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Offener Wettbewerb | 11/2022

Grundinstandsetzung und Erweiterung Gipsformerei der Staatlichen Museen zu Berlin

FOK - Perspektive Werkhof

FOK - Perspektive Werkhof

2. Preis

Preisgeld: 80.000 EUR

Felgendreher Olfs Köchling

Architektur

DGNB System

TGA-Fachplanung

Bollinger+Grohmann

Bauingenieurwesen

Vogt Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

BAL Bauplanungs und Steuerungs GmbH

Sonstige

Martin Rauch - Lehm Ton Erde Baukunst GmbH

sonstige Fachplanung

HeGe Modellbau

Modellbau

Erläuterungstext

WERKHOF

Bei der Gipsformerei handelt es sich in erster Linie um ein Haus der Arbeit, eine große Werkstatt mit Lager. Der Bestandsbau der Gipsformerei wird weitergebaut und zu einem Werkhof ergänzt. Wie ein Amalgam wird das neue Volumen passgenau in die bestehende Berliner Hinterhofstruktur eingefügt. Die südlich angrenzenden Wohnhöfe werden mit begrünten Fassaden geschlossen und erhalten eine neue Form. Die prägnante fabrikartige Modellhalle schiebt sich aus der Grenzbebauung und steht damit sichtbar im Hof. Das Projekt schafft drei Außenräume mit unterschiedlichen Qualitäten: Der Vorgarten wird denkmalgerecht wiederhergestellt und trägt maßgeblich zur Sichtbarkeit der Gipsformerei im Straßenraum bei. Der Werkhof ist das Herzstück der Gipsformerei, hier wird rangiert und transportiert, gearbeitet und kommuniziert. Der wilde Garten im Westen dient der Vegetation, Regenwasserversickerung und dem Weitblick für die Werkstätten. Zur Ringbahn und Stadtautobahn zeigt sich das zeitgenössische Gesicht der Gipsformerei. Diese drei Außenräume stärken das Bild und die Identität der öffentlichen Institution in der Stadt. Besucher der Gipsformerei können die verschiedenen Arbeitsschritte eines Gipsabdrucks nachvollziehen indem sie den Hof umrunden: Im Eingangsbereich und Showroom beginnend über das südliche historische Treppenhaus hinauf zu den Depots. Von dort oben hinabsteigend können Depots, Gipserwerkstätten, Modellhalle, Malmodelle und Malerateliers besichtigt werden. Der Rundgang endet im neuen Veranstaltungsaal mit Kaffeebar am Hof. Der Raum kann für interne und externe Anlässe und Versammlungen jeder Art genutzt werden. Durch die Anordnung der Kerne können von den Besuchern alle Bereiche in einem Rundgang besucht werden, ohne den Betrieb zu beeinträchtigen, wobei immer Short-cuts und Abstecher zu besonderen Räumen möglich sind.

LICHT

Für die Nutzung der Gipsformerei ist das richtige natürliche Licht entscheidend. Während die Depotflächen gänzlich auf Tageslicht verzichten, sind alle Arbeitsräume so angeordnet, dass diese jeweils das ideale Licht erhalten. Die Modellhalle wird großzügig von zwei Seiten belichtet. Südlich davon befindet sich der schmale Hof für Bewitterungsversuche im Freien. Die Gipserwerkstätten richten sich gen Westen mit unverbaubarem Blick und Lichteinfall. Die Malerateliers im Dach der Modellhalle erhalten das gleichmäßige Licht von Norden. Der Hof ist die zentrale räumliche Orientierung und stellt immer wieder den Bezug zum neuen Ganzen her. Der Hof ist bestimmt durch Verkehr, Bewegung und das Gemeinsame. Die Arbeitsräume als Orte der Konzentration sind dagegen Richtung Garten und Himmel ausgerichtet. Durch wenige tragende Wände können Raumgrößen immer wieder veränderten Bedürfnissen angepasst werden. Durch drei neue, gut erreichbare vertikale Kerne mit Treppen und Liften schafft der Neubau gemeinsam mit dem Altbau kurze Wege und vermeidet Sackgassen. Es sind immer zwei interne Rettungswege vorhanden, sodass die Feuerwehr den Hof nicht befahren muss. Das Brandschutzkonzept sieht zudem vor, dass nur die Kerne als Fluchtwege ausgebildet werden, d.h. die breiten, hellen Korridore sind immer auch Aufenthalts-, Kommunikations- und Arbeitsorte, die Türen der Arbeitsräume können immer offenstehen. Teils verglaste Trennwände unterstützen eine hohe Transparenz, eine helle Atmosphäre und ein starkes Miteinander. Die restaurierten Fenster der Depots im Altbau werden zwischen den Scheiben mit weißen Holzläden versehen um das Tageslicht auszuschließen. Alle Bereiche des Neu- und Altbaus können schwellenlos und per Lift erschlossen werden. Das neue Untergeschoss beinhaltet großflächige Depots, wo nötig wird die Fernwärmetrasse unterbaut.

