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Nichtoffener Wettbewerb | 08/2022

Neubau einer Kita mit mind. 5 Gruppen und zwei angegliederten Einfeld-Sporthallen in Aachen

Perspektive der Eingangssituation

Perspektive der Eingangssituation

1. Preis

Preisgeld: 26.000 EUR

kadawittfeldarchitektur

Architektur

wh-p Ingenieure

Bauingenieurwesen, Tragwerksplanung

Erläuterungstext

„Ein Garten für die Kinder“

An zentraler Stelle der Aachener Innenstadt- unweit des Kleinmarschiertores an der Franzstraße- ist eine KITA mit 6 Gruppen und zwei Einfeld Sporthallen geplant. Die KITA fügt sich auf selbstverständliche Weise in ihrer Höhenentwicklung und in ihrer Gebäudetiefe in den bestehenden Blockrand ein. Trotz der Enge des Baufeldes und der komplexen Topografie vor Ort ist das Ziel, den Kindern im Blockinneren im historischen Kontext möglichst viele nutzbare Gartenflächen zum Aufenthalt im Freien und maximalen Bezug zum Grünraum zu bieten. Im übertragenen Sinn entsteht tatsächlich ein „Kinder- Garten“.

1. Städtebauliche Einbettung und Erschließung:
Das Ziel, den Raum im Blockinneren als Gartenfläche nutzbar zu machen, gelingt durch die Anordnung der doppelgeschossigen Doppelturnhalle am südwestlichen Ende des Grundstückes im Untergeschoss. Das Dach der Halle dient den Kindern als Garten, der ebenerdig an die erste Etage der KITA gekoppelt ist. Die Oberkante Fußboden Turnhalle befindet sich somit etwa 3,80m unter dem ebenerdigen Eingangsniveau auf Franzstraßen- Seite (NN +171,20m). Im nordöstlichen Teil der Unterkellerung kann Franzstraßen- seitig an der Längsseite -neben- der Turnhalle (unter dem ebenerdigen Eingangsbereich Franzstraße) der Großteil der Nebenflächen für die Halle angeordnet werden. Über dieser Nebenflächen- Spange im Keller entwickelt sich ein maximal 3-geschossiger Gebäuderiegel (+Staffelgeschoß), der den Blockrand unter Berücksichtigung der Abstandsflächen zu allen Seiten angemessen zu schließen vermag, nach oben ohne die Turnhalle statisch zu beeinträchtigen.

Die drei bis vier- geschossige KITA sitzt nicht auf der Turnhalle, sondern neben der Turnhalle: Der Neubau kann somit im Norden (Attika Höhe NN +184,50m) dreigeschossig an den zukünftigen Wohnbau auf gleicher Höhe anschließen, während sich im Süden das Staffelgeschoß auf +187,40m erstreckt (siehe bitte Lageplan und Ansicht Franzstraße). Vom Eingang an der Franzstraße aus, kann man bereits in den Luftraum der Turnhalle blicken und über einen Aufzug barrierefrei nach unten gelangen.

Der Neubau verfügt über getrennte, ebenerdige Eingänge für die KITA (NN 171,20) und die Sporthallen (NN 171,20) an der Franzstraße. Zusätzlich befinden sich dort noch Zufahrten eines Fahrradabstellplatzes (NN 172,10m) für KITA- Besucher, eine weitere Fahrrad- Zufahrt auf NN 170,30m, sowie eine Durchfahrt (Wartung) zum KITA- Außengelände im Blockinneren am nördlichen Ende des Gebäudes. Mit den ebenerdigen Eingängen, den repräsentativen Foyers und den Fahrrad- Garagen bietet das Haus eine angenehme Kontaktfläche zur Stadt und einen Ebenen- gleichen und großzügigen Zugang der Kinder in den Garten auf dem Dach der Sporthalle.

