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Nichtoffenes Investorenauswahlverfahren mit Ideenteil | 01/2022

Wohnbauliche Entwicklung „Berliner Straße“ in Leonberg

Engere Wahl

Wohninvest Holding GmbH

Investor*in

Brutschin Wohnbau GmbH

Investor*in

STEINHOFF | HAEHNEL ARCHITEKTEN GmbH

Architektur

LUZ Landschaftsarchitektur Planungsgesellschaft mbH

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

STÄDTEBAULICHES KONZEPT
Ziel des Entwurfs ist es, ein unter architektonischen, sozialen und ökologischen Gesichtspunkten innovatives und zukunftsorientiertes Wohnquartier zu schaffen, das sich harmonisch in die bestehende Umgebungsstruktur einfügt. Für die neuen BewohnerInnen und gleichermaßen für die ganze Nachbarschaft werden wertvolle neue Qualitäten geschaffen. Ausschließlich mit Mietwohnungen belegt, die zu 35% den Richtlinien des Landeswohnraumförderungsgesetzes entsprechen, setzt das neue Quartier ein Zeichen für beispielhaften Wohnungsbau, der soziale Ansprüche mit einem hochwertigen Erscheinungsbild und einem nachhaltigen Gesamtkonzept kombiniert. Durch eine vielfältige Mischung aus unterschiedlichen Wohnformen und Wohnungsgrößen sowie eine differenzierte Fassadengestaltung entsteht ein heterogenes und lebendiges Quartier, in dem Bewohner unterschiedlichen Alters und Einkommens und in allen familiären Konstellationen ihr Zuhause finden. Der Bau einer neuen Kindertagesstätte komplettiert das Areal städtebaulich und schafft einen wichtigen Kommunikationspunkt im Quartier und für die gesamte Nachbarschaft. Das neue Stadtquartier an der Berliner Straße schafft einen verbindenden architektonischen und stadträumlichen Übergang zwischen Parklandschaft und Wohngebiet. Ausgehend vom landschaftlich gestalteten Naherholungsgebiet aus den 70er Jahren, das heute seinen festen Platz im Stadtbild und Alltag der BürgerInnen hat, wird das Grün der Parklandschaft in die Frei- und Außenräume des neuen Quartiers hineingezogen und verbindet so beide Bereiche. Die acht im Quartier platzierten Baukörper passen sich in ihrer Gebäudeausprägung und in ihrer Körnung an die Umgebungsbebauung an und folgen der gegebenen Höhenentwicklung des Geländes. Sie präsentieren sich zur Berliner Straße als kopf- und flankenständige Riegelbebauung und lösen sich zum Park hin in eine Punktbebauung auf, die vom Landschaftsgrün üppig umspült wird. Das Grün fließt in die Innenhöfe, steigt an Rankhilfen und Pflanztrögen in der Fassade in die Vertikale auf und wird durch die versetzte Gebäudestellung bis in den Straßenraum optisch und physisch erlebbar gemacht. Durch die Kombination eines fein abgestimmten Nutzungsangebots, das den Bedarf des alltäglichen Lebens abdeckt, mit unterschiedlichen Wohnformen, konsequenter Durchgrünung, kurzen Wegen und guter Anbindung auf kompakter Fläche, gibt der Entwurf eine zukunftsorientierte Antwort auf Wohnraummangel und nachhaltige Urbanität.

