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Einladungswettbewerb | 12/2022

Neues Wohnquartier in Kiel-Hassee

Visualisierung

Visualisierung

2. Preis

Preisgeld: 20.000 EUR

eins:eins Architekten BDA

Architektur

Erläuterungstext

Städtebau
Der Entwurf gruppiert sechs kompakte Baukörper um zwei identitätsstiftende Plätze. Die offene Bebauung reagiert auf den heterogenen Kontext der urbanen Zwischenstadt, und ermöglicht eine vielfache Verzahnung der Außenräume mit der Umgebung. Der Kopfbau an der Gärtnerstraße leitet in das Quartier. Die Plätze werden durch öffentliche Nutzungen in den Erdgeschossen belebt. Die Gebäude sind vier- bis sechsgeschossig, und reagieren in Ihrer Höhe auf Anforderungen der Umgebung, und der Plätze. In der gewählten Anordnung ist die ambitionierte BGF-Zielvorgabe verträglich umsetzbar, und eine Justierung der Dichte in der weiteren Abstimmung bleibt innerhalb des Konzeptes möglich.

Erschließung / Rettungswege / Ruhender Verkehr/Anlieferung
Das Quartier wird weitestgehend autofrei erschlossen. Eine Rampe führt die PKWs von der Gärtnerstraße auf kurzem Weg zur Tiefgarageneinfahrt im zentralen Baukörper. Ein Erschließungsring gewährleitet die Erreichbarkeit aller Gebäude mit Feuerwehr, Müllfahrzeugen und Möbelwagen. Über eine großzügige Freitreppe erreichen die Fußgänger von der Gärtnerstraße aus das Quartier. Ein Netzwerk weiterer Fußwege stellt die Verbindung zum Spielplatz Streitkamp, zum Kindergarten, und in Richtung des Moorwiesengrabens her.

Gestaltungskanon
- Jedes Haus ist im Rahmen des Regelwerks anders.
- Das Fassadenmaterial ist lasiertes Holz. Abgestimmte Farbtöne differenzieren die Baukörper.
- Sockelgeschosse mit öffentlichen Nutzungen werden abgesetzt, und zeigt die Nutzung an.
- Die unteren Obergeschosse werden durchgehend mit Bänderungen und Gesimsen akzentuiert.
- Fenster werden bodentief, ohne massive Brüstungen ausgebildet.
- Metallgeländer vor den bodentiefen Fenstern sind von Haus zu Haus verschieden.
- Die Farbe der Fensterprofile wird differenziert auf die jeweilige Fassadenfarbe abgestimmt.

Studierenden-Wohnen - Kopfbau
Im Kopfbau am Quartierseingang studentisches Wohnen in Einzelwohnungen und WG-Wohnungen angeboten. Die Wohnungen werden über einen Mittelflur erschlossen. Zwei bauliche ermöglichen den Verzicht auf eine Feuerwehrzufahrt an der Gebäuderückseite. Im Erdgeschoss am Quartierseingang empfängt eine Ladenmietung für einen Bäcker alle Bewohner des Quartiers.

Studierenden-Wohnen – Zentraler Bau
Die Studentenwohnungen im zentralen Bau werden um einen Luftraum mit zwei Treppen im Gebäudekern gruppiert. Eine innenliegende Brandwand unterteilt den Baukörper in zwei Brandabschnitte. Der zweite Rettungsweg erfolgt über Rettungsgerät der Feuerwehr. Gemeinschaftliche Dachterrassen, Mobilitätszentrum, Co-Working-Spaces, Lernwerkstädten, Fitnessstudio, Waschküche und Fahrradwerkstatt im Erdgeschoss ergänzt das Angebot.

Senioren-Wohnen
In den Obergeschossen des östlichen Baukörpers werden Seniorenwohnungen in verschiedenen Größen vorgesehen. Dazu werden eine gemeinschaftliche Dachterrasse, Räume für gemeinschaftliches Leben, und unterstützende Services angeboten. Zwei bauliche Rettungswege werden über einen Mittelflur verbunden, und ermöglichen den Verzicht auf eine Feuerwehrzufahrt an der Gebäuderückseite. Im Erdgeschoss befindet sich das Generationen-Café, eine Arztpraxis und eine KiTa. An der südöstlichen Gebäuderückseite liegt das großzügige Außenspielgelände der KiTa. Über diese Nutzungen und Nachbarschaften sind die Senioren in das Leben des Quartiers eingebunden.

