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Nichtoffener Wettbewerb | 12/2022

Generalsanierung und Erweiterung Badezentrum Sindelfingen

Teilnahme

pbr Architekten Ingenieure

Architektur

pbr freiraum GmbH

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Leitidee
Die Erweiterung soll den Bestand mit seiner expressiven Architektursprache respektieren und die innenräumlichen Qualitäten, wie den freien Blick in die Parklandschaft nicht beeinträchtigen. Für die Erweiterung wird eine ruhige orthogonale Architektursprache gewählt. Die aus dem Funktionstrakt des Bestandes abgeleitet wird. So entsteht ein Ensemble, das sich in seiner Höhenstaffelung selbstverständlich in die topografischen Verhältnisse einfügt. Die einzelnen Funktionsbereiche sind in ihrer Kubatur klar ablesbar und erhalten jeweils eigene thematische Identitäten.

Architektur und Organisation
Die Erweiterung schließt direkt an den eingeschossigen Bestand an und formuliert mit einem überdachten Eingangsbereich eine eindeutige Adressbildung, die vom Parkplatz aus direkt sichtbar ist. Das gemeinsame Foyer bietet mit seinem gastronomischen Angebot und dem Kassenbereich das Herz des neuen Badezentrums. Von hier werden alle Bereiche der neuen Badewelt erschlossen. Das Sportbad wird ebengleich vom Foyer aus erschlossen. Die Besuchergalerie ist ebenfalls vom Foyer mit einer offenen Treppe angebunden. Der Umkleidebereich des Bestandes wird neu strukturiert. Die Verwaltung bietet mit dem Kassenbereich einen zentralen Verwaltungstrakt.

Das Familienbad ist neben dem Sportbad angeordnet und wird über den Umkleidebereich im 1. OG erschlossen. Es ist mit der Schwimmhalle direkt verbunden. Das Familienbad bietet eine abwechslungsreiche Badelandschaft mit einem großzügigen Gastro - und Aufenthaltsbereich. Der Rutschenturm mit den Landebecken ist von der Halle akustisch getrennt und bietet Aufenthaltsqualitäten in Form von Sitzbänken. Der Rutschenturm wird weithin sichtbar am Vorplatz verortet. Ankommende Besucher:innen, insbesondere die Kinder, werden so voller Vorfreude und Begeisterung das neue Badezentrum betreten.

Der Saunabereich orientiert sich nach Süden. Durch die geschickte Setzung entsteht ein ruhiger Saunagarten, der von dem Familienbad und der Schwimmhalle nicht einsehbar ist. Es gibt eine direkte Verbindung zum Familienbad. Der Saunabereich schafft mit seinem eingeschnittenen Innenhof unterschiedliche Aufenthaltsqualitäten und Atmosphären. Der Massagebereich liegt zentral zwischen Familienbad und Sauna und hat einen externen Zugang.

Freiraumplanerisches Konzept
Freiraumplanerisch differenziert sich das neue Badezentrum in drei Teile: Vorplatz, Saunalandschaft und Stellplatzanlage. Die klare und kompakte Linienführung der neuen Baukörper bettet sich in den neuen, umgebenden Freiraum ein. Als Ort der Kommunikation wie auch Kontemplation bedient sich der großzügige Vorplatz an einzelnen „Themen-Linsen“ als Grüninseln mit Sickermulden, heimischen Gehölzen, Ausstattungselementen und Bezug zur Saunalandschaft. Alle Setzungen konzentrieren sich in Richtung neuem Hauptzugang, adressieren dadurch das Gebäude und bieten eine gute Orientierung.
Der Vorplatz sieht sich bewusst als Teil der Erschließung des Stellplatzes und integriert gestalterisch die Fahrspur des Einrichtungsverkehrs. Die neu gesetzte Busspur flankiert das nördliche Ende des Vorplatzes.

Der Großteil der Fahrradstellplätze findet sich leicht abgerückt, zentralisiert, überdacht und mit Ladeinfrastruktur im Süden. Sportschwimmer: innen und allmorgendlichen Gästen werden in direkter Zugangsnähe Abstellmöglichkeiten angeboten. Das Material "Canstatter Travertin" sorgt neben dem lokalen und nachhaltigen Bezug, im Zusammenspiel mit der Holzfassade, für einen warmen Gesamteindruck. Das Kleinsteinformat umspielt Gefälle, Ausstattungselemente und Themenlinsen unaufgeregt und das Fugenmaß reduziert den Abflussbeiwert deutlich.
Die Topografie wird im – durch die Rutschen überprägten, südlichen Vorplatzbereich abgefangen, so dass die gesamte Vorplatzsituation barrierefrei mit drei Prozent in Richtung Norden fällt.

