Offener Wettbewerb | 11/2022
Neugestaltung Marktplatz Emmelshausen
©TDB Landschaftsarchitektur
Perspektive
2. Preis
Preisgeld: 6.000 EUR
Stadtplanung / StÀdtebau
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Verfasser:
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Mitarbeitende:
Sotiris Chatzicharalampous, Xitong Wang, Luka Gilic, Michael Desmond
ErlÀuterungstext
Leitidee und konzeptionelle Umsetzung:
âIdentitĂ€t und neue Mitteâ
Mit der Neugestaltung des Markplatzes erhĂ€lt Emmelshausen eine rĂ€umliche Mitte, die das Zentrum als Ăffentlichen Raum klar definiert, stĂ€dtebauliche ZusammenhĂ€nge verdeutlicht und neue Nutzungsangebote fĂŒr die BĂŒrgerInnen und GĂ€ste des Ortes schafft.
Das Konzept berĂŒcksichtigt die WĂŒnsche und AnsprĂŒche einer modernen Stadtgesellschaft an ihren Marktplatz als âDas öffentliche Wohnzimmerâ. Es entstehen sowohl ein Ort fĂŒr MĂ€rkte, Veranstaltungen und Feste wie auch ruhige Bereiche zur individuellen Aneignung und zum Aufenthalt.
Der hohe Anteil an GrĂŒnflĂ€chen verweist auf den Status von Emmelshausen als Luftkurort und verbessert die stadtklimatischen VerhĂ€ltnisse.
Das Konzept unterstĂŒtzt in seiner formalen Ausgestaltung die wichtige FuĂ- und Radwegeverbindung zwischen Bahnhof und Rhein-MoselstraĂe und zeigt ein klares Konzept fĂŒr den flieĂenden wie ruhenden Verkehr.
StadtrÀumliche und freiraumgestalterische QualitÀt:
âSteinerner Markt â GrĂŒne Stadtterrassenâ
Die Platzbesucher treffen auf einen Platz mit zwei unterschiedlichen sich ergÀnzenden Charakteren.
Im nördlichen Teil befindet sich die groĂe befestigte Markt- und VeranstaltungsflĂ€che, die sĂŒdliche Begrenzung bilden, der natĂŒrlichen Topografie folgend, die grĂŒnen âStadtterrassenâ mit integrierten Sitzbereichen. Die Stadtterrassen schmiegen sich and den Marktplatz und richten den Blick auf diesen. Die bewusste GegenĂŒberstellung von âPlatzâ und âGrĂŒnâ ermöglicht die gewĂŒnschte Vielfalt an Nutzungen, bietet nachhaltige Lösungen fĂŒr ein vertrĂ€gliches Stadtklima, trĂ€gt aber auch zur IdentitĂ€t des Ortes bei.
âKultur â Stadtâ
Der Entwurf unterstreicht die Intention, die neuen kulturellen Nutzungen im AuĂenraum sichtbar und fĂŒr die Menschen erlebbar zu machen.
Das neue âKulturzentrum Alte Feuerwehrâ erhĂ€lt einen terrassierten AuĂenbereich, der die öffentliche Nutzung des GebĂ€udes unterstĂŒtzt. Die grĂŒnen âStadtterrassenâ können in Zusammenhang mit der geplanten Bibliothek fĂŒr Veranstaltungen wie Lesungen oder kleinere Konzerte genutzt werden.
In der Sichtachse von MarktflÀche und Wegeverbindung verdeutlicht ein Wasserspiel in Form von FontÀnen die öffentliche Bedeutung des Platzes.
Programm und funktionale Anforderungen:
âStadtrĂ€umliche BezĂŒge - Wegeverbindungenâ
Die geplanten baulichen ErgĂ€nzungen im Norden und SĂŒden des Marktes bilden neue Platzkanten und stĂ€rken den stĂ€dtebaulichen Zusammenhang. Der AuĂenraum unterstĂŒtzt die stadtrĂ€umliche Neuordnung durch Bezugnahme auf die bauliche Entwicklung und gibt dem Markt als Gesamtform eine neue Kontur. Eine Baumreihe im Norden, die StĂ€rkung der westlichen vegetativen Kante, sowie die Ausformulierung eines grĂŒnen Abschlusses im sĂŒdlichen Bereich schaffen klar ablesbare RĂ€ume.
