modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Offener Wettbewerb | 08/2022

Neubau Garderobengebäude Juchhof 3 in Zürich (CH)

1. Rang / 1. Preis

Preisgeld: 40.000 CHF

Behnisch Architekten

Architektur

Johannes Müntinga

Architektur

TREIBHAUS Landschaftsarchitektur Berlin/Hamburg

Landschaftsarchitektur

Transsolar Energietechnik GmbH

TGA-Fachplanung

ZPF Ingenieure AG · ZPF Structure AG

Bauingenieurwesen

Erläuterungstext

STRATEGIE
l. Einfach Bauen = Baue nur, was du wirklich brauchst
Durch die gewählte „Rücken-an-Rücken“ Anordnung der Duscheinheiten entsteht ein Gebäude, das nach dem Zwiebelprinzip die Räume mit den höchsten Anforderungen an Wärme und Abschirmung in die Mitte nimmt. Umgeben sind die Duschräume von einem schützenden Ring aus Garderoben, deren Zugänge sich nach außen richten. Die Längs-Erschließungswege sind als überdachte Außenräume konzipiert und somit nicht Teil des beheizten Volumens. Es entsteht ein Gebäude ohne Rückseiten, das seiner Position als freistehender Bau gerecht wird.


II. Einfach Bauen = Löse Probleme architektonisch:
Das Garderobengebäude wird in der nord-westlichen Grundstücksecke positioniert. Dies ermöglicht, die natürliche Topografie zu nutzen, um einen neuen, hindernisfreien Geländezugang zu schaffen und eine erhöhte Zuschauerterrasse mit Blick über die Spielfelder und den Vorplatz zu generieren. Zudem schützt der Höhenunterschied das Gebäude vor Hochwasser.
Eine weitere typologische Setzung des Entwurfs liegt in der Eingeschossigkeit des Baukörpers. Sie bietet zahlreiche Vorteile:
- Eine direkte und intuitive Adressierung der Garderobenräume
- Ein sehr einfaches Brandschutzkonzept ohne Fluchttreppenhäuser
- Eine gute Erreichbarkeit aller Räume für die Reinigung (Putzmaschine)
- Eine mögliche Hindernisfreiheit ohne Mehraufwand
- Eine gute natürliche Belichtung und Belüftung durch Oberlichter
- Eine einfache Führung der Leitungstracés ohne Steigzonen


III. Einfach Bauen = Baue entsprechend der Lebensdauer des Gebäudes
Während die ersten beiden Punkte die Weichen stellen für eine günstige Gebäudetypologie, liegt beim Thema Lebensdauer das Augenmerk auf der Materialisierung und Detaillierung des Gebäudes. Wir geben, wo immer möglich, bewährten Bauweisen den Vorzug.

Tragstruktur: Für die Tragstruktur wird eine robuste und wartungsarme Konstruktionsweise mit optimiertem Materialeinsatz gewählt. Die Dachkonstruktion, die Aussenwände und die Trennwände der Garderoben sind als Holzelemente konzipiert, die den Einsatz von nicht behandeltem Massivholz ermöglichen. Die Trennwände der Nassbereiche werden aus Mauerwerk hergestellt, während die Bodenplatte und das Fundament aus wasserdichtem Stahlbeton realisiert werden. Somit werden die statischen und auch thermischen Eigenschaften aller Elemente optimal eingesetzt: Bauteile mit hoher Wärmespeicherfähigkeit
im Inneren (Beton, Mauerwerk), Bauteile mit hohem Wärmedurchgangwiderstand im äusseren Bereich (Holz). Die regelmässige Anordnung der Innenwände zwischen den Garderoben ist für eine Schottenbauweise mit Pfettendach besonders geeignet. Die Auskragungen rund um das Gebäude, die als Sonnen- und Wetterschutz dienen, sind als Brettschichtholzträger ausgebildet, die auf den Trennwänden lagern. Pfetten und Brettschichtholzbalken sind unsichtbar mit traditionellen Schwalbenschwänzen verbunden.

