Gebäude aus kalkgehärteten (Stein-)Blöcken zu errichten, die aus dem Abbruch und Aushub des bestehenden Gebäudes und des Geländes stammen. Dabei handelt es sich um ein neues Verfahren, welches wir bereits bei einem anderen Projekt erfolgreich einsetzen, bei dem die Materialien gemischt und verdichtet werden und dann mit hydraulischem Kalk aushärten (karbonisieren). Das Verfahren ermöglicht es uns, die Größe der Blöcke im Guss zu verändern, so dass sie als monolithisches, massives und tragfähiges Material konzipiert werden können.

In Anbetracht des städtischen Charakters des Gebäudes und der internationalen Bedeutung der Sammlung schlagen wir vor, den Verdichtungsprozess des Materials zu nutzen, um die Oberfläche der Steine mit dem Text des ersten gedruckten historischen Buches zu bedrucken. Wir schlagen vor, dass dieser Text spiegelverkehrt gedruckt wird - wie die Druckplatte der historischen Guttenberg-Presse. Dieses Verfahren ist sowohl symbolisch als auch sehr nachhaltig: Wir beabsichtigen 100% der Abfallmaterialien des Standorts für die Fassade zu verwenden (kurze Wege zwischen Materialquelle und Standort). Der Prozess des Verdichtens (anstelle Brennens) ist sehr energiearm in der Herstellung. Das Material bindet während seiner gesamten Lebensdauer Kohlenstoff, da es weiter aushärtet. Die Farbe des Materials wird von den Abfallstoffen abgeleitet, aus denen es hergestellt wird. Dazu gehört eine Reihe von warmen Grau-, Honig- und Rosatönen.

Das solide Gebäude weist eine Reihe von sehr spezifischen Öffnungen auf, die sich auf die genauen Funktionen des Innenraums beziehen. Ein angerissener Bogen markiert den Haupteingang an der Westseite, verleiht diesem Eingang die höchste Ordnung und bezieht sich proportional auf die historische bogenförmige Kutschen-Einfahrt des Römischen Kaisers nebenan. Weitere Fenster stellen eine Verbindung zwischen dem Museumsbetrieb und der Stadt her und ermöglichen es dem Besucher, in der Ausstellung innezuhalten und den Blick auf die Stadt zu richten. Die Position dieser Fenster steht im Zusammenhang mit dieser Nutzung, bei der einige Fenster bündig mit der Fassade abschließen und andere in die Tiefe gezogen sind, um einen Außenraum für die Betrachtung zu schaffen.

Am oberen Abschluss des massiven Gebäudes wird ein ‚Fries‘ vorgeschlagen, der die historischen Gutenberg-Bronzetafeln als abstrakte dekorative Elemente trägt und der Nordfassade des Hauptmuseums einen höheren Status verleiht. Dieser Fries dient gleichzeitig als Fenster für das Museum, durch das man die Rückseite dieser Bronzetafel-Kunstwerke aus nächster Nähe betrachten kann.

Eine leichte Holzpavillonstruktur definiert das Forum-Gebäude auf dem Dach. Diese Struktur spendet Schatten, damit das Obergeschoss überwiegend verglast werden kann, um die wunderbare Aussicht über die Stadt zu genießen. Eine große Terrasse erstreckt sich im Osten, Westen und Süden über das Dach des Foyers. Sie ist als externer Gartenraum gedacht, der die Funktionen des Forums unterstützen und die öffentliche Nutzung des Außenraums auf dieser erhöhten Ebene fördern kann.

Das Bildungsgebäude ist aus denselben massiven, tragenden Blöcken gebaut, die aus den Abbruchmaterialien hergestellt wurden. Diese stehen in einem proportionalen Verhältnis zum primären Museumsgebäude, sind aber nicht mit einem erhabenen Wert aus gepressten Schriftzügen versehen. Es wird Teil des Ensembles von Museumsgebäuden, aber in der Beziehung als sekundäre und unterstützende Funktion zum primären Museumsgebäude geordnet.

Umwelt und Nachhaltigkeit

Primäres Ziel des ganzheitlichen und zukunftsorientierten Gebäudekonzeptes ist die Zufriedenheit der Nutzer im Hinblick auf die thermische und akustische Behaglichkeit, den Einsatz regenerativer Energien (Schonung der Umwelt und der natürlichen Ressourcen), eine optimierte Energieeffizienz sowie minimierte Lebenszykluskosten (hohe Wirtschaftlichkeit und Funktionalität, niedriger Energiebedarf und niedrige Folgekosten/Betriebskosten). Um dies zu erreichen, werden zunächst passive, bauliche Maßnahmen entwickelt, um den Bedarf an aktiver Wärme- und Kälteenergie sowie den Strombedarf zu minimieren. Zur Deckung des verbleibenden Energiebedarfs wird der Einsatz von regenerativen Energien (Geothermie, Wärmepumpe) vorgesehen. So kann ein schlankes Versorgungskonzept mit reduzierten Investitionskosten, wartungsarmer Technik und niedrigen Betriebskosten entwickelt werden.

