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Nichtoffener Wettbewerb | 04/2022

Entwicklung Erlinsbacherstrasse in Aarau (CH)

Blick von der AllmendflÀche

Blick von der AllmendflÀche

1. Rang / 1. Preis / Zur Weiterbearbeitung empfohlen

Preisgeld: 36.000 CHF

Duplex Architekten

Architektur, Stadtplanung / StÀdtebau

Lorenz Eugster Landschaftsarchitektur und StÀdtebau GmbH

Landschaftsarchitektur

ErlÀuterungstext

Direkt am Aareufer, zwischen Erlinsbacherstrasse und Kraftwerkskanal entsteht ab 2024 eine gemischt genutzte und nachhaltige Überbauung mit 60 bis 70 Mietwohnungen. Die ZwillingshĂ€user der neuen GebĂ€udekette sind so gesetzt, dass heterogene ZwischenrĂ€ume entstehen, die DurchlĂ€ssigkeit und Freiraum schaffen. In den Erdgeschossen liegen GemeinschaftsrĂ€ume, eine Kita, Gewerbe, auch ein Bistro ist als Treffpunkt fĂŒr die neue Bewohnerschaft geplant und bereichert die Nachbarschaft. Alle GebĂ€ude sind aus dem lĂ€rmkritischen Bereich zur Aare hin weggerĂŒckt, sodass auf aufwĂ€ndiger Massnahmen zur LĂ€rmreduktion verzichtet werden kann. Die drei- bis viergeschossigen HĂ€user werden als Holzskelettbauten mit TreppenhĂ€usern aus vorgefertigten Lehmgusselementen konstruiert. Es soll soweit wie möglich auf Beton als Baumaterial verzichtet werden. Eine Erdsonden-WĂ€rmepumpe pro GebĂ€ude und in Dach und Fassaden integrierte Photovoltaik-Anlagen versorgen die Überbauung mit Energie. SĂ€mtliche Wohnungen sind zwei- oder sogar dreiseitig orientiert und profitieren somit gleichwertig von der attraktiven Lage am Fluss. Die Wohnidee basiert auf einem einfachen System von nutzungsneutralen Zimmern rund um den zentralen Wohnraum. Damit funktioniert der gleiche Wohnungstyp fĂŒr eine kinderreiche Familie, fĂŒr ein Paar, das von zu Hause aus arbeitet oder auch fĂŒr eine WG.

Beurteilung durch das Preisgericht

FAARO besetzt den Raum zwischen dem Aareufer und der Erlinsbacherstrasse durch drei- bis viergeschossige Bauten, zwischen welchen diverse wechselartige Beziehungen entstehen. Dabei wird bewusst vermieden, dass eine Vorder- und RĂŒckseite entsteht, sowohl bei den Bauten selbst als auch beim dabei entstandenen Freiraum.

Durch die gekonnte Staffelung der Bauten sowohl in der Höhe als auch mit Vor- und RĂŒcksprĂŒngen, entstehen vielfĂ€ltige Vor- und ZwischenrĂ€ume, welche den „monotonen“ Strassenverlauf durchbrechen. Die entstehenden ZwischenrĂ€ume lassen Durchblicke zwischen der Erlinsbacherstrasse und dem Aareraum frei.

Die Setzung, Ausbildung und AbfĂŒllung der fĂŒnf GebĂ€udekörper ermöglichen die Umsetzung allseitig gleichwertiger AussenrĂ€ume. Diese werden situationsspezifisch differenziert ausgebildet. Es entstehen attraktive AufenthaltsrĂ€ume sowohl fĂŒr die Bewohnerinnen und Bewohner als auch fĂŒr das Quartier.

Die aus drei- und viergeschossigen Teilen zusammengesetzten Zwillingsbauten weisen mit der zum Aarekanal vorgelagerten Balkonschicht eine klare Orientierung Richtung SĂŒden auf. Sie prĂ€sentieren aber auch gegen Norden zur Strasse hin eine Wohnfassade. Vom Treppenhaus werden jeweils zwei Wohnungen pro Geschoss erschlossen. Die vielfĂ€ltigen, teilweise zweigeschossigen Wohnungen sind geprĂ€gt durch die Idee der nutzungsneutralen Zimmer um einen zentralen Wohn-und Essraum. Dies schafft eine grosse NutzungsflexibilitĂ€t und hohe WohnqualitĂ€t fĂŒr diverse Lebenssituationen.

