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2. Rang 3 / 3

Mehrfachbeauftragung | 11/2022

Neues Quartier an der Gorch-Fock-Straße auf Fehmarn

Isometrie

Isometrie

3. Rang

eins:eins Architekten BDA

Stadtplanung / Städtebau

Erläuterungstext

Leitidee
Der Entwurf nimmt die auf Fehmarn typische Siedlungsform der dörflichen Gehöfte auf, und entwickelt daraus einen ortsspezifisch maßgeschneiderten Städtebau. Die Gebäudetypologien - Doppeläuser, Reihenhäuser und Geschosswohnungen sind der Umgebung entnommen, und werden für die Höfe in wechselnder Zusammensetzung durchmischt. Auf diese Weise bietet jeder Hof Wohnangebote für verschiede Einkommensgruppen und Lebensverhältnisse. Indem die Gebäude der Höfe um Erschließungsplätze gruppiert werden bilden sie soziale Gemeinschaften, und Orte der heimatlichen Identifikation. Die Zuordnung spezifischer Baumarten und Außenraumnutzungen individualisiert die Höfe zusätzlich. Die städtebauliche Grundstruktur lässt den Bewohnern und Projektentwicklern Rahmen festgelegter städtebaulicher und gestalterischer Leitlinien Raum für die eigenständige Gebäudemischung und Ausgestaltung der Höfe.
Ein kleiner Quartiersplatz am südlichen Rand bietet übergeordnete Angebote, und öffnet das Quartier zur Nachbarschaft. Motorisierter Verkehr wird auf eine Spielstraße minimiert. Ein differenziertes Wegenetz verbindet das Quartier fußläufig mit der Umgebung. PKWs werden auf den Höfen in Mikrohubs geparkt. Die Stellplatzanzahl kann hofweise skaliert und nachgesteuert werden.
Zeitgemäßer Holzbau und umfängliche Vorkehrung zur Gewinnung regenerativer Energien berücksichtigen die Herausforderungen des Klimawandels.

Erschließungskonzept
Das Grundstück wird in neun Felder unterteilt. Sieben Felder werden von Wohngehöften besetzt. Ein Feld im Nordosten wird auf Grund des Lärmschutzes nicht bebaut. Hier werden ein Retentionsbecken und ein Bolzplatz angeordnet. Ein Platz auf dem mittleren Feld an der Gorch-Fock-Straße, gegenüber dem vorhandenen Spielplatz, bildet das Entré des Quartiers. Hier werden öffentlichere Funktionen, ein Bäcker, eine Kita und Altenwohnen um einen kleinen Platz gruppiert.
Die Wohnhöfe werden jeweils von einem innenliegenden Erschließungsplatz erschlossen. Um diesen sind Wohngebäude unterschiedlicher Typologien angeordnet. Die privaten Gärten liegen außen.
Eine winkelförmige Spielstraße gewährleistet die Erreichbarkeit des Quartiersinneren für motorisierte Fahrzeuge. Jeder Hof verfügt über einen integrierten, oberirdischen Mikrohub mit 11-14 Stellplätzen (22-28 Stellpl. mit Doppelparkeren). PKWs im öffentlichen Raum werden auf das notwendige Minimum der Besucherstellplätze reduziert. Eine Erschließungsring verbindet fußläufig alle Höfe miteinander. Fußwege zwischen den Gärten bilden eine tertiäre Erschließungsstruktur, und vernetzen das Quartier zusätzlich mit der Umgebung.

Architektonisches Konzept
Die Wohnhöfe werden aus folgenden Gebäudetypologien zusammengesetzt:
zweigeschossige Doppelhäuser, zweigeschossige Reihenhäuser unterschiedlicher Breite, dreigeschossige Geschosswohnungsbauten. Dazu erhält jeder Wohnhof ein dreigeschossiges Gebäude, dass den Micro-Hub, eine oberirdische Parkgarage mit min. elf Stellplätzen integriert. Auf dem Hub werden wahlweise drei Reihenhäuser oder bis zu acht Geschosswohnungen vorgesehen. Der Microhub beinhaltet auch den Müllstandort, Fahrradstellplätze, Ladestationen und wahlweise eine Hofküche für die Hofgemeinschaft. Mittels mechanischer Parksysteme kann die Anzahl der Stellplätze verdoppelt werden.
Zwei Sonderbauten mit öffenlichen Nutzungen stehen am Quartiersplatz.
Eine Gestaltungssatzung gibt Vorgaben bezüglich der Holzanteils der Fassaden und der begrünten Pultdächer, um dem Quartier eine koordinierte gemeinschaftliche Erscheinung zu geben.

Gestaltungskonzept
Das Quartier wird in seiner Erscheinung zunächst von der starken Durchgrünung der nach außen gekehrten Gärten geprägt. Die zwei- bis dreigeschossigen Baukörper werden nach einigen Jahren von den Bäumen überragt. Den Höfen werden als zusätzliches Unterscheidungsmerkmal verschiedene Baumarten zugeordnet. Die autofreie Durchwegung auf Fuß- und Radwegen prägt das Lebensgefühl.
Die Beschränkung auf einfache, vorwiegend volumetrische Baukörper, mit Holzfassaden und begrünten Pultdächern ohne Dachüberstand, gewährleistet unter Zulassung von viel individueller Varianz eine beruhigende Vereinheitlichung des Ortsbildes.
Geschlossene Oberflächen der gemeinsamen und verbindenden Außenanlagen - die Plätze und der Erschließungsring, werden mit einem durchgängigen ortstypischen Klinker-Bodenbelag hergestellt.