NUTZUNGSKONZEPT
Im Quartier sind 800 m² Fläche für gewerbliche Nutzungen vorgesehen, die einen Teil der Nahversorgung des Quartiers abdecken und sich verträglich in die Wohnnutzung integrieren. In den Gebäuden entlang der Berliner Straße wird ein gewerbliches Sockelgeschoss ausgebildet. Hier entstehen Räume, in denen z.B. ein Quartierskiosk mit kleinem Sortiment an Obst, Gemüse und Dingen für den täglichen Bedarf einen neuen Platz finden kann. Benachbart dazu entstehen Flächen, in denen eine Bäckerei mit angegliedertem Café einen Beitrag zur Versorgung des Quartiers leisten soll. Das Café ist über ein Splitlevel organisiert, so dass eine Terrasse zum Innenhof orientiert werden kann. Direkt platziert zwischen Kita und Bushaltestelle, lädt der Mobility Hub zur Nutzung alternativer Mobilitätsangebote ein. Er vereint Infopoint, Fahrzeugausleihe, Fahrradwerkstatt und Paketstation. Die Kita nimmt am nordöstlichen Grundstücksrand die bestehende Topografie auf und befindet sich direkt gegenüber der Co-Working-Flächen, um einen Synergieeffekt von Kinderbetreuung, berufstätigen Eltern und steigender Homeoffice-Nachfrage zu erzeugen. Die Arbeitsplätze können ebenso wie der Gemeinschaftsraum mit Terrasse im Innenhof über eine Quartiersapp, die alle Quartiersangebote zentral auf einer Plattform anbietet und koordiniert, gebucht werden. Die im Hang integrierten Gebäudevolumen werden als Stellflächen für Fahrräder, Kinderwagen und Gehhilfen genutzt und sind somit bequem von den Hauseingängen direkt erreichbar. Das Angebot an bezahlbarem Mietwohnungsbau auch für einkommensschwächere Bevölkerungsgruppen mit durchdachten und attraktiven Grundrissen steht im Mittelpunkt der Planung. Dabei wird ein ausgewogenes und heterogenes Wohnungsgemenge mit unterschiedlichen Wohnungsgrößen geschaffen. Die geförderten Wohnungen werden über das gesamte Quartier verteilt. Das über Laubengang erschlossene Appartementhaus beherbergt überwiegend kleine und modular angeordnete Wohneinheiten, die auch für Singles oder als Studentenappartements optimal nutzbar sind. Der Laubengang dient dabei als Kommunikationszone, der mit Rankbegrünung und aufgeweiteten Bereichen Begegnungszonen anbietet. In den beiden als Vierspänner organisierten Riegeln können pro Ebene verschiedene Wohnungstypen über einen gemeinsamen Vorflur zusammengelegt werden. So entstehen ohne größere Umbaumaßnahmen Appartements, die z. B. eine generationsübergreifende Wohnkultur ermöglichen. Eine gemeinsame Wohnungseingangstür erzeugt Zusammengehörigkeit ohne auf die nötige Privatsphäre verzichten zu müssen. Dies ermöglicht eine funktionale Anpassung auf die aktuelle Wohnraumnachfrage und auf sich ändernde Bedürfnisse während des Lebenszyklus des Gebäudes. Die Punkthäuser können als Zwei-, Drei- oder Vierspänner ausgelegt werden. Im Hochhaus sind zwei Geschosse für Wohngemeinschaften vorgesehen. Die vier Einheiten verfügen jeweils über einen gemeinsamen Koch-, Ess- und Aufenthaltsbereich und sind barrierefrei geplant. Sie können somit für Senioren oder körperlich eingeschränkte Personen ein gemeinschaftliches Zuhause bieten und z.B. durch eine lokale Sozialstation betreut werden.

