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Offener Wettbewerb | 11/2022

Wohnbebauung Neues Landgut, Baufeld 11, in Wien (AT)

Anerkennung

Preisgeld: 10.000 EUR

pool Architektur ZT GmbH

Architektur

werkraum ingenieure zt gmbh

Tragwerksplanung

teamgmi Ingenieurbüro GmbH

TGA-Fachplanung

Röhrer Bauphysik

Bauphysik, Brandschutzplanung

rajek barosch landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Mattweiss Architekturmodellbau

Modellbau

ZOOM visual project gmbh

Visualisierung

Erläuterungstext

Städtebau

Der vorgeschlagene Baukörper reagiert mit einer vielschichtigen geometrischen Ausformung auf die Einflüsse aus der Umgebung und die inneren, strukturellen Anforderungen des Baufelds.

Das höhengestaffelte U-förmige Gebäudevolumen erzeugt einen großzügigen, nach Süden hin offenen Innenhof, der sich durch einen zweigeschoßigen Durchgang zum entlang der Bahntrasse verlaufenden Freibereich erweitert.

Neben dem vorgegebenen Hochpunkt am westlichen Baufeldbereich erhält das Gebäudevolumen durch das Absenken des östlichen Bauteils um ein Geschoß eine weitere Höhendifferenzierung. Dadurch verbessern sich die Belichtungs- und Aufenthaltsqualität des Innenhofes und der östlich gelegenen Wohngasse.

Die Gebäudefronten im Norden und Osten sowie die Westfassade zum Innenhof werden gezahnt ausgeformt. Das ermöglicht die bestmögliche Orientierung der hier angeordneten Wohnungen und verbessert deren Sichtbeziehung zum Außenraum.

Struktur, Erschließung

Zwei brandtechnisch abgeschlossene Treppenhäuser in den Eckbereichen des U-förmigen Baukörpers erschließen die 122 Wohnungen. Die beiden Zugangsbereiche im Erdgeschoß sind jeweils durchgesteckt konzipiert und an den Innenhof angebunden. Während der westliche Erschließungskern direkt über die Fassade belichtet wird, liegt der östliche Kern im Gebäudeinneren und erhält über einen großzügigen Luftraum indirektes Tageslicht von oben.

Im westlichen, höheren Bauteil werden die Wohnungen über ein Mehrspännersystem erschlossen, in den anderen Bauteilen durch einen Mittelgang, der im Bereich der Maisonettewohnungen im Gebäudemittelteil nur in jedem zweiten Geschoß ausgebildet wird.

Über die Treppenhäuser und großzügige Lufträume mit Dachverglasungen werden diese Erschließungsbereiche bis in die unteren Ebenen gut mit Tageslicht versorgt.

Neben dem Entwicklungsraum mit Food Hub-Nutzung im Erdgeschoß, ist ein weiteren Gemeinschaftsraum im 8. Obergeschoß angeordnet. Er steht in direkter Verbindung zu einer großzügigen Gemeinschaftsterrasse mit Kleinkinderinderspielplatz und wunderbarem Fernblick über die Stadt.

Wohnungen

Entsprechend der Orientierung und Lage im Gebäude bietet sich ein vielfältiges Wohnungsangebot mit unterschiedlichen Typologien und Grundrissqualitäten.

Im östlichen Gebäudeflügel wird die innere orthogonalen Struktur in der Außenkontur aufgenommen. Das ermöglicht ausgezeichnete Belichtungsverhältnissen und Orientierungsbezüge: Im Innenhof, größtmöglichen Abstand zum westlichen Hochpunkt und, aus dem Innenhof hinaus, freie Sichtbezüge nach Südwesten. Im Osten zusätzliche Sichtbezüge nach Süden in die östlich des Baufeldes gelegene Wohngasse. Im westlichen, hohen Bauteil profitieren die Wohnungen von der zweiseitigen Orientierung über Eck und dem umlaufenden Balkonband, das sich im Bereich der Wohnräume zu großzügigen, besonnten Freibereichen weitet.

Den Wohneinheiten im Norden, entlang der Bahntrasse, wird in ihrer Lage und Ausrichtung besonderes Augenmerk geschenkt. Auch hier ist die Fassade gezahnt ausgebildet. Dadurch können die Hauptfenster der Wohnungen nach Westen ausgerichtet werden. Vor diesen Fenstern, in den „Fassadennischen“, entstehen intime Loggienräume, die durch vorgelagerte Balkone ergänzt werden. Diese Räume sind, durch das geschoßweise seitliche Versetzen der jeweils darüber und darunter liegenden Einheiten, zwei Geschoße hoch.

