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Nichtoffener Wettbewerb | 11/2022

Ökologischer Grünzug Wrangelkiez – Neugestaltung öffentlicher Freiflächen in Berlin-Kreuzberg

Der Kiezplatz integriert die verschiedenen Nutzungen und öffnet den Grünzug zur Straße hin

Der Kiezplatz integriert die verschiedenen Nutzungen und öffnet den Grünzug zur Straße hin

ein 3. Preis

Preisgeld: 8.050 EUR

hochC Landschaftsarchitekten PartGmbB

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

LEITIDEE
Mit dem Wrangel-Canyon entsteht mitten zwischen den Gebäuden des dichtbebauten Wrangelkiezes ein vielfältiger Freiraum für den Kiez.
Als urbaner Canyon erstreckt sich der Grünzug von der Cuvrystraße über die Falckensteinstraße hinweg: Die hohen Gebäudefassaden flankieren wie urbane Felswände den tiefliegenden Grünzug im Tal. Felsen auf Spielplätzen und die Formensprache der Wege, Möbel und prismenartigen Brunnenelemente interpretieren die zerklüfteten und steinernen Strukturen der Felslandschaft als urbanes Gestaltungsmotiv.
WRANGELKANYON
Für den gezielten Durchgang verläuft in der Mitte des Canyons eine großzügige, gepflasterte Fläche (Wiederverwendung des bestehenden Pflasters), frei von Einbauten.
Zum anderen werden ‚entschleunigte‘ Flächen geschaffen, die dem Aufenthalt dienen. Zu beiden Seiten des gepflasterten Weges schließen sich mit Mosaiksteinpflaster befestigte Streifen an, die vielfältige Nutzungsangebote aufnehmen. Sie reichen von Spiel- und Sportangeboten über verschiedenste robuste Sitzmöglichkeiten bis hin zu mehreren Trinkbrunnen an sinnvollen Stellen.
In der Mitte der Pflasterflächen wird der Wrangel-Canyon von einem ‚Fluss‘ durchquert: eine offene, barrierefreie Entwässerungsrinne sammelt das anfallende Regenwasser und führt es den Retentionsflächen, bepflanzten Mulden und Rigolen zu.
Am westlichen Ende des Canyons befindet sich der neue Wrangelplatz, der sowohl Auftakt für den Durchgang als auch Verbindung zum westlichen Bereich schafft. Die Platzmitte wird von den vorhandenen Bäumen beschattet. Sie wird weitestgehend von Einbauten freigehalten, um eine flexible Nutzung für Märkte und Veranstaltungen zu ermöglichen. Der Wrangelbrunnen akzentuiert den Wrangelplatz und sorgt für einen angenehmen, kühlen Aufenthalt. Eine mittig angeordnete, minimal abgesenkte Retentionsfläche nimmt anfallendes Regenwasser auf und bringt es vor Ort zur Verdunstung.
FALCKENSTEINSTRAßE 6
Der ruhige und grüne Innenhof-Charakter der Falkensteinstraße 6 soll beibehalten und sensibel weiterentwickelt werden. Er ist ein grüner Rückzugsort für alle Anwohnenden jenseits des Trubels in der Straße und auf dem östlichen Canyon-Abschnitt.
Der Sandspielbereich wird im Westen der Fläche gebündelt und sämtliche Bestandsgeräte dort integriert. Der Kleinkinderspielbereich mit einer weiteren Spielplatzpumpe befindet sich künftig nahe an der zentralen Platzfläche. Hier befinden sich auch zwei Tischtennisplatten und ein bespielbares Wasserbecken, der Klima-Brunnen, welcher bereits von der Falkensteinstraße aus zu sehen ist und die Nutzer*innen in die Freifläche einlädt.
REGENWASSERMANAGEMENT
Mit den zwei Brunnen und der offenen Rinne wird den Ort wassersensibel gestaltet. Die verschiedenen Wasserelemente im Entwurfsgebiet wirken sich positiv auf das lokale Klima und den Grundwasserstand aus und die wichtige Ressource Wasser wird den Besuchenden sichtbar gemacht.
Das auf den befestigten Flächen anfallende Regenwasser kann zum Teil durch die Fugen versickern, gerade das kleinteilige Mosaiksteinpflaster eignet sich dafür gut. Das verbleibende Wasser wird über eine offene Rinne in bepflanzte Mulden, Baumrigolen, Rigolenkörper oder offene Retentionsflächen, die einen gedrosselten Abfluss haben, geführt. Anfallendes Regenwasser wird zudem dafür genutzt, Pflanzen und Bäume zu versorgen.
Pflanzenverwendung
Klimawandelresiliente und pflegeleichte Pflanzungen spielen eine wichtige Rolle, damit Besuchende den Wrangel-Canyon auch als grünen Ort wahrnehmen kann. Dabei ist der dauerhafte Erhalt auch bei Trockenheit, hohem Nutzungsdruck und geringer Pflege ausschlaggebend.
Entlang von Wegen und Wiesen sollen heimische Wildkräuter initiiert werden wie Malva, Achillea, Taraxacum, Echinops, Diplotaxis. Diese sind trittunempfindlicher, kommen auch nach längerer Trockenheit wieder und tragen zur Biodiversität entscheidend bei. Sie folgen dem Trend der Urbanen Wildnis und bieten über das Jahr Nahrungsquelle für Insekten. Um die Pflege langfristig zu erleichtern und ein attraktives Bild zu erzielen, werden Bodendecker und Geophyten eingesetzt.
Nachhaltigkeit und Materialität
Das bestehende Betonsteinpflaster soll wiederverwendet werden. Weiterhin kommen die vorhandenen Natursteine -Mosaik und Großsteine, die ungebunden verlegt sind, wieder zum Einsatz. Für Flächen, die mit neuem Mosaikstein gepflastert werden, wird auf gebrauchtes Pflastermaterial zurückgegriffen.
Über das gesamte Entwurfsgebiet wird darauf geachtet, unterschiedliche Sitzmöglichkeiten für verschiedene Bedarfe anzubieten: klassische Sitzbänke, Tisch-Bank-Kombinationen, Sitzstufen am Wasser, Podeste, und informelle Liegehügel mit Felsen. Die Spielgeräte werden möglichst erhalten, aber teils versetzt und ergänzt, sodass lebendige, zeitgemäße Spiellandschaften entstehen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das tragende Element des Entwurfs ist das durchgehende zweifarbige Band, das sich von dem Spielplatz Falckensteinstraße 6 bis hin zum historischen IBA Brunnen aus den 80iger Jahren erstreckt. Dieses Band ist geteilt in Flächen für die fußläufige Erschließung und in Randbereiche, welche zum Aufenthalt und diverse Beteiligungen für eine Vielzahl von Nutzungsgruppen einladen. Die gesamte Anlage ist hinreichend einsehbar. Der Entwurf schafft die gewünschte Offenheit, ordnet die funktionellen Flächen nachvollziehbar an und bietet ein hohes Nutzungsangebot. Die Verortung der Wasserelemente ist hinsichtlich der Aufgabenstellung abwechslungsreich erfolgt. Eine stärkere Erlebbarkeit wäre wünschenswert. Die Versickerung des anfallenden Regenwassers ist technisch gelöst, jedoch ist die Verfügbarkeit des Wassers für die Pflanzen nicht erkennbar. Die Anbindung der Spielplätze im unmittelbaren Bereich des Familienzentrums wurde planerisch und funktionell, mit der Option der Verschließbarkeit gut gelöst. Dadurch ergibt sich auch eine schlüssige Anordnung des Kiezankergartens. Begrüßt werden die Ergänzungen der Spielangebote im Bereich der Falckensteinstraße 6, jedoch ist hinsichtlich der Nachhaltigkeit eine Überplanung der Bestandsflächen fraglich. Die Wiederverwendung des vorhandenen Betonsteinpflasters ist positiv zu sehen. Bei dem Mosaiksteinpflaster wurde die rote Fläche aber kritisch diskutiert. Insgesamt erfüllt dieser Entwurf im Hinblick auf die behutsame Verwendung der zur Verfügung stehenden Ressourcen, die gestellten Anforderungen. Jedoch sind Flächen für das urbane Gärtnern im unzureichenden Umfang ausgewiesen bzw. gekennzeichnet. Die Arbeit stellt einen schlüssigen Beitrag für die Durchwegung und räumliche Struktur dar, lässt aber weitere innovative Ansätze für die komplexe Aufgabenstellung vermissen.
Lageplan: Wrangel-Kanyon