Besonderes Augenmerk wurde den Erdgeschossen gewidmet: Diese werden nur teilweise durch das Wohnen besetzt. Die restlichen FlĂ€chen werden fĂŒr Gewerbe-, Gemeinschafts- und VelorĂ€ume, GĂ€stezimmer und WaschkĂŒchen genutzt oder auch um zumietbare AneignungsrĂ€ume fĂŒr die Nachbarschaft und das Quartier ergĂ€nzt. Der Hausdurchgang verknĂŒpft diese AktivitĂ€ten gekonnt mit den AussenrĂ€umen.

Die GebĂ€ude werden als Holzskelettbauten mit aussteifenden TreppenhĂ€usern aus vorgefertigten Lehmgusselementen konstruiert und nur minimal unterkellert. Die SheddĂ€cher mit den Photovoltaikpaneelen und die mit PV-Paneelen verkleidete Fassade thematisieren die Absicht, die HĂ€user als Kraftwerke, als LeuchttĂŒrme in Sachen Energiegewinnung und Nachhaltigkeit auf dem Markt zu positionieren. Die SheddĂ€cher, als eines der Merkmale, stehen allerdings durch ihre Eigenbeschattung im Winter im Widerspruch zu der Absicht ein Maximum der Sonnenenergie zu nutzen. Auch die Idee, die gewonnene Energie in einem auf dem benachbarten Unterwerk aufgesetzten Gasspeicherturm zu speichern und dies als Lichtskulptur auch kĂŒnstlerisch aufzuwerten, ist nicht erwĂŒnscht und baurechtlich auch nicht realisierbar.

Die Nutzungsangebote im Aussenraum werden gut auf den jeweiligen Ort und die angrenzenden Erdgeschossnutzungen abgestimmt und bilden als Ganzes einen abwechslungsreichen, sich ergÀnzenden Aussenraum.

Die Adressbildung ist trotz der Lage im Norden und der zum Teil hohen Fassaden, sehr gut gelöst. Durch das Anordnen von NutzgĂ€rten sowie Kies- und RasenflĂ€chen in Verbindung mit der unregelmĂ€ssig ergĂ€nzten Strassenbaumreihe und einer durchgehenden Hecke wird bei den drei westlichen HĂ€usern ein eigenstĂ€ndiger Raum gebildet, der das Ankommen im Gartenraum vermittelt. Obwohl ein paar der angedeuteten NutzgĂ€rten aufgrund ihrer Lage (Nordseite, StrassennĂ€he) nicht realistisch erscheinen, funktioniert die Anordnung und die angedachte AufenthaltsqualitĂ€t. Auch bei den zwei östlich anschliessenden AnkunftsrĂ€umen gelingt es, eine gegenĂŒber dem Strassenraum eigenstĂ€ndige Adressen zu bilden.

Der sĂŒdseitige Raum zwischen Aare und Bebauung wird naturnah ausgebildet und erfĂŒllt vielfĂ€ltige Funktionen: Durch ihre natĂŒrliche, zum Teil nicht betretbare Erscheinung grenzen diese FlĂ€chen die Wohnungen im Erdgeschoss zum öffentlichen Uferweg glaubwĂŒrdig ab. Zugleich vermitteln die wild erscheinenden GrĂŒnbereiche fĂŒr die anstossenden Wohnungen ein Wohnen im GrĂŒnen. Darin eingefĂŒgte, kleine KiesplĂ€tze schaffen ein passend ergĂ€nzendes Angebot.

Die unterschiedlich prominent ausgebildeten Nord-SĂŒd-Verbindungen bilden eine hohe und gut abgestufte DurchlĂ€ssigkeit zu Fuss und mit dem Auge. In Verbindung mit den restlichen ErschliessungsflĂ€chen entsteht ein gut nutzbares, den Austausch förderndes Verbindungsnetz.

Die vertieften Überlegungen zur Vegetation, die zurĂŒckhaltende Versiegelung sowie der grösstmögliche Erhalt von BestandesbĂ€umen bilden eine gute Basis, um hohe AnsprĂŒche an Ökologie, Stadtklima und AufenthaltsqualitĂ€t umsetzen zu können.

