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Offener Wettbewerb | 11/2022

Grundinstandsetzung und Erweiterung Gipsformerei der Staatlichen Museen zu Berlin

Hofperspektive

Hofperspektive

ein 3. Preis

Preisgeld: 43.000 EUR

HENCHION REUTER ARCHITEKTEN

Architektur

Transsolar Energietechnik GmbH

TGA-Fachplanung

Rehwaldt Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

IfBW Ingenieurbüro für Brandschutz Wuppertal GmbH

Brandschutzplanung

EiSat GmbH, Engineered Structures

Tragwerksplanung

Erläuterungstext

Entwurfskonzept / Städtebauliche Einordnung

Der städtebauliche Ansatz vervollständigt zum einen die bereits in Teilen angelegte Blockrandstruktur der Gründerzeit mit Hofbildung, Vorderhaus, Seitenflügel und Hinterhaus. Zum anderen wird das mittlere Neubauvolumen in der Breite des Hofes, durch seine Höhe, aber auch durch die nach Westen leicht vorspringende Fassade, etwas hervorgehoben. Darüber hinaus werden die internen Nutzungszuordnungen, mit dem Schwerpunkt Montagehalle mit Tischlerei und Schlosserei im Erdgeschoss und der Gipswerkstatt im Obergeschoss als „aktive Flächen“, neben der überwiegenden Depotnutzung in den übrigen Gebäudeteilen, ablesbar. Die bereits in der klar strukturierten Straßenfassade des denkmalgeschützten Bestandsbaus an der Sophie-Charlotte-Str. angelegte und über die Hofbebauung mit rechtem- und linkem Seitflügel vorhandene Dreierteilung, wird mit der Gliederung der Neubauten über die gesamte Grundstückstiefe weitergeführt. So präsentiert sich der westliche Neubau, mit einem um ein Geschoss erhöhten Gebäudevolumen, angenehm und ordnend gegenüber den Bestandsgebäuden im Innenhof. Gleiches gilt für die Westfassade zur Stadtautobahn und zur S-Bahntrasse. Hier zeigt sich in der heterogenen Blockrandstruktur ein klares Volumen als neues Gesicht der Gipsformerei im Berliner Westen und gleichzeitig wird die aufgebrochene Blockstruktur, der Aufgabenstellung angemessen und mit wichtigen städtebaulichen Gewinnen, wiederhergestellt.
Entlang der nördlichen Grundstücksgrenze entsteht als Brandwandwandbebauung in Fortsetzung des bestehenden Seitflügels ein Neubau, welcher über sämtliche Geschosse eine stufenlose Anbindung bietet. An der südlichen Grundstücksgrenze wird zur Fassung der Raumkante die Pflanzung einer Baumreihe und ein überdachter Verbindungsgang mit Ausstellungsflächen im Freibereich, sowie ein dicht begrüntes Rankgerüst vorgeschlagen. Auf eine Unterkellerung des Hofbereichs wird zu Gunsten der Wirtschaftlichkeit und des ökologischen Fußabdrucks bzw. von möglichen Versickerungsflächen verzichtet. Die bisher ermittelte Baumassenzahl wird dabei geringfügig um eine geringe Nachkommastelle überschritten.