Die innenliegende Saunalandschaft zieht sich mit ihrer minimalistischen Themensprache und der klaren Gebäudekubatur unaufgeregt in die Äußere. Das Verschmelzen zwischen Innen und Außen wird durch vielerlei Blickbeziehungen und großzügigen Glasfronten mit Ausgangssituationen erreicht. Die außen liegende Saunawelt ergänzt das innen liegende Angebot, neben der Banjo-, Aufguss und Teichsauna, durch ein Ruhehaus, Bewegungs,- und Tauchbecken, einem Naturteich, Liegeflächen, Rückzugsnestern sowie Sonnen,- und Gastroterrassen. Alle Setzungen der Saunalandschaft fügen sich dem stattlichen Baumbestand. Die Bestandsgehölze werden maßgeblicher Teil der Saunawelt. Thematisch greift die Saunawelt die Landschaft des Himalayas auf. Die Themenwelt Darüber hinaus hebt sich durch dieses Alleinstellungsmerkmal von der regionalen Konkurrenz ab. Die Herleitung liegt in der Überschneidung der Vegetation zwischen hiesiger und dortiger Waldstruktur. Die heimische Vegetation kann so unauffällig durch einzelne Themenpflanzungen wie z.B. der Himalaya-Birke oder der Himalaya-Zeder ergänzt werden. Auch die Gebirgsstruktur kann im weitesten Sinne übertragen werden und soll sich in unterschiedlichen, geländeabfangenden Felsformationen wiederfinden. Die zusätzlichen Saunas sowie das Ruhehaus schmiegen sich an die Grundstücksgrenze und vergraben sich mit einer intensiven Dachbegrünung in den bestehenden Hang. Der Saunastrang bietet, neben klar energetischen Vorteilen, in oberster Hanglage, weitreichende Ausblicke in die gesamte Landschaft und dient als bauliche Setzung dem Lärm,- und Sichtschutz. Die bestehende baumfreie Hanglage wird ebenfalls im Sinne des Ausblicks genutzt. Bewegungs,- und Tauchbecken werden in unmittelbarer Nähe zur Aufgusssauna in einem Holzdeck positioniert, das sich aus dem Hang in Richtung Freibad herausschiebt und aus dem Becken einen „Infinity-View“ ermöglicht. Gleichzeitig wird durch die erhöhte Lage die Privatsphäre durch Blicke von außen geschützt. Privaterer Nutzung sollen ebenfalls die „Ruhenester“ unterhalb des großen Baumbestands dienen. Die Ausgestaltung fügt sich in das Oberthema ein. Kleine „Daybeds“ aus Holz werden von Leinen- und Gebetstüchern umspannt. Massagenutzungen oder weitere Kursangebote könnten hier ebenfalls für genutzt werden.

Die gesamte Saunalandschaft ist durch einen unterschiedlich ausgestalteten Rundweg erschlossen. Die Sommerbar positioniert sich am Rande der Saunalandschaft und öffnet sich ökonomisch sinnvoll, gleichsam zur Liegewiese des Freibades. Der Ausgang zur Freibadfläche erfolgt via Drehkreuz und positioniert sich an dem neuen Ersatzneubaus des Umkleidebaus. Der Übergangserschließung zum Textilbaden wird auf ein Minimum reduziert.
Materiell ergänzt sich die Saunalandschaft durch den warmen "Canstatter Travertin". Hier als Stufen, Platten und lose Schüttung. Ruhenester, Teichsauna und ein kleiner Rundweg können barrierefrei erschlossen werden. Die Stellplatzanlage differenziert sich in eine sich in das Gelände einschneidende Parkpalette und offenen Stellplätzen. Insgesamt bietet der Parkplatz 337 PKW-Stellplätze. Die Parkmöglichkeiten außerhalb der Parkpalette werden gem. Satzung mit Photovoltaikflächen überdacht.