Den Verfassenden gelingt es vielfĂ€ltig ausgebildete AussenrĂ€ume zu entwickeln, die vor allem ĂŒber gute Fuss- und Sichtbeziehungen als stimmiges Ganzes wahrgenommen werden. Der gesamte Aussenraum weist eine hohe AneignungsqualitĂ€t auf und bildet ein robustes Umgebungskonzept mit viel Potential fĂŒr die weitere Ausarbeitung.

Sowohl im Aussenraum wie auch in der EG-Nutzung und den Wohnungsstrukturen betont FAARO die Gemeinschaft. Gleichzeitig bietet das Projekt genĂŒgend privaten RĂŒckzugsraum.

Öffentlichkeiten im Zusammenspiel mit den EG-Nutzungen und dem Durchgang zwischen der Erlinsbacherstrasse und dem Aareufer sind von Westen nach Osten an drei Orten bei der «Allmend», beim «Spielplatz» und beim «Bistrot» mit entsprechenden NutzungsvorschlĂ€gen sinnvoll platziert. Entsprechend ist auch die Abfolge von Siedlungsprivateren und öffentlicheren AussenrĂ€umen zu lesen. Bistrot und Spielplatz mit Kita und Gemeinschaftsraum sind quartieröffentlicher, die «Allmend» und weiter gegen Osten gelegene AussenrĂ€ume eher siedlungsöffentlich.

Das Projekt weist relativ viele gemeinschaftlich oder gewerblich nutzbare RĂ€ume im Erdgeschoss aus, die auch bespielt werden mĂŒssen. Die Verfassenden zeigen verschiedene gut nachvollziehbare und ausdifferenzierte Nutzungsmöglichkeiten auf.

Die Eingangshallen sind grosszĂŒgig, so dass niederschwellige Kontakte entstehen können. Sie interagieren mit den Wasch-und BĂŒgelrĂ€umen oder Gartenzimmern und ermöglichen den Durchgang zur Aare. Dieses multifunktionale Ensemble ist attraktiv platziert und bietet Raum fĂŒr die Hausgemeinschaft.

Mit den vorgeschlagenen Massnahmen im Bereich MobilitĂ€t kann glaubhaft aufgezeigt werden, dass die angestrebte Parkplatzreduktion umgesetzt werden kann. Der grosse Anteil zentral angeordneter VeloabstellplĂ€tze sowie der hohe Anteil an Doppelparkern wird aus Nutzersicht jedoch eher kritisch gesehen. Eine bessere Verteilung gedeckter und abschliessbarer VeloabstellplĂ€tze auf die drei westlichen HĂ€user wĂ€re wĂŒnschenswert.

Das Projekt FAARO zeichnet sich durch eine Holzkonstruktion mit Holzfassaden aus, in welche Photovoltaikmodule integriert sind. Dank einem begrenzten Aushubvolumen wird die graue Energie fĂŒr die Erstellung im Rahmen gehalten. Das Angebot an gemeinschaftlichen FlĂ€chen, DetailhandelsflĂ€chen und dem «HoflĂ€deli» ermöglicht die Alltags-MobilitĂ€t einzuschrĂ€nken. Das Photovoltaikkonzept muss in den kommenden Entwicklungsphasen weiter vertieft werden, um die Produktion vor Ort zu maximieren.

Der Vorschlag ĂŒberzeugt durch die stĂ€dtebauliche Setzung, die die ganze Parzellentiefe ausnĂŒtzt und so vielfĂ€ltige FreirĂ€ume sowohl zur Strasse als auch zum Kanal und auch zwischen den HĂ€usern entstehen lĂ€sst. Dies wird unterstĂŒtzt durch eine eigestĂ€ndige architektonische Haltung und durch ein sorgfĂ€ltiges Nutzungskonzept. Zudem wird eine FĂŒlle von Ideen prĂ€sentiert, die das nachhaltige Bauen und Wohnen unterstĂŒtzt und versinnbildlicht. Auch wenn sich all die aufgelisteten Themen höchstwahrscheinlich nicht eins zu eins realisieren lassen, zeigen sie eine ungewöhnlich breite und tiefe, exemplarische Auseinandersetzung mit diesem Thema der Zukunft.

Modell

Modell

Das Quartier als Kraftwerk

Das Quartier als Kraftwerk

Situationsplan

Situationsplan

Grundriss EG

Grundriss EG

Grundriss OG 1

Grundriss OG 1

Blick vom Gemeinschaftsgarten

Blick vom Gemeinschaftsgarten