Organisation der Nutzungen

Die Zuordnung der verschiedenen Raum- und Nutzungseinheiten folgt den Anforderungen gemäß der Lowtech-Strategie, den funktionalen Anforderungen, sowie den entsprechenden Möglichkeiten im Bestand und im Neubau. Die Lowtech-Strategie folgt wiederum dem Ziel, Räume mit gleichen und ähnlichen klimatischen Anforderungen zusammenzulegen und gemäß dem „Zwiebelprinzip“ so anzuordnen, das diese vor extremeren Schwankungen geschützt werden. Den funktionalen Anforderungen folgend liegen z.B. die mehr öffentlichen Nutzungen im Erdgeschoss, in den Obergeschossen sind die Werkstätten und Ateliers mit höheren Tageslichtanforderungen vorgesehen und die lauteren Schlosser- und Tischlerwerkstätten etc. liegen im Erdgeschoss in den westlichen Hinterhof orientiert. In den mittleren Geschossen des denkmalgeschützten Bestandsgebäudes sind ausschließlich die Depotbereiche mit geringen klimatischen Anforderungen, und somit möglichst wenig Technik, vorgesehen. Lediglich im Erdgeschoss bleiben der Showroom mit dem bekannten Hauptzugang von der Sophie-Charlotte-Straße aus, sowie verschiedene Büro- und Verwaltungsräume verortet. Im Neubau des nördlichen Seitenflügels mit seinen geschlossenen Fassaden, sind im UG und in den mittleren Geschossen Depots mit höheren klimatischen- bzw. lüftungstechnischen Anforderungen vorgesehen. Im Erdgeschoss, in der Nähe des Aufzugs und den Werkstätten für Schlosser und Tischler sowie der Montagehalle, sind die Packerei, Hausmeisterei, Erste Hilfe etc. angeordnet. Im ruhigen Obergeschoss liegen die Malerateliers mit Nordlichtsheds zur optimalen Belichtung. Im westlichen Neubau sind die zweigeschossige Montage- und Modellhalle, sämtliche Werkstätten, sowie verschiedene Depotbereiche im UG, 2. OG und 3. OG vorgesehen. Im Erdgeschoss befindet sich die große Montage- und Modellhalle, sowie die Restaurierungs-, Tischler-, Schlosser und Schmiedewerkstatt mit einem entsprechenden Außenbereich im westlichen Hof. Im 1. Obergeschoss liegen eine großzügige Galerie zur Montagehalle, der Besprechungs- und Pausenraum, das Schaudepot mit Schaufenster, sowie Scan-, Foto- und PC-Raum. Im 4. Obergeschoss sind die Gipswerkstätten, mit nach Norden ausgerichteten Oberlichtsheds für eine ideale natürliche Belichtung, sowie die dazugehörigen Vorbereitungsräume vorgesehen.
Sämtlichen Nutzungen sind je Etage entsprechende WC- und Sanitärräume zugeordnet. Barrierefreiheit wird für die Neubaubereiche sichergestellt und im Bestandsgebäude weitestgehend umgesetzt. Flure und Durchgänge für Depots und Werkstätten etc. werden mit 2,5 /1,5 Metern für Hub-/Flurfahrzeuge ausgelegt.

Besucherrundgang

Die Besucher betreten die Gipsformerei über einen neu gestalteten Vorplatz von der Sophie-Charlotte-Straße aus in den neuen/alten Show- und Verkaufsraum. Ein etwas über die Tiefe der Kellerabgänge und die Nachbarbebauung vorstehender und vom Bestandsbau abgelöster, eleganter Stahlahmen markiert den Besucherzugang mit seinen drei Fensterachsen und bietet ein schützendes Vordach mit integrierter Beleuchtung.
Der Show- und Verkaufsraum erfährt durch den Raum der ehemaligen Schmiede eine Erweiterung. Von hier starten die Besucherrundgänge. Über den Hof, bzw. witterungsgeschützt unter einem Dach, gelangen die Besucher entlang der Ausstellungsflächen im Außenbereich, in den westlichen Neubau mit möglichen Einblicken in die Montage- und Modellhalle, sowie in die Restaurierungswerkstatt. Durch eine Absperrung oder auch Glaswand getrennt, werden sie über eine großzügige Wendeltreppe auf die Galerie im 1. Obergeschoss geführt. Hier liegen der Multifunktionsraum, die 3D-Werkstatt und das Schaudepot. Über das Treppenhaus oder den Aufzug gelangen die Besucher weiter ins 3. und 4. Obergeschoss zu den Malerateliers und Gipswerkstätten, welche über Schaufenster mit Sichtschutzoption nach Bedarf z.B. im Wechsel eingesehen und gezeigt werden können. Der Rückweg führt entweder über das 3. OG, vorbei an den Malerateliers und von dort durch den Depotbereich im Altbau, das Altbautreppenhaus zurück in den Showroom, oder aber ins EG und über den Hof. Insgesamt ein Rundgang mit zahlreichen unterschiedlichen Optionen, welcher gleichzeitig einen störungsfreien Betrieb der Gipsformerei gewährleistet.

