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Nichtoffener Wettbewerb | 12/2022

Landesgartenschau 2027 Neustadt an der Weinstraße

2. Preis

Preisgeld: 35.000 EUR

relais Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Filon Architekturvisualisierung & Bildbastelei

Visualisierung

Erläuterungstext

Landschaft ist Bewegung! Das Konzept formuliert in der Rheinebene einen dynamischen Landschaftsraum, der Impulse für eine neue sozio-ökologische Balance mit Strahlkraft für die Region um Neustadt an der Weinstraße schafft. Das postindustrielle Terrain wird durch übergreifende räumliche Bezüge einerseits und die Fokussierung auf Bestandspotentiale andererseits zu einer Landschaft der Verortung umgewertet. Das Parkareal nimmt Bezug auf ein Wirkungsgefüge natürlicher und kultureller Prozesse, auf die es einwirkt und von denen seine Entwicklung geprägt wird. Das Konzept entwickelt neue Kreisläufe des Wasser-, Vegetations- und Boden-/Stoffmanagements und zielt damit auf eine Neuformulierung des Bestands.
Das konzeptionelle Gerüst des neuen Parks greift die von fluvialen Umlagerungsprozessen geprägte Morphologie am Übergang zwischen Pfälzerwald und Oberrheinischer Tiefebene auf. Fließende Strukturen gliedern den Park und werden zu Vermittlern zwischen Innenstadt und Ordenswald. Im Auenpark wird der Gehölzbestand in eine Abfolge von Wäldchen transformiert, die mit Hecken gerahmt und so als Wilderness im Kontrast zur nördlich angrenzenden Wiesenlandschaft inszeniert wird. Die Kubatur des Deponiehügels prägt den Bergpark räumlich und motivisch und wird mit der östlich angrenzenden Sportlandschaft topographisch und funktional verflochten.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf setzt sich das Thema »Transformative Landschaft« und zielt auf ein umfassendes Wasser-, Vegetations- und Bodenmanagement. Die Entsiegelung der Gewässerprofile des Speyerbachs und des Rehbachs rahmen die neue Parklandschaft ein. Die renaturierten Bachläufe erweitern die Retentionsfläche für Hochwasser und funktionieren als Niedrigwasserrinne bei Trockenheit. Ein erweiterter Korridor für den Speyerbach wäre allerdings im Blick auf den Gewässerschutz wünschenswert. Der Bodenaushub aus der Gewässerrenaturierung wird genutzt, um die bestehende Landschaft zu überformen und neu zu gestalten.
Ein großer Rundweg erschließt alle Attraktionen für die Parklandschaft und für die Landesgartenschau, deren temporären Ausstellungsflächen größtenteils außerhalb der Flächen für die Dauernutzung angesiedelt sind. Die Gartenschau wird als entscheidender Schritt in der Verwandlung von der Deponie- und Industriefläche zur Natur- und Freizeitlandschaft verstanden. Die Orientierung durch einen großen Weg, der durch die Parklandschaft führt, ist sehr eingängig und macht den Rundweg zu einer Klammer für das Areal. In Frage gestellt ist allerdings die Durchgängigkeit des bestehenden Radwegs, denn der Rundweg scheint für die alltägliche Nutzung als Fahrradweg und die Verbindung der Stadtgebiete nicht geeignet. Eine Fortführung des Radwegs entlang des Speyerbachs ist nicht erkennbar. Hinterfragt wird auch der Anschluss der Parklandschaft an den Grünzug im Westen, der über einen nicht vorhandenen Weg auf dem Schulgelände erfolgt.
Der Entwurf setzt sich differenziert mit der Entwicklung bestehender Vegetationsstrukturen und etablierter Lebensräume auseinander: Der Auenwald wird mit Benjeshecken, die durch die Parkpflege mit Hölzern, Ästen und Reisig aufgebaut werden, in drei geschützte Bereiche gegliedert. Nicht mehr betretbar, stehen diese Inseln für eine ungestörte ökologische Weiterentwicklung der Biotope. Wassergebundene Wege, hölzerne Hochsitze und ein sogenanntes Parksofa bieten die Möglichkeit die Wildnis zu erkunden, ohne auf eine Multifunktionalität zu setzten, die zu Lasten der Natur geht. Mit einer Sitztreppe am Speyerbach, einem Naturbeobachtungssteg und eine Parkbühne im nördlichen Bereich werden viele Möglichkeiten geboten, den Naturraum zu erkunden und Natur zu erleben. Ein gastronomisches Angebot mit Wasserspielplatz und Gemeinschaftsgarten wird zudem im ehemaligen Garten- und Landschaftsbaubetrieb angesiedelt. Die eingestreuten Nutzungen und Staudenflächen in den Wiesen im Auenpark sind aus Sicht des Preisgerichts nicht überzeugend und schwächen das Konzept einer sinnvollen Verbindung zwischen Naturschutz und Landschaftsgestaltung.
