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Nichtoffener Wettbewerb | 11/2022

Umfeld-Neugestaltung fĂŒr das UNESCO-Weltkulturerbe Naumburger Dom

Domplatz Ost

Domplatz Ost

Anerkennung / Realisierungsteil

Preisgeld: 7.000 EUR

GRIEGER HARZER DVORAK

Landschaftsarchitektur

ErlÀuterungstext

BEWAHREN UND ERLEBEN
AtmosphĂ€risch aufgespannt zwischen Dom und KuriengebĂ€uden, dient das Naumburger Domumfeld der wĂŒrdevollen Erschließung der WelterbestĂ€tte, ist selbst Teil des Denkmals und zugleich stĂ€dtischer Wirtschafts- und Alltagsraum. Zwischen Georgenstraße und Steinweg wird es als eine zusammenhĂ€ngende, durchgrĂŒnte Platzanlage begriffen, die in ihrer Grundgestalt erhalten bleibt. Wenige Anpassungen in der FlĂ€chengliederung fĂŒhren zur sinnlicheren Erfahrung des Denkmals. Durch behutsames Sortieren und Wichten, AufrĂ€umen und ErgĂ€nzen kann der unvergleichliche Charme bewahrt und der Blick auf das Wesentliche gewahrt werden

SICHTACHSEN UND RAUMERFAHRUNG
Wesentlich fĂŒr den Entwurf sind zwei rĂ€umlich und funktional ordnende Eingriffe. Zur Verbesserung der Blick- und Wegebeziehungen zwischen östlicher Platzkante und Dom wird die GrĂŒnflĂ€che vor Domplatz 1 geringfĂŒgig verschoben und abgerundet, dafĂŒr vollflĂ€chig begrĂŒnt. Eine Baumneupflanzung vor Domplatz 21 bindet die „lose“ Außen-Gastronomie. Durch das Versetzen das Zaunes zwischen Hinterem Domplatz und Domgarten, wird der öffentlich zugĂ€ngliche Bereich bis zu seiner ursprĂŒnglichen Grenze erweitert und ermöglicht uneingeschrĂ€nktes Erleben des Westchores. Der versetzte und aktivierte Brunnen akzentuiert den Ort mit einem plĂ€tschernden Wasserspiel. 

ANMUTUNG UND BARRIEREFREIHEIT
Die bestehenden OberflĂ€chenmaterialien tragen wesentlich zur Anmut des Domplatzes bei. Teilbereiche sind dabei aus Denkmalschutzsicht besonders wertvoll. Komfort und Barrierefreiheit, die fĂŒr das Erleben und Benutzen der WelterbestĂ€tte eine ebenfalls wichtige Rolle spielen, stehen dem teilweise entgegen. Auf der Suche nach der richtigen Balance zwischen Erhalt und Erneuerung, rauem Charme und Nutzerkomfort wird eine zusammenhĂ€ngende FlĂ€che aus oberseits gesĂ€gtem, farblich abgestimmten Natursteinpflaster vorgeschlagen, welche zahlreiche Bereiche mit Bestandsmaterial integriert. Der so erzeugte wahrnehmbar zusammenhĂ€ngende Raum ist fĂŒr jeden gut zugĂ€nglich und bleibt historisch und atmosphĂ€risch authentisch .

VERKEHR
Die vorgeschlagene VerkehrsfĂŒhrung orientiert sich nah am vorhandenen Verkehrskonzept (SHP). Die StraßenfĂŒhrung zwischen Domplatz Nr. 12 und Nr. 4 wird als verkehrsberuhigter Bereich gewidmet. DarĂŒber hinaus sind sĂ€mtliche FlĂ€chen inklusive der gepflasterten Straße vor Domplatz 14 als FußgĂ€ngerzone nur im Bedarfsfall zu befahren. Der ruhende Verkehr wird auf je drei Behinderten- und KurzzeitstellplĂ€tze nahe der EinmĂŒndung Dompredigergasse in den Domplatz beschrĂ€nkt. ParkstĂ€nde fĂŒr Anwohner befinden sich vor Domplatz 8 und in der Ägidiengasse. Der Bring- und Abholverkehr zur Schule wird ĂŒber den Parkplatz an der Freyburger Straße abgewickelt, lediglich ein barrierefreier Kurzzeitstellplatz ist vor dem SchulgebĂ€ude vorgesehen. 26 FahrradbĂŒgel fĂŒr je zwei RĂ€der werden ĂŒber das Gebiet verteilt in der NĂ€he zu EingĂ€ngen öffentlicher GebĂ€ude angeordnet.

