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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2022

Klimaquartier Schweinfurt - Modellvorhaben Klimaanpassung im Wohnungsbau

Dorfplatz

Dorfplatz

Anerkennung

Preisgeld: 8.000 EUR

bogevischs buero

Architektur

Studio Vulkan Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

walk architekten+ generalplaner

Architektur

Erläuterungstext

Klimaquartier Schweinfurt

Mitarbeit: Lea Schön, Magdalena Müller, Caecilia Izabelle Gumulya, Martina Mancini

Auf Gemeinschaft und Nachhaltigkeit ausgerichtet
Mit dem integrierten Gesamtkonzept als Leitbild werden mit dem vorliegenden Entwurf Ansätze angeboten, eine auf Gemeinschaft und Nachhaltigkeit ausgerichtete Wohnbebauung zukunftsfähig zu machen. Für diese Ziel ist es entscheidend, die vielgestaltigen Teilaspekte in ein ausbalanciertes Ganzes zu bringen.

Das Energiekonzept – bauliche Maßnahmen
Das vorgeschlagene Energiekonzept folgt dem Grundsatz, den Verbrauch von Energie und Ressourcen durch die Priorisierung von baulichen vor technischen Maßnahmen zu minimieren. Der Lösungsweg liegt in einem mehrperspektivischen Ansatz der Architektur als Zusammenspiel der Aspekte Besonnung, Beschattung, Begrünung, Durchlüftung und Speicherfähigkeit des Gebäudes. Im Fokus liegen angenehme Temperaturen und hohe Behaglichkeit der Wohnungen unter Einbeziehung der physikalischen Parameter von Sonne, Luft und Wasser. Die Sonne, gewollt im Winter und im Überfluss im Sommer vorhanden hat den entscheidenden Einfluss auf die Ausgestaltung der Fassaden. Ihr Konzept ist bestimmt von moderatem Glasanteil wie von differenzierten Beschattungssystemen der Balkone und hofseitigen Fassadenbepflanzungen. Die Luft als Energieträger wird mittels Zirkulation und Thermik temperaturausgleichend eingesetzt. Die Wohnungen sind daher als Dreispänner außenseitig durchgesteckt organisiert, sodass sich die Möglichkeit einer Querlüftung ergibt. Um die mittlere Wohnung im Sommer an eine Luftzirkulation anzuschließen, werden Windtürme vorgeschlagen, deren thermische Wirkung auch im Winter die durch einen Erdkanal geführte vorgewärmte Luft an die Wohnungen verteilt. Das Wasser, vertiefend bei den Außenanlagen beschrieben, liefert über die Verdunstungskühle abgesenkte Lufttemperaturen für die Wohnungen.

Das Energiekonzept – technische Maßnahmen
Im Zentrum des Energiekonzeptes steht die Photovoltaik und das Konzept der Sektorenkopplung, um den erzeugten Strom mit möglichst hohem Eigenstromverbrauch für Wärme, Strom und Mobilität zu verwenden. Kollektorflächen sind auf dem Dach wie auch an den Balkonbrüstungen montiert, deren Strom für eine Wärmepumpe und als Ladeenergie für E-Autos herangezogen wird. Ladestationen werden im nahegelegenen Parkhaus eingebaut. Dezentrale Wohnungsstationen werden zur Regelung der Erwärmung von Trinkwasser und Raumwärme vorgeschlagen. Der Aufwand für die technischen Anlagen wird somit vereinfacht.