2. Architektur und Nutzung:
Die Fassadenkontur an der Franzstraße weicht im Eingangsbereich für Kindergarten und Sporthalle zurück und weitet das eher enge Straßenprofil der Franzstraße. Es entsteht ein angemessener Vorplatz. Betritt man die beiden unabhängigen Foyers, kann man von beiden Seiten (KITA und Turnen), wie von einer Empore aus, in die darunter liegende Turnhalle blicken. Über die Verglasung an den Foyers ist die Turnhalle darüber hinaus auch von drei Seiten natürlich belichtet. Eine Freitreppe, ein Aufzug und ein Fluchttreppenhaus erschließen das Turnhallen- Niveau im UG, ohne den KITA Betrieb zu beinträchtigen. Über einen weiteren Aufzug (mit Treppenhaus) gelangt man nach oben in die KITA- Etagen. Sämtliche Gruppenräume liegen an der Fassade mit Blick in den innenliegenden Garten. Sie sind zudem mit Balkonen ausgestattet. Vom ersten Obergeschoß aus erreicht man ebenerdig die begrünte Dachfläche der Turnhalle, die zum Spielen unter freiem Himmel einlädt. Eine Sitz-Freitreppe an der Terrasse im 2. Obergeschoss gewährleistet auch von oben einen Zugang auf das Dach der Sporthallen. Das Staffelgeschoss in der dritten Etage beherbergt die Räumlichkeiten für das Personal, die Leitung und die Küche der KITA. Auch die Verwaltung erhält einen großzügigen, begrünten Dachgarten mit Gewächshäusern (urban gardening). Der Binnenraum des Blockrandes verwandelt sich so in eine Dach- Terrassen- und Gartenlandschaft, die den Entdeckergeist der Kinder weckt, die Orientierung erleichtert und einen Beitrag zur Biodiversität leistet.

3. Materialien und Fassade:
Die Fassadengestaltung des neuen Gebäudes nimmt einerseits Bezug zur bisherigen Bebauung an diesem Ort auf, zum anderen ist sie je nach Lage (Franzstraße oder Binnenraum) differenziert gestaltet. So werden die Fassaden- Ziegel des bestehenden Gebäudes (es wird zugunsten der neuen KITA rückgebaut) in Form von Modulen zusammengefügt und am neuen Gebäude angebracht. An der Franzstraße entsteht ein Pattern aus Ziegelstein- Modulen und großzügigen Lochfenstern, das abwechslungsreich und freundlich wirkt. Zudem ist der Wiedereinsatz der alten Steine von außen sichtbar. Während sich die Lochfassade in ihrer vertikalen Gliederung in die Nachbarschaft unprätentiös einfügt, ist die Gartenseite des Gebäudes im Sinne der Terrassen- Garten- Landschaft eher horizontal gegliedert. Die einzelnen Deckenplatten aus Recycling- Beton (Bestandsbau) sind an den Terrassen (wie Schiffsdecks) sichtbar abzulesen. Zwischen den Deckenplatten werden in einem sinnvollen energetischen Verhältnis opake Paneele aus wiederverwendeten Modulen mit Ziegelsteinen und bodentiefen Verglasungen (evtl. Brüstungen als Pflanztröge) eingesetzt (siehe bitte auch Fassadenschnitt und Kapitel 5 Erläuterungstext).

4. Freiraumgestaltung:
Die Leitidee der Außenanlagen für die neue KiTa Franzstraße ist die Schaffung von differenzierten Grün- und Spielräumen auf drei Ebenen im Innenbereich sowie einladenden Platzsituationen im Außenbereich zur Franzstraße. Die Formensprache zeichnet sich durch zahlreiche Vor- und Rücksprünge aus, so dass viele Orte der Bewegung und Kommunikation für Kinder, Eltern und Mitarbeitende entstehen.
Der VORBEREICH in der Franzstraße ist durch einen warmfarbigen Bodenbelag freundlich und einladend gestaltet. In den neu geschaffenen Nischen zwischen den Straßenbäumen werden Aufenthaltsbereiche, Fahrradstellplätze oder Pkw-Stellplätze für Kurzzeitparker eingerichtet.
Die Freiflächen der Kita befinden sich auf drei Ebenen: Dem „WALDGARTEN“ auf gleichem Niveau wie das Erdgeschoss im Bereich der nicht unterbauten Grünfläche im Westen, der „SPIELTERRASSE“ auf der Dachfläche der Sporthalle und dem „DACHGARTEN“ im 3. OG. Der „WALDGARTEN“ ist ein naturnaher Grünraum, welcher abwechslungsreiche Spiel- und Bewegungsmöglichkeiten bietet. Die Vegetationsflächen und der vorhandene Baumbestand geben den Kindern Nischen zum Rückzug, Räume zum Lernen sowie Naturerlebnisse. Für die Zufahrt kommt ein versickerungsfähiger Bodenbelag zum Einsatz, um den Versiegelungsgrad zu verringern.