E-Mobilität und Mikroklima
Das Mobilitätskonzept sieht vor, die Bushaltstelle „Badezentrum- Sindelfingen“ in den nördlichen Bereich des Vorplatzes zu verlegen, um einen kürzeren und sicheren Weg zum Haupteingang zu gewährleisten. Im Vorplatz- sowie Parkplatzbereich werden ausreichend Fahrradstellplätze mit E-Ladefunktionen vorgesehen. Auch für die PKW- Stellplätze werden genügend E-Ladesäulen zur Verfügung gestellt. Für eine Verbesserung des Mikroklima wird auf eine Reduzierung der befestigten Flächen geachtet und zur Entsiegelung der Stellplatzflächen ein wasserdurchlässiges Pflaster gewählt. Zudem wird zur Reduzierung der Hitzebildung auf helle Materialen geachtet und großkörnige Baumpflanzungen zur Verschattung verwendet. Im hinteren Bereich der Badelandschaft werden Retentionsflächen für das anfallende Regenwasser der Dachfläche vorgesehen. Zudem sind im Sinne der nachhaltigen Wasserwirtschaft, in ausgewählten Bereichen, Maßnahmen zur Regenwasserspeicherung vorgesehen, die für eine Bewässerung der intensiv bepflanzten Flächen der Saunalandschaft und des Vorplatzes dienen.

Energiekonzept
Als Heizkonzept werden Hybridelemente aus solarthermischen Kollektoren und Photovoltaikelementen zur Versorgung von Wärmepumpen auf den Dachflächen positioniert. Die Sonne liefert so einen Großteil der Energie für Heizung, Warmwasser und alle elektrischen Geräte. Tiefenbohrungen in 100 bis 150 m werden als Erdwärmespeicher für überschüssige Energie im Sommer zur Nutzung im Winter angelegt. Zur Abdeckung der Spitzenlast wird die bestehende Fernwärme genutzt. Im Weiteren muss eine Wärmeversorgung ohne fossile Brennstoffe umgesetzt werden. Hierzu sollten verschiedene Alternativen, vor allem standortbezogen und in Abhängigkeit der wirklichen Verbrauchswerte, geprüft werden. Das Grundstück würde durch die Größe eine Vielzahl von Möglichkeiten zulassen. Denkbar wäre die Unterstützung durch eine Hackschnitzelanlage oder auch Geothermieanlagen. Um ein Optimum zu verfolgen muss in Workshops mit Bauherren, Planern und Bauphysik und Bodengutachter ein Konzept zur Erreichung der energetischen, nachhaltigen und wirtschaftlichen Ziele erarbeitet werden.

Vorgesehen wurde im Entwurf eine Anordnung/Zusammenlegung der Räume nach Nutzungstemperaturen sowie eine mögliche thermische Trennung der Hallenbereiche nach Wassertemperaturen. Die Lüftungsanlagen mit ihren hocheffizienten Wärmerückgewinnungssystem sind den verschiedenen Bereichen auf möglichst kurzem Wege zugeordnet. So befindet sich im Untergeschoss das Gerät für die Schwimmhalle (Wärmepumpe zur mechanischen Entfeuchtung) direkt unter den Becken, so dass die Zuluft über Weitwurfdüsen eingebracht wird und als Luftwalze über der Wasserflächen die feuchte und mit Schadstoffen angereicherte Luft bodennah wieder abgesaugt wird. Um eine maximal energetisch effiziente Planung zu erstellen, müssen im Planungsprozess Luftströmungssimulationen stattfinden. Es wird eine hocheffiziente Wasseraufbereitungstechnik mit Nachtabsenkung und bedarfsabhängig vorgesehen. Ebenfalls wird die Wärmerückgewinnung aus Badewasser und Duschwasser zur Frischwasservorerwärmung geplant. Die Außenbecken sowie das Kinderbecken werden, um die Verdunstung am Überlauf zu reduzieren, mit der Bamberger Rinne ausgestattet. Ebenfalls wurden alle Außenbecken in ihrer Geometrie so konzipiert, dass sie eine Nachtabdeckung erhalten können. Im Sommerfall wird das Außenbecken zusätzlich über bodennahe Solarabsorberanlagen beheizt.

