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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2022

Neubau einer Gesamtschule an der Knappenstraße in Oberhausen

Perspektive

Perspektive

1. Preis / Zur Umsetzung empfohlen

Preisgeld: 95.000 EUR

LORBER PAUL Architektur und Städtebau

Architektur

studio grüngrau Landschaftsarchitektur GmbH

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

KONZEPT

Mit dem Neubau der Gesamtschule für Oberhausen ergibt sich die Chance, eine Umgebung zu schaffen, die nicht nur für das Lernen der Schüler*innen prägend sein wird, sondern dem Quartier auch einen neuen gemeinschaftlichen Anlaufpunkt gibt.

Der Entwurf für den Neubau der Gesamtschule reagiert mit seiner Verteilung der Baukörper differenziert auf die Umgebung und bildet klare städtebauliche Kanten zur Straße aus. Durch die Unterteilung der Baumasse in wohldimensionierte Einzelkörper reagiert der Entwurf sensibel auf die partiell kleinteilige Umgebung. Durch die Kantenbildung zur Straße werden klare Zugänge geschaffen und eine Adresse zum Quartier ausgebildet.

Die Baukörper grenzen sich gegen die Grundstücksgrenzen ab und formulieren den Schulhof als gemeinschaftliche Mitte aus. Wie die Stadtgesellschaft um das Forum als gemeinschaftliche Mitte, adressieren sich die Nutzungseinheiten der Schule um die Schulhoffläche als zentraler Ort des Sich-Begegnens und Zusammenkommens. Dieser geschützte Raum bietet die optimalen Voraussetzungen für einen Bildungsraum. Der umschlossene Schulhof gewährleistet auch für die Anwohner*innen maximalen Lärmschutz.

Die Turnhalle, Aula und der Schulhof sind auch für außerschulische Aktivitäten nutzbar und über eine separate Zuwegung erreichbar. Als öffentliches Gebäude hat die Schule das Potential, ein Gemeinschaftsort mit quartiersstiftender Identität zu werden.

Um die Identifikation der Schüler*innen mit ihrer Schule zu stärken, werden diese in den Jahrgangshäusern untergebracht. Somit erhalten alle Klassen ihren geschützten Rückzugsbereich, der aber eine enge Verbindung zum benachbarten Jahrgang ermöglicht. Die offenen Lernlandschaften ermutigen zum freien und individuellen Lernen. In ihrer Struktur wechseln sich hier weite und kleinteilige Abschnitte ab und bieten Flächen zum konzentrierten Arbeiten sowie aber auch zum Austausch. Die Aneignung der Räume durch die einzelnen Schüler*innen lässt diese zu mehr als nur einem Ort der Wissensvermittlung werden.

Der dezentrale Entwurf ermöglicht es, die maximale Anzahl an Bestandsbäumen in der Grundstücksmitte zu erhalten. So kann ihr ökologischer Wert gesichert werden und ihr positiver Einfluss auf das Mikroklima bleibt bestehen. Ergänzt wird dieser Effekt noch durch Fassadenbegrünung und die Flachdächer mit intensiver Begrünung.

FREIRAUM

Die Außenanlagen einer Schule sind heutzutage mehr denn je ein wichtiger Bestandteil eines modernen Schulkonzepts. Zentrales Element des Entwurfs ist der Schulhof als neues grünes Zentrum. Die abwechslungsreiche Gestaltung mit dezentralen Sitz- und Aufenthaltsbereichen, Spiel- und Sportflächen sowie dem weitestgehenden Erhalt der vorhandenen Baumsubstanz schafft hier einen Ort des Lernens und des Wohlfühlens. Die befestigten Flächen gliedern sich in gebäudenahe Bereiche mit Betonwerksteinpflaster und größeren „Inseln“ aus farbigem Asphalt. Die Spiel- und Sportbereiche bekommen entsprechend den Anforderungen Fallschutzbeläge aus Gummigranulat. Die Baumscheiben der vorhandenen Bäume werden in ungebundener Wegedecke oder als extensive Mischstaudenpflanzungen angelegt.

Das grüne Klassenzimmer befindet sich westlich der Aula entlang der Grundstückgrenze. Die beiden Innenhöfe werden jeweils mit Solitärbäumen bepflanzt. Der größere Hof ist als Schulhof zum Betreten vorgesehen, der kleinere Hof an der Sporthalle wird bepflanzt. Alle Dachflächen sind mindestens einfach intensiv begrünt und haben eine Drainage aus Festkörperplatten, die das Regenwasser zwischenspeichern.