Maßnahmen zur Klimaanpassung
Das Klima ändert sich - andauernde Hitzeperioden und lange Trockenphasen gehen mit extremen Starkwetterereignissen einher. Veränderungen, die ein Umdenken im Planen und Bauen auf verschiedenen Ebenen zwingend nötig machen. Durch ein optimiertes Feuerwehrerschließungs- und Entsorgungskonzept können die befestigten Flächen im Erdgeschoss auf ein Minimum reduziert werden. Die erforderlichen Belagsflächen sind entweder als wassergebundene Decken versickerungsoffen oder als wasserdurchlässiger Belag atmungsaktiv gestaltet. Eine helle Belagsfarbe erhöht das Rückstrahlvermögen der Freianlage und wirkt der Hitzeinselbildung entgegen. Der geringe Versiegelungsgrad bzw. der hohe Grünanteil im Erdgeschossentwurf trägt zu einer erhöhten Versickerung bzw. Verdunstung von gespeichertem Regenwasser bei und senkt das Mikroklima im direkten Projektumfeld. Mit einem angepassten Begrünungskonzept wird auf die sich ändernde Lebensumwelt reagiert. Bei den vorgeschlagenen strukturgebenden und schattenspendenden Großgehölzen handelt es sich um Klimabäume verschiedener Wuchsklassen. Die Grünflächen sind mit einer standortgerechten Wiesenansaat artenreich und ansprechend begrünt. Auf den Dachflächen sind in Kombination mit den PV Anlagen artenreiche, extensiv begrünte Biodiversitätsdächer angelegt. Der hohe Begrünungsgrad in Kombination mit einem Retentionsaufbau auf den Dachflächen führt zu einem hohen Regenwasserrückhalt. Das wenige, zu versickernde Niederschlagswasser kann über außenliegende, bepflanzte Versickerungsmulden dezentral versickert werden. In den auf ca. 30cm unter GOK modellierten Anstauflächen kann auch das Jahrhundertregenereignis oberflächig eingestaut werden. Bei der Materialauswahl in den Freianlagen wird auf Plastik verzichtet und wenn möglich Recyclingmaterial als Betonzuschlagstoff oder z.B. als Tragschicht verwendet. Bei der Beleuchtung der Freianlagen wird auf eine insektenschonende, emissionsarme Ausleuchtung Wert gelegt.

Beitrag zum nachhaltigen Bauen (QNB)
Im Bereich der ökologischen Qualität stehen Maßnahmen zur Senkung der CO2 Bilanz im Fokus. Als Bauweise wird eine Hybridkonstruktion aus einem Primärtragwerk aus Stahlbetonstützen und vorgespannten Hohlbodendeckenelementen wie einer nichttragenden Fassade mit Trennwänden aus Holzrahmenelementen vorgeschlagen. Damit wird ein sparsamer Verbrauch von Ressourcen und ein hohes CO2 Senkungspotential erreicht. Im Bereich der ökonomischen Qualität führt ein hoher Vorfertigungsgrad zu einer kostenbewussten Bauweise. Die soziokulturelle Qualität steht im vorgeschlagenen Konzept einer auf eine Gemeinschaft ausgerichteten Bebauung im Mittelpunkt. Die Umsetzung des Cradle-to-Cradle-Prinzips ist mit den gewählten Konstruktionen durch die Trennung und Recyclingfähigkeit der unterschiedlichen Bauteile gegeben.

Orte der Gemeinschaft
Mit einer kräftigen architektonischen Geste bindet der Ring im dritten Obergeschoss die Einzelbaukörper zu einem geschlossenen Ganzen zusammen. Er ist, im Gegensatz zum halböffentlichen Innenhof, halbprivaten Charakters und bietet eine einzigartige Qualität der Aneignung für die Bewohner. Ihm zugeordnet sind die Plusräume, die neben Ihrer Funktion als Abstellräume vielfältigsten Nutzungen zugeführt werden können. Als Werkstatt, Atelier oder Musikzimmer bereichern sie die Vielfalt des gemeinschaftlichen Lebens. Dessen zentraler Punkt mit Spielplatz und Gemeinschaftsraum ist der Innenhof. *

Bezahlbare Wohnqualität
Architektur, als komplexes Ganzes begriffen, benötigt ein starkes Moment der Einfachheit, um leistbar zu bleiben. Die vorgeschlagene Hybridbauweise optimiert die Teilfunktionen der Trag- und Hüllkonstruktion wie der raumtrennenden Elemente mit einer jeweils optimierten, kostengünstigen Bauweise. Darüber hinaus muss der Grad der Standardisierung durch eine serielle, vorgefertigte Bauweise stark erhöht werden. Die Grundrisse sind mit Ihren einheitlichen Maßverhältnissen für den Einsatz von Fertigdecken und -bädern ausgelegt. Der Low-Tech Ansatz in der Gebäudetechnik unterstützt das kostengünstige Bauen. Die Einfachheit der Grundrisse ermöglicht außerdem eine hohe Flexibilität in den Wohnungsgrößen. Schaltzimmer können nach Bedarf der jeweiligen Nutzer verschiedenen Wohnungen zugeschaltet werden.

