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Einladungswettbewerb | 07/2022

Riebeckplatz Süd-West Halle (Saale)

Stadtquartier von Südwesten

Stadtquartier von Südwesten

1. Rang / Zur Weiterbearbeitung empfohlen

Preisgeld: 15.000 EUR

Großmann Architektur BDA

Stadtplanung / Städtebau, Architektur

architekt michael peitz

Stadtplanung / Städtebau, Architektur

PLANTRAUM Freiraumarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Leitgedanken | Städtebaulicher Kontext | Einordnung
Die Basis des städtebaulichen Konzeptes bilden die Bezüge zur umliegenden baulichen Struktur und die Absicht, wichtige Beziehungen in den Stadtraum wiederzubeleben. Historische Raumbezüge, aktuelle Anbindungspunkte und visionäre Vorhaben wurden dabei ebenso berücksichtigt, wie die angestrebte quartiersinterne Struktur und deren Freiraumpotential.
Die gründerzeitliche Blockrandbebauung wird aufgenommen und neu gedacht. Es entsteht ein Quartier, das sich zum Riebeckplatz hin öffnet, zur Merseburger Straße klare Raumkanten schafft und im Inneren die geschlossene Struktur immer wieder auflöst und Durchbrüche zu halböffentlichen Räumen schafft. Historische Achsen, die ehemals Sichtbezüge zur Marktkirche und zum Riebeckplatz herstellten, werden wieder aufgenommen („Prinzenstraße“ heute Friedrich-List-Straße und „Landwehrstraße“ heute Ernst-Toller -Straße). Der repräsentative Hotelvorplatz dient gleichzeitig als Quartierseingang aus Richtung Bahnhof. Die Anbindung erfolgt über die Mittelinsel in der Merseburger Straße und die markante Grünachse. Das gesamte Quartier wird weitestgehend autofrei erschlossen, um ruhige Freiräume mit hoher Qualität und Platz für vielfältige Nutzungen zu schaffen. Die Ost-Westachse aus Richtung Bahnhof dient den Anliegern zur notwendigen Erschließung.
Quartiersentwicklung
Die Bauphasen und die notwendige Anpassung der Grundstückszuschnitte bilden eine logische und zukunftsorientierte Entwicklung des gesamten Quartiers ab.
Phase 1: Das vollständige Hotel kann auf dem bestehenden Grundstück nach Abriss des Vorgängerbaus sofort entweder als Solitär über der Parkebene oder als Bestandteil eines geschlossenen, polygonalen Blocks errichtet werden. Die Hotelnutzung ist orientiert in Richtung der Merseburger Straße. Eine gebietsprägende Adressbildung durch die markante Hotelfassade erfolgt bereits mit Umsetzung des ersten Bauabschnittes. Die Lobby ist räumlich eng verbunden mit dem Co-Working Space und einem Café – alle Funktionen werden um den zentralen Innenhof offen angeordnet. Das Hotel entspricht vollumfänglich den Anforderungen an ein B&B Hotel, dem Frühstücksraum im 5. OG wurde eine großzügige Dachterrasse zur Erweiterung der Funktion in den Freiraum zugeordnet. Im Gebäude befinden sich in den ruhigen Flügeln Wohnungen mit unterschiedlichsten Zuschnitten, Mikroapartments und klassische Grundrisse ergänzt mit Penthouse-Wohnungen in exponierter Lage.
Phase 2: Der Platz vor dem Hotel wird durch einen freistehenden, kubischen, gläsernen Solitär ergänzt, welcher multifunktional für Kongresse, Messen, Kulturveranstaltungen u.a.m. genutzt werden kann und das Hotel ergänzt. Die transparenten Fassaden werden an präsenter Stelle nachts als Display für multimediale Inhalte fungieren. In Richtung der Rudolf-Breitscheid-Straße wird nach Flächenausgleich mit den Nachbarn ein weiteres geschlossenes Stadtquartier errichtet, welches u.a. einen City-Supermarkt, die Kindertagesstätte, medizinische Einrichtungen und Wohnungen beherbergt. Der intensiv begrünte Innenhof dient als zentraler Mehrgenerationentreff durch die gemeinsame Nutzung durch die Mieter, die Senioren und die Kindertagesstätte. Auf dem Grundstück in Richtung Riebeckplatz entsteht das markante „Haus der Zukunft“. Es bildet den städtebaulichen Hochpunkt, ohne jedoch ein Hochhaus zu sein und dient der Ansiedlung innovativer Firmen durch die Bereitstellung flexibler Büro-, Service- und Ausstellungsflächen, ergänzt um Wohnflächen in den Obergeschossen der rückwärtigen Gebäudeflügel. Das Ensemble wird der grüne Hof mit den großen Platanen prägen, welcher sowohl offen als auch geschlossen erscheint und den Nutzern als Erweiterung für vielfältige Veranstaltungen zur Verfügung steht.
Phase 3: Es erfolgt die Arrondierung des städtebaulichen Konzepts nach dem Abriss der HWG Blöcke, angelehnt an die historische Gründerzeitbebauung mit den prägnanten Achsen unter Verwendung einer konsistenten Formensprache. Die Hochpunkte bilden jeweils die Raumkanten zur Merseburger Straße und in Richtung der Frankestraße. Diese grenzen den Wohnraum vom Verkehrsraum ab. Die gemeinschaftlich genutzten, durchweg begrünten Innenhöfe dienen als Treffpunkt und Ruheinseln im belebten urbanen Umfeld. Das erhaltenswerte, denkmalgeschützte Gebäude erlangt durch Umstrukturierung mehr Aufmerksamkeit und wird in das städtebauliche Konzept schlüssig integriert. Es dient als Jugendtreffpunkt mit Kiosk und begrünter Freifläche.
Freianlagen
Die städtebauliche Nord-Südachse bildet das Rückgrat des Quartiers, das sich durch die Diversität seiner Aufenthaltsqualitäten neuen Ansprüchen an urbane Lebensräume anpasst. Den Schwerpunkt bildet die Orientierung am Zukunftskonzept der Stadt Halle, mit hoher baulicher Dichte und einer Verkleinerung des Straßenraumes an der Merseburger Straße. Das Gleichgewicht zwischen Freiraum und baulicher Dichte wird durch die Maximierung begrünter Flächen, wie Begrünung von Dachflächen, Fassaden und Tiefgaragenflächen sowie der Ausdehnung des öffentlichen Grüns hergestellt. Ziel ist, im urbanen Raum einen Rahmen für optimale Wohn- und Arbeitsverhältnisse zu schaffen. Das bedeutet Immissionen zu minimieren und den Verkehr weitestgehend aus dem Quartier auszulagern. Die Dächer der deshalb vorgesehenen Tiefgaragen, werden zu intensiv begrünten Innenhöfen, die einen hohen Erholungs- und Freizeitwert für Anwohner*innen