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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2022

Neubau Justizzentrum Köln

Anerkennung

Preisgeld: 9.000 EUR

kister scheithauer gross architekten und stadtplaner GmbH

Stadtplanung / Städtebau

Büro StadtVerkehr Planungs GmbH & Co.KG

Verkehrsplanung

Erläuterungstext

Die städtebauliche Komposition lässt mit den Volumen der Baukörper das zukünftige Justizzentrum mit den wesentlichen Funktionen, das sich um einen „Platz der Justiz“ orientiert, bildhaft ablesbar werden. Der Platz, der dreiseitig umschlossen ist, öffnet sich zum Grüngürtel und zentriert die Eingänge zu den Zivil- und Strafgerichtssälen und dem Amts- und Landgericht. Alle wesentlichen öffentlichen Eingänge sind von dem zentralen Platz erkennbar und erreichbar.
Der gelagerte Saalbaustein, die beiden Hochhäuser für das Amts- und Landgericht sowie die Staatsanwaltschaft bilden eine Gesamtkomposition, wobei der „Platz der Justiz“ das zentrale Ordnungselement ist.
Drei Volumen bilden eine Silhouette in einer linearen Verschiebung entlang der zukünftigen Erweiterung des inneren Grüngürtels und adressieren das Justizzentrum als differenzierte, aber doch aufeinander bezogene Komposition mit dem taschenartig ausgeprägten „Platz der Justiz“.
Der Volumetrik der Bausteine gelingt sowohl eine Eigenständigkeit, als auch eine kompositäre Gesamtpräsenz, die sich gegenüber dem Solitär Unicenter behaupten kann. Der Zusammenhang aller Bauteile ist nicht nur funktional begründet, sondern ist bewusst in der Überzeugung entwickelt, dass ein Justizzentrum (anders als ein beliebiger Büropark) eine angemessene Präsenz und balancierte Gravitation aufweisen soll, die sich abhebt von reiner Monumentalität. Die lineare Schichtung der Baukörper, die eine Konturwirkung zum Grünraum entwickeln und in ihrer rückwärtigen Abstaffelung zum Bestand Maßstäblichkeit vermitteln kann, schafft auch eine optimale Zuordnung der Wirtschaftshöfe und der Hubschrauberlandefläche. (Ein späterer Erweiterungsbau der Säle und ein Riegel südlich der Landefläche schaffen langfristig eine bessere Geräuschabschirmung des Flugbetriebes.)

Mobilität:
Die der Öffentlichkeit zugewandte Seite gliedert sich in zwei Bereiche. Im Bereich der ehemaligen Carl-Nipperdey-Straße die neue Zufahrt von der Luxemburger Straße zum Platz und der Tiefgarage. Es wird der Ansatz verfolgt, die Zu- und Abfahrt zur Parkgarage nahe an die Luxemburger Straße zu verlegen. Auch hier wird eine Fahrradrampe für das Fahrradparkhaus unter der Platzfläche vor der Staatsanwaltschaft geschaffen.

Zufahrt in das Gelände über die beiden Verkehrskreisel hinaus haben:
  1. die öffentlichen Buslinien
  2. die Anliegerparkierer im Süden
  3. Anlieferverkehr Wirtschaftshof und Kantine
  4. Taxifahrten zum Warte- und Vorfahrtsbereich auf dem „Platz der Justiz“
  5. Private Drop off-Fahrten ohne Parkierungsmöglichkeiten
  6. Rettungsfahrzeuge / Feuerwehr
  7. Gefangenentransporte.

Die Fußgänger, die durch den Grüngürtel von den öffentlichen Haltestellen und von der Luxemburger Straße aus auf das Saalgebäude zugehen, queren selbstverständlich den „Platz der Justiz“ als zentrales Ordnungselement. Der Platz ist ein gefasster Raum für die Öffentlichkeit und geeignet, einen der respublica angemessenen Vorbereich zu gewähren, der sich über eine Raumkante hin zum Grünraum öffnet.

Die Ausgänge der Tiefgarage münden einerseits auf den Platz, andererseits direkt über einen Windfang getrennt am Foyer zu den Sälen. Ein Auffinden des Haupteingangs für die Öffentlichkeit zu den Gerichtssälen (Zivil- und Strafgericht) ist durch die räumliche Lage zum Platz leicht auffindbar und eindeutig.