WEITERBAUEN UND RECYCLEN

Um die Gipsformerei zu einem stimmigen Ganzen zu machen werden Geschoßigkeit, Bautiefe und Traufhöhe des Bestandes übernommen. Das Verhältnis in der Fassade von Offen zu Geschlossen und das Material werden ebenso aufgenommen und im Neubau variiert. Einzelne bauliche Gesten treten aus dem Hintergrund der steinernen Blockrandbebauung hervor: Ein neues Vordach markiert den Eingang an der Straße, drei prägnante Abluftrohre gen Westen erzählen von dem funktionalen, technischen Zweckbau, der die Gipsformerei auch ist. Der Hof selbst wird dominiert durch das große Vordach für die witterungsunabhängige Anlieferung, das Atelierdach der Maler und das große Tor der Modellhalle. Diese Anbauten markieren die Adressen und Ereignisse in der gleichförmigen ruhigen
Struktur aus Bestand und Neubau. Die Einfachheit und Direktheit der Konstruktion des Bestandes wird im Neubau mit zeitgenössischen Mitteln und Materialien fortgesetzt. Grundsätzlich wird jedes Material pragmatisch so eingesetzt wie seine Eigenschaften am besten genutzt werden können. Das wasserdichte Untergeschoss aus Recyclingbeton bildet den Sockel. Darüber bilden Holzstützen und Holz-Rippen-Decken eine rationale gleichförmige Tragstruktur. Dieses Fachwerk mit Lehmsteinen ausgemauert. Die Fassade bildet eine selbsttragende Schale aus Backsteinen. Kältebrücken durch die Dämmung werden so auf ein Minimum reduziert. Es werden ausschließlich Berliner Recyling-Klinker verwendet. Der gesamte Hof wird mit dem vorhandenen, geschnittenen und neu verlegten Großsteinpflaster belegt. So wird eine flexibel nutzbare, erschütterungsarme und rollstuhlgängige Fläche geschaffen.

SONNE UND WASSER

Gemäß dem Prinzip der Schwammstadt wird alles anfallende Niederschlagswasser auf dem Grundstück versickert, verdunstet oder verbraucht. Hierfür wird das Dachwasser des Neubaus auf dem Dach behalten, verdunstet und bewässert zeitverzögert die Vegetation auf dem Dach und an der Westfassade. Ein Überlauf leitet überschüssiges Wasser in den Garten im Westen. Dachwasser vom Bestandsbau wird in eine Zisterne im Hof geleitet, die für WC-Wasser und Bewässerungszwecke genutzt wird. Das Platzwasser im Hof kann über zwei Pflanzbereich mit Bäumen versickern. Das Gebäude bezieht seine Heizleistung mittels vorhandener Fernwärmeleitung. Die notwendige Kühlenergie wird mittels Verdunstungskühlung im 3.OG des Westflügels gewonnen. Die Stromerzeugung durch die Photovoltaik-Anlage auf dem Dach sorgt für eine ausgeglichene Stromjahresbilanz. Die Leitungsnetze werden widerstandsreduziert konstruiert - große Querschnitte, wenige Einbauteile und das Nutzen von Erschließungsfluren als luftführende Kanalnetze senken den Energiebedarf im Betrieb. Einmal aufbereitete Zuluft wird - soweit nach Emissionen zulässig - mehrfach nachgenutzt: Luft wird von Arbeitsplatz zu Erschließung übergeströmt, was eine sehr effiziente Belüftung wirkt. Den laubengangartigen Fluren kommt dabei eine mehrfache Rolle als klimatische Pufferzone gegenüber höherwertigen Arbeitsbereichen zuteil. Sämtliche technischen Installationen und Betriebseinrichtungen werden im Alt- und Neubau sichtbar und einfach revisionierbar verlegt. Als sommerlicher Wärmeschutz werden im Sommerfall alle transparenten Öffnungen durch Außen liegende Rafflamellen verschattet; an der Westfassade zusätzlich vegetabil gekühlt über die Fassadenberankung.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Idee des Entwurfes ist die Ausbildung eines großen Werkhofs mit einer klassischen Interpretation der Berliner Hofstruktur in Verbindung mit dem Bestand. Auf der Südseite werden trotz leicht eingerückter Montagehalle, die Abstandsflächen noch nicht eingehalten; kritisch wird durch die Stadtplanung die Art der Schließung des südöstlichsten Wohnhofs gesehen.