bieten. Eine zentrale Grünachse im Quartier öffnet sich nach Norden und führt dort zur Unterführung in die Innenstadt, durch neugestaltete Treppenanlagen öffnet sich der Raum zum Riebeckplatz. Richtung Süden führt die verkehrsberuhigte Achse zum Café, das einen Treffpunkt am südlichen Stadtplatz bildet. Im weiteren Verlauf verbindet sie das neue Quartier mit der Wohnbebauung „Riebecks Gärten“. Eine Abgrenzung des Quartiers findet zur Merseburger Straße hin statt. Hier öffnet sich das Quartier bewusst nur mit dem Hotelvorplatz, auf dem ein Wasserspiel und punktuelles Grün den Stadtplatzcharakter hervorheben und die Besucher der Stadt vom Hauptbahnhof Richtung Hotel und Kongresszentrum leiten. Ein zentraler öffentlicher Spielplatz wird durch ein alternatives Spielkonzept ersetzt. Dabei zielt die Verteilung von Spielpunkten im gesamten urbanen Umfeld, entlang von Gehwegen, auf die spontane, generationenübergreifende Nutzung. Die Stadt wird zum Spielplatz und integriert das Spiel in den gesamten öffentlichen Freiraum. Zusätzlich bieten die geschlossenen Höfe der Blockrandbebauung die Unterbringung von geschützten Spielangeboten im direkten Wohnumfeld. Die Formensprache von Freiflächen und Gebäuden ist harmonisch aufeinander abgestimmt und entfaltet eine einheitliche Wirkung.
Klimaresilienz | Ökologie
Ein nachhaltiges Regenwassermanagement und damit eine ausgeprägte Blau-Grüne-Infrastruktur, bestehend aus retentionsfähiger Dachbegrünung, intensivbegrünten Tiefgaragendächern, Verwendung speicherfähiger Substrate und dem Einsatz von Retentionsflächen zu Verdunstungszwecken, ist ein wesentlicher Beitrag zur Klimaresilienz. In Verbindung mit der Anlage von großzügigen Grünflächen, Fassadenbegrünung und der Anpflanzung von Bäumen, entstehen durch die Verdunstungskühle kleinklimatische Zellen, die der Überhitzung der urbanen Räume entgegenwirken. Die Evapotranspiration vermeidet die Bildung von Hitzeinseln und trägt zur Schadstoffminimierung bei. Starkregenereignisse werden mit Hilfe modellierter Landschaft und Zisternen zur Regenrückhaltung abgepuffert und das anfallende Niederschlagswasser zur Wiederverwendung gespeichert z.B. für Bewässerungs- und Verdunstungszwecke. Die Verwendung von versickerungsfähigen Straßenbelägen und die Minimierung der Versiegelung trägt zu einer nachhaltigen Gestaltung bei. Vor dem Hotel wird ein Wasserspiel in den Vorplatz integriert, das nicht nur einen Anziehungspunkt mit hohem Aufenthaltswert darstellt, sondern ebenfalls einen Teil zur klimatischen Verbesserung beisteuert. Ein zweiter Beitrag ist die Integration von intensiv und extensiv begrünten Dachflächen, die neben Speichervolumen bei entsprechender Bepflanzung auch eine hohe Diversität ermöglichen. Die vielfältige Pflanzenstruktur lockt Insekten und andere Tiere an, es entstehen Naturinseln, Trittsteine auf dem Weg durch die Stadt, die entfernte Lebensräume miteinander vernetzen und dadurch die Stadt durchlässig für die Tierwelt machen. Partiell werden auf den extensiv begrünten Dachflächen PV-Anlagen integriert.¬¬¬¬¬¬
Mobilität | Ruhender Verkehr
Der Kern des Quartiers, der sich schon mit der Umsetzung des Realisierungsteils verwirklichen lässt, bildet eine verkehrsberuhigte Zone. Die Freiräume werden durch die Anlage von Tiefgaragen weitestgehend von PKW-Stellflächen befreit und der Autoverkehr minimiert. Die Erschließung der Tiefgaragenzufahrten erfolgt über die wieder aufgenommene historische Achse der ehemaligen Prinzenstraße, südlich des Kongresszentrums, die als Einbahnstraße ausgewiesen wird und als Shared Space gestaltet, für alle Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt nutzbar ist. Die Nord-/Südverbindung für den Fahrradverkehr an der Merseburger Straße wird durch eine zusätzliche Fahrradachse innerhalb des Quartiers ergänzt und durch die Planung eines Überwegs Richtung Hauptbahnhof eine neue Ost-/Westverbindung für Fahrradfahrer und Fußgänger geschaffen. Ergänzend zur barrierefreien Wegeführung öffnet sich hier eine weitläufige Treppe zum Quartier und macht die Verbindung sichtbar. Im Bereich des Ideenteils wird vorgeschlagen, die Friedrich-List-Straße als Sackgasse auszubilden und den Verkehrsraum zum Vorteil der Fußgänger neu zu ordnen. In diesem Bereich werden begrünte Anwohner Parkplätze vorgesehen. Die zentrale Lage und optimale Anbindung durch Fernzüge, den öffentlichen Nahverkehr, das Radwegenetz, und die Etablierung von Car-Sharing, wird die reduzierte Anzahl von Stellplätzen als realistisch angesehen. Von der Errichtung einer zweiten Parkebene im Untergeschoss, welche geeignet wäre, den gesamten Stellplatzbedarf zu erfüllen, sehen wir daher in einem Zukunftskonzept bewusst ab.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Jury begrüßt die präzise typologische Setzung fünf maßstäblich überzeugender Hofquartiere mit einzelnen, stadträumlich fein abgestimmten Hochpunkten. Dieser robusten, in praktikablen Etappen realisierbaren Gebäudestruktur entsprechen auch die spannungsvoll proportionierten, insgesamt aber zu knapp bemessenen Frei- und Grünräume, welche sich jedoch nach Aussage der Verfassenden mit dem – wiederum großflächigen – Dachgrün im Sinne einer „Schwammstadt“ vernetzen sollen. Die geschützten Baumstandorte (Platane) werden berücksichtigt und nicht überbaut.
Der Stellplatznachweis mittels durchgängig eingeschossiger Tiefgaragen muss aus Flächen- und Kostengründen hinterfragt werden. Hier scheint die in der Ausschreibung genannte Quartiersgarage zu fehlen.
Im Nordbereich zum Riebeckplatz wird eine kraftvolle wie gleichermaßen angemessene stadträumliche Adresse geschaffen. Allerdings lässt der Planentwurf offen, wie der Eigentumsgrenzen überschreitende Quartiersblock mit Hochpunkt bodenrechtlich umgesetzt werden kann. Hierzu werden sich Auslobende, Stadt und beteiligte Eigner im Sinne einer entsprechenden Neuordnung verständigen.