Fahrradstellplätze liegen an allen Eingangsbereichen. Der große zentrale Fahrradabstellplatz liegt im Osten an den „Drei Knappen“. Hier ist zudem auch eine Müllsammelstelle vorgesehen. Die Anlieferung der Küche erfolgt über den bestehenden Weg an der Knappenstraße.
Auf eine Einfriedung des Grundstücks kann aufgrund der städtebaulichen Setzung der Baukörper in vielen Bereichen verzichtet werden. Einzelne Tore an den Zugängen können temporär den Zugang zum Schulhof beschränken. Bei Bedarf kann die umschließende Laubhecke durch einen integrierten Stahlzaun ergänzt werden.


ERSCHLIESSUNG

Die äußere Erschließung des Grundstücks erfolgt getrennt für Lieferverkehr/PKW und Schüler*innen/Fußgänger*innen.

Der primäre Zugang führt in unmittelbarer Nähe zur Bushaltstelle über einen kleinen Auftaktplatz auf den Schulhof. Zum Schulhof orientieren sich alle Gebäudezugänge und werden über elegante Flugdächer miteinander verbunden. Eine weitere Zugangsmöglichkeit besteht über die Straße „Drei Knappen“ zum separaten Eingang der Turnhalle.

Für die Zufahrt zur Tiefgarage wird seitlich eine Zufahrt an der Knappenstraße im Baukörper integriert, um eine weitestgehende Trennung von Passant*innen und PKW zu erzielen.

Die Belieferung der Küche erfolgt über die nördliche Zufahrt an der Knappenstraße und bietet eine störungsfreie Anlieferung für den Schulbetrieb.

Sowohl die Freiflächen als auch die innere Erschließung sind barrierefrei möglich. Die Wahl der Oberflächenbeschaffenheit und die schwellenlose Ausführung bieten eine Umgebung, die von allen Menschen gleichermaßen erschlossen werden kann.

Über die Zugänge von der Schulhofseite werden die einzelnen Baukörper erschlossen. Die Foyers bieten eine Zone des Ankommens. Die sich wiederholenden Erschließungsfiguren in den Baukörpern ermöglichen eine einfache Orientierung. Der Zusammenschluss zweier Jahrgangscluster über eine gemeinschaftliche Mittelzone mit Freisitzen schafft die Möglichkeit für jahrgangsstufenübergreifendes, gemeinsames Lernen.

KONSTRUKTION

Die Konstruktion des Baus besitzt eine lange Nutzungsdauer, flexible Anpassungsmöglichkeit und eine unkomplizierte Austauschbarkeit reparaturbedürftiger Bauteile.

Der Schulbau ist in nachhaltiger Holzbauweise geplant. Aus Gründen des konstruktiven Holzschutzes sind Bodenplatte und Fassadenverkleidung im Sockel aus Beton. In den oberen Geschossen ist ein Holz-Beton-Hybridbau mit hochgedämmten Holzrahmenelementen in der Fassade geplant, der die KfW-40-Anforderungen erfüllt.

Die Holz-Beton-Hybriddecken werden durch ein Primärtragwerk an Massivholzstützen und Brettsperrholzwänden getragen und ermöglichen so flexibel bespielbare Grundrisse. Der Betonanteil ist durch den Einsatz von Holz auf ein Minimum reduziert (geringer C02-Ausstoß, viel CO2-Storage). Das Ausbauraster ermöglicht eine wirtschaftliche Dimensionierung der Konstruktion. Der Fußbodenaufbau aus dämmender Schüttung, Trockenestrichplatten und Linoleum ist dauerhaft, erlaubt aber – auch bei partiellem Rückbau – die Trennung der Materialien zu Recyclingzwecken (Cradle2Cradle).

Die bauliche Grundstruktur der Cluster ermöglicht gleichermaßen Lernraumateliers wie auch (teil-)offene Lernlandschaften.
So können sich verändernde pädagogische Konzepte durch minimale Eingriffe in die bauliche Substanz umgesetzt werden, und eine hohe Nutzungsflexibilität macht den Neubau zu einer zukunftsfähigen Schule.