Gebäudehülle: Mit seiner archetypischen Scheunen-Form greift der Entwurf auf erprobte, langlebige Bauweisen zurück. Das Gebäude hat:
-ein Satteldach mit großzügigem Dachüberstand
-eine traditionelle Regenwasserführung mit Dachrinne und aussenliegendem Fallrohr
-eine vorvergraute Holzfassade.

lnnenausbau: Im Innenraum legt der Entwurf Wert auf eine robuste, nutzungs- und unterhaltsgerechte Materialisierung. Gut zugängliche und austauschbare Dusch- und WC- Armaturen stellen sicher, dass Wartungseingriffe am Innenausbau auf ein Minimum begrenzt bleiben.


IV. Einfach Bauen = Baue mit wenig Technik
Die Haustechnik wird auf das Nötige reduziert. Die eingesetzte Technik ist sichtbar und daher für die Nutzerinnen in Bezug auf Funktion und Bedienung transparent:

Wärmeerzeugung: Der Wärmebedarf für Warmwasser und Heizung wird direkt über Strom bereitgestellt. Die für den Gebäudebetrieb erforderliche Energiemenge wird über Photovoltaik auf dem Dach des Gebäudes erzeugt. Sie ist so dimensioniert, dass sie den Jahresenergiebedarf des Gebäudes in der Jahresbilanz abdeckt. Temporäre Überschüsse werden vorrangig in einem Warmwasserspeicher mit einer Pufferzeit von 7 Tagen zwischengelagert. Zusätzliche Überschüsse werden ins Netz eingespeist. Sollte zukünftig einmal Fernwärme zur Verfügung stehen, kann die Einspeisung der Photovoltaik entsprechend optimiert werden. Die Beheizung der Räume erfolgt mittels Radiatoren.

Warmwasserbereitung: Die Warmwasserbereitung erfolgt aus hygienischen Gründen über Frischwasserstationen. Die zur Legionellenvermeidung nötige regelmässige Spülung wird vorgesehen.

Lüftung: Gelüftet wird natürlich. Die Lamellenfenster an Garderoben- und Duschräumen sind motorisiert und können sowohl per Schalter als auch automatisch gesteuert werden. So kann die natürliche Lüftung bedarfsgerecht garantiert werden und in den Sommermonaten auch eine Nachtauskühlung gewährleistet werden. Im Winter wird eine ausreichende Durchlüftung durch Stosslüften zwischen den Duschzeiten ermöglicht.

Beleuchtung: Für die Beleuchtung werden energieeffziente LED-Armaturen verwendet. Zudem ist durch die Oberlichter die Nutzung von Tageslicht optimiert. Während des Abendspielbetriebs können die Räume zudem vom Flutlicht der Sportfelder profitieren.

Mikroklima: Der Umgebungsentwurf sieht die Reduzierung der versiegelten Fläche auf das Nötige vor. Um ein angenehmes Mikroklima um das Gebäude herum zu schaffen, schirmen neu angepflanzte Bäume das Gebäude im Westen und Norden von den Strassen ab. Die begrünten Flächen integrieren die vorhandenen Magerrasenflächen und ergänzen diese um eine Mischung aus einer extensiven Wiesenpflanzung mit Gräser und Sträuchern. Die Wege werden in Recycling-Beton ausgeführt.


V. Einfach Bauen - Übernimm Verantwortung für das Gebaute
Die Summe der genannten Massnahmen führt dazu, dass ein Gebäude entsteht, das sich über seine gesamte Lebensdauer gut nutzen und unterhalten lässt - ein Gebäude, dessen Betrieb ressourcenschonend und einfach ist. Unser Entwurf verschliesst sich dabei innovativen Techniken und Bauweisen nicht, wählt aber im Zweifel erprobte und traditionelle Lösungen, deren Einsatz die Planer auf lange Sicht verantworten können. Durch dieses Zusammenspiel einfacher Lösungen entsteht ein Gebäude von hoher ökologischer, ökonomischer und sozialer Qualität.

