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Nichtoffener Wettbewerb | 11/2022

Neugestaltung Mainufer Heidingsfeld in Würzburg

Anerkennung

Preisgeld: 16.500 EUR

club L94

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

UFERLANDSCHAFT HEIDINGSFELD – Naturerlebnis zwischen Main und Altstadt

SITUATION - Nach Aufgabe der gewerblichen Nutzungen am Mainufer eröffnet sich für den Altort Heidingsfelds zum einen das Potential den ortsnahen Uferbereich in Zukunft als Parkanlage für die Naherholung nutzen zu können und zum anderen einen direkten Zugang zum Wasser zu erhalten.
Außerdem soll mit der neuen Verknüpfung von der Altstadt mit dem historischen Mauerverlauf und dem übergeordneten Fahrradweg Hauptradachse 6 entlang des südlichen Mainufers auch ein touristisches Potential genutzt werden. Die Neugestaltung der Uferlinie kann für Radtouristen ein interessantes Ausflugsziel entlang der Route sein und mit der Führung des Hauptweges in Richtung Speierloch auch eine bessere Anbindung und Wahrnehmung der attraktiven Altstadt mit ihrer historischen Struktur sein.

KONZEPT - Das Konzept verbindet den Main wieder als Teil der Ortsstruktur mit den Wallgärten und dem historischen Ortskern, dem Städtle. Das landschaftsarchitektonische Konzept basiert auf drei Säulen. Die grünen Walllgärten um die Altstadt sollen ein klares und eigenständiges Gestaltungsmotiv erhalten und den Bewohnern Heidingsfeld als Grünverbindung mit einer klaren Wegestruktur zur Verfügung stehen. Im Sinne des Mottos „Heidingsfeld ans Wasser“ spielt der Bereich Speierloch für die Verknüpfung in Richtung Main eine wichtige Rolle als Auftaktplatz. Grundsätzlich wird empfohlen den grünen Ring vor der Altstadtmauer von Verkehr und Parkplätzen zu befreien, um das Potential der Grünanlage zu unterstreichen. Die Seegartenstraße wird als Hauptverbindung in Richtung Mainufer für Fahrradfahrer und Fußgänger attraktiv gestaltet. Die Seilerstraße wird ihre Fahrbahnen auf ein Mindestmaß reduzieren, um größere Seitenräume für Entwässerung und Baumpflanzungen zu ermöglichen.
Der zweite Baustein ist die Attraktivierung der Uferlinie. Mit den zwei Interventionen in der grünen Uferböschung an der Kulturmühle und der Mainmarina im Osten werden zwei Orte geschaffen, die als Gelenkpunkte in Richtung Altstadt fungieren und zugleich den siedlungsnahen Bereich für die Naherholung markieren.
Der dritte Schwerpunkt des Entwurfes ist die Gestaltung eines Uferparks, der die Mainaue zum Thema hat und in dem der Heigelsbach im renaturierten Bett wieder offen fließen kann. Im Bereich der Mainmarina ist eine offene Wiesenfläche geplant, die bei Bedarf für Veranstaltungen genutzt werden kann.

STÄDTLE EINGANG AM SPEIERLOCH - Um die historischen Wallanlagen und insbesondere das Speierloch am Kanal des Heigelsbach in Szene zu setzen, werden neue Stadteingänge in Platzform vorgeschlagen. Die aktuelle Situation am Speierloch führt die Besucherströme fehl. Durch einen Deckel über einen Teilbereich des Kanals wird die Gelenkverbindung zwischen Stadteingang, Seegartenweg und Mainufer verbessert. Die Platzsituation fördert die Wahrnehmung der Stadteingänge und verbessert die Verbindung zwischen Main und Stadt.

MAINMARINA - Durch eine neue, klare Stadtachse werden Besucherströme vom grünen Ring und Stadteingang am Speierloch über die Seilerstraße zum Mainuferpark und der Mainmarina geleitet. Die Mainmarina öffnet den Main räumlich zur Stadt und ermöglicht einen direkten Zugang zum Wasser. Eine großzügige Sitzstufenanlage lädt dazu ein den Main zu erleben, mit Blick auf das Wasser sitzend oder über eine breite Unterwasserstufe schreitend kann das Wasser spielerisch erfahren werden. Von der Mainmarina aus verteilt sich der Besucherfluss über den Uferweg nach Norden oder Süden.

