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Award / Auszeichnung | 09/2022

Landesbaupreis Mecklenburg-Vorpommern 2022

Bahnhofstor und Wallanlagen Neubrandenburg

DE-17033 Neubrandenburg, Stargarder Straße

Belobigung | Landschaftsarchitektur

hannes hamann landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

ift-Ingenieurgemeinschaft für Tragwerksplanung

Tragwerksplanung

Anschütz Grünanlagen-, Hoch- und Tiefbau GmbH

Bauunternehmen

Boris Frohberg

sonstige Fachplanung

Geert Maciejewski

Design

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Landschaft und Freiraum

  • Projektgröße:

    keine Angabe

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Baubeginn: 01/2018
    Fertigstellung: 01/2020

Projektbeschreibung

Die Planungsaufgabe des Projektes „Bahnhofstor Neubrandenburg“ orientierte sich maßgeblich daran, eine zeitgemäße Freiflächengestaltung für den Zugang vom Bahnhof in die Altstadt zu entwickeln, die Belange der Denkmalpflege in die Planung einzubeziehen sowie Stadtgeschichte und entwicklung erkennbar und erlebbar zu machen.
Das Bearbeitungsgebiet enthielt mit der Doppel-Wallanlage, der Stadtmauer, dem Franziskanerkloster und der St. Johannis-Kirche bedeutende Garten- und Baudenkmale, die Neubrandenburg seit dem Mittelalter prägen. Das Franziskanerkloster entstand im 13. Jahrhundert und wurde nach der Reformation als evangelisches Gotteshaus, Armenhaus, Hospital und Standesamt genutzt, bevor 2011 das Regionalmuseum in das Gebäude einzog.
Die mittelalterliche Wehranlage mit dem steinernen Befestigungsgürtel und den vier Stadttoren ist ein bedeutendes Zeugnis der Backsteingotik. Mit dem Anschluss an das Eisenbahnnetz 1864 wurde die Stadtmauer geöffnet und die Stargarder Straße axial auf den Bahnhof geführt. Flache Mauern und zwei mächtige Torpfeiler prägten diesen neuen Stadteingang im Kontrast zu der mittelalterlichen Wehranlage. Die Spuren beider Stadtbefestigungen sind heute noch erkennbar. Stelen, die den Querschnitt des mittelalterli¬chen Mauerprofils wiedergeben, zeichnen in unterschiedlichen Abständen den Verlauf nach und verdichten sich zur Straße zu einer neuen Torsituation, ohne den Stadtzugang wieder zu verschließen. Die Patina der Stelen aus Cortenstahl korrespondiert mit dem Ziegelstein der angrenzenden denkmalgeschützten Bauten. Tafeln mit Informationen zur Stadtgeschichte wurden in die Stelen eingearbeitet.
Auch die vorgelagerte Doppel-Wallanlage mit drei Gräben gehörte zu der Befestigungsanlage. 1824 wurde diese zu einer Stadtpromenade umgestaltet. Wassergebundene Wege auf den Wallkronen und ein schöner Baumbestand aus Eichen prägten dieses Gartendenkmal. Durch einen gezielten Rückbau der Verkehrsflächen ist die Doppel-Wallanlage mit den drei Gräben nun auch von der Stargarder Straße wieder erlebbar. Die Wege auf den Wallkronen erhielten eine Anbindung an die großzügigen Gehwege in der Stargarder Straße. Die Doppel-Wallanlage wurde als Grünfläche in der ursprünglichen Topographie bis an die Straße geführt. Die vorhandenen Eichen konnten erhalten und ergänzt werden.
1893 wurde im östlichen Teil der Doppel-Wallanlage nach einem Entwurf von Martin Wolff das „Fritz-Reuter-Denkmal“ eingeweiht. 2006 wurde es instandgesetzt. In Anlehnung an die historische Situation wurde eine kleine Platzfläche um das Denkmal geschaffen. Eine Möblierung mit Bänken und eine intensive Bepflanzung werten diesen Bereich auf und schaffen eine hohe Aufenthaltsqualität.
1895 wurde im westlichen Teil der Doppel-Wallanlage die Bronzeskulptur „Viktoria“ von Martin Wolff aufgestellt – als Denkmal für die Gefallenen des Deutsch-Französischen Kriegs von 1870 bis 1871. Die Bronzeskulptur wurde zerstört, ihr Standort ist jedoch noch erkennbar.
1923 wurde der „Fritz-Reuter-Brunnen“ von einem Kaufmann für den Marktplatz in Neubrandenburg gestiftet. Der Bildhauer Wilhelm Jaeger entwarf hierfür das heute als „Mudder-Schulten-Brunnen“ bezeichnete Wasserspiel. Aufgrund der Umgestaltung des Marktplatzes wurde dieser Brunnen jedoch 1961 in die Doppel-Wallanlage an die heute sehr stark befahrene Ringstraße verlegt. Der Brunnen musste grundlegend instandgesetzt und die Figurengruppe restauriert werden. Eine Verlegung des Brunnens vor das Franziskanerkloster erschien sinnvoll, da hier die räumliche Fassung und die Proportionen wiederhergestellt werden konnten. Darüber hinaus ist der Brunnen selbst ein Stück Stadtgeschichte und erzählt an seinem neuen Standort vor dem Regionalmuseum auch Landesgeschichte. Im Ergebnis konnte eine denkmalgerechte Instandsetzung des Brunnens mit hoher Aufenthaltsqualität auf einem verkehrsfreien Platz umgesetzt werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Aufgabe dieser Arbeit war es, den Zugang vom Bahnhof Neubrandenburg in die Altstadt in seiner Freiraumqualität neu zu definieren, funktional zu ordnen und so dem „Bahnhofstor Neubrandenburg“ eine identitätsstiftende Gestalt zu geben. Dabei waren der Verkehr in der Stargarder Straße, die Anforderungen des Denkmalschutzes für die Wallanlage, die Stadtmauer, das Fritz Reuter Denkmal und den „Mudder-Schulten-Brunnen“ sowie das anliegende Regionalmuseum in Einklang zu bringen. Die Verfasser entschieden sich, als zentrales Gestaltungselement Stelen aus Cortenstahl einzusetzen, die den Verlauf der mittelalterlichen Stadtmauer nachzeichnen. Die Stelen verdichten sich zur Stargarder Straße hin und markieren so den Zugang in die Stadt eindrucksvoll in ihrer ursprünglichen Topographie. Bänke und Fahrradständer wurden aufgestellt, das Fritz Reuter Denkmal freigestellt. Obwohl das Preisgericht die Positionierung des Infrastrukturbandes mit der unruhig wirkenden Vielfalt an Bodenbelägen kritisch sieht, stellt die Arbeit einen mutigen und konsequenten Ansatz zur Stadtreparatur mit den Mitteln der Landschaftsarchitektur dar.