Freianlagen

Die Gipsformerei der Staatlichen Museen Berlin erhält eine Aufwertung der Vorzone an der Sophie-Charlotten-Straße. Vor den Verkaufsräumen wird der Belag erneuert und eine barrierefreie Erschließung mit einer seitlich geführten Rampe hergestellt. Eine Bank und ein paar Fahrradbügel bilden eine einladende Geste. Die Vorgärten werden denkmalgerecht saniert. Mit der städtebaulichen Arrondierung des rückwertigen Grundstücks der Gipsformerei durch den geplanten Erweiterungsbau entstehen zwei neue Hofsituationen. Der große Hof erhält einen repräsentativen Charakter. Er dient sowohl der Darstellung des Handwerks und der Forschung, als auch den betrieblichen Anforderungen von Anlieferungen und Aufenthalt für die Mitarbeiter. Als Belag schlagen wir ein Natursteinpflaster entlang der Fassaden vor, mit einer mittig angeordneten Tennenintarsie. Um die Versiegelung weiter zu reduzieren werden möglichst viel Flächen begrünt. So entsteht zum Beispiel eine Stauden-/Gräserpflanzung entlang der südlichen Grundstücksgrenze. Hier können auch Exponate ausgestellt werden. Ein Baumdach aus geschnittenen Platanen bilden einen schattigen Verweilort im Hof. Die Pflanzung von Ungarischen Eichen entlang der Pergola fasst den Raum nach Süden und schafft ein angenehmes Mikroklima im Hof. Zu den südlich gelegenen Innenhöfen und an vielen anderen Fassaden der Gipsformerei entsteht zudem eine vegetative Fassade / Wandbegrünung. Unter dem Hofbelag werden zwei Speicherrigolen verortet, welche das überschüssige Regenwasser der Retentionsdächer aufnehmen und es in Trockenzeiten an die Bäume wieder abgeben.
Im westlichen Grundstück liegt der zweite Hof. Hier werden der PKW-Stellplätze verortet und die ebenerdigen Werkstätten erhalten eine entsprechende Außenfläche. Fahrradbügel werden zum einen überdacht, in der Durchfahrt zum zweiten Hof, sowie als Besucherstellplätze im großen Hof in der südöstlichen Ecke an der alten Schmiede untergebracht.
Konstruktion / Materialität

Der Altbau wird in enger Abstimmung mit dem Denkmalschutz behutsam instandgesetzt und saniert. Dabei soll die Fassade gereinigt und in ihrem jetzigen Erscheinungsbild erhalten bleiben. Die vorhandenen Kastenfenster werden nach Möglichkeit aufgearbeitet und nachgerüstet (Dichtigkeit, Isolierverglasung, Lüftung), sowie durch einen innenliegenden Sonnenschutz ergänzt. Das Dach erhält eine Dämmung sowie eine neue Eindeckung bei Beibehaltung der vorhandenen Dachkonstruktion.
Für den Neubau wird aus statischen und brandschutztechnischen Gründen, sowie aufgrund der guten Speicherfähigkeit von Massivbauteilen, eine maximal flexible Skelettbauweise aus CO²-armen Stahlbeton mit Hohlraumdecken vorgeschlagen. Innenwände und Innenseiten der geschlossenen Fassaden werden wegen ihrer guten Speicherfähigkeit, sowie der guten bauphysikalischen Eigenschaften (temperatur- und feuchtigkeitsausgleichend) aus Ziegelmauerwerk errichtet. Die Fassaden für Seitenflügelneubau und die zurückspringenden Bauteile des westlichen Neubaus sind mehrschalig aus Ziegelmauerwerk, Dämmung und einer äußeren Klinkerschale, in der Farbigkeit von einem der Klinker des Bestandsgebäudes abgeleitet, vorgesehen. Hier werden zusätzlich in den Fensterachsen der Südfassade Photovoltaikpaneele integriert. Die Außenschale für die geschlossenen Bereiche des vorstehenden westlichen Neubaus bzw. des Rückgebäudes ist als dunkle Metallfassade konstruiert. Die äußere Erscheinung wird bestimmt durch eine elegante und präzise gefügte, pulverbeschichtete Aluminiumblechfassade.
Im inneren bestimmen helle Naturfarbtöne an Wänden, Böden und Decken, und angenehme Holzoberflächen für mobile Trennwandsysteme, Türen und Einbauten das Erscheinungsbild. Die Fenster- und Fassadenkonstruktionen bestehen aus C2C-zertifiziertem Aluminium bzw. Holz/Aluminium. Insgesamt eine angenehme, angemessene und nachhaltige Gestaltung.