Beurteilung durch das Preisgericht

An der nord-westlichen Ecke des Areals Juchhof 3 platziert sich das eingeschossige Garderobengebäude auf einer – zur Kreuzung Bernerstrasse/Hermetschloobrücke terrainbündig angeschlossenen Anhöhung. Damit bieten sich gleich drei Vorteile: Die Sportanlage erhält einen harmonisch in die Topografie eingepassten, relativ ebenen Zugang ab dem Niveau Bernerstrasse, die Zugänge zu sämtlichen Räumen des Garderobengebäudes sind direkt und einfach zu erreichen, und der Hochwasserschutz wird gelöst.
Aus der von innen nach aussen zwiebelartig und geschickt aufgebauten Anordnung der Räume entsteht ein Haus ohne Rückseite. Diese quasi Allseitigkeit wird der Situierung insofern gerecht, dass der Pavillon eine sich öffnende, willkommene Geste innehat. EQUIPE setzt die konstruktive und funktionale Logik des Entwurfs in der nonchalanten, funktionalistischen Formensprache der 1950er-Jahre an und bringt sie nahezu unadaptiert in die heutige Zeit. Dadurch meidet der Projektvorschlag einen zukunftsgerichteten Ausdruck und vermittelt dafür Vertraut- und Unaufgeregtheit. Diese Unaufgeregtheit entsteht auch in der simplen, durch physikalische Eigenschaften aufgebauten Schnittidee, die innenräumlich schön ist und das Preisgericht im Sinne des «Einfachen Bauens» sehr überzeugt.
Das Gebäude ist aus freiräumlicher Sicht geschickt eingefügt und kann dadurch einen attraktiven Eingangsplatz mit Sitztreppen, Hausbaum und schwellenlosem Zugangsweg generieren. Zudem bieten die vielen Sitznischen unter dem Vordach attraktive Garderobenzugänge und unterstützen den sozialen Austausch. Ein Baumrahmen fasst den Ort in der Nordwestecke des Areals, darin integriert sind die geforderten Veloabstellplätze. Die meisten Bäume können erhalten werden und Ersatzpflanzungen sind nachgewiesen. Die eingeschossige Anlage bietet viele Vorteile und wird mit den unterschiedlichen betrieblichen und bauphysikalischen Anforderungen in Kohärenz gebracht; der direkte Zutritt in alle Räume ermöglicht einen leistungsfähigen Betrieb und eine einfache Reinigung. Ausserdem werden Brandschutzanforderungen mit Leichtigkeit gelöst, auf eine vertikale Leitungsführung kann verzichtet werden. Eine natürliche Entlüftung ist über Oberlichter gewährt. Die motorisierten Lammellenfenster schaffen visuell ein Verständnis der Nutzenden für ein angepasstes Innenraumklima, das insbesondere im Winter von gängigen Normen abweichen wird. Für den Betrieb setzt der Entwurf konsequent auf wenig Technik. Um den Energiebedarf für die vorgeschlagene elektrische Wärmeerzeugung abzudecken, reicht die geplante PV-Fläche allerdings bei weitem nicht aus. Es wäre zu prüfen, ob für die Wärmeerzeugung aus Effizienzgründen nicht eine Wärmepumpe zwischengeschaltet werden soll. In jedem Fall scheint der Raum für die Haustechnikzentrale zu knapp bemessen zu sein.
Auf ein in Stahlbeton gegossenes Fundament mit Bodenplatte werden diejenigen innenliegenden Wände, die in den Nassbereichen stehen in Backstein, alle anderen Innen- und Aussenwände in einer gedämmten Holzkonstruktion erstellt. Ebenfalls in Holz wird das grosse, flach geneigte und weit ausladende Dach konstruiert. Auch im Weiteren sind es bewährte Materialien und Fügungsprinzipien, die zur Anwendung kommen. Dank materialsparender Bauweise und dem Einsatz von Holzelementen weist das Projekt eine günstige Ökobilanz in der Erstellung auf. Ebenso verhält es sich bei den Erstellungs- und Lebenszykluskosten.
Die Jury ist zwar zunächst etwas ernüchtert, dass bei einem Aufruf zum experimentellen und einfachen Bauen ein konventioneller, auf bewährte Baumethoden ausgerichteter Vorschlag eingereicht wird. Gleichzeitig sind jedoch die tatsächlichen Anforderungen an ein einfaches Garderobengebäude weitestgehend sehr gut und seriös durchdacht sowie attraktiv gelöst. Diese alles durchdringende Einfachheit muss in der weiteren Planung Prämisse bleiben, damit die Selbstverständlichkeit der Form, der Konstruktion und des Ausdrucks erhalten und bestärkt wird.