Der in die Stadtterrassen integrierte FuĂweg ermöglicht kurze Wege und kleinrĂ€umige Verbindungen. Die Ausrichtung der FlĂ€chengestaltung, sowie die Verortung der Baumneupflanzungen lenken intuitiv ĂŒber den Platz, schaffen eine attraktive Wegeverbindung vom Bahnhof zur Innenstadt.
SĂ€mtliche Platzbereiche sind barrierefrei, die âStadtterrassenâ sind ĂŒber eine Rampe barrierefrei erreichbar.
âVerkehr - Stellplatzkonzeptâ
Die PlatzflĂ€che wird vom MIV freigehalten, im Norden und SĂŒden wird dies durch Poller erreicht, eine Durchfahrung fĂŒr Rettungsfahrzeuge oder temporĂ€re Anlieferung im Falle von Veranstaltungen ist möglich. Die geforderten StellplĂ€tze fĂŒr PKW befinden sich an den AuĂenkanten der PlatzflĂ€chen, auĂerhalb der wichtigen Sichtbeziehungen. Nordwestlich des Kulturzentrums âAlte Feuerwacheâ sind 3 StellplĂ€tze, sowie ein barrierefreier Stellplatz geplant. Weitere StellplĂ€tze in Senkrechtaufstellung befinden sich sĂŒdlich der Stadtterrassen, bzw. am anschlieĂenden bestehenden StraĂenraum. Hier befinden sich ein weiterer barrierefreier Stellplatz sowie LadesĂ€ulen fĂŒr 6 PKW. FahrradstellplĂ€tze sind in ausreichender Anzahl dezentral ĂŒber die PlatzflĂ€che verteilt.
âAufenthalt â Erholungâ
Die Stadtterrassen bieten verschiedene Möglichkeiten des Verweilens. Die Kanten der Terrassierung verfĂŒgen in vielen Bereichen ĂŒber eine Sitzhöhe, geneigte RasenflĂ€chen und Loungemöbel aus Holz laden zum Verweilen ein. Es ist vorgesehen, einen Teil der Terrassen auch fĂŒr AuĂengastronomie, beispielsweise in Zusammenhang mit dem geplanten Kulturzentrum, zu nutzen. An der nördlichen Platzkante bieten BĂ€nke unter den BĂ€umen schattige Aufenthaltsbereiche.
âStadtklima â Ăkologieâ
Aus stadtklimatischer Sicht scheint eine vermehrte BegrĂŒnung der InnenstĂ€dte heute unverzichtbar. Die grĂŒnen âStadtterrassenâ ermöglichen einen groĂen Anteil unversiegelter FlĂ€chen, die trotz BegrĂŒnung auch nutzbar sind und somit zur Attraktivierung des Marktplatzes beitragen. PflanzflĂ€chen mit insektenfreundlichen StrĂ€uchern in den Randbereichen erhöhen die BiodiversitĂ€t. Geplant ist die Neupflanzung von 30 stadtklimavertrĂ€glichen BĂ€umen, die nicht nur die GrĂŒnflĂ€chen, sondern auch Randbereiche der versiegelten PlatzflĂ€che verschatten.
Im Sinne der Nachhaltigkeit werden die BelagsflĂ€chen in Naturstein ausgefĂŒhrt. Geplant ist ein kleinformatiges ungerichtetes Pflaster, das der FlĂ€che eine sehr gute Nutzbarkeit, hohen Gehkomfort und ein Ă€sthetisches âAlternâ ermöglicht. Die Sitzmauern werden ebenfalls in Naturstein ausgefĂŒhrt.
âEntwĂ€sserung â BewĂ€sserungâ
Das anfallende Regenwasser wird in den GrĂŒnflĂ€chen vor Ort versickert, bzw. gesammelt. Hierzu ist ein System aus Rinnen, Sedimentationsanlage und Zisternen, bzw. Rigolen vorgesehen. Das gesammelte und gereinigte Regenwasser kann in Trockenperioden zur BewĂ€sserung der GrĂŒnflĂ€chen verwendet werden.