Bei der Wahl der Materialien für Tragwerk und Ausbau wird abhängig von den Funktionen so wenig Beton wie nötig und so viel Holz wie möglich eingesetzt. Die gestapelten, besonders zu schützenden Kunstlicht-Galerien werden in einer gewichtsoptimierten Bauweise aus Recycling-Beton erstellt. Der Einsatz von Beton für diese Bereiche erlaubt flexible offene Räume mit wenig Stützen und vertretbaren Spannweiten. Die thermische Masse erleichtert die Kontrolle der erforderlichen Temperatur- und Feuchtigkeits-Niveaus für die Ausstellungsräume (energieeffizientes Lüftungssystem mit hohem Energierückgewinnungsgrad für hohen thermischen Komfort und gute Raumluftqualität). Der zurückversetzte Aufbau des Gutenberg-Forums sowie das zwischen historischem Bestand und Museumserweiterung positionierte Foyer werden in einer leichten Holzkonstruktion vorgeschlagen. Im Gegensatz zu den dunklen, mechanisch kontrollierten Ausstellungsräumen, profitieren diese Bereiche von einer optimalen Tageslichtausnutzung und dem Einsatz einer natürlichen Lüftung.

Die vorgeschlagene vollständige Verwertung des Abbruchmaterials des Bestandes bei der Erstellung der Fassade verbessert die CO-2 Bilanz des neuen Museums und steht symbolisch für einen zeitgemäßen und vorbildlichen Nachhaltigkeitsansatz.

Brandschutz

Das Brandschutzkonzept formuliert insgesamt vier Bereiche aus - die beiden Denkmäler (Römischer Kaiser und Hotel Schwan), das Foyer, den Neubau sowie den Erweiterungsbau. Alle Gebäude werden mit einer Brandmeldeanlage ausgerüstet. Alle Treppenräume werden als notwendige Treppenräume i.S.d. Bauordnung ausformuliert.

Der Neubau wird mit einer automatischen Hochdrucklöschtechnik ausgestattet – woraus sich diverse Vorteile ergeben. Der Erhalt der denkmalgeschützten Gebäude ohne größere Eingriffe, der Sachwertschutz im Museum (kein Wasserschaden im Auslösefall) und das Foyer kann in die Fluchtwegkonzeption integriert werden. Eine automatische Rauchableitung im Foyer wird integriert.
Alle Räume im Neubau werden an zwei bauliche Rettungswege (Treppenräume) angeschlossen. Der Erweiterungsbau besitzt einen notwendigen Treppenraum als erster Rettungsweg, der zweite Rettungsweg kann aufgrund der Größe der Einheiten über Geräte der Feuerwehr erfolgen.
Modellbild

Modellbild

Verweben des öffentlichen Raumes - das Gutenberg-Museum als allseitige Adresse im Stadtraum

Verweben des öffentlichen Raumes - das Gutenberg-Museum als allseitige Adresse im Stadtraum

Das Gutenberg-Ensemble als platzschaffendes Element in der Stadt

Das Gutenberg-Ensemble als platzschaffendes Element in der Stadt

Schwarzplan

Schwarzplan

Lageplan

Lageplan

Grundriss EG

Grundriss EG

Grundriss 1. OG

Grundriss 1. OG

Grundriss 2. OG

Grundriss 2. OG

Grundriss 3. OG

Grundriss 3. OG

Schnitt-Ansicht von Liebfrauenplatz

Schnitt-Ansicht von Liebfrauenplatz

Schnitt-Ansicht von Sailergasse

Schnitt-Ansicht von Sailergasse

Schnitt-Ansicht von Mailandsgasse

Schnitt-Ansicht von Mailandsgasse

Schnitt-Ansicht von Rotekopfgasse

Schnitt-Ansicht von Rotekopfgasse

Die Seilergasse als neuer verbindender Platz zwischen den beiden Museumskörpern – Visuelle Verbindung zu Liebfrauenplatz und Mainzer Dom

Die Seilergasse als neuer verbindender Platz zwischen den beiden Museumskörpern – Visuelle Verbindung zu Liebfrauenplatz und Mainzer Dom

Ein allseitiges öffentliches Foyer zwischen Römischer Kaiser und Neubau – Zentraler Orientierungs- und Begegnungsraum

Ein allseitiges öffentliches Foyer zwischen Römischer Kaiser und Neubau – Zentraler Orientierungs- und Begegnungsraum

Detailansicht

Detailansicht

Fassadenkonzept

Fassadenkonzept