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Konzeptvergabeverfahren | 06/2022

Konversion der Oxford-Kaserne in Münster - Baufelder A4.1-3

Außenperspektive

Außenperspektive

2. Rang / Los 1

pvma - pfeiffer.volland.michel.architekten GmbH

Architektur

Dornieden Generalbau GmbH

Projektentwicklung

Erläuterungstext

Im Zentrum steht der Anspruch, die Wohnungsfrage sozial, politisch und architektonisch zu begreifen. Es werden zusätzlich zum Wohnen, EG-Nutzungen, Mobilitätsangebote, Gemeinschaftseinrichtungen und soziale Einrichtungen für die Bewohner und Besucher koordiniert.
Das Wohnen wird aufgrund der architektonischen Struktur des Gebäudes sehr flexibel ausgelegt. So können in allen Baukörpern des Geschosswohnungsbaus aufgrund der flexiblen Tragstruktur Räume zu- oder weg geschaltet werden, sodass langfristige Wohnbiografien, unterschiedliche Wohnformen, Wohnkonzepte und Eigentumsverhältnisse einfach zu verwirklichen sind. Durch die systematisch entwickelte Tragstruktur in Holzmassivbauweise, die unterschiedlichste Wohnungsgrößen und damit Lebenssituationen zulässt, werden die Gebäude von unterschiedlichen Nutzergruppen bewohnt. Darüber hinaus werden die Wohnungen durch weitreichende, quartiersnahe Nutzungen zur Stärkung der Nachbarschaften ergänzt. Experimentelle Wohnformen, Wohngruppen über große Cluster, familienfreundliche Grundrisszuschnitte, flexible Paarwohnungen und Kombination aus Wohnen und Arbeiten durch das Zuschalten der sogenannten "Jokerräume" entsteht ein heterogenes Bewohnernetzwerk, das die Kaserne belebt und einen neuen Anziehungspunkt bildet.

Neben den ökologischen Vorteilen und der Möglichkeit eines Cradle to Cradle Systems stellt der gewählte Holzbau eine ökonomische Lösung für den Lebenszyklus eines Gebäudes da. Die einfache Konstruktion, das damit zusammenhängende, vorgefertigte Baukastensystem und die natürliche Dämmfähigkeit ermöglichen einen sehr effizienten und nachhaltigen Bauprozess.

Die städtebauliche Qualität in Körnung und Maßstäblichkeit formuliert eine sensibel eingebundene und zugleich eigenständige Gebäudekonfiguration im Kontext des Ortes. Als Auftakt in das Baugebiet setzt sich der identitätsstiftende Baukörper als städtebauliche Adresse an einen maßstäblich angemessenen Vorplatz in das Quartier. Südlich des Baukörpers spannt sich ein Quartiersplatz auf, der zusätzlich von dem Tor der denkmalgeschützten Kasernenmauer gefasst wird. Das Tor in der denkmalgeschützten Mauer dient als Hauptzugang der Fußgänger und prägt den Quartiersplatz atmosphärisch. Aus Rückseiten an der Mauer werden Adressen: Die Gebäude und ihre privaten Freiräume sind so konzipiert, dass trotz der urbanen Dichte jede Wohnung Zugang zu mindestens einem privaten Außenraum hat, der für ausreichend Licht, Luft und Sonne sorgt. Diese privaten Freibereiche (Gärten, Loggien, Dachterrassen oder Balkonen) werden von hausgemeinschaftlich geteilten Außenflächen ergänzt, die die Gemeinschaft stärken sollen und zum Verweilen und als Nachbarschaftstreffpunkt dienen. Die Vorzonen der Wohngebäude werden zu einer Retentionsfläche ausgestaltet. Durch den Einsatz eines oberflächennahen Entwässerungssystems als Teil der „blau-grünen Infrastruktur“ wird nicht nur die Grundwasserneubildung, sondern auch die Verdunstung und damit das Mikroklima im Quartier gefördert.