Nachhaltiges Bauen
Das Gebäude ist als, teilweise in den Hang integriertes, kompaktes Bauvolumen, mit kleinem Oberflächen/Volumenverhältnis (A/V) und optimiertem, geringen Footprint, optimierter hochwärmegedämmter Fassaden, extensiven und intensiv Dachbegrünungen und konzentrierter Tageslichtausnutzung (Reduzierung Kunstlicht) angelegt. Eine generelle Verschattung der transparenten Flächen der zu sanierenden Schwimmhallenfassade ist aus oben genannten Gründen und dem angestrebten Kontakt der Badegäste zum parkähnlichem Außenraum, nicht sinnvoll. Hier soll ebenfalls in den vorgesehenen verglasten, öffenbaren, Dachflächen eine hochwertige Sonnenschutzverglasung zum Einsatz kommen. Die begrünte Dachlandschaft besteht aus einer Kombination von intensiv- und extensiv Gründachvarianten, wodurch unter anderem die Förderung der Biodiversität, die Verbesserung der Luftqualität durch Staubbindung, die Bindung des CO2-Anteils in der Luft, die Verbesserung des Raumklimas sowie natürlicher Schutz vor Hitze und Kälte gewährleistet werden können. Durch sehr geringe Versiegelungsflächen auf dem Grundstück kann das anfallende Regenwasser zu großen Teilen versickern respektive über Retentionsflächen gehalten werden.

In wesentlichen Teilen ist der Einsatz von CO2-reduzierten Werkstoffen geplant. Das Holztragwerk der neuen Halle, bestehend aus lasierten Brettschichtholzstützen und -bindern, Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft, feuerverzinkten vormontierten Knotenblechen sowie vorgefertigten Dachschalungselemente inklusive der Akustikholzwollplatten, ist nicht nur unter ökologischen Aspekten wertvoll sondern gewährleistet durch die Vorfertigungsmöglichkeit eine schnelle Bauweise, geringe Gerüststellungen und damit ökonomische Vorteile.

Um die Rückbaubarkeit des Gebäudes im Sinne des kreislaufgerechten Bauens zu gewährleisten, bestehen alle Bauteile, soweit möglich, aus problemlos trennbaren Einzelbaustoffen (Verzicht auf bituminöse Abdichtungen zugunsten von recyclingfähigen Folien durch Auflast Gründach gesichert, Elementfassaden, vorgehängte hinterlüftete Fassaden mit verschraubter Brettschalung, mechanisch verbundene Holzwerkstoffe etc.). Auf Klebeverbindungen, Verbundwerkstoffe und schwer lösbare Nagelplatten wird weitestgehend verzichtet. Wo möglich, wird auf die Wiederverwendung von recycelten Baustoffen zurückgegriffen, z.B. bei den Betonzuschlägen und dem Einsatz von recycelter Wärmedämmung. Gerade im Schwimmbadbau sind hier genaue Abwägungen zu treffen. So ist die Verwendung von recyceltem Beton im Beckenbau nicht in alles Teilen möglich, eine Alternative ist hier z.B. der Einbau von Edelstahlbecken. Genauso verhält es sich mit notwendigen Abdichtungen oder auch der Verwendung von Epoxidharzen. Materialauswahl versus Unterhaltspflege ist im Einzelfall zu prüfen.

Im Entwurf sind verschiedene Bereiche aus klimatischen beziehungsweise Schallschutzgründen getrennt. Dieses betrifft in der Halle die bauliche, großzügige Verglasung wie auch die Abtrennung des Rutschenturmes und der Landebecken vom Hallenbereich. Hier würde sich ein offener Luftverbund negativ auf die Befindlichkeit der Besucher:innen auswirken. Ebenfalls ist eine Trennung in zwei Lüftungsbereiche im nachhaltigen, energetischen Sinne unverzichtbar, auch wenn die Rutschenröhren im Außenbereich gedämmt sind und die Start- und Landepunkte nachts verschlossen werden. Dieser Bereich erhält seine eigene Aufenthaltsqualität. Bei der Konzeption des Gebäudes wurde auf eine inklusive Erschließung aller zugänglichen Bereiche besonderes Augenmerk gelegt. Alle Besucher:innen haben den gleichen Weg. Das Badezentrum Sindelfingen öffnet sich auf diese Weise jeglichen Besuchergruppen in allen Nutzungsbereichen.

Der Neubau respektiert den Bestand

Der Neubau respektiert den Bestand

Großzügige Fensterflächen ermöglichen Blickbezüge in den umgebenden Park.

Großzügige Fensterflächen ermöglichen Blickbezüge in den umgebenden Park.