Energiekonzept / Nachhaltigkeit

Ziel des Klima- und Energiekonzeptes ist es durch eine Kombination von passiven und aktiven Maßnahmen den Aufwand für die Errichtung und den Betrieb des Gebäudes zu minimieren und gleichzeitig den Komfort und die Nutzungsqualität zu optimieren, so dass ein hohes Maß an Energieeinsparung, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit erreicht wird. Dabei muss die sichere Lagerung und Bearbeitung der Kunstgegenstände unter idealen Verhältnissen gewährleistet werden.
Die Berücksichtigung und Umsetzung der Nachhaltigkeitskriterien, sowie eines Low-Tech-Konzepts sind Grundvoraussetzungen für die Konzeptentwicklung und somit integraler Bestandteil des Entwurfs.
Das finale Konzept setzt sich aus den grundsätzlichen Elementen zusammen:
1. Maßnahmen zur Minimierung des Gesamtenergiebedarfs, insbesondere durch passive Gebäudeoptimierung.
2. Nutzung erneuerbarer Energieerzeugung vor Ort durch Installation von Photovoltaik und Geothermie.
3. Bewusste Materialauswahl bezüglich einer maximalen Umweltverträglichkeit, ressourcenschonend, und weder für den Menschen noch für die Objekte schädlich durch das „Cradle to Cradle“ Prinzip, bei dem die ausgewählten Materialen recycelt oder recycelbar sind.
4. Wirtschaftlichkeit durch Flächeneffizienz, sowie bewusste Entscheidungen bezüglich der Lebenszykluskosten.
5. Eine gestalterisch anspruchsvolle städtebauliche und architektonische Lösung zur Gewährleitung der Sozialverträglichkeit, sowie dauerhaft behaglicher und gesunder Arbeits- und Aufenthaltsqualitäten.
Durch diese Kombination entsteht ein Gebäude mit niedrigen CO2-Emissionen, das sich an den Zielvorgaben der Energieeffizienzfestlegungen des Bundes (Energetisches Pflichtenheft), sowie des Bewertungssystems Nachhaltiges Bauen (BNB_LN und BNB_BK) orientiert. Ein klimaneutraler Betrieb wird angestrebt.

Zonierung

Durch eine differenzierte Zonierung der verschiedenen Nutzungsanforderungen und Klimabereiche können Wärmeverluste und -gewinne so effizient wie möglich gestaltet werden. Bereiche mit hohen Anforderungen sind so positioniert, dass ihre Außenfassaden (Verlustflächen) möglichst gering sind. Räume mit ähnlichen Anforderungen (z.B. Depots) sind neben- und übereinander geplant. Technikräume werden direkt den Bereichen mit speziellen Anforderungen zugeordnet. Be- und Entlüftungsschächte können auf diese Weise platzsparend durch kurze Wege realisiert werden. Darüber hinaus wird ein maximal kompakter Baukörper vorgeschlagen und auf eine Unterbauung der Hofbereiche verzichtet. Dies senkt den Energiebedarf und die Investitionskosten und steigert Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit.

Speichermassen

Alle Außenfassaden werden hochwärmegedämmt ausgeführt. Die Depotbereiche sind zur Sicherstellung eines stabilen robusten Raumklimas luftdicht und fensterlos, entsprechend dem Zephyr-Prinzip angedacht.
Durch raumseitig hohe thermische und feuchteregulierende Speichermassen werden Schwankungen des Raumklimas abgepuffert. Die thermischen und hygienischen Defizite können kontinuierlich und effizient ausgeglichen werden (z.B. an günstigeren Zeitpunkten mit PV-Ertrag oder bei passenden Außenbedingungen). Dies erlaubt eine zusätzliche Minimierung der erforderlichen Techniksysteme.

Fensterflächenanteil / Tageslicht / Sonnenschutz

Die Fensterflächen werden mittels Simulation für die Neubaufassaden detailliert berechnet, um ein ideales Verhältnis zwischen Tageslichtnutzung und Reduktion solarer Erträge zu realisieren. Dachoberlichter mit Nordorientierung ermöglichen eine ideale Tageslichtversorgung in den Werkstätten und Ateliers. Unter Berücksichtigung des Denkmalschutzes werden die Altbaufenster qualitativ nachgerüstet und aufgewertet.
Um maximale Flexibilität zu gewährleisten, sind individuell regelbare, außenliegende Sonnenschutzsysteme vorgesehen. Beim Altbau werden diese in die Kastenfenster integriert.