An die Townhouses anschließend bildet ein zentral erschlossener Wohnungsbau den südlichen Abschluss des Baugebietes. Hier findet sich zudem die Mobilitätsstation wieder, die neben der Einfahrt zur Tiefgarage großzügige Sharingkonzepte, Ladestationen und Stellplätze bereithält. Durch ein alternatives, bedarfsgerechtes und vielseitiges Mobilitätsangebot entsteht für Quartiersbewohner eine echte, ökologisch sinnvolle Alternative zum privaten Pkw. Geteilte Verkehrsräume schaffen die Grundlage für ein neues Miteinander, die Anbindung an das Radnetz in Münster manifestiert sich in den präsenten Lagen der Radgaragen an den Schnittstellen zum Quartier.

Um eine Mischung verschiedener sozialer Cluster zu erreichen braucht es sowohl architektonische als auch wirtschaftliche Lösungen. Wir glauben daran, dass eine funktionierende und lebendige Nachbarschaft nicht nur aus Mietverhältnissen bestehen kann, sondern aus einer ausgewogenen Mischung aus Eigentum und Miete.



Beurteilung durch das Preisgericht

Der Bieter legt eine insgesamt solide Gesamtkonzeption vor, die allerdings in der Architektur und im Mobilitätskonzept ihre Schwächen hat, die durch eine starke Umsetzungsorientierung jedoch nicht aufgewogen werden kann.

Wohn- und Nutzungskonzept
Positiv treten die Variabilität in Bezug auf die Nutzungen und die Fahrradaufbewahrung im EG hervor. Die Überlegung, die EG-Zone publikumsbezogen für die Bewohner und die Öffentlichkeit auszurichten, wird zwar gewürdigt, doch sind diese Räume insgesamt und insbesondere der Waschsalon überdimensioniert, und ein Café erscheint wegen der weiteren geplanten Gastronomieangeboten im Umfeld nicht notwendig.

Gebäudekonzeption
Die Holzbauweise wird positiv gesehen. Gestalterisch vermag der Entwurf jedoch nicht vollends zu überzeugen: Die runden Gebäudeelemente sind in Material und Formgebung nicht nachvollziehbar, das Staffelgeschoss alleine unterstützt nicht die angestrebte Kleinteiligkeit.

Städtebau- und Freiraumkonzeption
Der verspielt anmutende kleinteilige städte bauliche Ansatz wird ausdrücklich gewürdigt. Doch kann dies nicht über einige kritische
Punkte hinwegtäuschen:
  • die Südseite am Quartiersplatz wendet sich von Platz ab
  • Treppenhäuser wirken typologisch fremd
  • Überflutungsschutz ist nicht vorgesehen
  • die Dachbegrünung ist nicht nach Vorgaben geplant

Mobilitätskonzept
Die Fahrrad-Stellplätze im EG sind gut und zeitgemäß verortet. Eine TG-Zufahrt im Süden ist indessen ebenso wenig gewünscht wie ein Überangebot an Kfz-Stellplätzen (Angebot höher als für den Nachweis erforderlich), und auch eine Fahrradgarage als Auftakt ins Quartier wird trotz der niederschwelligen Anbindung kritisch hinterfragt. Wirtschaftlichkeit Positiv werden durchaus die kurzfristigen Mietverträge für Gewerbeeinheiten gesehen, um keine langfristige Belastung zu forcieren. Ausgesprochen kritisch wird der an der gesamten Nutzungsfläche gemessen geringe Anteil an Mietwohnungen gesehen.

Betriebskonzept
Beim Betriebskonzept wird die Zusage, die Mietwohnungen 20 Jahre im Bestand zu halten, sowie die Mitwirkung an der Pflege
der Anlage durch Anwohnende als wertvollen Beitrag zur Quartiersentwicklung gesehen. Kritisiert werden die vergleichsweise hohen mieten (11 - 16 Euro).
Axonometrie

Axonometrie

Außenperspektive

Außenperspektive