modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 10/2022

Klimaquartier Schweinfurt - Modellvorhaben Klimaanpassung im Wohnungsbau

Blick nach Nord-West in den Innenhof mit Kinderspielfläche und den Gemeinschaftraum im Erdgeschoss des nördlichen Baukörpers. Der offene Laubengang und das Freiraumregal verknüpfen den Freiraum mit den privaten Wohnbereichen und fungieren gleichzeitg als Puffer.

Blick nach Nord-West in den Innenhof mit Kinderspielfläche und den Gemeinschaftraum im Erdgeschoss des nördlichen Baukörpers. Der offene Laubengang und das Freiraumregal verknüpfen den Freiraum mit den privaten Wohnbereichen und fungieren gleichzeitg als Puffer.

Anerkennung

Preisgeld: 8.000 EUR

CITYFÖRSTER architecture + urbanism

Architektur

studiomauer

Architektur

Die Planergruppe

Landschaftsarchitektur

DREWES + SPETH Beratende Ingenieure im Bauwesen Partnerschaftsgesellschaft mbB

Tragwerksplanung

Transsolar Energietechnik GmbH

Energieplanung

3B Bauconsult GmbH & Co. KG

Brandschutzplanung

Erläuterungstext

Übergeordnete Entwurfsidee
 
Der Gebäudeentwurf „Klimaquartier Schweinfurt – Einfach Bauen“ reagiert auf die aktuellen Fragestellungen der Klimaanpassung und -resilienz mit möglichst einfachen Mitteln in Konstruktion, Haustechnik, Brandschutz, Grundrissgestaltung und Freiraum. Dabei bedeutet „Einfach Bauen“ auch die Bedürfnisse der Menschen in den Mittelpunkt zu stellen und ein gemeinschaftliches und nachhaltiges Miteinander zu fördern. Die Maßnahmen zur Klimaanpassung finden dabei auf hochbaulicher, gebäudetechnischer und landschaftlicher Ebene statt und sind fester Bestandteil des übergeordneten Konzepts „Einfach Bauen“.
 
5 Schritte zum Einfach Bauen

Schritt 1: Einfache Gebäudekörper mit aktivem Laubengang/ Freiraumregal:
Die Baukörper werden auf einfache Volumen reduziert. Hierdurch wird ein günstiges A/V-Verhältnis gewährleistet. Das Trennen von Baukörper und Laubengang/ Freiraumregal erlaubt einfache Detaillösungen. Die Volumen werden durch ein davorgestelltes Regal erweitert und mit weiteren Funktionen ergänzt. Dieses erlaubt Funktionen wie Freisitze etc. ohne hohen baukonstruktiven Aufwand auszubilden.
 
Das vorgestellte Freiraumregal übernimmt verschiedene wichtige energetische und mikroklimatische Funktionen. Neben der Nutzung zur Energiegewinnung ist die großflächige Begrünung ein zentrales Gestaltungs- und Klimaelement – Kühlung durch Verdunstung und natürliche Verschattung, Lebensraum für Insekten und Erhöhung des Wohnkomforts. Durch die Verwendung von laubabwerfenden Kletterpflanzen, wird eine ausreichende Belichtung in den Wintermonaten gewährleistet.

Schritt 2: Intelligenter Brandschutz
Da der Städtebau bei den südlichen Baukörpern 4-geschossige Hochpunkte vorsieht werden diese als Gebäude in der Gebäudeklassen IV gewertet. Im Entwurf werden die Abstellräume im 3.OG vorgesehen, wodurch der Winkel und die Zeile als Gebäude der Gebäudeklasse III gelten. Hierdurch kann eine sehr einfache Bauweise gewährleistet, Kosten gespart und mehr Wohnfläche generiert werden. Außerdem werden an den Laubengängen zusätzliche Fluchttreppen vorgesehen, wodurch der Laubengang in Holzbauweise gebaut werden kann. Die Entfluchtung des Hochpunkts funktioniert über ein einzelnes Sicherheitstreppenhaus bei welchem die Zugänge über einen offenen Balkon erfolgen. Hierdurch kann auf eine aufwändige und kostenintensive Gebäudetechnik verzichtet werden.

