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Award / Auszeichnung | 09/2022

Caparol Architekturpreis Farbe - Struktur - Oberfläche 2021

Fuß- und Radwegbrücke am Mozartturm

DE-64295 Darmstadt, Rheinstraße 111

1.Preis | Kategorie: Bauten besonderer Nutzung

netzwerkarchitekten GmbH

Architektur, Projektsteuerung

Wissenschaftsstadt Darmstadt

Bauherren

TRAGRAUM Ingenieure PartmbB

Tragwerksplanung

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Verkehr

  • Projektgröße:

    keine Angabe

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Fertigstellung: 12/2020

Projektbeschreibung

Die neue Fuß- und Radwegbrücke über die Rheinstraße in Darmstadt
Die Wissenschaftsstadt Darmstadt ist seit 1995 Mitglied des Klimabündnisses Europäischer Kommunen. Durch das Angebot von attraktiven, alternativen Verbindungen soll ein bedeutendes Einsparpotential genutzt werden, da der Mobilität als solcher durch ein umweltverträgliches, wirtschaftliches und qualitativ hochwertiges Wegenetz, insbesondere für die steigende Fahrradmobilität, Rechnung getragen wird. Die neue Brücke über die bedeutendste Zufahrt Darmstadts stellt in dem Zusammenhang eine wichtige neue fuß- und radläufige Verbindung zwischen dem Europaviertel mit dem Hauptbahnhof und dem neuen Telekommunikationszentrum Rhein-Main her. Um den geschützten Baumbestand weitestgehend zu erhalten, schwingt die Brücke elegant über die Rheinstraße und schlängelt sich spielerisch mit ihren langen Rampen zwischen den Bäumen. Fußgänger können den barrierefrei ausgebildeten Weg auf beiden Seiten der Brücke über zusätzliche Treppenläufe abkürzen. Mobilitätseingeschränkte und Radfahrer überqueren auf den spiralförmigen Rampen bequem die Rheinstraße. Die Gestalt der stählernen Brücke entwickelt sich aus einer Trogkonstruktion, die auf V-förmigen Doppelstützen aufliegt. Die Außenseite des Troges ist durch die umgreifenden, U-förmigen Spanten rhythmisiert und einheitlich in dezentem Grau gehalten. Die unterschiedliche Licht- und Schattenwirkung der außenliegenden konstruktiven Bleche verändert die Ansicht im Tagesverlauf und verdeutlicht die dynamische Führung der Brückenschwünge. Aus jeder Perspektive offenbart der geometrische Verlauf des sich windenden Bauwerks Einblicke in den leuchtend-roten Innenraum des Troges. Dieses Rot begleitet den Benutzer auf seinem Weg vom Hauptbahnhof zum Technologiezentrum. Die vollständig in die Handläufe integrierte LED-Beleuchtung erhellt in den Abend- und Nachtstunden den gesamten Brückenverlauf und die rote Innenfarbe beginnt sanft zu strahlen.

Interdisziplinarität
Die Brücke ist das Ergebnis einer von Anfang an interdisziplinär als ARGE angelegten Zusammenarbeit zwischen Architektur, Objektplanung und Tragwerksplanung und ging aus dem 1. Platz des im Jahr 2005 ausgeschriebenen, interdisziplinären Realisierungswettbewerbs hervor. Bereits der Wettbewerbsbeitrag entstand in ARGE der netzwerkarchitekten GmbH gemeinsam mit TRAGRAUM Ingenieure PartmbB (vormals Dr. Kreutz+Partner). Dieses Team erarbeitete im Projektverlauf die gesamte Planung bis zur Umsetzung, wobei das Entwurfskonzept des Wettbewerbs bis zur Realisierung im Wesentlichen unverändert beibehalten wurde. Sehr frühzeitig wurden lokale Fachabteilungen in den Planungsprozess integriert und insbesondere mit dem CBF (Club Behinderter & ihre Freunde in Darmstadt und Umgebung e.V.) sowie dem Mobilitätsamt (Sachgebiet Nah-Mobilität) Lösungen zur Realisierung diskutiert und umgesetzt.


Entwicklung des Tragsystems
Der aus verschiedenen Randbedingungen entwickelte, gestaltgebende Trogquerschnitt weist eine hohe Wirtschaftlichkeit durch eine minimierte Stahltonnage, optimierte Montagelängen und einen hohen Vorfertigungsgrad bis zur Beschichtung im Werk auf. Das Bodenblech ist mit einer Stärke von 12 mm und die innenliegenden Wangenbleche mit 10 mm realisiert, wobei Quersteifen in der Boden- und Wangenebene die Beulsicherheit der Bleche und die Ableitung der Umlenkkräfte gewährleisten. Die Dicke der Boden- und Wangenbleche wurde unter fertigungs-technischen Aspekten auf bis zu 10 mm reduziert. Die Blechstärken der Steifen sind linear unter Berücksichtigung ihrer Belastung zur Aussteifung des Trogquerschnitts gestaffelt ausgebildet. Durch die V-Form der Stützenstellung mit der damit verbundenen wangennahen Lasteinleitung konnte zusätzlich die erforderliche Blechstärke der Bodensteifen reduziert werden.

Materialwahl und Prozessoptimierung
Bereits im Wettbewerbsentwurf wurden eine nachhaltige Materialwahl und eine prozessoptimierende modulare und elementierte Bauweise vorgeschlagen. Der verwendete Stahl ist materialimmanent nach dem Ende des Lebenszyklusses der Brücke uneingeschränkt rezyklierbar, wobei der Lebenszyklus einer Stahlbrücke weit über 100 Jahre betragen kann. Die Wahl des Tragsystems mit den entsprechend reduzierten Oberflächen, das Dichtschweißen des Unterbaus und die ebene Untersicht der Brücke tragen zur Langlebigkeit bei und minimieren den Aufwand bei Brückeninspektionen und -sanierungen. Die elementierten Bauteile wurden modular im Werk gefertigt und nach der Fundamentierung und Errichtung der V-Stützen vor Ort montiert. Das Hauptfeld wurde in einer Nachtsperrung der Rheinstraße auf den vormontierten V-Stützen mit Hilfe von Autokränen eingehoben.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die neue Radwegebrücke am westlichen Stadteingang Darmstadts entwickelt in spielerischer Form eine signifikante Formensprache. Aus den verkehrstechnischen Anforderungen, der Notwendigkeit, vorhandene Bäume zu schützen, und dem Tragwerkskonzept entsteht ein rotes Band, das sich wie eine Schleife über die Verkehrsmagistrale legt. Außen ist die Stahlkonstruktion zurückhaltend in mattem Grau gehalten, während die Innenseite in leuchtendem Rot zu einem Erlebnisraum für die Radfahrer und Fußgänger wird. Nachts leuchtet der rote Trog von innen und verstärkt die dynamische Wirkung.

Die Jury würdigt die Leistung, ein ingenieurtechnisches Verkehrsbauwerk architektonisch zu überhöhen und Farbe in ihrer stadträumlichen Wirkung gezielt einzusetzen.