modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Offener Wettbewerb | 05/2022

Neubau Tagesbetreuung Boppartshof in St.Gallen (CH)

1. Rang / 1. Preis / Zur Weiterbearbeitung empfohlen

Preisgeld: 30.000 CHF

Allemann Bauer Eigenmann Architekten

Architektur

Mettler Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

B3 | Engineering und Management am Bau

Bauingenieurwesen, Brandschutzplanung, Tragwerksplanung

Edwin Keller + Partner AG

TGA-Fachplanung

Baukom AG Baumanagement

BIM-Management

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Projekt foglia besteht aus einem viergeschossigen, organisch geformten Hauptbau, der über einen Sockelbau an die Hangkante und an die Erschliessungsstrasse zur bestehenden Turnhalle angebunden ist. Durch die Verteilung der Nutzflächen auf vier Vollgeschosse kommen die Urheberinnen und Urheber mit einem vergleichsweise kleinen Fussabdruck aus. Natürlich geht dieser Entscheid einher mit einer räumlichen Distanz des zweiten Obergeschosses zum Aussenraum, die aber vom Betrieb als bewältigbar eingestuft wird. Der Schwarzplan macht deutlich, wie gut sich das neue Gebäude städtebaulich in das bestehende Ensemble einfügt: Es hat den nötigen Abstand zu den benachbarten Bauten, und trotzdem ist sofort klar, dass es sich um eine Ergänzung des Schulareals handelt. Diese Herangehensweise spiegelt eine der Hauptanforderungen des Programms: Es handelt sich beim geplanten Haus nämlich nicht einfach um ein weiteres Schulgebäude, sondern um eine eigene Bautypologie, die sich zeitlich, örtlich und gestalterisch zwischen der Schule und dem Zuhause der Kinder befindet. Den Verfasserinnen und Verfassern ist es gelungen, dem klar als öffentlich erkennbaren Gebäude durch sparsamen, aber wirkungsvollen Einsatz von Wohnbau-Elementen einen ganz eigenen Ausdruck zu verleihen, beispielsweise durch die geschosshohen, strukturellen französischen Fenster. Die facettierte Hülle des Neubaus mit ihren Vor- und Rücksprüngen ermöglicht eine präzise Setzung entlang des wertvollen Baumbestands an der Wolfgangstrasse; darüber hinaus bewirkt sie aber auch eine optische Verkleinerung des neuen Betreuungsgebäudes. Im Aussenraum ergeben sich so vielfältige Aufenthaltsmöglichkeiten, die die Qualität des vorhandenen Spielplatzes ergänzen und stärken. Die schönen, schattenspendenden Bäume können weitgehend erhalten bleiben; auch über ein zusätzliches Wegnetz wird der Neubau auf sehr selbstverständliche Weise in die bestehende Anlage eingebunden.

Der architektonische Ausdruck der Tagesbetreuung unterscheidet sich absichtlich von jenem der geschützten Schulanlage und sucht, sowohl was die Farbigkeit, aber auch die vertikale Gestaltung der Fassaden betrifft, eher die Nähe der Bäume und des Grünraums. Die stehenden Holzlamellen der Fassadenverkleidung verweisen auf die Tragkonstruktion in Holzbauweise. Die Analogie zum Blatt, konkret wohl zum Kleeblatt, ist am Grundriss des Hauses zu sehen: Um einen zentralen Raum, eine Art Halle, gruppieren sich auf allen vier Geschossen jeweils vier Raumpaare. Am «Stiel» nordwärts zum Hang hin sind jeweils das Treppenhaus und die Garderobe angeordnet, in den anderen drei Himmelsrichtungen befinden sich die Hauptnutzflächen. Die unregelmässig geschnittenen Räume sind geprägt durch geschosshohe Verglasungen mit eingezogenen Lüftungsflügeln: Der wechselnde Sonnenstand und die unterschiedlichen Ausblicke in die Bäume und ins Quartier lassen eine grosse Varianz an Raumeindrücken erwarten. Wie gefordert könnten jeweils zwei der Betreuungsräume bei einer allfälligen Umnutzung ein Klassenzimmer bilden. Die Entflechtung der gut 200 Kinder gelingt über drei unterschiedliche Zugänge von aussen, so dass das Treppenhaus nur noch von den Horteinheiten im ersten und zweiten Obergeschoss benutzt werden muss. Optimal gelöst ist auch der Zugang von der Garderobe, die als Schmutzbereich dient, über den zentralen Verteilerraum in die einzelnen Kammern: Keines der Zimmer ist über ein anderes erschlossen, so dass ein Höchstmass an Ruhe und ungestörtem Spiel möglich sind. Die Personalräume sind geschickt über die Etagen verteilt. Die auf Erdgeschossniveau angeordnete Küche kann ihre zentrale Aufgabe als Herzstück der Tagesbetreuung optimal erfüllen: Durch die verschiedenen Öffnungen zum Innen - wie zum Aussenraum erhalten die Kinder Einblick in die tägliche Essenszubereitung und die Köche und Köchinnen einen angenehmen Arbeitsplatz mit viel Tageslicht. Die ebenerdige und direkte Anlieferung von Küche und Lagerräumen von den Parkplätzen an der Wolfgangstrasse her verspricht schnelle und effiziente Abläufe. Auch die allmittägliche Essensverteilung funktioniert optimal: Die Servierwagen können direkt vom Office, wo sie abgestellt werden, über den Lift auf die verschiedenen Geschosse geschickt werden, ohne dass die Wege der hereinströmenden Kinder oder Schmutzbereiche gequert werden müssen.

Durch die auf jedem Geschoss vorhandene, zentrale Horthalle, die nicht im Raumprogramm enthalten ist, erhält das Projekt eine etwas grössere Fläche und eine höhere Kubatur, was sich auch in den Baukosten niederschlägt. Aus Sicht der Sach- und der Fachjury ist diese Kostensteigerung jedoch vertretbar, da sich dadurch ein betrieblich optimaler Grundriss ergibt, der die täglichen Abläufe in der Betreuung wesentlich vereinfacht. Die zusätzliche Halle ist nicht nur Verkehrsfläche, sondern hat Aufenthaltsqualität, was in der Belegung der Horteinheiten berücksichtigt werden kann.

Dieses Projekt überzeugt insgesamt durch die sehr sorgfältige Planung und den eigenständigen, der Aufgabe und der Umgebung angemessenen Ausdruck. Insgesamt gewinnt das Projekt in der Überarbeitung nochmals merklich an Qualität, ohne dadurch konzeptionelle Stärke einzubüssen.