Geförderter Wohnungsbau / Eigentumswohnungen

Die drei südlichen Baukörper sind Wohnhäuser mit geförderten Wohnungen und Eigentumswohnungen entsprechend dem geforderten Anteilen. Drei- und Vierspänner werden über je zwei Treppenhäuser pro Baukörper effizient erschlossen. Außenliegende Sicherheitstreppenhäuser (mit Vorplatz im Freien, ohne Überdrucksysteme) ermöglichen die Ausrichtung von Wohnungen nach Süden zur Platzabgewandten Seite ohne Feuerwehrumfahrten. Jeder Baukörper erhält eine Gemeinschafts-Dachterrasse mit angelagerter Gemeinschaftsküche. Der Wohnungsmix bietet ein- bis Vierzimmerwohnungen. Wohnungsgrößen und Anteile können in der modularen Gebäudestruktur entsprechend den Bedarfen flexibel angepasst werden. Die ebenerdigen Erdgeschosswohnungen erhalten kleine private Gärten.

Konstruktion, Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit
Ein wesentlicher Fokus des Entwurfs liegt auf dem Konzept zur Nachhaltigkeit, und auf der Realisierbarkeit des Bauvorhabens in Zeiten der Ressourcenverknappung und extremer Baukostensteigerung. Hierzu antizipiert die Konstruktion von vorneherein die beabsichtigte Art der nachhaltigen Bauweise: Für alle Gebäude werden sehr einfache, kompakte Kubaturen gewählt, und alle Gebäude erhalten ein durchgängiges modulares Gebäuderaster. Dies ermöglicht ein hohes Maß der Bauteilstandardisierung, Vorfertigung und Bauzeitverkürzung. Als Fassadenmaterial wird Holz gewählt. Die Gründächer werden mit Photovoltaikmodulen bestückt. Balkone werden auf Stützen montiert und begrünt. Auf Vor- und Rücksprünge, komplizierte Details, Auskragungen und Staffeln wird bewusst verzichtet. Ziel ist die Optimierung der Gebäudekonstruktion für einen bezahlbaren Holzmassivbau oder wahlweise einen Holzhybridbau mit Hohlkammerdecken, unter weitestmöglicher Reduktion des Ortbetonanteils. Diese nachhaltige Bauweise ist wirtschaftlich umsetzbar, da die besonderen Anforderungen bereits im Entwurf berücksichtigt werden. Entscheidend ist nicht der Einsatz von Holz bis ins letzte Bauteil, sondern die grundsätzliche Abkehr von herkömmlichen Bauweisen, hin zu nachhaltigen, rezyklierbaren Baustoffen.

Freiraum
Das freiraumplanerische Grundgerüst beruht auf dem spannungsreichen Wechsel zwischen „harten“ Gemeinschaftshöfen, und „weichen“, grünen Gartenseiten. Dieses Leitmotiv wird qualifiziert und weiterentwickelt.
Die „harten“ Gemeinschaftshöfe dienen der Erschließung, und bieten zum anderen verschiedene Nutzungs- und Aneignungsmöglichkeiten. Ein farblich akzentuierter Pflasterstreifen wird als „Aurazone“ vor den gemeinschaftlichen Nutzungen verstanden, und kann flexibel bespielt werden, beispielsweise für die Außenbestuhlung des Cafés. Ein baumbestandener Vorplatz an der Gärtnerstraße markiert den Quartierseingang. Die große Freitreppe fasst den folgenden Platz und lädt zum Verweilen ein. Gruppen einzelner Bäume untergliedern die Platzflächen.
Erdgeschossige Wohnungen mit Ausrichtung zum Platz erhalten einen Vorgarten. An den südwestlichen Rückseiten werden den Wohngebäuden Privatgärten vorgelagert.
Die südöstliche Waldkante wird aufgeforstet. In die Naturwiesenflächen zwischen dem Wald und den Gebäuden werden Spielplatzinseln und Fußwege einbeschrieben. Das Biotop an der östlichen Grundstücksecke bleibt naturbelassen.