Materialität

Das vorgeschlagene Mauerwerk bildet einen qualitativen Kompromiss zwischen thermischer Masse (Vorteil Beton) und CO2-Emissionen (Vorteil Holzbau). Bei der Stahlbetonskelettkonstruktion kommt Low Carbon Zement zum Einsatz.
Insgesamt gilt, ressourcenschonend und ausschließlich mit Baumaterialien zu planen, welche gesund und gut verträglich für Mensch, Kunstgegenstände und Umwelt sind, wobei das „Cradle to Cradle“ Prinzip einen wichtigen Baustein bildet.

Lüftung

Prinzipiell wird auf mechanische Lüftung verzichtet. Stattdessen wird das Gebäudeensemble – angepasst an die jeweiligen klimatischen Bedingungen der Einzelräume – natürlich gelüftet. Die Werkstätten werden über dezentral vorgewärmte Zuluftsysteme versorgt.
Dort wo mechanische Anlagen aufgrund der Nutzung notwendig sind (z.B. Depots Neubau), wird auf höchste Energieeffizienz geachtet (Wärme- und Feuchterückgewinnung). Der Luftwechsel ist auf den notwendigen Mindestwert begrenzt. Platz für Anlagentechnik und Kanalführungen mit kurzen Leitungswegen, sind im Entwurf vorgesehen.
Der Verkaufs- und Ausstellungsraum im Altbau verfügt über eine zentrale Lüftungsanlage im UG. In Depotbereichen des Altbaus erfolgt der Frischluftwechsel über Infiltration. Die zentrale Abluftanlage sichert den Mindestluftwechsel.

Heizen / Kühlen

Die Räume im Altbau werden auf 16-18°C mit Heizkörpern geheizt. Im Neubau fungiert der Rücklauf der Heizkörper als Vorlauf für die vorgesehenen Flächenheizsysteme.
Im Sommer kann die Temperierung über Erdsonden durch freie Kühlung genutzt werden. Decken werden offen ohne Installationen geplant, um eine Nachtkühlung der thermischen Masse zu ermöglichen.

Energieversorgung

Die Wärmeversorgung wird über das lokale Fernwärmenetz bereitgestellt. Eine Rückkühlung der Kältemaschinen ist aus unserer Sicht aufgrund der sehr unterschiedlichen Temperaturniveaus nicht sinnvoll. Eine Rückkühlung auf dem Temperaturniveau der Fernwärme führt zu einer sehr ineffizienten Kälteversorgung. Stattdessen soll über ein Erdsondenfeld eine Rückkühlmöglichkeit der reversiblen Wärmepumpen geschaffen werden. Das Erdsondenfeld kann auch zur freien Kühlung der Flächensysteme verwendet werden
Dachflächen des Alt- und Neubaus werden großflächig (ca. 70%) mit Photovoltaik belegt. Außerdem werden sinnvolle Fassadenflächen ebenfalls für eine Photovoltaiknutzung verwendet.

Mikroklima

Die geschaffenen Grünflächen im Innenhof, auf den Dächern und an den Fassaden begünstigen via Verdunstung das lokale Mikroklima. Durch ihren natürlichen Kühlungseffekt reduzieren sie Kühlbedarf und tragen positiv zur Qualität der Außenbereiche bei.