Die Reduktion der Gebäudeklasse vereinfacht den Bauprozess und erlaubt klimagerechte Bauweisen, mit natürlichen Baustoffen und reduziert gleichzeitig den Materialverbrauch. Zusätzlich kann der Versieglungsgrad im Freiraum reduziert werden, da weniger Feuerwehraufstellflächen und -umfahrung zur Rettung benötigt werden.

Schritt 3: Reduzieren der Technik durch clevere Konstruktion
Um weitere unnötige Gebäudetechnik einzusparen, werden die Gebäude in Schottenbauweise errichtet. Hierbei sind die Wohnungen so ausgerichtet, dass einfaches Querlüften durch eine beidseitige Belichtung gewährleistet wird. Lediglich die Nasszellen müssen mit Lüftern ausgestattet werden. Auf technische Anlagen für den sommerlichen Wärmeschutz oder komplizierte Wärmeschutzverglasung kann durch die davorgestellten Laubengänge/ Freiraumregale verzichtet werden. Hier wird eine natürliche Verschattung durch Fassadengrün und auskragende Bauteile gewährleistet. Mit einer durchschnittlichen Lebenszeit von 20 Jahren ist die Gebäudetechnik am wenigsten dauerhaft, sodass eine radikale Reduktion auf wenig Technik entscheiden ist, um ein langlebiges und nachhaltiges Gebäude zu erschaffen.

Durch reduzierte Gebäudetechnik wird der Wartungsaufwand auch zukünftig gering gehalten. Komplizierter Austausch oder Erneuerung werden vermieden. Die Schottenbauweise trägt neben der Reduktion der Technik auch zu einer hohen Flexibilität der Grundrisse bei. Die atmenden Grundrisse bieten auch zukünftig die Möglichkeit der Anpassung an Wohnbedarfe und steigern so die Langlebigkeit der Gebäude. Es wird eine hohe Wohnqualität erreicht. Gleichzeitig ist die Bauweise ideal für eine Aufständerung auf Steifenfundamenten geeignet, wodurch der Fußabdruck der Gebäude und der Einsatz von Beton reduziert werden kann. Zudem wird die Resilienz der Gebäude bei Starkregenereignissen gestärkt.
 
Schritt 4: Lokale Energien nutzen
Das lokal am Grundstück verfügbare Potential erneuerbarer Energien soll bestmöglich genutzt werden. Damit leistet das neue Quartier einen eigenen Beitrag zur Energiewende. Für die Wärmeversorgung werden Erdkörbe als oberflächennahe Geothermie in Kombination mit einer Wärmepumpe zur Versorgung der Niedertemperatur-Flächenheizung vorgesehen. Im Sommer kann hierüber auch eine zusätzliche Kühlung gewährleistet werden. Der Strombedarf für die Wärmepumpen wie auch der Nutzerstrombedarf der Bewohner kann über großflächige und hocheffiziente PV-Anlagen am Gebäude gedeckt und ein klimapositiver Betrieb erreicht werden. Die lokale und regenerative CO2-neutrale Energieversorgung erlaubt langfristig eine Unabhängigkeit von der Fernwärme, welche nach wie vor zu einem Drittel CO2-intensiv aus Steinkohle erzeugt wird.

Durch die Nutzung lokal verfügbarer und erneuerbarer Energie kann der CO2-Fußabdruck verringert werden und ein unabhängiger und klimapositiver Betrieb erreicht werden. Die optimale Ausnutzung aller Gebäudebestandteile (Fassade und Dach) sowie der Energieressourcen im Freiraum in Form von Erdkörben, die Nutzung des Freiraums nicht einschränken, sind wesentlicher Bestandteil für einen klimaangepassten Gebäudebetrieb.