Die SPIELTERRASSE auf Höhe des 1.OG zeichnet sich durch großzügige, barrierefreie Freiflächen aus Betonpflaster und Kunstrasen aus, die Raum für freie Bewegung, sportliche Aktivitäten und Kita-Veranstaltungen bieten. Mehrere Spielhügel am westlichen Rand erweitern das Spielangebot und fördern die Kreativität und Fantasie der Kinder. Für U3-Kinder werden in unmittelbarer Nähe des Gruppenraums eine kleine Sandfläche sowie ein Spieldeck eingerichtet. Schattige Orte werden durch die Pergola, die Sonnensegel und kleine Bäume an den Randbereichen geschaffen. Die untere Sandfläche im Waldgarten kann man sowohl durch eine Rutsche als auch eine Außentreppe erreichen. Von dort gelangt man durch die neu angelegte Erdmodellierung und den Stufen- und Kletterhang zurück zur Spielterrasse. Vegetationsflächen im Süden schirmen die Spielterrasse zum Nachbargrundstück ab. Auf dem DACHGARTEN können Kinder die Entwicklung selbstgezogener Pflanzen von der Aussaat bis zur Ernte miterleben. Eine Vielzahl unterschiedlicher Farben, Formen und Düfte können wahrgenommen, Früchte, Kräuter und Gemüse gegessen und verarbeitet werden. Hier gibt es kleinteilige Elemente wie Holzdecks oder Hochbeete in verschiedenen Formaten.

Der Regenwasserabfluss in den Außenanlagen wird gestalterisch sichtbar gemacht. Das Regenwasser der Dachflächen wird in zwei Regentonnen gesammelt und zur Bewässerung der Pflanzen verwendet. Das Oberflächenwasser der Spielterrasse wird durch eine seichte Mulde zu einer kaskadenartigen Böschung an der südwestlichen Seite der Sporthalle geleitet, die bis hinunter zum Waldgarten führt. Die Kaskaden-Böschung hat Bodenkontakt, so dass das Regenwasser dort zurückgehalten und ggf. versickern werden kann.

5. Maßnahmen in Bezug auf klimagerechtes und nachhaltiges Bauen:
Der Neubau der KiTa mit den angegliederten Sporthallen kann durch sein integrales Nachhaltigkeitskonzept der Vorbildfunktion der Stadt Aachen als öffentlicher Bauherr gerecht werden und die Vorgaben einer BNB Silber Zertifizierung einhalten. Das zukunftsfähige Gebäude ist durch die erneuerbare Energieversorgung und das Wassermanagement im Betrieb sowohl wirtschaftlich als auch ökologisch.

Materialienwahl- Wiederverwendung der abgerissenen Bausubstanz:
Die Materialauswahl konzentriert sich auf geringe Umweltauswirkungen, wohngesunde Baustoffe und Wiederverwendung aus dem Bestand. Die Materialien des bestehenden Bauwerks werden größtmöglich wiederverwendet oder -verwertet um den ökologischen Fußabdruck so gering wie möglich zu halten. So wird die bestehende Ziegelfassade beim Rückbau in Module zerlegt und für den Neubau wieder an die Fassade angebracht. Durch das additive zusammensetzen der Ziegelmodule wird die Wiederverwendung sichtbar. Ebenso werden weiter anfallenden mineralische Abfälle des Bestandbaus zu rezyklierter Gesteinskörnung gebrochen und für die Herstellung von Recyclingbeton genutzt. Auch hier ist das Recycling durch eine rötliche Färbung aufgrund des Ziegelmehls im Beton sichtbar.

Außerdem spielt Holz als Baustoff im Primärtragwerk eine große Rolle. Holz als nachwachsender Rohstoff ist nicht nur CO2-neutral und leistet damit einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz, sondern beeinflusst auch das Raumklima positiv, ist antibakteriell und allergikerfreundlich. Besonders sichtbar wird der Baustoff in den Sporthallen, die mit einem Holztragwerk überspannt sind. Aber auch in der KiTa ist Holz in den Deckenelementen des Holzhybridbaus sichtbar. In Kombination mit Recyclingbeton mit CO2-reduzierter Zementrezeptur können auch die bauphysikalischen Vorteile des massiven und schweren Baustoffs für die thermischen Speicherfähigkeit und den Schallschutz genutzt werden.