Die Neubebauung nimmt das Thema des Ziegels in den Fassaden auf und bildet diese aus Recycling-Ziegeln konsequent aus.

Das städtebauliche Thema der umliegend geschlossenen Hofbebauung wird im EG zum Erlebnis eines umlaufenden Besucherrundgangs entwickelt. So werden Werkstätten, Depots und Ausstellungsräume auch durch Glaswände einsehbar gestaltet. In der Konsequenz gibt es durch die innere Lage von Werkstätten das Erfordernis der mechanischen Lüftung, unabhängig von individuellen Arbeitsplatzabsaugungen.

Die Montagehalle ist zweiseitig belichtet ausgebildet.

Generell sind die Grundrisse funktionell logisch aus der Erweiterung des Bestandes geplant, die einbündige Erschließung zeigt jedoch Nachteile.

Die schmalen Baukörper führen zur Anordnung von weiten Depotflächen ins Untergeschoss. Zudem reagiert die Ausbildung der großflächigen Depot-Anlage im UG nicht auf die Fernwärmetrasse.

Das neue Vordach an der historischen Straßenfassade ist unnötig.

Der Entwurf stellt mit seinem großzügigen Hof-Konzept eine schlüssige Gesamt-Ensemble-Bildung dar.

Lowtech: Die Arbeit bietet einige sehr interessante Ansätze für das energetische Konzept und die Lowtech Strategie an, die allerdings noch einige Fragen, bspw. im Hinblick auf das Lüftungskonzept und die thermisch aktivierbare Baumasse, offen lassen.

Nachhaltigkeitspotential: Die Arbeit wird als ausbaufähig in Bezug auf Nachhaltigkeitsaspekte eingeschätzt. Die Versiegelung liegt innerhalb der Anforderungen, jedoch sind die verbleibenden Vegetationsflächen eingeschränkt versickerungsfähig. Der Schallschutz gegen Außenlärm kann durch Blockrandschließung gewährleistet werden, jedoch wurde die gewünschte Lage schallsensibler Bereiche (Restaurierung) oberhalb von schallemittierenden Bereichen (Gipswerkstatt) im Entwurf nicht umgesetzt. Das Materialkonzept wird aufgrund der verwendeten Baustoffe (nachwachsende Rohstoffe, RC-Klinker, Lehmsteine) als günstig eingestuft; Einschränkungen sind in der Grundrissgestaltung des Untergeschosses zu sehen.

Denkmalschutz: Das Vordach im Bereich des Hauptzugangs ist nicht genehmigungsfähig.

Bauordnungsrecht: Die zulässige Wandhöhe im Bereich des Flurstücks 259/4 und die Abstandsflächen der Montagehalle (Bezug OK Gelände Wettbewerbsgebiet) werden kritisch beurteilt. Die Materialwahl (z.T. brennbar) ist aus Sicht des Brandschutzes ungünstig.

Kosten: Die Investitionskosten (KGR 300-400) liegen im Bereich der Baukostenobergrenze und werden als durchschnittlich im Vergleich zu den anderen Entwürfen bewertet. Die Arbeit erfüllt das Raumprogramm bis auf die Technischen Funktionsflächen (TF).
FOK - Abgabeplan Seite 1

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FOK - Abgabeplan Seite 2

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FOK - Einsatzmodell

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