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Mehrfachbeauftragung | 11/2022

„Alter Friedhof“ der Gemeinde Altenberge

Lageplan

Lageplan

ein 2. Preis

SAL Landschaftsarchitektur GmbH

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

RÄNDER STÄRKEN | MITTE ERHALTEN
DER NEUE FRIEDHOFSPARK IN ALTENBERGE

Die Idee


Dem Arbeitstitel unseres Beitrags folgend sind wir davon überzeugt, den parkartigen und friedvollen Charakter des „Alten Friedhofs“ in Altenberge insbesondere in seiner Mitte rund um die Gedächtniskapelle erhalten zu müssen und in diesem Bereich pietätsvoll mit der Geschichte des Ortes umzugehen. Nur wenige Interventionen in Form von insgesamt sechs Aktivitätsinseln in den offensichtlich nicht mehr mit Grabsteinen besetzen Wiesenflächen bieten Gelegenheit für das „Aktive Gedenken“ oder einfach nur für den „Aktiven Genuß“ des parkartigen Charakters mit seinem alten, vollständig erhaltenen Baumbestand.
Jede der sechs Inseln ist einer der sechs Gründungsbauernschaften Altenberges gewidmet. Auf jeder Insel ist nur ein skulpturenartiges Gerät mit einer Bewegungs-, Kletter-, Balancier- oder Liegefunktion platziert, welches in seiner tragenden Grundkonstruktion aus einer handwerklichen Eichenholzkonstruktion mit westfälischem Eichenholz aus der jeweiligen Bauernschaft, dem die Insel gewidmet ist, erbaut werden soll. Eine entsprechende Patenschaft jeder Bauernschaft für jeweils ein Gerät könnte auch die dauerhafte Funktion und Sicherheit der Geräte sichern und zur Identifikation mit dem neuen, alten Ort beitragen, an dem in der Vergangenheit auch Verstorbene aus allen sechs Bauernschaften ihre letzte Ruhe gefunden haben.

Die Stärkung der Ränder mit neuen Wegebeziehungen rund um die Mitte und weiteren Aufenthalts- und Aktivitätsangeboten soll insbesondere den Wünschen der Bürgerschaft hinsichtlich attraktiver Aufenthalts- und Treffpunktflächen im Bereich des Alten Friedhofs gerecht werden und das neu im Friedhofsareal platzierte Holzschuhhaus gestalterisch einbinden. Eine Platzfläche aus gelb-grauen Dolomitbrechsand mit Sitzgelegenheiten und Boulebahn bindet das Holzschuhaus auf der Südwestseite der Parkanlage in die Gesamtgestaltung ein. Auf der Nordostseite wiederum verbindet der hier vorgesehene Fest- und Aktionsplatz mit seinem radialen Platzkantenverlauf das Heimatmuseum mit der Königsstraße und schafft ein neues, nordöstliches Entree zum gesamten Häuser-Ensemble des Heimatmuseums mit Anschluß an den neuen Friedhofspark als Naherholungsfläche.Eine neu angelegte Zufahrt an der Königsstraße ermöglicht die vollständige Erschließung des Platzes und Holzschuhhauses für den Anlieferungsverkehr und dient darüber hinaus als Rettungswegezufahrt.