WEGE UND FUNKTIONSRÄUME

 können zukĂŒnftig selbstverstĂ€ndlicher erkannt und genutzt werden. Mit dem Welterbeinformationszentrum wird der Ticketerwerb vom Dombesuchereingang entkoppelt und kann auf elektronische Systeme umgestellt werden, sodass beliebig viele Ein- und Auslassmöglichkeiten konfiguriert werden können. 

REGENWASSERBEWIRTSCHAFTUNG UND NACHHALTIGKEIT
Der GrĂŒnflĂ€chenanteil kann leicht erhöht werden. Die befestigten FlĂ€chen sollen zukĂŒnftig ĂŒberwiegend direkt oder per Zulauf in die GrĂŒnflĂ€chen entwĂ€ssert werden. Insgesamt 9 Baumpflanzungen bieten vorbehaltlich einer genauen Untersuchung (Bodendenkmal, Wurzeln benachbarter BĂ€ume) die Möglichkeit der Ausstattung mit Baumrigolen. FĂŒr drei erst kĂŒrzlich nachgepflanzte Linden ist dies nachtrĂ€glich realisierbar. Regenwasser privater DachflĂ€chen sollte nur noch auf dem GrundstĂŒck versickert oder genutzt werden um den Kanal bei Starkregenereignissen zusĂ€tzlich zu entlasten. 

OBERFLÄCHEN UND AUSSTATTUNG
Eine barrierefreie Natursteinpflasterung ersetzt Schlackepflaster, Granitkleinstein und einzelne Fahrspuren mit Kalksteinreihenpflaster. Sie bindet die erhaltenen historischen OberflĂ€chen und alle weiteren Ausstattungselemente in eine farblich abgestimmte, homogene, PlatzflĂ€che ein. Die meisten Traufstreifen, GehwegbelĂ€ge und Gassen aus Kalksteinpflaster, Fahrspuren entlang Domplatz 14 und im Neuen Steinweg werden ausgebessert, saniert, oder einfach belassen. In diesen Bereichen werden mitunter Granitplatten eingelegt. Aufgenommenes Material wird zum Ausbessern verwendet oder kann fĂŒr zukĂŒnftige Bau- und Sanierungsmaßnahmen vorgehalten werden. Aufgenommenes Mosaikpflaster im Segmentbogenverband wird vor Ort wiederverwendet fĂŒr die Einfassungen der RasenflĂ€chen.  

Der neue Belag soll in sorgfĂ€ltiger AbwĂ€gung zwischen Ă€sthetischer QualitĂ€t und Eignung fĂŒr den Gebrauch im Straßenverkehr gefunden werden. Vorgeschlagen wird ein braungrau changierender Kalkstein oder optisch Ă€hnliches Material (Quarzit, Granit, Grauwacke) in einem mittleren Format mit bruchrauhen Kanten, oberseits gesĂ€gt, eng verfugt im Passeverband. Bordsteinkanten werden ersetzt durch offene Pflasterrinnen. 
BĂ€nke mit einer schlichten Sandsteinplatte spenden noch am Abend WĂ€rme und Sitzkomfort im historischen Ambiente.

DOMPLATZ OST
Der vordere Domplatz erfĂ€hrt durch die Neugestaltung eine Beruhigung der FlĂ€chen und mehr rĂ€umliche Übersichtlichkeit. Die Neupflanzung eines weiteren Götterbaumes bindet die Außengastronomie besser ein und akzentuiert den Besuchereingang des Doms. 
Die östliche GrĂŒnflĂ€che wird vom Strauchbewuchs befreit und neu justiert. Angelehnt an die im 19. Jh. aufkommende Blattstaudenverwendung wird eine Profilierung der RasenflĂ€chen mit Bodendeckern und niedrigen Blattstauden begleitet von zartschwebenden BlĂŒtentupfern vorgeschlagen. GanzjĂ€hrig strukturgebend und ökologisch wertvoller, sorgen die Pflanzungen auch in trockenen Sommern fĂŒr ein grĂŒnes Domumfeld und helfen, nahestehendes Platzmobiliar optisch einzubinden.   
Baumbeschattete BĂ€nke, RadbĂŒgel und AbfallbehĂ€lter in der NĂ€he der wichtigen ZugĂ€nge zu öffentlichen GebĂ€uden sorgen fĂŒr funktionierende AblĂ€ufe, ein schönes und sauberes Erlebnis des Naumburger Doms. 