Die Neupflanzung der BĂ€ume erfolgt in groĂen begrĂŒnten Baumscheiben, die mit Baumrigolen versehen sind.
Beurteilung durch das Preisgericht
Die Arbeit 1032 mit dem Titel âSteinerner Markt und GrĂŒne Stadtterrassenâ ist Programm: der Platz ist diagonal geteilt in eine grĂŒne HĂ€lfte im SĂŒdosten und eine befestigte PlatzflĂ€che im Nordwesten, die mit ihrem Fontainenfeld einen Konzentrationspunkt an der Schnittstelle der maĂgeblichen Weg- und Sichtbeziehungen schafft.
Mit dieser verblĂŒffenden Lösung wird der Mittelpunkt des Marktes neu definiert und eine Ăffnung Richtung Westen, SĂŒden und Osten gewĂ€hrleistet. Die Zentrumsetzung an dieser Stelle ist ein mutiger Vorschlag, der von der neuen im Norden noch entstehenden Bebauung eine hohe QualitĂ€t verlangt.
Kann diese QualitĂ€t mit einem attraktiven GebĂ€ude als nördlicher Abschluss des Marktplatzes realisiert werden, so wird der âsteinerne Marktâ ein interessanter und lebendiger Platz werden. Auch die FĂŒhrung des regionalen Radweges ĂŒber diese FlĂ€che unterstreicht seine vielfĂ€ltigen Funktionen.
GegenĂŒber dieses Platzes steigen dann â als Kontrapunkt- die grĂŒnen Terrassen in Richtung SĂŒdosten leicht an, Sitzmauern gliedern sehr elegant die PlatzhĂ€lfte. Die Terrassen sind als Wiesen oder Rasen baumĂŒberstandene Aufenthaltsbereiche fĂŒr die Mittagspause. Geschickt ist ein GroĂbaum integriert in diese Stufenabfolge und vermittelt optisch zwischen dem Steinernen Markt und den grĂŒnen Stadtterrassen.
Kontrovers diskutiert wird im Preisgericht, ob die GröĂe der Terrassen angemessen ist, oder ob dadurch die NutzungsflexibilitĂ€t auf dem Marktplatz eingeengt wird.
Vor dem Kulturzentrum âAlte Feuerwehrâ liegt etwas herausgehoben eine befestigte AuĂenterrasse - ein hochattraktiver Sitzplatz im neuen Zentrum Emmelshausens.
Der motorisierte Verkehr wird entlang der StraĂe Am Markt geleitet, von RasenstellplĂ€tzen begleitet, die sich unauffĂ€llig entlang der VerkehrsflĂ€che anordnen.
Die Materialwahl ist mit dem ungerichtet verlegten Natursteinpflaster sehr hochwertig und vermittelt Ruhe und zurĂŒckhaltende Eleganz. Der Umfang der befestigten FlĂ€che ist bei diesem Entwurf gering, die Ausdehnung der GrĂŒnflĂ€che ist auĂerordentlich hoch. Mit ihrer FĂ€higkeit zur WasserrĂŒckhaltung, KĂŒhlung und BiodiversitĂ€t ist dies eine gelungene Antwort auf die Herausforderungen des Klimawandels. GegenĂŒber dem nahegelegenen Stadtpark wird sie Menschen anlocken, die eine kurze Pause im GrĂŒnen machen und gleichzeitig das geschĂ€ftige Leben am Markplatz genieĂen möchten.
Insgesamt bietet die Arbeit eine zukunftsweisende, ökologisch kluge Lösung, die Lebendigkeit, hohe stadtrĂ€umliche und freirĂ€umliche QualitĂ€t gewĂ€hrleistet und mit ihrer klar ablesbaren Gestaltung die unterschiedliche bauliche Randstruktur optisch ĂŒberzeugend zusammenfĂŒhren wird.
©TDB Landschaftsarchitektur
Lageplan
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Detail
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Schnitt