Barrierefreiheit
Gemeinschaftsnutzungen werden ebenerdig vorgesehen. Rollstuhlgerechte Stellplätz werden in der Tiefgarage verteilt. An dem topographiebedingten Höhenversatz wird im Bereich der Freitreppe ein öffentlicher Aufzug vorgesehen. Alle Gebäude werden über Aufzüge barrierefrei erschlossen. Seniorenwohnungen und Studentenwohnungen werden in Abstimmung mit den Betreibern in Teilen rollstuhlgerecht hergestellt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Wettbewerbsbeitrag bildet mit sechs kompakten Baukörpern zwei platzartige, städtisch ausgeformte Freiflächen. Am Entrée des Ensembles wird hinter einem baumbestandenen Vorplatz zwischen einem flankierenden fünfgeschossigen Baukörper und der rampenartig ausgebildeten Zufahrtsstraße eine Freifläche mit öffentlichen Nutzungen (Bäcker, Café) auf dem Niveau der Gärtnerstraße ausgebildet. Mit einer großen südorientierten Freitreppe wird der Geländesprung zu den Quartiersplätzen überwunden; diese liegen gegenüber der Gärtnerstraße um ein Geschoss tiefer. Das Gebäude an der Gärtnerstraße hält einen respektvollen Abstand zum denkmalgeschützten Nachbargebäude, dessen Garagenanbau erhalten und als Fahrradwerkstatt und Fitnessraum umgenutzt wird.
Die Jury würdigt den maßstäblich einfügsamen und gut genutzten Auftakt der Bebauung und kritisiert lediglich den unglücklichen wandartigen Abschluss der Freifläche zur Rampe. Die Fahrrad- und Rollstuhlerschließung über einen neben der Freitreppe vorgesehenen Aufzug wird für nicht praktikabel gehalten, allerdings wäre dies über die Rampen und die Nebenzufahrt westlich des Denkmals wohl zu heilen.
Die beiden Quartiersplätze weisen eine angenehme Maßstäblichkeit auf; mit geschickt gesetzten Höhenstaffelungen gelingt den Verfasser*innen eine wohltuende Gliederung der Platzränder trotz vergleichsweise großvolumiger Baukörper. Die Platzflächen sind im Wesentlichen versiegelt und durch wenige Baumgruppen gegliedert. Während dies auf der Tiefgarage nachvollziehbar erscheint, stellt die Jury beim südwestlichen Platz den hohen Versiegelungsgrad in Frage. Die Anordnung der Baukörper lässt von den Quartiersplätzen zwar Durchblicke zum anschließenden Grünraum zu, allerdings kann die Jury die von den Verfasser*innen behauptete Weichheit der Gartenseiten im Übergang zur Natur nicht nachvollziehen: Die meist sechsgeschossigen Raumkanten bilden eine zwar gestaffelte, aber harte Raumkante. Der von den Verfasser*innen beabsichtigte und ausformulierte Gegensatz zwischen steinernen Plätzen und grünem Naturraum wird zwar verstanden, als angemessene Reaktion auf diesen Ort aber eher kontrovers diskutiert.
Die Architektur der Gebäude mit farbig lasierten Holzfassaden arbeitet weitgehend flächig mit vorgesetzten Balkonzonen, bedingt durch das durchgehende modulare Gebäuderaster der Holzoder Holzhybridkonstruktion. Die Jury empfindet es als sehr wohltuend, dass trotz des simplen Konstruktionsrasters auch die Gebäudestirnseiten gestalterisch bespielt werden. Der nachhaltige konstruktive Ansatz wird sehr begrüßt, allerdings wird die Sorge geäußert, dass die Architektur in der Gesamtschau trotz des warmen Materials recht nüchtern ausfallen könnte. Die Grundrisse sind differenziert ausformuliert und versprechen gleichermaßen eine gute Nutzungsqualität und hohe Wirtschaftlichkeit. Besonders gewürdigt werden neben den vielfältigen Nutzungsangeboten in den Erdgeschossen die sehr großen Dachterrassen, die in jedem Haus einen ausgesprochen qualitätvollen Gemeinschaftsbereich für die Bewohner anbieten. Für die Mittelflurerschließung der Studierenden- und Seniorenwohnungen wird bei zwei Baukörpern eine natürliche Belichtung über Oberlichter oder seitlich angelagerte offene Gemeinschaftsräume erreicht, sodass eine reine Kunstlicht-Flurzone weitgehend vermieden wird.
Die südlichen Wohnhäuser arbeiten mit knapp dimensionierten Sicherheitstreppenhäusern, wodurch eine Feuerwehrzufahrt in den angrenzenden Grünbereichen entfallen kann. Die südlichen Hausnahbereiche können dadurch als private Gärten genutzt werden, allerdings wird diese Qualität durch eine wenig kommunikative Erschließung erkauft.
PKW-Stellplätze werden ausschließlich in der Tiefgarage angeordnet. Die Lage der Tiefgaragenrampe im zentralen Baukörper führt dazu, dass dessen östliche Erdgeschossseite überwiegend geschlossen ausgebildet oder mit Nebenräumen belegt wird; dies erscheint der prominenten Lage am zentralen Platz nicht angemessen. Die Tiefgarage liegt unterhalb dieses Platzes und damit so tief, dass aufgrund des hohen Grundwasserstandes voraussichtlich erhebliche konstruktive Maßnahmen zur Trockenhaltung erforderlich werden, was sich negativ auf die Wirtschaftlichkeit auswirken wird.
Insgesamt würdigt die Jury den Beitrag als sehr qualitätvolle und gut durchgearbeitete Lösung, die mit einem klaren Stadt-Freiraum-Gegensatz arbeitet und nur wenig schwerwiegende Schwächen aufweist. Wirtschaftlich liegt die Arbeit von den Massen her im mittleren Bereich, allerdings werden im Vergleich die mit Abstand höchsten Baukosten prognostiziert.
Isometrie

Isometrie

Innenhofperspektive

Innenhofperspektive

Lageplan

Lageplan

EG Grundriss

EG Grundriss

Schnitte

Schnitte

Fassadendetails

Fassadendetails