Schritt 5: Cradle-to-Cradle und sortenreines Bauen
Die Gebäude werden konsequent in Holzbauweise erstellt. Hierdurch ist es möglich grundsätzlich mit geschraubten Verbindungen zu bauen, sodass ein Rückbau und Austausch einzelner Bauteile gewährleistet ist und Baustoffe einfach in den Stoffkreislauf zurückgeführt werden können. Grade die Reduktion auf Gebäudeklasse III erlaubt, dass Bauteile komplett mit Holz hergestellt werden können, ohne dass bspw. Gipsfaserplatten (Deponiemüll) verbaut werden müssen. Selbst Brettstapeldecken können gedübelt werden, wodurch weiterer Einsatz von verleimten Produkten vermieden wird. Die Gebäudeklasse III erlaubt es außerdem auf biogene Dämmstoffe zu setzen, sodass eine einfache Entsorgung gewährleistet ist.

Durch die Rückbaubarkeit der Konstruktion kann das Gebäude zukünftigen Generationen weiterhin als Rohstoffressource zur Verfügung gestellt werden und der Ressourcenverbrauch grundsätzlich reduziert werden. Durch die größtmögliche Verwendung von natürlichen Baustoffen wird weniger Bauschutt produziert, woraus sich ein positiver Effekt auf den CO2-Verbrauch ergibt. Gleichzeitig stärkt die Option des Austauschs von einzelnen Bauteilen die Langlebigkeit des Gebäudes.

Erschließung + Zonierung
Der Entwurf bildet zwei Erschließungsvarianten ab: der nördliche Baukörper wird vom Dorfplatz über ein innenliegendes Treppenhaus erschlossen. Die Treppenhäuser sind durchgesteckt und ermöglichen eine direkte Verbindung in den Innenhof für alle Bewohner.

Die östlichen und südlichen Baukörper werden über großzügige Laubengänge erschlossen. Der Laubengang stärkt das Konzept des Innenhofs, indem jede Wohnung einen Bezug zum Innenhof erhält und eine qualitative Begegnungszone zwischen privat und öffentlich entsteht. Durch jeweils drei Treppen wird der Weg in den Innenhof verkürzt, und Verkehrs- und Gemeinschaftsflächen miteinander verzahnt.

Freiraum + Ökologie
Drei großzügige Zugänge mit halbprivatem Charakter verbinden den gemeinschaftlich genutzten Hof mit dem restlichen Quartier und bieten an zentralen Stellen Möglichkeiten zum Abstellen von Fahrrädern und für Müllstandorte. Der zentrale Kinderspielbereich im Innenhof lädt zum Klettern und Balancieren ein und wird durch Wipptiere und Schaukeln ergänzt. Durch einen Blühsaum aus hohen Gräsern und Stauden, der sich um die einzelnen Baukörper legt, wird zwischen privaten und öffentlichen Flächen vermittelt. Durch gemähte Intarsien wird für nutzbare Zonen innerhalb des Blühsaums gesorgt, die über Trittplatten mit den privaten Terrassen im EG verbunden sind.

Die Bepflanzung beachtet Blühfolgen und besteht aus klimaverträglichen Gehölzen. Durch die Reduzierung der Versieglung auf ein Minimum kann ein Großteil des anfallenden Regenwassers auf dem Grundstück und in Retentionsmulden zurückgehalten werden, sodass es Pflanzen verfügbar ist und/oder versickert werden kann.