Die außenliegenden Holzflächen sind mit einer langlebigen Silikatfarbe gegen Witterungseinflüsse geschützt.


FUNKTIONALE ASPEKTE

Sowohl in der tragenden Struktur als auch im Innenraum dominieren Holzoberflächen die Gestaltung. Das natürliche Material schafft ein gesundes Raumklima und leistet als nachwachsender Rohstoff einen enormen Beitrag zum nachhaltigen Bauen. Die Materialwahl ist Teil des Konzepts, den Schüler*innen eine häusliche und vor allem familiäre Atmosphäre zu bieten.

Durch die Holzbauweise können überdies viele Bauteile vorgefertigt werden, was einen beschleunigten Bauablauf mit sich bringt. Zudem besteht eine hohe Flexibilität der Raumgestaltung durch minimale Eingriffe. Dies verhindert größere Umbauten bei veränderten pädagogischen Konzepten.

Die effiziente Erschließung und Verteilung der Rettungstreppenhäuser sparen Flächen und Kosten ein. Ein hoher Grad an wiederkehrenden Modulen und Bauteilen verspricht eine wirtschaftliche Umsetzung des Entwurfs. Der auf einem einheitlichen und durchgehenden Raster entwickelte Baukörper ermöglicht eine erhöhte Flächeneffizienz.

Durch aktive und passive Maßnahmen reduziert sich der Heizenergiebedarf des Gebäudes. Luft-Wasser-Wärmetauscher/Erdwärmesonden – bei einem in der weiteren #planung untersuchten Geothermie-Konzept – unterstützen die Warmwasser-Erzeugung und reduzieren gleichzeitig den Energiebedarf.
Aus der Kombination von natürlicher und mechanischer Lüftung ergibt sich durch alle Jahreszeiten ein angenehmes Raumklima. Die flächeneffizienten Grundrisse durch minimierte Verkehrsfläche und die kompakten Baukörper verringern durch ein gutes A/V-Verhältnis die Wärmeverluste. Der außenliegende Sonnenschutz bietet die Möglichkeit der individuellen als auch automatisierten Verschattung einzelner Räume.

Durch die optimierte polygonale Ausrichtung der Baukörper wird das natürliche Tageslicht optimal ausgenutzt und die Clusterbereiche erhalten optimiert belichtete Klassenräume uns Selbstlernbereiche.

Die Integration von Pflanzen in Teilen der Fassade (grundgebundene Systeme) und in den Innenräumen wirken sich positiv auf das Mikroklima und die Behaglichkeit der Räume aus.

NACHHALTIGKEIT

Konstruktiv ist die Gesamtschule auf Effizienz und Einfachheit ausgelegt. Unter dem Aspekt der Rückbaubarkeit, beziehungsweise eines holistischen Nachhaltigkeitskonzepts (Cradle2Cradle) wird überwiegend Holz – sowohl konstruktiv als auch für ästhetische Zwecke – verwendet. Die sichtbaren Holzoberflächen in Fassade und Innenraum stellen ein zeitgemäßes Statement in Sachen Klimaschutz und Nachhaltigkeit dar.

Die Langlebigkeit der gewählten Baustoffe und der Austausch einzelner Segmente bei minimalem Arbeitsaufwand halten die Instandhaltungskosten über die gesamte Lebensdauer gering.
Durch die Hand-in-Hand-Entwicklung von Energie- und Gebäudekonzept ist ein hoher Integrationsgrad von architektonischem Entwurf und technischer Ausrüstung angestrebt und richtet sich nach dem „zero-emission“-Ziel der Stadt Oberhausen. Die Fenster bringen viel Tageslicht in die Räume und reduzieren den Bedarf an künstlicher Beleuchtung. Die Klassenräume werden durch individuell steuerbare textile Sonnenschutzelemente verschattet, wodurch ein übermäßiger Wärmeeintrag im Sommer vermieden werden kann. Ein hybrides System aus natürlicher Belüftung durch die Fenster und mechanischer Belüftung sorgt für ein angenehmes Raumempfinden beim Lernen. Durch das Energiekonzept und den Verzicht auf komplexe oder experimentelle Technik werden die laufenden Kosten minimiert und eine hohe Lebensdauer ermöglicht.