DOMPLATZ WEST
Die Promenade unter den Domlinden wird unter Verwendung des Bestandsmaterials saniert. Einzelne Linden werden nachgepflanzt, BĂ€nke laden zum Verweilen ein. Die RasenflĂ€chen unter den Linden werden vom Westchor abgetrennt, ansonsten unauffĂ€llig etwas ausgedehnt. Im Winter und FrĂŒhling bringen Geophyten einen zarten Zauber in die Anlage. 
Der Bereich um den Westchor erhĂ€lt eine eigene RasenflĂ€che als respektvollen Puffer zum GemĂ€uer. Ein daran anschließender Weg bietet die Möglichkeit das berĂŒhmte Bauteil in GĂ€nze zu umschreiten. DafĂŒr wird der Zaun zum Domgarten auf die historisch platzbegrenzende Flucht verlegt. 
Das Brunnenbecken wird seitlich in Richtung des ehemaligen Standorts des Simsonbrunnens verlegt und als Brunnen aktiviert. Hier bildet es einen rĂ€umlichen und akustischen Anker zwischen Domlinden, Domplatz 14 und Westchor. Das Terrain wird an dieser Stelle geringfĂŒgig angehoben um die GefĂ€llesituation zu entschĂ€rfen. Durch die geringfĂŒgige VergrĂ¶ĂŸerung der RasenflĂ€chen wird ein Teil des historischen Kieselpflasters aufgenommen und ringsum den neuen Brunnen verlegt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfassenden stellen die Beruhigung und rĂ€umliche Übersichtlichkeit des Wettbewerbsgebietes als stĂ€dtebauliche und landschaftsarchitektonische Leitidee in den Vordergrund ihres Entwurfes. Dabei wird deutlich, dass die historischen Aspekte der Platzgestaltung des 19. Jahrhundert genau verstanden und konsequent umgesetzt wurden. Es entsteht eine wertvolle grĂŒne leicht angepasste PlatzqualitĂ€t auf dem östlichen Domplatz, deren amöbenhaft gerundete Formgestalt von durchdringendem denkmalpflegerischem VerstĂ€ndnis zeugt. Die Übertragung des gerundeten Gestaltungsmittels auf die Allee nördlich des Domes ist jedoch fragwĂŒrdig, da das Freiraumelement der Promenade nicht nur aus Sicht der Denkmalpflege eher eine klare lineare Kubatur einfordert. Ähnlich kontrovers wird auch die Zerschneidung durch AlleedurchbrĂŒche gesehen. WĂ€hrend die Wegeverbindung zur Dompredigergasse sensibel gelöst ist, wird der Durchgang zu Domplatz 6 eher als ĂŒberbetont und etwas unmotiviert empfunden.

Die großzĂŒgige FlĂ€che des östlichen Domplatzes wirkt ruhig und gut durchgearbeitet. Die Bepflanzung der eingeschlossenen Inselbeete ist robust den heutigen AnsprĂŒchen entsprechend als Blattstauden-Rasenmix vorgesehen. Auch hier wird die Auseinandersetzung mit historischen GestaltungsansĂ€tzen der Verfassenden deutlich. Eine neue Zutat, der Götterbaum im Bereich der Außengastronomie, wirkt verzahnend und bindet die tiefer liegenden RandflĂ€chen stĂ€rker in den Gesamtkontext ein. Kritisch in Bezug auf die Bepflanzung wird allein die Schwarzkiefer als prĂ€gendes Element vor dem Westchor angesehen, deren historischer aber auch gestalterischer Zusammenhang wenig nachvollziehbar erscheint.

Es ist zu begrĂŒĂŸen, dass in Bezug auf eine nachhaltige Regenwasserbewirtschaftung VorschlĂ€ge wie Baumrigolen bei Neupflanzungen, die AbfĂŒhrung von Regenwasser in die vorhandenen GrĂŒnflĂ€chen und das dezentrale Versickern der NiederschlĂ€ge von DachflĂ€chen empfohlen werden.

Der Entwurf schlĂ€gt eine verkehrsberuhigte Erschließung von Westen mit einer Wendemöglichkeit auf Höhe der Kapelle Martini vor. Ab dort beginnt die FußgĂ€ngerzone mit begrenzter Befahrbarkeit, die auch den Bereich vor Domplatz 14 einschließt. Die Anordnung der StellplĂ€tze wurde hinsichtlich der Verkehrsabwicklung kritisch hinterfragt und sollte ĂŒberprĂŒft werden.

GrundsÀtzlich ist die Idee sehr robust und von vielfÀltiger GestaltqualitÀt, zeigt leider je-doch wesentlich SchwÀchen im Areal des westlichen Domplatzes.
Domplatz West

Domplatz West

Lageplan Realisierungsteil

Lageplan Realisierungsteil