Zusätzlich zur Versickerung und Regenrückhaltung im Freiraum, werden die Dachflächen extensiv begrünt und dienen neben der Produktion von Energie auch der Wasserrückhaltung und wirken sich durch die Verdunstung positiv auf die Umgebung und das Mikroklima aus.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit folgt dem städtebaulichen Leitmotiv und weicht nicht vom vorhandenen Rahmenplan ab.
Die Baukörper sind kompakt und lassen ein gutes A/V-Verhältnis erwarten.
Die zentrale Hoffläche bietet zahlreiche Möglichkeiten der sozialen Begegnung. Die Durchwegung ist im Wesentlichen stimmig gewählt, auch wenn die Vielzahl an Fahrradabstellmöglichkeiten störend wirkt.
Die Adressen der einzelnen Gebäude sind gut auffindbar und folgen der Quartiersidee. Innenliegende Gemeinschaftsräume und Fahrradabstellräume sind ausreichend dimensioniert und passend platziert.
Die Laubengangerschließung führt zwar zu einer Reduzierung der Erschließung auf 3 Kerne, das Anliegen einer „qualitativen Begegnungszone“ wird allerdings nicht eingelöst. Die große Länge der Laubengänge zum Hof hin wird kritisch gesehen. Der Abstand gegenüber den am Laubengang liegenden Individualräumen erscheint nicht ausreichend.
Die Idee, Nebenräume im 3.Obergeschoss anzusiedeln und damit eine Gebäudeklasse 3 zu erreichen, um für den Holzbau günstigere Bedingungen zu erreichen, spricht für das Konzept.
Im Hinblick auf den Aspekt des Klimaquartiers macht die Arbeit vieles richtig. Eine Primärkonstruktion mit hoher CO2 Speicherfähigkeit inkl. der Betrachtung des Cradle to Cradle Prinzips zeigt die Auseinandersetzung mit dem Thema. PV-Elemente und Rankgerüste an der Fassade sowie die baukonstruktiv geschützte Holzfassade unterstützt das Erscheinungsbild des Klimaquartiers. 
Zu hinterfragen ist eine dauerhafte Fassadengestaltung aus vorgesetztem Lärchenholz sowie die Brettstapelholzdecken als Balkonkonstruktion.
Der additive Sonnenschutz in den Loggien wird begrüßt und erscheint im Hinblick auf Unterhalt und Langlebigkeit leicht reversibel.
Lehmplatten als Unterstützung der Speicherfähigkeit in Verbindung mit dem Energiekonzept sind durchdacht und zeigen den Anspruch des Beitrags im Hinblick auf die Energiewende.
Die Entwurfsverfasser schlagen eine Schottenbauweise vor, die eine differenzierte Ausbildung erlaubt. Die Grundrisse sind mit der vorgeschlagenen Größe entsprechend der jeweiligen Personenanzahl angemessen dimensioniert. Die Erschließung erfolgt über einen Laubengang, der die Nutzung der Individualräume ungünstig beeinträchtigt. 
Der Übergang zwischen Laubengang und Wohnbereich erfolgt ohne Ausbildung einer thermischen Pufferzone. Die Zuordnung der Balkone - teilweise zu den Schlafräumen - erscheint ungünstig.
Ein detailliertes Konzept zum Umgang mit dem Regenwasser wird vermisst.
Insgesamt stellt die Arbeit einen wertvollen Beitrag zur Aufgabenstellung dar.
Blick vom Dorfplatz in den Innenhof. Die gewerbliche Nutzung im Erdgeschoss belebt den Dorfplatz .

Blick vom Dorfplatz in den Innenhof. Die gewerbliche Nutzung im Erdgeschoss belebt den Dorfplatz .

Erdgeschoss mit Freiraum

Erdgeschoss mit Freiraum

Grundriss Erdgeschoss mit Freiraum

Grundriss Erdgeschoss mit Freiraum

Grundriss 3-Zimmer Wohnung groß | 1:1000

Grundriss 3-Zimmer Wohnung groß | 1:1000

Zoom einer Clusterwohnung

Zoom einer Clusterwohnung

Grundriss 4-Zimmer Wohnung | 1:1000

Grundriss 4-Zimmer Wohnung | 1:1000

Zoom einer 3-Zimmer Wohnung

Zoom einer 3-Zimmer Wohnung

Grundriss Cluster | 1:1000

Grundriss Cluster | 1:1000

Zoom einer 4-Zimmer Wohnung

Zoom einer 4-Zimmer Wohnung

Axonometrie | Gesamt

Axonometrie | Gesamt

Entwurfskonzept

Entwurfskonzept

Lageplan M 1:500

Lageplan M 1:500