Im Übergang zwischen Auen- und Bergpark wird die Gewerbehalle bis auf ihre Tragstruktur zurückgebaut. Die Ruinenromantik wird genutzt, um an diesem zentralen Gelenkpunkt der Parklandschaft einen wiedererkennbaren Ort zu schaffen. Genutzt als »Fitnessremise« für Tischtennis und Calisthenics vermittelt die Konstruktion zwischen Innen und Außen. Die Abgrenzung zur südlichen Gewerbefläche erfolgt über Hecken.
Der Deponiehügel wird leider nur auf der Westseite durch einen barrierefreien Serpentinenweg erschlossen und auf der Ostseite durch eine gerade Himmelstreppe. Eine Erschließung des Berges über die bestehende Wegeführung muss zu Unterhaltszwecken erhalten werden. Das Plateau des Aussichtshügels nutzt aufbereitete Betonsteine aus den Gewässersohlen und Beton- und Asphaltbruch in Stampfbetonmauern, um eine Installation aus linearen Sitzmauern und balkonartigen Aussichtspunkten zu inszenieren. Die fast ruppig anmutende Skulptur ist Reminiszenz an den »industriellen Inselberg« und scheint fast aus der Zeit gefallen. Unter den schattenspenden Bäumen ist es ein robuster Aussichtpunkt, der erst noch erobert werden will. Die Ruinenromantik, die in der zurückgebauten Blumenhalle aufgerufen wird, haftet auch der begehbaren Skulptur an, aber diese Krone auf dem Plateau das Deponiehügels kann in ihrer Gestaltung das Preisgericht nicht vollständig überzeugen. Die aus der Topografie entwickelte Formensprache wird leider nicht konsequent weitergeführt.
Eine Laufbahn mit Fitness-Stationen umfasst den Deponieberg und kündigt die östlich angrenzende Sportlandschaft an. Gefasst in dunkelgrünem EPDM hat die Laufbahn exakt einen Kilometer Länge. Die Ostseite des Deponieberges wird geschickt genutzt, um in die Topografie sogenannte Spielklippen mit Rutschen und Kletterelementen und eine Folge aus Spielterrassen einzubinden. Sie bilden den Übergang in die sanft modellierte Sportlandschaft, die den östlichen Abschluss des Parks bildet. Hier wird der Bodenaushub aus der Gewässerrenaturierung genutzt, um den Spielfeldern in die Topografie integrierte Umkleiden, ein Café und Sitzstufen für das Zuschauen anzubieten. Gesäumt von einem Hain werden im Norden ein Pumptrack und eine Spielwiese sowie im zentralen Bereich die Spielflächen angeboten. Den südlichen Abschluss am Speyerbach bildet ein kleiner Stadtstrand mit Beachvolleyballfeldern und Liegestühlen. Der Anbindung der Sportlandschaft im Osten über zwei neue Stege an Branchweiler ist gut gelöst. Die Bepflanzung des Berges bleibt in der Darstellung leider noch unklar, und der Einsatz von Sichtbeton in der Spiellandschaft wird im Hinblick auf Versiegelung, Regenwassermanagement und Pflegeaufwand kritisch diskutiert. Der Entwurf ist sehr differenziert ausgearbeitet und zeigt detailreich ein räumlich interessantes und vielfältiges Spiel- und Sportangebot. Die starke Überprägung der Ostflanke ist aufwendig und hat ihren Preis, was in der leichten Überschreitung des Kostenrahmens zu sehen ist, doch die spannende Sportlandschaft ist als Attraktion mit großer Strahlkraft zu verstehen.
Der Entwurf gewinnt durch seine klaren Konzepte für den Auen – und Bergpark und ihre gemeinsame Erschließung. Die Ausbildung von geschützten Bereichen als geplante Fortsetzung der Sukzession im Auenpark und die neu modellierte Spiel- und Sportlandschaft auf der Ostflanke des Deponiehügels sind sehr eingängige landschaftsgestalterische Setzungen, die dem Ziel langfristiger Entwicklung und naturverträglicher Freizeitnutzung gerecht werden.