Adressbildung:
  • Der Zentraleingang im Fokus der öffentlichen Wahrnehmung ist der Zugang zum Zivil- und Strafgericht, gemeinsam an der dem Besucher unmittelbar zugewandten Platzseite verortet. Von dem Eingangsfoyer aus lässt sich eine leichte Orientierung zu den Zivil- und Strafgerichtssälen organisieren, die großzügig und architektonisch präsent ist.
  • Das Amts- und Landgericht ist auch über einen eigenen Zentraleingang erreichbar auf der gegenüberliegenden Platzseite.
  • Die Staatsanwaltschaft hat sowohl einen unabhängigen Zugang als auch eine Vorfahrt durch das neue Erschließungskonzept an der Rudolf-Amelunxen-Straße.

Gebäudetypologie:
Folgerichtig aus dem Städtebau entwickeln sich die Saalbauten mit den großen längsorientierten Hallen als sowohl klar gegliedert, als auch räumlich prägnant. Für die Zivilsäle können an der zentralen Erschließung thematisch „Fenster der Justiz“ in den Stadtraum wirken. Die gewählten funktionalen Zuordnungen erlauben aus Sicht der Verfasser einen sinnvollen Betrieb und kurze Wege.

  1. Die erdgeschossige Lage des Gefangenenbereiches erlaubt eine optimale Zuführung und kurze Wegeführung zu den Zellen.
  2. Von der Eingangshalle gelangen die Anwälte schnell zu den Angeklagten/ Anwaltsbesprechungsräumen.
  3. Die Treppenhäuser mit Aufzügen für die Strafgerichtssäle lassen sich direkt zu den Zellen zuordnen und können die darüberliegenden Strafsäle über die Geschosse erreichen.
  4. Die Lage der Strafgerichtssäle im rückwärtigen Bereich ohne direkte Einsichtsmöglichkeit über dem Gefangenenbereich lässt kurze Wege und hohe Sicherheit erwarten.
  5. Die Zivilgerichtssäle sind zum Grüngürtel orientiert und haben zum großen Teil „Domblick“. Die Ausrichtung nach Norden ist sowohl energetisch als auch für den Ausblick aufgrund eines hohen Verglasungsanteils sehr günstig. Da sich alle Zivilgerichtssäle entlang eines breiten belichteten Korridors aufreihen, sind eine optimale Orientierung und kurze Wegeführung geben. Eine Verbindung von Zivil- und Strafsälen ist in allen Geschossen „kontrolliert“ möglich.
  6. Amts- und Landgericht im Westen und die Staatsanwaltschaft im Osten haben jeweils direkten und kurzen Zugang zu den Zivil- bzw. Strafgerichtssälen. Staatsanwaltschaft: Die Verbindung im EG erfolgt für die Staatsanwaltschaft mit einem Treppenhaus mit Aufzug zu allen Strafsälen auf allen Ebenen. Amts- und Landgericht: Der südliche Platz lässt über VI-Geschosse nach Bedarf Übergänge zum Saaltrakt durch ein Treppenhaus mit Aufzügen zu. Jeweils eine „Nahtstelle“ pro drei Bürogeschosse (zwei Saalgeschosse) lässt einen geschossgleichen Übergang zu.
  7. Die Kantine ist zum Grünraum orientiert und kann in ihrer Lage sowohl aus dem Foyer des Zentraleingangs als auch von außen erreicht werden. Dem Erdgeschossbereich wird durch die belebende Wirkung der Kantine im Sockel des Saaltraktes eine belebende öffentliche Ausstrahlung verliehen.
  8. Die lineare Struktur der Bebauung lässt eine optimal klar organisierte Tiefgarage machbar werden, die eine hohe Übersichtlichkeit hat. Es werden lediglich zwei Geschosse benötigt. Zwei der drei öffentlichen Ausgänge der Tiefgarage und der Fahrradgarage münden alle um den Platz. Einer in der Nähe der Luxemburger Straße. Hier ist auch eine Fahrradrampe plus Lastenaufzug (Lastenräder) vorgesehen.
  9. Die Tiefgarage wird lediglich von den Hochhauskernen des Amts- und Landgerichts und der Staatsanwaltschaft durchstoßen. Treppenhäuser und Aufzüge der Strafsäle werden abgefangen.