MAINUFERPARK - Der nördliche Abschnitt des Mainufers ist durch den renaturierten Bachlauf des Heigelsbach geprägt, die Landschaft ist durch ihre Topografie und die extensiven naturnahen Pflanzungen der Uferlandschaft des historischen Bachlaufs nachempfunden. Ein neues Wegesystem führt durch die Auenlandschaft und kreuzt den Bachlauf über Stege immer wieder, sodass man mit dem Wasser mitgehen kann. An Weggabelungen entstehen kleine Aufenthaltsorte, an denen von robusten Holzbänken aus der Naturraum beobachtet werden kann.
Der südliche Uferpark erhält durch die Ufergärten einen urbaneren Charakter. Nahe der Mainmarina lädt die große Bürgerwiese zum Sonnenbaden ein oder kann bei Veranstaltungen bespielt werden. Der Mainuferpark erhält durch die Bereiche der Aue, der offenen Bürgerwiese und der Ufergärten verschiedene Raumbilder, die durch den Uferweg verbunden sind.

KULTURMÜHLE - Die ehemalige Schulzenmühle am Mainufer bietet großen Potentialraum. Derzeitig als Vereinsräume genutzt, könnte die Mühle noch stärker zur Location am Wasser ausgebaut werden. Als Kulturmühle können hier Feste und kulinarischer Genuss stattfinden oder funktionale Aspekte wie eine Toilette untergebracht werden. Als nördlicher Abschluss bildet der neue Platz an der Kulturmühle einen zusätzlichen Schwerpunkt am Mainufer. Mit dem Mainbalkon erhält auch dieser Bereich einen Kontakt zum Wasser. Durch den Uferweg und die Seilerstraße ist die Kulturmühle optimal angebunden und kann auch touristischen Zwecken in Form einer Gastronomie dienen.

TREIDELWEG UFERRADWEG - Der Uferweg dient als gemeinsamer Fuß- und Radweg und dient als Lückenschluss der Radwegeverbindung am Main. Entlang des Uferweges laden Treidelplätzchen und Sitzelemente zum Verschnaufen ein. An der Mainmarina fungiert der Weg als Gelenk ins Städtle und fördert so die Anbindung zum historischen Ortskern.

SEILERSTRASSE - Die Seilerstraße wird auf das benötigte Mindestmaß von 6,50m ausgebaut. Straßenbegleitende Gehwege fördern die Erreichbarkeit und Sicherheit entlang des Mainuferparks. Im Sinne der Verkehrswende sollte der Bereich entlang des Städtle als Tempo 30 Zone ausgewiesen werden. Als Fußgängerübergänge werden an drei Bereichen Zebrastreifen vorgeschlagen, um die gegenseitige Rücksichtnahme zu fördern.
An der Kulturmühle sowie zwischen der offenen Bürgerwiese und den Ufergärten werden Parkplätze (gesamt 48 Stück) eingerichtet, die durch dichte Gehölzpflanzungen umsäumt werden. Durch ein versickerungsfähiges Rasenfugenpflaster gliedern sich die Parkplätze in das grüne Umfeld ein.

MATERIALKONZEPT - Um dem zentralen Erholungsraum am Wasser und der direkten Nähe zum historischen Altort gerecht zu werden, wird ein robustes und hochwertiges Materialkonzept gewählt. Die neuen Platzflächen an der Kulturmühle und am Speierloch werden mit einem glatten Natursteinpflaster im Passé Verband in den Kontext ihrer gebauten Umgebung gesetzt.
Die neuen Hauptwegeverbindungen als auch der Uferweg erhalten ein einheitliches Gestaltungsmotiv mit einer beigen Asphaltdecke und breiten Randeinfassungen. Die Stadtachse (4m breit) zwischen Speierloch und Mainmarina und der Uferweg (3m breit) erhalten jeweils einen begleitenden Weg (1m breit) aus wassergebundener Wegedecke. Die breiten Randeinfassungen dienen gleichzeitig als taktiles Leitsystem.
Innerhalb der Auenlandschaft wird ein Wegenetz aus schmalen Pfaden aus wassergebundener Wegedecke angelegt. Über Stegkonstruktionen führen sie über den Bachlauf und erschließen die Fläche. Im gesamten Gebiet werden individuelle Sitzelemente aus robusten Holzlatten aufgestellt, sodass viele beliebte Aufenthaltsorte entstehen.
Im gesamten Plangebiet werden dezentral Fahrradanlehnbügel (gesamt 25 Stück) verortet, sodass Reisenden eine Rast ermöglicht wird.