Im mittleren Bereich gibt es statt eingeschossigen Wohnungen durchgesteckte Maisonetten. Die vier nebeneinander liegenden zweigeschoßigen Einheiten entwickeln sich von der Erschließungsebene aus abwechseln nach oben und nach unten, wobei der jeweilige Wohnbereich mit zugehörigem Freibereich geschoßweise versetzt liegt. Dadurch entstehen auch hier nicht einsehbare, zweigeschoßige Loggienräume, die das Westlicht tief in die Wohnbereiche fallen lassen.

Die Loggien werden durch beinahe geschoßhohe Betonbrüstungselemente mit großzügigen Öffnungen gefasst. Im Bedarfsfall können diese Öffnungen mit Glasschiebeelementen geschlossen werden. Die BewohnerInnen erhalten so einen vor Lärm und Wind geschützten, intimen Freibereich mit Blick über die weite Bahnanlage und die Stadt.

Äußere Erscheinung

Die äußere Erscheinung des Gebäudes mit seiner vielschichtigen hybriden Geometrie wird von vier architektonischen Elementen geprägt:

Holzfassade: Die Leichtbau-Außenwände sind mit einer hinterlüfteten Fassade aus vertikalen Holzlatten mit wechselnder Breite verkleidet. Durch die Behandlung mit einer absolut emissionsfreien, silikatischen Vergrauungslasur entsteht eine mineralisch-matte und farbtonstabile Optik. Die so erzielte Farbtonstabilität erzeugt von Anfang an ein homogenes, gleichmäßiges Gesamtbild, unabhängig von Lage, Ausrichtung und Verwitterungsgrad der Fassade.

Horizontale Gliederung und Pflanztröge: Die Fassadenflächen werden durch vorspringende, die Geschoßdecken nachzeichnende Gesimse und Balkone aus Sichtbeton gegliedert und strukturiert. Pflanztröge aus Faserbetonwerkstoff brechen und beleben diese Struktur.

Geländerkonstruktion: Die Absturzsicherungen der Balkone und der französischen Fenster bilden ein zusätzliches plastisches Element an den Fassaden: Rote Stabgeländer mit räumlich versetzten Stäben, stirnseitig an den Balkonplatten und Gesimsen befestigt.

Raumbildende Elemente der Loggienräume an der Nordfassade: Vorgefertigte Betonelemente mit großen Öffnungen erzeugen eine raumbildende, plastische Struktur vor der gezahnt ausgestalteten Nordfassade.

Freiraum

Ein 650 m² großer Erdkern im Zentrum des Projektes wird als leicht abgesenkter und naturnaher “Raingarden” mit Wasserspiel konzipiert. Er kann bei Starkregenereignissen Wasser rückhalten, das dann langsam in den Untergrund versickert. Die intensive Bepflanzung mit Bäumen und Sträuchern ermöglicht eine hohe natürliche Kühlleistung durch die Transpirationskühlung der Pflanzen. Runde Betonplattformen schaffen Aufenthaltsorte im "Raingarden” und werden durch Trittsteine spielerisch miteinander verbunden. Der Kinder und Jugendspielplatz ist integraler Bestandteil dieser Zone, ein ökologisch nützlicher sowie vielseitiger Innenhof für alle Generationen. Vielfältige Typologien von Gehölzstrukturen, Trockengabbionen, Feuchtzonen, Insektenweiden, Sand- und Kiesbereichen sowie Pflanztrögen auf den Balkonen fördern die städtische Biodiversität und schaffen eine angenehmes Mikroklima.

An der Wohngasse und am Weg entlang der Bahn werden die Privatgärten durch Hochgrasbänder und Heckenpflanzungen von den halböffentlichen Räumen abgegrenzt. Eine Bordüre aus Obstbäumen betont den Raum und lässt einen leichten Filter zu den Erdgeschossen entstehen.

Am Platzbereich im Westen steht eine Grüninsel mit Hochgräsern und schattenspendenden Bäumen im Dialog zur westlich angrenzenden Freifläche. Ein heller, versickerungsfähiger Plattenbelag, Sitzgelegenheiten, Wasserspiele und Nebelstelen sorgen für eine hohe Aufenthaltsqualität und Abkühlung an heißen Sommertagen.