GRÜN- UND FREIFLÄCHENKONZEPT UND STADTKLIMA
Das Konzept der Außenanlagen basiert auf Freiraumtypologien, die räumlich wahrnehmbar abgestuft sind: Von landschaftlich-naturnahen Freiraumstrukturen über öffentlich nutzbare Freiräume zwischen den Wohneinheiten, bis hin zu wohnungsbezogenen Grünbereichen, kleineren und größeren Wohnhöfen und Quartiersplätzen. Das neu entstehende Wohnquartier verknüpft das Gelände des Stadtparks mit den bestehenden, umliegenden Wohn- und Gewerbegebieten. Ein wesentliches Bindeglied stellt dabei die vorherrschende und ortsbildprägende Vegetation dar, die im Freiraumkonzept aufgenommen wird. Die Freianlagen bestehen aus hohen Wiesenanteilen zwischen den Wohneinheiten, wenigen geschlossenen Pflanzeinheiten, Baumgruppen und Einzelbäumen. Der durch lockere Baumgruppen geprägte Charakter des Stadtparks, wird so auch im neuen Stadtquartier zum Gestaltungselement. Das Konzept greift die bestehende Topographie des Planungsgebiets auf. Übergeordnet ergibt sich für die Freianlagen eine Staffelung in drei Höhenniveaus. Intelligent verknüpfen die Höhenversprünge alle Bereiche des Quartiers, über die die Freianlagen barrierefrei erreicht werden können. Entlang der inneren Quartierserschließung finden sich kleinere Plätze und Treffpunkte in unterschiedlichen Dimensionen und mit unterschiedlichen Verweilqualitäten: Ruhige Nachbarschaftshöfe und ein größerer Quartiersplatz mit Sitzmöglichkeiten, einem Wasserspiel und Schattenspendern im Quartierszentrum. Im Westen des Quartiers befindet sich ein großer, generationsübergreifender Aktivbereich, der Spielflächen und Aufenthaltsbereiche für die unterschiedlichen Nutzergruppen des Quartiers anbietet: Altersgerechte Spielangebote für (Klein-)Kinder, Aktiv- und Sportangebote für Jugendliche und SeniorInnen befinden sich auf eigenen Flächen in unmittelbarer Nähe zueinander, sodass über die jeweiligen Bereiche ein generationsübergreifender Austausch stattfindet. Eine Spiel- und Obstbaumwiese gliedert sich an die Spielbereiche an. Wohnbezogene Grünbereiche in den Freianlagen sind als fließender Übergang zwischen Drinnen und Draußen den Gebäuden vorgelagert. Nicht nur in den horizontalen Landschaftsflächen, sondern auch in den Geschossebenen und Fassaden wird das Quartier zu einem durchgrünten Stadtbaustein. Alle Wohnungen erhalten großzügige Terrassen, Balkone oder Loggien. Der Landschaftsteppich wird über Pflanztröge und Pflanzzonen an den Loggien sowie über Fassadenbegrünungen am Laubengang in die Vertikale übertragen. Die Dachterrassen stehen allen BewohnerInnen gemeinschaftlich zur Verfügung. Vom Treppenhaus zugänglich, erhalten sie teils überdachte Aufenthaltsbereiche, orientieren sich zum Park oder zu den Innenhöfen und werden durch intensiv bepflanzte Hochbeete zu grünen Rückzugsräumen und zur Plattform für gemeinschaftliches Gärtnern und nachbarlichen Austausch. Durch den hohen Anteil an Wiesenflächen, Dachbegrünung und sickerfähigen Belägen wird die Flächenversiegelung kompensiert und ein Beitrag zu einem verbesserten Quartiers- und Stadtklima geleistet. Das anfallende Regenwasser kann zur Verdunstung zurückgehalten werden, bevor es gedrosselt zu einem geringen Teil abgeleitet wird. Am Tiefpunkt des Planungsgebiets wird das anfallende Regenwasser in einem Rückhaltevolumen gesammelt und für die Brauchwassernutzung, z. B. zur Bewässerung aufbereitet. Die bestehende Skateranlage wird zugunsten einer großzügigen Freifläche als Quartiersauftakt rückgebaut. Eine Verlagerung der Skateanlage in den Stadtpark wird begrüßt.

ERSCHLIEßUNGS- UND PARKIERUNGSKONZEPT
Durch das innovative Mobilitätskonzept (siehe separates Formblatt) kann der Stellplatzschlüssel auf 1,0 reduziert werden. Ziel ist es, dadurch die BewohnerInnen aktiv in die Lage zu versetzen, alternative Mobilitätskonzepte zu nutzen und bestenfalls auf den eigenen (Zweit-)Wagen zu verzichten. Das Gebiet wird autofrei gehalten und die Stellplätze in der Tiefgarage untergebracht, die von der Berliner Straße erschlossen wird. Im Bereich der Kita und der Bäckerei werden oberirdische Besucherstellplätze angeboten. Die Erschließung der Wohngebäude erfolgt von den Innenhöfen, die Gewerbeeinheiten im Sockelgeschoss von der Straße aus.