VEGETATIONSKONZEPT - Der intakte Baumbestand wird zum großen Teil erhalten, es müssen wenige Gehölze zugunsten der Geländemodellierung oder des Wegenetzes entnommen werden. Durch großzügige, raumbildende Gehölzneupflanzungen werden die Eingriffe ausgeglichen. Als Ersatzpflanzungen werden den trockenen und wechselfeuchten Ansprüchen des Standortes entsprechende Sorten wie die Blumen-Esche (Fraxinus ornus), Sumpf-Weiß-Eiche (Quercus bicolor) und Sumpf-Eiche (Quercus palustris) sowie Erlen (Alnus glutinosa, Alnus cordata und Alnus incana ´Aurea´) gewählt.
Die Grünflächen erhalten ihrem Raumbild entsprechend unterschiedliche Bepflanzungskonzepte. Die offene Bürgerwiese an der Main Marina dient als regelmäßig gemähte Blütenwiese auch als Liegewiese. Die Auenlandschaft erhält einen naturnahen Charakter durch höher wachsende Gräser. Der Bachlauf und die Uferböschung zum Main erhalten durch heimische Uferpflanzen einen Blüteaspekt. Die Interventionen in der Uferböschung durch die neue Mündung des Heigelsbaches und der Mainmarina werden mit Wasserbausteinen bzw. der Sitzstufenanlage gesichert.

FAZIT - Das Entwurfskonzept verknüpft den Altort mit dem neuen Naherholungsgebiet am Mainufer und schafft verschiedene Aufenthalts- und Nutzungsangebote für verschiedene Nutzergruppen. Neben der hochwertigen und robusten Materialwahl und dem in Teilen naturnahen Gestaltungskonzept wird auch eine barrierefreie Gestaltung angestrebt. Das Thema „Wasser erleben“ sowie die Ausbildung von markanten Raumbildern sind die Leitbilder des Entwurfes. Am Städtle Eingang am Speierloch kann das Wasser im historischen Ensemble betrachtet werden, die Mainmarina schafft den direkten Kontakt zum Wasser, währenddessen am Bachlauf mit dem Wasser mitgegangen werden kann und am Mainbalkon an der Kulturmühle durch die Nähe zum Wasser eine fantastische Sicht auf den Main und die Weinberge geschaffen wird. Das Mainufer wird mit dem Konzept erlebbar und über die Wallgärten mit dem Städtle verwoben.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser nähern sich der Entwurfsaufgabe über ein städtebauliches Gesamtkonzept für den Altort Heidingsfelds, welches die Wallanlage, die Uferlinie und den Uferpark als freiräumliche Schwerpunkte ausweist.

Auf dem Konzeptplan wird überzeugend dargestellt, wie diese drei Komponenten den Altort fassen und die Anbindung an die Flusslandschaft des Mains stärken. Die Wallanlagen werden entrümpelt und zu Wallgärten, die Uferlinie enthält gegenüber dem Speierloch eine deutliche Einkerbung und der Uferpark verläuft ruhig zwischen Seilerstraße und Main. Alle weiteren Entwurfsentscheidungen leiten sich aus diesen Grundeinstellungen ab. Sie sind schlüssig und formal überzeugend ausgearbeitet, ignorieren jedoch in mehreren Aspekten die aktuellen Gegebenheiten.

Der neu ausgebildete Eingangsplatz am Speierloch kann als Gelenk zwischen Stadt und Landschaft überzeugen. Der Seegartenweg wird jedoch eine PKW und LKW befahrbare Verkehrsverbindung bleiben müssen mit entsprechenden Mündungsgeometrien in die Seilerstraße. Der Verzicht auf einen separaten Fußweg mit eigener Straßenquerung ist derzeit nicht möglich.

Bei der Freilegung des Heigelsbachs scheint der historische Bezug auf das ursprünglich mainparallele Bachbett zunächst interessant. Der geschlängelte Verlauf in einem tief eingeschnittenen, kanalartigen Raum wirkt jedoch gekünstelt, die hierfür erforderlichen Brückenbauwerke überinszeniert. Uneingeschränkt begrüßt wird demgegenüber die Mainmarina. Diese großzügige doch unaufgeregte Öffnung des kanalisierten Mainbetts in Richtung Heidingsfeld, wirkt auf städtebaulicher wie objektplanerischer Ebene angemessen und einladend. Sie bietet den von den Bürgern gewünschten Zugang zum Wasser an der richtigen Stelle.

Eine weitere Zäsur im ausgebauten Mainufer stellt der Platz an der Kulturmühle dar. Dieser gibt dem Gebäude ein prominentes Vorfeld. Die Dimension des Balkons wurde jedoch kontrovers diskutiert.

Insgesamt bieten die Verfasser einen interessanten, fundierten Beitrag, der vor allem im Bereich des Parks mit Marina und Kulturplatz sehr positiv bewertet wurde, dessen Umgang mit dem Heigelsbach und mit dem Seegartenweg jedoch kritisch gesehen wurde.