Bauabschnitte:
Leitgedanke für die Bauabschnitte ist es, Strategien möglich zu machen.

  1. Neubau Staatsanwaltschaft vor dem oder parallel zum Abriss der Staatsanwaltschaft (Ein verzahntes Vorgehen spart Jahre der Bauzeit.)
  2. Neubau der Zivil- und Strafgerichtssäle auf dem östlichen Grundstücksteil. Zufahrt Tiefgarage (50% der Tiefgarage fertiggestellt von Rudolf-Amelunxen-Straße)
  3. Abriss Amts- und Landgericht
  4. Neubau Amts- und Landgericht und Anknüpfen an der Nahtstelle zum Saalbau
  5. Fertigstellung der neuen Straßenzuwegung inklusive Umbau Tunnellösung
  6. Ausführung Außenanlagen inklusive Platzanlage „Platz der Justiz“

Die Zufahrt zu dem Anliegerparken müsste zwischenzeitlich umgelegt und von der Rudolf-Amelunxen-Straße über den Wendekreis ermöglicht werden. Dies ist möglich, da zukünftig der Wirtschaftshof sich groß genug darstellt für eine kurzfristige Abtrennung einer Fahrbahn (Dauer Abriss Amts- und Landgericht).
Da eine zweite Ausfahrt aus der Tiefgarage (zweispurig) vorgesehen wird (vor der Staatsanwaltschaft), kann zwischenzeitig auch dort die Zufahrt zu der schon fertiggestellten Tiefgarage genutzt werden (Bauzeit Amts- und Landgericht).

Beurteilung durch das Preisgericht

Ein wesentliches Qualitätsmerkmal der Arbeit ist der Auftritt des Justizzentrums zur Luxemburger Straße. Durch das sowohl von der Straße als auch vom Grüngürtel zurückgesetzte Hochhaus entsteht ein attraktiver Auftritt des Justizzentrums zur Stadt hin. Der daran östlich anschließende Vorplatz mit den Haupteingängen zu den Gerichtssälen ist ebenfalls attraktiv und begrüßt die fußläufig oder mit der Stadtbahn ankommenden Besucher.

Die Funktionalität des Entwurfs wird aus Nutzersicht kritisch beurteilt. Durch gleich zwei Hochhäuser ergeben sich ungünstige und lange Verkehrswege für die Bediensteten und eine eingeschränkte Flexibilität.

Die Anordnung der Baukörper, insbesondere des Saaltraktes wird von der Jury kontrovers diskutiert. Das Saalgebäude ist bis an die Grundstücksgrenze nach Norden geschoben. Der differenzierten Raumbildung auf der Seite des Grüngürtels steht so eine weniger attraktive undifferenzierte Seite nach Süden gegenüber. Die diffuse Beleuchtung der Gerichtssäle, teilweise als innenliegende Räume, wird bemängelt.

Die Busdurchfahrt von der Luxemburger Straße zur Rudolf-Amelunxen-Straße wird dadurch in den südlichen Bereich des Grüngürtels außerhalb des Wettbewerbsbereichs verlegt. Dies wird von der Jury sehr kritisch gesehen. Die Entwässerungsrigolen als südlicher Abschluss des Grüngürtels sind nicht nachvollziehbar.

Die Idee, die KFZ-Zufahrt, die Tunnelausfahrt und die Tiefgarageneinfahrt an einer Stelle zu bündeln, wird anerkannt, jedoch gelingt der Funktionsfähigkeitsnachweis nicht. Das großzügige Raumangebot des Platzes an der Luxemburger Straße ist dem Personenaufkommen von der Stadtbahn angemessen. Die Bustrasse nebst den breiten sie begleitenden Flächen ist überdimensioniert.

Obwohl die Arbeit aus Sicht der Jury einige Mängel aufweist wird die sehr qualitätvolle räumliche Ausbildung zum Grüngürtel besonders gewürdigt.

Prinzipschnitt B-B

Prinzipschnitt B-B

Prinzipschnitt A-A

Prinzipschnitt A-A

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Erdgeschoss