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Award / Auszeichnung | 11/2022

ZV Bauherrenpreis 2022

Wohnbau Friedrich-Inhauser-Straße

AT-5026 Salzburg, Friedrich-Inhauser-Straße 1-15

Preis

Peter Aicher Landschaftsarchitekt

Landschaftsarchitektur

Architekt Christoph Scheithauer I cs-Architektur

Architektur

Bauphysik Team Zwittlinger & Spindler Engineering OG

Bauphysik

MARIUS ZT GMBH

Tragwerksplanung

stijn nagels | architecture atelier

Architektur

Volker Wortmeyer - Fotograf

Fotografie

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Wohnungsbau

  • Projektgröße:

    10.800m² (geschätzt)

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Baubeginn: 01/2019
    Fertigstellung: 12/2021

Projektbeschreibung

Ein Team aus Praxis und Forschung entwickelte für eine in die Jahre gekommene Siedlung aus den 80ern ein Vorzeigeprojekt. 75 Bestandswohnungen wurden durch Rückbau und Aufstockung um 24 neue Einheiten erweitert und sind jetzt zu 100% mit erneuerbarer Energie versorgt. Die Aufstockung zeichnet sich durch eine verspielte Topografie aus, welche die bestehenden Giebelwände als Silhouette wiederverwendet und so zur Identitätsbildung beiträgt.

Innovation und Nachhaltigkeit:
Zentrales Ziel des Projekts war die Umsetzung eines Demo-Vorhaben welches die Pariser Klimaziele für 2030 einhält. Es wurden Maßnahmen entwickelt, die sowohl die sozialen Bedürfnisse der Bewohner berücksichtigt, als auch die wirtschaftliche Umsetzbarkeit im Rahmen des geförderten Wohnbaus. So wird z.B Anstelle von zusätzlichen PKW Stellplätzen ein attraktiver Mix aus Mobilitätnutzungen angeboten, der auch für Anrainer zugänglich ist.

Konstruktion/Technik
Der Bestand, ein Massivbau (Bj. 1985) wurde kernsaniert und alle Wohnungen barrierefrei umgebaut. Tragende Wänd und Decken sowie die Tiefgarage blieben erhalten. Die beiden Aufstockungsgeschosse wurden mit tragenden Massivholzwände und Zwischendecken aus Stahlbeton errichtet. Für die Dämmung der Bestandaußenwände und Neubauwände wurde eine Holzkonstruktion errichtet, welche mit Recycling-Zellulose gedämmt wurde.

75% des Wärmebedarfs werden aus Abluft- und Abwasserwärmerückgewinnung mittels Wärmepumpen gedeckt. Der restliche Wärmebedarf wird mittels Pelletkessel abgedeckt. Zusätzlich kann der mittels PV-Anlagen erzeugte Strom durch ein Mieterstrommodell von allen Bewohnern genutzt werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Es war einmal eine Wohnhausanlage, bautechnisch in die Jahre gekommen, mit morschen Balkonen, undichten Fenstern, hohen Heizkosten, nicht zuletzt mit einer Architektursprache wie zu Omamas Zeiten. Die Dächer zogen eine traurige Miene, die Giebel waren sichtlich aus dem Gleichgewicht, und die Kamine klebten unmotiviert an der Fassade und verstellten den Bewohner·innen die Aussicht. Was tun? Anstatt die 1985 errichtete Anlage abzureißen oder lediglich thermisch zu sanieren, entschied sich der gemeinnützige Bauträger Heimat Österreich, das Vorhaben mit einem Forschungsprojekt zu starten: Das Salzburger Institut für Raumordnung und Wohnen (SIR) erstellte zwei Studien unter dem Titel „ZeCaRe“ (Zero Carbon Refurbishment) und „ZeCaMo“ (Zero Carbon Mobility) und ging darin der Frage nach, wie man in der Wohnungswirtschaft den Bestandsbau ertüchtigen und mit innovativen Mobilitätsdienstleistungen aufwerten kann, ohne dabei einen großen ökologischen Fußabdruck zu hinterlassen. Auf die seitenweise verschriftlichen Worte folgten Taten: Die Mieter·innen bekamen Ersatzwohnungen angeboten und wurden ausgesiedelt, die Dächer wurden entfernt, die Geschosse komplett entkernt, die Grundrisse auf den heutigen Stand der Wohnkultur gebracht und neu gezeichnet. Doch dabei blieb es nicht: Im Sinne der innerstädtischen Verdichtung bekam jede Wohnung einen privaten Freiraum, jede Stiege eine barrierefreie Erschließung, jeder Giebel eine eigene zweigeschoßige Aufstockung. Auf diese Weise wurde die Anzahl der Wohnungen von 75 auf 99 erhöht. Die alte Silhouette blieb bewusst erhalten – halb als identitätsstiftendes Zitat, halb als Sichtbarmachung dessen, wieviel Potenzial in der Substanz unserer bereits bestehenden Städte schlummert. In diesen ressourcenschonenden Überbau fügen sich auch Bauweise und Haustechnik: Christoph Scheithauer und Stijn Nagels haben dem Bestandsbau eine Holzhybrid-Konstruktion mit tragenden KLH-Wänden, vertikaler Holzlattenfassade und eingeblasener Holzwolle-Zellulose-Dämmung aufgesetzt. Beheizt wird die Anlage mittels Pellets, Wärmepumpe und Wärmerückgewinnung aus den Abwässern der hier wohnenden Menschen. Ein Mobility-Point mit E-Bikes, E-Rollern, Lastenrädern und E-Cars steht den Mieter·innen kostenlos zur Verfügung. In Zusammenarbeit mit der Salzburger Soziologin Rosemarie Fuchshofer ist es gelungen, 25 Prozent der ehemaligen Mieter·innen zurückzugewinnen. Die Moral von der Geschicht’: Refurbishment und innovative Planungsprozesse im geförderten Wohnbau sind komplex, vielschichtig und extrem aufwändig. Aber es geht. Preiswürdig.
Erdgeschoss

Erdgeschoss

Lageplan

Lageplan

Schnitte

Schnitte