Auf der Westseite ist entlang der dortigen Grünstruktur des angrenzenden Nachbargrundstücks und einer hier neu gepflanzten Eibenhecke eine schmale, langgestreckte Platzfläche, ebenfalls aus Dolomitbrechsand angelegt, in dessen Mitte die von bodendeckendem Grün gefasste Grabstätte des Brennmeisters Beuing liegt. Sitzbänke an der westlichen Platzkante des schmalen Platzes ermöglichen von hier neue Blickbeziehungen über und durch die Mitte des Friedhofparks bis zur gegenüberliegenden Seite des Holzschuhhauses. Dieser Bereich ist als Ruhebereich unter freiem Himmel (ohne Baumkronen) gedacht und soll eher einen kontemplativen Charakter rund um die mit Grün gefasste Grabstätte des Brennmeisters Beuing erhalten.
Darüber hinaus besteht durch die Anlage dieses verbindenden Platzbereiches zukünftig die Möglichkeit eines Rundweges rund um den Alten Friedhof, so dass auch das Totengängsken wieder auf ganzer, heutiger Länge zu einem nutzbaren Weg und Teil einer Wegeverbindung wird. Die historische Friedhofsmauer entlang des Totengängsken soll mit Ausnahme in den Bereichen der neuen Wege- und Platzverbindungen vollständig erhalten und an den geöffneten Stellen als Kontur bzw. Fundamentstreifen ablesbar bleiben. Damit der Blick vom Totengängsken Richtung Friedhof zukünftig wieder auf ganzer Länge möglich ist wird die historische Mauer und ihr Umfeld von Wildwuchs und Strauchaufschlag vollständig befreit.

Der westliche Abschluß der Neugestaltung bildet der neue Platz der 6 Bauernschaften welcher an der Ecke Borghorster Straße / Königsstraße im Bereich eines ehemaligen Brunnenplatzes angelegt. Hier finden die künstlerische wertvollen und mit den sechs Bauernschaften Altenberges verbundenen Bronzerelieffe des ehemaligen Marktbrunnens ihren neuen Platz. Und markieren von weit sichtbar den Zugang zum neu geschaffenen Friedhofspark auf dem Gelände des Alten Friedhofes in Altenberge.

Die Details und Materialien
Geschichtsband
Ein 60 cm breites Plattenband aus Ibbenbürener Sandstein verbindet den Markplatz im Zentrum von Altenberge über den Rathaus- und Kirchplatz sowie durch das Totengängsken mit dem neuen Friedhofspark und führt darüber hinaus bis zum historischen Eiskeller als Endpunkt des Altenberger Geschichtsbandes. Rechtwinkelig von diesem Band abknickende Zeigerplatten mit Schriftgravur verweisen auf die Sehenswürdigkeiten entlang des Bandes und/oder geben an entsprechenden Stellen historisches oder Anekdoten zu Altenberge preis.

Ewiges Licht
Im Bereich des historischen Friedhofzugangs am Totengängsken wird an der hier vorgesehen Zeigerplatte des Geschichtsbandes als vertikale Markierung zusätzlich eine ca. 2 m hohe Sandsteinsäule mit Laternenaufbau für die Aufstellung einer Kerze als „Ewiges Licht“ aufgestellt. Diese Säule und ihr Licht ist schon beim Eintritt in das Totengängsken von Weitem sichtbar und steht hier für das Totengedenken auf den ehemals letzten Weg.

Bouleplatz
Die Boulebahn südwestlich des Holzschuhhauses ist eingebettet in einer Platzgestaltung, die sich aufgrund der vorhandenen Topographie über drei Platzebenen erstreckt. Der am höchsten liegende Terrassenbereich direkt am Holzschuhaus ist, wie die Wege rund um das Holzschuhhaus auch und bereits im Bestand angelegt, aus Kopfsteinpflaster in Granitstein angelegt. Sandstein-sitzblöcke und 3 Blocktrittstufen (alternativ: Sichtbetonblöcke/Stufen in grau-beige-braun einge-färbten Beton) fangen hier den ca. 45 cm großen Höhenunterschied ab bzw. verbinden die oberen beiden Platzebenen. Die untere Platzebene mit Anschluß an das Totengängsken wird wiederum über weitere 6 Stufen und einer ca. 60 cm hohen, 30 cm breiten Stützmauer, ebenfalls aus Ibben-bürener Sandstein (alternativ: eingefärbten Sichtbeton) erreicht. Eine Bankreihe mit vier senioren-gerechten Bänken auf einem Pfasterstreifen aus braunem Klinker-pflaster bieten hier den Boule-spielern oder Spielbeobachtern in ausreichender Anzahl Sitzgelegenheiten mit tollem Blickbe-ziehungen in den neuen Friedhofspark.