Auf der Dachfläche des nördlichen Bauteils liegt eine gut ausgestattete Gemeinschaftsterrasse mit, Kleinkinderspielplatz, Sonnendeck, Sitzgelegenheiten und Pergola. Sie steht in direkter Verbindung zum Gemeinschaftsraum im 8. Obergeschoß. Anhügelungen ermöglichen die Pflanzung von mehrstämmigen Bäumen, die natürlichen Schatten spenden und die Terrassenfläche gliedern.

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebauliche Lösung:

Die starke Strukturierung der Baukörper durch Vor- und Rücksprünge wird in den Grundzügen als sehr positiv bewertet. Dies erzeugt aber im östlichen Hofbereich eine Enge-Situation mit wenig idealer Belichtungssituation. Die sehr breite Südfassade des östlichen Bauteils scheint wenig vorteilhaft für die Offenheit des Hofes.

Positiv bewertet wird der Durchgang vom Hof in Richtung Nordwesten.

Die Adressbildung wird für beide Stiegen als zu wenig prägnant und unentschlossen erachtet.

Eine weitere Höhendifferenzierung der Nordwestfassade wäre im konkreten Fall wünschenswert, jedoch nicht existentiell gewesen.

Baukünstlerische Lösung:

Das Projekt wird in seiner Gesamterscheinung als sehr gelungen bewertet. Im Speziellen gewürdigt werden die Wohn- und Freiraumqualitäten der Maisonettwohnungen und der damit zusammenhängenden Fassadengestaltung.

Funktionelle Lösung:

Sämtliche Wohnungen und deren zugeordnete Freiräume sind ansprechend und funktional organisiert. Die Grundriss-Lösungen für die ÖBB-Schichtarbeiter sowie die Homeoffice Bereiche werden speziell gewürdigt.

Kritisch gesehen werden unklare Belichtungs- und Erschließungsstrukturen im westlichen Baukörper und der lange gewinkelte Stichgang im östlichen Baukörper.

Im Erdgeschoss erscheint die Nutzungszonierung als wenig strukturiert und die Erschließung wie auch die Allgemeinbereiche als räumlich wenig weit entwickelt. Besonders kritisch wird hierbei die Lage des Müllraums gesehen, der hier eine besondere Lage belegt. Die Lage von 330 zu schaffenden Fahrradstellplätzen kann nicht nachvollzogen werden.

Nachhaltigkeit:

Die konstruktive Lösung in Zusammenhang mit den Überlegungen zum Brandschutz scheint durchdacht und adäquat. Den Grundrissen kann man diese systemische Klarheit nicht immer ablesen. Als schwierig wird der Montageablauf in Bezug auf die auskragenden Bauteile und die Holzrahmenbau-Elemente gesehen.

Freiraumqualität samt mikroklimatischer Maßnahmen:

Die Freiraumqualität des Hofes in Verbindung mit dem Jugendspielplatz wird positiv bewertet. Stellenweise scheinen Anbindungen an die innere Erschließung zu fehlen.

Die Gemeinschaftsterrasse über dem achten Geschoss wird gewürdigt. Die Verbindung mit einem Gemeinschaftsraum wird als wichtiges Element verstanden. Kritisch wird die zusätzliche Anordnung von Photovoltaikflächen auf eben dieser Dachfläche gesehen.

In Punkto Mikroklima wirkt sich die strukturierte Fassade im Zusammenspiel mit dem Fassadenmaterial Holz äußerst positiv auf die Beschattung der Fassaden. Ebenfalls gelobt wird das Schwammstadtprinzip in seiner vorliegenden Konzeption.

Eine verstärkte Durchlüftung wird durch die Baukörperausformulierung im Nordwesten verhindert.

Ein verstärktes Augenmerk auf die Fassadenbegrünung wäre wünschenswert. Überlegungen zu Biodiversität sind nicht vollends nachvollziehbar.

Wirtschaftlichkeit in Errichtung, Betrieb und Erhaltung:

Die Wohnungsanzahl sowie Nutzflächen bewegen sich im ansprechenden Zielbereich. Eine klarere Struktur der Wohnungen und ihrer Außenbereiche mit mehr Wiederholungen wäre aus wirtschaftlichen Gründen wünschenswert.