Die etwas zurückgesetzte Lage des Hotels kommt den planungsrechtlichen Belangen der Ausschreibung nach, sollte aber hinsichtlich einer größeren stadträumlichen Präsenz und Sichtbarkeit im öffentlichen Raum noch gestärkt werden. Hier könnten neben der Feinjustierung der exakten Bauflucht auch die zukünftigen Wegeführungen respektive Querungen von und zum Hauptbahnhof sowie eine Nutzung der vorgelagerten „Media-Box“ als hotelzugeordneter Konferenz-oder Wellnessbereich hilfreich sein.
Insgesamt ist der Entwurf ein überzeugender Wettbewerbsbeitrag, der den Großraum Riebeckplatz mittels konsequent geführter Raumkanten und angemessener Höhenentwicklung in ein stadträumlich stabiles Ensemble mit starker baulicher Fassung überführt, das sich dank einer leistungsfähigen äußeren wie inneren Erschließung zu einem attraktiven, gut integrierten Teilbereich der Halleschen Innenstadt entwickeln kann.
Isometrie von Nordosten

Isometrie von Nordosten

Lage im Stadtgebiet

Lage im Stadtgebiet

1. Bauabschnitt 2030

1. Bauabschnitt 2030

Blick von Nordwesten 2030

Blick von Nordwesten 2030

Bauabschnitte

Bauabschnitte

2. Bauabschnitt 2050

2. Bauabschnitt 2050

Einsatzmodell von Nordosten

Einsatzmodell von Nordosten

Einsatzmodell von Südwesten

Einsatzmodell von Südwesten