Aktivitätsinseln
Die als ovale Flächen angelegten, zuvor schon beschriebenen Aktivitätsinseln sind aus Fallschutzgründen als Kunststoffbelag in gelb-beiger Farbe mit einer Randeinfasssung aus Cortenstahl angelegt.

Platz am Holzschuhhaus
Der dem Holzschuhaus vorgelagerte Platz ist mit mit dem neuen braunen Klinker der Altenberger Stadtmitte im Fischgrätverband verlegt. Mit den radialen Platzkanten parallel verlaufende Sitzbankreihen aus Ibbenbürener Sandstein mit Bankauflager aus Eichenholz sowie eingestreuten Stauden-/Gräserbeeten in gleichem Verlauf sind das Hauptgestaltungselement des Platzes und orientieren sich von ihrer Blickausrichtung Richtung neuem Friedhofspark. Bei Festen oder Veranstalungen, bei denen eine Bühne aufgestell wird, kann diese am Platzrand im Randbereich des Friedhofparks aufgestellt werden und die vorhandenen Bankreihen im gleichen Verlauf mit Stuhlreihen ergänzt werden, so dass hier eine Anzahl von bis zu 100 Personen einen Sitzplatz vor der Bühne finden können.

Platz der 6 Bauernschaften
Sechs H-Profil-Cortenstahlstelen als Träger der rund angelegten Bronzerelieffe des ehemaligen Marktbunnens in unterschiedlichen Abständen zum zentralen Stadtrelief bilden die zentrale Platzskulptur des hier neu angelegten Platzes. Die unterschiedlichen Anbringhöhen der sechs Bronzerelieffe sowie die unterschiedlichen Stelenhöhen bilden maßstäblich die unterschiedlichen Höhenlagen der sechs Bauernschaften rund um die Altenberger Stadtmitte ab. Stahlbänder im Boden markieren wiederum die unterschiedlichen Entfernungen der 6 Bauernschaften zur Stadtmitte. Der Platzbelag aus braunem Klinkerpflaster kreist mit seiner radialen Verlegung rund um das zentrale, ebenfalls runde Stadtrelief, welches auf einer 100 cm hohen Sandsteinsäule aufgesetzt ist. Die südöstliche Platzkante ist mit einem Stauden-/Gräserbeet geschmückt, dem eine kombinierte Lehn-/Hockerbank aus einer Holz-/Stahlkonstruktion vorgelagert ist, von welcher die Platzskulptur betrachtet werden kann.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser:innen schlagen für den Freiraum des alten Friedhofs Altenberge zweiseitig neue Platzflächen vor und vergrößern damit - trotz der angedachten offenen Beläge - erheblich die nicht grünen Bereiche. Insbesondere im Westen wird die strenge Exposition der neuen Platzfläche im abfallenden Gelände und deren Nutzungsgewinn kritisch gesehen.
Ein Teil der Hauptwege wird unter Einbeziehung des Totengänskens mit einem recht aufwendigen „Geschichtsband“ versehen. Diese Bezugnahme auf die lokale Geschichte findet ebenso wie der Platz der Bauerschaften Anerkennung, die dadurch vorgegebenen Bewegungsrichtungen in der Peripherie lassen die Kernanlage aber zu sehr „links liegen“.
Die Anordnung allzu formaler Aktivitätsinseln in den offenen Rasenflächen lässt gegenüber den benachbarten alten Grabsteinen und der Ruhe des Ortes eine respektvollere Distanz vermissen. Trotz schöner Einzelideen kann der Entwurf leider gesamträumlich nicht überzeugen.
Perspektive Heimatplatz

Perspektive Heimatplatz

Perspektive Boulebahn

Perspektive Boulebahn

Detail Platz der 6 Bauernschaften

Detail Platz der 6 Bauernschaften

Schnitt

Schnitt