Lageplan: Wrangel-Kanyon

Widerstandsfähige und an den Klimawandel angepasste Bepflanzung bildet den Grünrahmen des Wrangelkanyon

Widerstandsfähige und an den Klimawandel angepasste Bepflanzung bildet den Grünrahmen des Wrangelkanyon

Neue Angebote befinden sich in den Einbuchtungen des Kanyons

Neue Angebote befinden sich in den Einbuchtungen des Kanyons

Die Nivellierung des Kiezplatzes integriert einen Raum zur Versickerung und Rückhaltung von Regenwasser

Die Nivellierung des Kiezplatzes integriert einen Raum zur Versickerung und Rückhaltung von Regenwasser

Die Vielfalt der Spielbereiche spricht unterschiedliche Altersgruppen an

Die Vielfalt der Spielbereiche spricht unterschiedliche Altersgruppen an

Darstellung zur Nutzung des Wassers in verschiedenen Formen entlang des Grünzuges

Darstellung zur Nutzung des Wassers in verschiedenen Formen entlang des Grünzuges

Nutzungsdiagramm: Die soziale Kontrolle erfolgt durch die verschiedenen Nutzungen, die im öffentlichen Raum über einen breiten Zeitrahmen hinweg stattfinden

Nutzungsdiagramm: Die soziale Kontrolle erfolgt durch die verschiedenen Nutzungen, die im öffentlichen Raum über einen breiten Zeitrahmen hinweg stattfinden