Brandschutzkonzept

Das ausgedehnte Gebäude wird am Übergang vom Bestand zum Neubau in 2 Brandabschnitte geteilt und über notwendige Treppenräume so erschlossen, dass eine Rettung über Leitern der Feuerwehr nicht erforderlich ist. Die entsprechende Verteilung der Treppenräume wird dabei sowohl für eine günstige betriebliche Erschließung als auch für eine flexible Grundrissgestaltung angesetzt und wirkt sich zudem positiv auf eine mögliche Drittverwertung des Gebäudes aus. Das Erfordernis von Wänden mit BS-Anforderungen wird durch Ausbildung von Teilnutzungseinheiten von max.400 qm in höchstens 2 Geschossen begrenzt. Etwaige Überschreitungen dazu werden, soweit seitens der Feuerwehr gefordert, durch eine Brandmeldeanlage kompensiert. Die Bestandskonstruktion wird bzgl. erforderlicher Maßnahmen zum Feuerwiderstand mit Putzbekleidungen und/oder Brandschutzanstrichen (z. B. für Stahlträger) ertüchtigt. Zur Durchführung wirksamer Löscharbeiten und unter Hinweis auf den mit Fahrzeugen der Feuerwehr nicht erreichbaren Innenhof werden in allen Treppenräumen trockene Steigleitungen ausgeführt. Besondere Maßnahmen zur Rauchableitung sind nicht geplant, sondern die Rauchableitung erfolgt über Fenster (UG = Lichtschächte) und Türen ins Freie (mindestens 2 % Raumgrundfläche). Ungeachtet dessen sind mit entsprechend reduzierter Fläche (1 % Raumgrundfläche) Rauchableitungsöffnungen im oberen Wanddrittel oder oberen Raumabschluss möglich. Sonstige technische Maßnahmen zum Brandschutz werden vorbehaltlich diesbezüglicher Maßgaben der Feuerwehr nicht ausgeführt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf vervollständigt die historische Struktur der Bebauung der Gründerzeit mit Hof, Vordergebäude, Seitenflügel und Hinterhaus durch zwei neue Gebäudeteile.
Der nördliche Seitenflügel und der als „Solitär“ wirkende Bauteil an der westlichen Seite zwischen den Bestandsgebäuden lösen sich gestalterisch zum einen aus der symmetrischen Anlage des Bestandsgebäudes und unterscheiden sich zum anderen in einer Formensprache deutlich voneinander.
Der Anschluss an die Nachbargebäude mit den Brandwänden wird durch zwei deutlich zurückgesetzte Bauteile, die der Erschließung und Nebennutzflächen dienen, gebildet.
Die Fassaden spiegeln die inneren Funktionen im Wechselspiel zwischen geschlossenen und offenen Flächen wider.
Den funktionalen Anforderungen folgend liegen die öffentlichen Nutzungen im Erdgeschoss. Die inneren Funktionsteile sind grundsätzlich effektiv und logisch organisiert und beruhen auf den Nutzeranforderungen.
Optimierungsbedarf besteht hinsichtlich der Besetzung der Arbeitsplätze der Gipswerkstätten im 3. OG.
Die Versiegelungsfläche wird auf die schon überbaute Fläche minimiert.
Es besteht ggf. Potenzial für erforderlichen Flächenbedarf (z.B. Technikflächen – derzeit um 28 % unterschritten).

Kritisch ist anzumerken, dass die Fassadengestaltung des nördlichen Seitenflügels deutlich hinter der des westlichen Baukörpers zurücktritt. Die Materialität wurde kritisch hinterfragt und auf die Angaben der Verfasser/innen über Recyclebarkeit verwiesen.
Lowtech: Das Technikkonzept ist sehr konventionell und geht nur teilweise auf die in der Auslobung formulierten Anforderungen ein. Auch die Pfosten-Riegel-Fassade mit partiell sehr hohem Fensterflächenanteil (FFA) ist im Hinblick auf die dahinterliegenden Nutzungen nicht überzeugend.
Nachhaltigkeitspotential: Die Arbeit wird als ausbaufähig in Bezug auf Nachhaltigkeitsaspekte eingeschätzt. Die geringste Versiegelung im Teilnehmerfeld und die umfangreichen Kompensationsmaßnahmen führen zu einer positiven Einschätzung der Flächeninanspruchnahme. Der visuelle Komfort ist in den Werkstätten und Malerateliers gut umgesetzt, die Montagehalle und die Gipswerkstätten werden jedoch nicht wie in der Auslobung gewünscht belichtet. Die Flächeneffizienz erreicht die geforderten Werte. Das Materialkonzept wird nicht als ökologisch eingestuft; lediglich das Fassadenmaterial (Alu, C2C-zertifiziert) verweist auf Verwendung von Recyclingmaterial.
Denkmalschutz: Es werden Bedenken geäußert, da durch die geplante teilweise Absenkung des Fußbodens im EG zur barrierefreien Erschließung ein Eingriff in die Kellerdecke (Kappendecken) des Altbaus notwendig wird.
Bauordnungsrecht: Es wurden keine bauordnungsrechtlichen Bedenken geäußert.
Kosten: Die Investitionskosten (KGR 300-400) liegen unterhalb der Baukostenobergrenze und werden als niedriger im Vergleich zu den anderen Entwürfen bewertet. Die Arbeit erfüllt das Raumprogramm bis auf die Technischen Funktionsflächen (TF).
Die Flächenversiegelung beträgt 48% und wird im Vergleich zu den anderen Entwürfen als günstig bewertet. Dies resultiert aus der geringen Gründungsfläche.
Lageplan

Lageplan

Erdgeschoss

Erdgeschoss

Querschnitt

Querschnitt

Energiekonzept - Fassade

Energiekonzept - Fassade

Modell

Modell

Modell

Modell