Die kompakte Bauweise bietet ein optimiertes A/V-Verhältnis und verringert den Energiebedarf der Schule. Die Photovoltaikanlagen auf dem Dach ermöglichen Energiegewinnung für den Eigenbedarf und zur Einspeisung ins Stromnetz.

Ein wichtiger Punkt bei der Planung des Entwurfes war das Regenwassermanagement auf der Grundstücksfläche. Die intensiv begrünten Dachflächen bilden einen Schwamm für Regenwasser und federn Starkregenereignisse ab. Die Verdunstungskälte wirkt sich positiv auf das Mikroklima aus. Die Schulhofflächen sind da, wo es möglich und nutzungstechnisch sinnvoll ist, unversiegelt und ermöglichen die schnelle und direkte Regenwasserversickerung auf dem Grundstück.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser schlagen ein Gebäudeensemble vor, das ähnlich einer Dorfstruktur vielseitige differenzierte Außenbereiche, sowie eine Wege- und Platzabfolge mit zentraler Mitte ausbildet. Nach außen hin formuliert der Neubau konsequent klare Kanten, in seinem Inneren erzeugt eine bewegte Baukörperausbildung vielfältige räumliche Situationen, die für Spiel und Bewegung genutzt werden können. Die Anordnung einer weiteren Schulhoffläche auf dem Dach wird begrüßt. Die Ausdifferenzierung des Schulbaus in kleinteilige Baukörper unterschiedlicher Höhe ist stimmig und bindet sich durch seine Maßstäblichkeit gut in die städtische Struktur ein. Die Setzung der Gebäude ermöglicht den Teilerhalt der Bestandsbäume, die maßgeblich den zentralen Platz prägen und somit ein selbstverständlicher Teil des Gesamtkonzeptes werden. Gut vorstellbar ist die Durchwegung des Platzes zum Haupteingang, es sollte jedoch keine weitere Überlagerung von Zugängen und Anordnung von Nutzungen geben, um die ungestörte Schulhofnutzung zu gewährleisten.

Das Konzept überzeugt hinsichtlich der am Menschen orientierten Maßstäblichkeit, sowie durch das Potential, über die Schulnutzung hinaus, Anlaufpunkt für gemeinschaftliche Nutzungen im Quartier zu sein. Die Anordnung der Nutzungen unterstützt das Konzept, einzig die Unterrichtsräume am zentralen Hofzugang ist zu überdenken. Eine zusätzliche Erschließungsmöglichkeit im Westen wäre wünschenswert und würde den Hauptzugang entlasten. Die Cluster sind schlüssig und richtig organisiert, die Belichtung des Clusterinneren erscheint aufgrund der großen Raumtiefen jedoch teilweise kritisch. Die Sporthalle ist richtig angeordnet und kann separat erschlossen werden.

Die äußere Erscheinung ist Teil des schlüssigen Konzepts, die Anmutung und Materialisierung überzeugt und bindet die Pergolen selbstverständlich ein. Insgesamt stellt der Entwurf einen mutigen Beitrag zur Frage dar, wie zukunftsorientiertes und am Menschen orientiertes Lernen in ein räumliches Konzept überführt werden kann.

Lebenszyklusbetrachtung: Die zu erwartenden Kosten der Arbeit sind niedrig, sie sind dennoch weiter optimierungsfähig. Aufgrund der Materialität sind verkürzte technische Nutzungsdauern zu erwarten, hieraus resultieren hohe langfristige Sanierungskosten. Der Entwurf hat einen sehr hohen Anteil an transparenten Flächen und einen großen Hüllfächenanteil. Die Lebenszykluskosten liegen im oberen Bereich und bedürfen einer weiteren Optimierung. Die Flächenökonomie des Gebäudes stellt sich positiv dar.

Energetisches Konzept: Die Wärmeversorgung erfolgt über Wärmepumpen (Luft-/Wasser bzw. Erdwärme). Es erfolgt kein Anschluss an das Fernwärmenetz. Auf dem Dach sind PV-Anlagen installiert. Es wird eine Kombination aus natürlicher und mechanischer Lüftung angedacht. Eine Wärmerückgewinnung in der mechanischen Lüftung ist nicht beschrieben, ebenso nicht die Ausführung der Lüftungsanlage.

Lageplan

Lageplan

Modell

Modell

Schnitt

Schnitt

Grundriss 1. OG

Grundriss 1. OG

Piktos

Piktos