Begrünung & Wassermanagement:
Grüne Infrastrukturen, wie Fassade- und Dachbegrünung erzeugen ein positives Mikroklima und wirken damit der Überhitzung der Franzstraße und Bildung von Wärmeinseln entgegen. Die Fassadenbegrünung wird über Trogbepflanzung realisiert, eine sehr kostengünstige Variante die gleichzeitig einfach in Wartung und Pflege ist. Auf dem Dach der KiTa befindet sich Urban Gardening zur lokalen Lebensmittelproduktion, das sowohl die Biodiversität fördert als auch den Kindern die Pflanzenvielfalt näherbringt. Die oberste Dachebene ist nicht begehbar und als kombiniertes Photovoltaik- und Retentionsdach geplant. Die Kombination beider Elemente schafft Synergieeffekte, indem der Kühleffekt der Begrünung die Leistungsfähigkeit der PV- Anlage steigert. Im Sinne der Kreislauffähigkeit wird auch die Ressource Wasser im Kreislauf geführt. Es ist neben wassersparenden Armaturen eine Grau- und Regenwassernutzung geplant.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit überzeugt durch eine einfache stadträumliche Setzung und fügt sich mit einem leichten Knick des Baukörpers in den Bebauungsverlauf der Franzstraße. Der Höhenversatz der Volumetrie an diesem Knickpunkt erscheint mit Blick auf das ansteigende Niveau der Franzstraße folgerichtig. 
Der zentrale Eingangsbereich für Sporthallen und Kita wirkt einladend und ist durch die an dieser Stelle eingezogene Fassade betont und witterungsgeschützt. Die Sporthalle ist lediglich um ein Geschoß gegenüber dem Straßenniveau im Erdreich versenkt und lässt somit eine vergleichsweise unkomplizierte Erstellung erwarten. Durch diese Setzung wird auch eine hinreichende Belichtung der Hallen durch Tageslicht ermöglicht. Die Vorgaben des Betreibers werden im vorliegenden Entwurf zu den allergrößten Teilen erfüllt. 
Die sechs Gruppen der Kita sind besonders flächenoptimiert konzipiert und entsprechen den Vorgaben des Auslobers in besonders hohem Maße. Sie profitieren von einem jeweils eigenen Zugang zum kleinteilig gestalteten Außenbereich, der sich zum größten Teil auf dem Dach der Hallen und einer darüber liegenden Balkonschicht befindet. Die angebotenen Außenraumqualitäten können gesamtheitlich überzeugen, die Barrierefreiheit gilt es dabei noch genauer nachzuweisen. 
Die Vertikalerschließung der Kita weist noch großes Entwicklungspotential auf. Die vorgeschlagene Führung aller Nutzer über die gering dimensionierten Treppenhäuser erscheint hier nicht hinreichend und sollte überprüft werden. In diesem Zusammenhang gilt es auch die Qualitäten der horizontalen Erschließung sowie den Zuschnitt einiger Gruppenräume zu überprüfen. Die Nutzung des obersten Geschosses mit der Einrichtungsleitung und der daran anschließenden Dachterrasse bietet auch weiteren Raum für programmatische Optimierung.

Der Vorschlag, Fassadensegmente des Vorgängerbaus als Spolien im Sinne einer kreislaufwirtschaftlichen Verwendung zu nutzen, wird als wertvoller Diskussionsbeitrag gewürdigt. Die Auswirkungen einer solchen Setzung auf den Ausdruck der Fassade verbleibt jedoch leider schematisch ausformuliert. Das gezeigte Fassadenbild beider Ansichten erzeugt einen generischen Eindruck, der auch in Hinblick auf die Besonderheit des Bauprogrammes noch nicht angemessen wirkt. Das vorgestellte Nachhaltigkeitskonzept wird als besonders ausgereift bewertet. 

Das Preisgericht würdigt die Arbeit mit dem ersten Preis, da sie es schafft die besonders komplexen Anforderungen der Auslobung in einen stimmigen Gesamtzusammenhang zu bringen und somit eine gute Grundlage für ein tragfähiges, zukunftssicheres Gebäudekonzept bildet.
Lageplan

Lageplan

Perspektive Kita-Gebäude und Außenspielfläche

Perspektive Kita-Gebäude und Außenspielfläche

Perspektive Außenspielfläche mit Blick auf die Sporthallen

Perspektive Außenspielfläche mit Blick auf die Sporthallen

Schnitt B-B

Schnitt B-B

Schnitt A-A

Schnitt A-A

Fassadenschnitt

Fassadenschnitt