ÖKOLOGIE, NACHHALTIGKEIT SOWIE ENERGIE- UND WÄRMEKONZEPT
Im Sinne einer ressourcenschonenden und nachhaltigen Bauweise wird ein Hauptaugenmerk auf ökologische und recyclingfreundliche Materialien sowie auf eine sortenreine Trennung und Wiederverwendbarkeit der Baustoffe gelegt. Die Gebäude werden nachhaltig in Holzmodulbauweise bzw. Holzhybridbauweise aus heimischer Waldwirtschaft errichtet. Die erdberührten Bauteile sowie Erschließungskerne werden aus Recycling-Beton erstellt. Es kommen nur mineralische Dämmstoffe zum Einsatz. Die Kombination aus verschieden strukturierten mineralischen Putzen und Holzfassaden erzeugt ein abwechslungsreiches Fassadenspiel und gliedert die Baukörper. Im Innenbereich kommt Lehmputz zum Einsatz. Angestrebt wird eine DGNB-Platin-Zertifizierung. Durch die Kombination aus hoch-wärmegedämmter Gebäudehülle, Wärmeerzeugung aus rein regenerativen Quellen und PV-Modulen, lässt sich in der Jahresenergiebilanz eine CO2-Neutralität abbilden. Ausgangspunkt für die geplante energetisch optimierte Bauweise im Effizienzhaus- 40-Standard ist eine kompakte Gebäudestruktur und dadurch ein optimales A-/V-Verhältnis. Für die Wärmeerzeugung ist eine Kombination aus Luft-Wasser-Wärmepumpen mit niedrigem Temperaturniveau zur Beheizung über Fußbodenheizung, ergänzt durch Pufferspeicher als Wärmequelle für Wasser-Wasser- Wärmepumpen zur Erzeugung des hohen Temperaturniveaus für die Brauchwarmwasserbereitung, vorgesehen. Die Wärmeerzeugung erfolgt somit zu 100% aus erneuerbaren Energien. Ergänzt wird das System durch PV-Flächen auf den Dächern, sodass die Grundlast des Strombedarfs der Wärmepumpen gedeckt werden kann. Für den ausreichenden Schallschutz gegen Außenlärm sind neben einer optimierten Grundriss-Orientierung entsprechende Schallschutzfenster mit schallgedämmten Lüftungselementen zur Sicherstellung einer fensterunabhängigen Belüftung der Aufenthaltsräume vorgesehen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die städtebauliche Idee zeichnet sich durch eine lockere Baustruktur aus, die die Körnung der Nachbarbebauung aufgreift. Es entsteht ein Gesamtensemble von höheren Punkthäusern zum Park hin und etwas niedrigeren straßenbegleitenden Geschoßwohnungsbauten zur Berliner Straße, wobei die Höhenentwicklung zum südlich angrenzenden Quartier aufgenommen wird. Der süd-östliche Baukörper rückt dabei relativ dicht an die Nachbarbebauung. Dennoch wird die Raumabfolge an der Straße gelungen in aufgelockerter Weise weitergeführt. Die Anordnung und Staffelung der Punkthäuser zum Park hin, sind gut gelöst.
Die Anbindung der Kita am nördlichen Rand des Parks ist logisch, da der Raum ins Grün fortgeführt wird und auch einen Blickbezug auf die gegenüberliegende Hangbebauung geschaffen wird und eine gute Einbindung in den städtebaulichen Kontext dargestellt wird. Die Ausgestaltung der Kita selbst erscheint noch nicht schlüssig.
Die innere Freiraumverbindung von Nord nach Süd durchs Quartier ermöglicht maßvolle Raumabfolgen mit Aufenthaltsbereichen und topografisch interessanten Verknüpfungen. Leider wird ein attraktiver Quartiersplatz als Mitte vermisst, weitere öffentlichen Nutzungen im EG fehlen. Das Gremium sieht in der Ausgestaltung der Außenanlagen weiteren Handlungsbedarf. Die ‚Grünen Finger‘ verbinden das Quartier mit dem Park in großzügiger Weise, Blickbezüge werden gestärkt.
Die Sondernutzungen entlang der Straße sind nachvollziehbar, die damit verbundene architektonische Ausprägung des Sockelgeschosses bleibt beliebig. Der Feldgehölzgürtel und die erhaltenswerten Bäume entfallen hier - bedauerlicherweise - zugunsten der Gebäude, die bis an die Berliner Straße heranrücken.
Die Punkthäuser im Park sind qualitätsvoll in allen Seiten ausgebildet. Es entsteht ein lebendiger Eindruck durch das Vor- und Zurückspringen der Balkone und Loggien. Gestalterisch erscheinen die Bauten an der Berliner Straße einen nicht so hohen Anspruch wie die in der Fassade abwechslungsreich gegliederten Punktbauten zum Grünraum hin.
Flexible Wohnformen, ergänzt durch weitere Gemeinschaftsnutzungen, ermöglichen einen guten Austausch der Bewohner. Begrüßt wird, dass die Wohnungen zur Vermietung vorgesehen werden.
Die soziale Durchmischung kann hier gelingen.
Das innovative Mobilitätskonzept wird gewürdigt. Die Stellplätze werden für den angestrebten Wohnungsmix als zu geringgeachtet. Das Konzept zur Ökologie und Nachhaltigkeit ist nachvollziehbar.
Die Arbeit stellt einen diskussionswürdigen Beitrag zur gestellten Aufgabe dar. Die gesamträumliche Einbindung ist gelungen, die Vernetzung wird weiter ausgebaut und ein neues Quartier an der Berliner Straße könnte einen attraktiven, nicht zu aufdringlichen Stadtbaustein für Leonberg schaffen.