Brandschutz
Durch den Ring im dritten Obergeschoss, über den die Wohnungen wie über einen Laubengang erschlossen sind, kann aus jeder Wohnung, die nicht mehr mit der Steckleiter erreichbar ist, über zwei bauliche Rettungswege geflohen werden. Die Feuerwehr muss lediglich an die Wohnungen im 4. -6. Obergeschoss im Turm von der Platzseite aus an das Gebäude anfahren können und entsprechende Stellflächen vorfinden. Der Grad der Versiegelung wird dadurch weiter minimiert.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die städtebauliche Grundidee samt den vorgegebenen Raumkanten orientiert sich konsequent am vorliegenden Rahmenplan. Die Zugänge zu den Gebäuden sind zum Innenhof orientiert und stärken diesen. Unterschiedliche Wohnqualitäten werden durch verschiedene Orientierungen erzeugt: nach Süden, Osten und Westen schließen Naturzonen, nach Norden der Dorfplatz und in die Mitte der gemeinschaftliche Hof an. Alle südorientierten Fassaden werden durch Bäume beschattet.
Mit dem Windturm ist ein innovativer energetischer Ansatz gegeben.
Positiv gesehen wird, dass im Innenhof bewusst auf private Freiflächen verzichtet wird und somit der Hof allen Bewohnern gleichwertig zur Verfügung steht. An den Innenhof grenzen Abstellräume, Fahrradräume und Erschließungen an, so dass die Fassadenöffnungen als Gebäudezugänge in der EG-Innenhofzone klar ablesbar sind. Dieser Effekt wird durch die durchgängige Fassadenbegrünung der restlichen Innenhoffassaden verstärkt. Durch das vorgehängte Netzsystem wird die Fassade geschützt. Die insgesamt 8 Erschließungskerne scheinen wenig wirtschaftlich.
Der Verfasser reduziert die im Rahmenplan vorgesehenen drei Geschosse auf zwei Geschosse, den siebengeschossigen Turm und die viergeschossigen restlichen Bauten. Dies hat zur Folge, dass es durch Rückspringen der Fassade im 3. Obergeschoß gelingt, eine umlaufende Gemeinschaftszone zu generieren, die vielfältig genutzt werden kann. Es bleibt die Frage, ob die variabel anmietbaren Räume tatsächlich einen multifunktionalen Mehrwert für das Quartier darstellen.
Die konkrete Ausgestaltung dieser Gemeinschaftszone kann nicht hinreichend überzeugen. Die Aufenthaltsqualitäten sind nur bedingt erkennbar. Es bleibt der Eindruck von Durchwegungsflächen.
Der Innenhof ist abwechslungsreich gestaltet, und im Sinne der Nachbarschaft wird jedem Gebäude eine bespielbare Vorzone zugeordnet. Auch die Gewerbeflächen haben die Möglichkeiten, am Hofleben zu partizipieren. Positiv wird gewertet, dass der Hof nach innen zunehmend grüner und gemeinschaftlicher wird. Die Zuwegungen zu den Eingängen werden Fragen der Adressbildung und der guten Erreichbarkeit auf. Balkone sind innerhalb der städtebaulichen Kanten gehalten und gewährleisten somit die gewünschte Privatheit. 
Das Regenwasserkonzept berücksichtigt zwar große Retentionsflächen im Hinblick auf die Thematik des Klimaquartiers, berücksichtigt aber leider nicht ausreichend die Versorgung des Innenhofs mit Wasser für die Bewässerung der Pflanzen.
Insgesamt stellt die Arbeit einen wertvollen Beitrag für die Entwicklung eines Klimaquartiers dar.
Innenhof

Innenhof

Ansicht Dorfplatz

Ansicht Dorfplatz

Ansicht Innenhof

Ansicht Innenhof

Grundriss Brückengeschoss

Grundriss Brückengeschoss

Grundrissdetail

Grundrissdetail

Grundriss EG

Grundriss EG

Grundriss RG

Grundriss RG

Lageplan

Lageplan

Piktogramm Gemeinschaft und Nachhaltigkeit

Piktogramm Gemeinschaft und Nachhaltigkeit

Piktorgramm Landschaft

Piktorgramm Landschaft

Regenwassermanagement

Regenwassermanagement