Nutzungskonzept
Die sieben Wohnhöfe mischen jeweils verschiedene Wohnformen und Größen. Sie werden von privaten Gärten umschlossen. Die gemeinschaftlichen Bereiche in den Hofmitten dienen der Erschließung und Begegnung. Sie werden von den Bewohnern individuell mit Nutzungen für Kinderspiel, gärtnerische Experimente, und Gemeinschafts- unternehmungen ausgestaltet. Hofküchen und Mikrohubs unterstützen diese Nutzungen. Geschosswohnungen mit Aufzügen sind barrierefrei erschlossen, und verfügen über PKW-Stellplätze in Wohnungsnähe. Der Bolzplatz mit Jugendhaus und der gegenüber gelegene Spielplatz bieten Angebote für Kinder und Jugendliche. Der kleine Quartiersplatz wird von einem viergeschossigen Punkthaus mit Kleinstwohnungen und Bäcker/Laden, und einem dreigeschossigen Riegel mit Kita und Altenwohnungen gefasst. Über diesem Platz werden die Kinder zur KiTa gebracht, Eltern verweilen bei einem Kaffee, Kinder vom Spielplatz holen sich etwas aus dem Laden, und die älteren Bewohner beobachten das Geschehen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Entwurfsverfasser entwickeln ihre einfache städtebauliche Leitidee aus der Typologie der norddeutschen Dreiseithöfe. Dabei werden unterschiedliche Bauformen vom Reihenhaus, über Doppelhäuser bis hin zu Geschosswohnbauten um einen Hof gruppiert welcher als Adressbildung, Erschließungs-und Gemeinschaftsfläche fungiert. Das Grundmodul der Gehöfte schafft gleichzeitig eine starke Identität sowie eine robuste und flexible Struktur für verschiedene Einkommensgruppen und Lebensverhältnisse.

In der vorgeschlagenen Gliederung des Baugebietes in neun Baufelder werden sieben mit diesen Hofstrukturen besetzt. Neben den Höfen sind die übrigen Baufelder mit Sondernutzungen für das neue Quartier besetzt, mit gleichzeitig übergeordneter Funktion im Anschluss an die Umgebung. Das Baufeld im Nordosten ist dem Sport einem Jugendclub und der Retention gewidmet. Das zentrale südliche Baufeld ist als Quartiersentree gestaltet, mit einem kleinen Platz, einem 4-geschossigen Punkt und einem Riegel mit Altenwohnen, Café und KITA. Das mittlere Baufeld öffnet seinen Hof nach Nordosten mit einem Kinderspielplatz.

Die einfache Erschließung wird durch die Entwurfsverfasser gegenüber den früheren Planungsständen weiter ausdifferenziert. Sie erfolgt zum einen über eine winkelförmige Anliegerstraße und fußläufig über einen „Loop“, der alle Baufelder untereinander verbindet. Die privaten Stellplätze werden je Baufeld erdgeschossig in Microhubs untergebracht. Mit Einsatz mechanischer Parksysteme ließen sich die geforderten Stellplätze unterbringen. Bis auf temporäre Besucherstellplätze würden auf diese Weise die PKWs optisch aus dem Quartier verschwinden. Die fußläufige Erschließung des Quartiers über den Loop wird durch rückwärtige Dungwege zwischen den privaten Mietergärten ergänzt, sodass ein differenziertes Wegenetz für alle Bewohner entsteht.

Die vorgestellten Gebäudetypen sind dem Grunde nach flexibel, um die Höfe verteilbar. Das Quartier ist in seiner Höhe 2-geschossig mit Dachgeschoss angelegt bis auf den 4-geschossigen Punkt im Süden. Die überwiegende Materialisierung in Holz und Ziegel sowie die einheitliche Verwendung von Pultdächern schafft einfache Vorgaben, um aus dem Quartier ein Gesamtensemble entstehen zu lassen. Die von den Verfassern vorgeschlagene Anordnung der Gebäude schafft nach innen und außen räumliche Kanten, die je nach Ausrichtung geschlossener oder durchlässiger ausgeprägt sind.

Die klare Zonierung der Freiräume gliedert sich von den öffentlichen Erschließungsflächen über die gemeinschaftlichen Höfe bis zu den privaten Gärten, welche die Höfe umschließen. Zur Stärkung der Hofidentitäten werden den einzelnen Höfen Baum-Themen zugeordnet. Die Positionierung der Kita mit ihrer Freifläche an zentraler Stelle wird im Gremium kontrovers diskutiert. Kritisch wird auch die Überplanung des Knicks im westlichen Drittel der Fläche gewertet.

Insgesamt wird mit dem Beitrag das starke und überzeugende Konzept des Gehöftes als Angebot für Hofgemeinschaften und individuelle Wohnformen gewürdigt. Kritisch wird die etwas zu gleichmäßige räumliche Abfolge zwischen Innen- und Außenflächen der Höfe beurteilt, welche prägnanter hätte formuliert werden können. In der Übertragung des Konzeptes auf das Grundstück und der Ausdifferenzierung und Gewichtung der Freiräume bleibt die vorgeschlagene räumliche Struktur hinter dem attraktiven Grundmotiv zurück.
Visualisierung Quartierszentrum

Visualisierung Quartierszentrum

Visualisierung Regengarten

Visualisierung Regengarten

Visualisierung Sandspielplatz

Visualisierung Sandspielplatz

Lageplan

Lageplan

Höfe als städtebaulicher Grundbaustein

Höfe als städtebaulicher Grundbaustein

Öffentliche Nutzung und-Quartiersplatz als Entrée

Öffentliche Nutzung und-Quartiersplatz als Entrée

Erschließung und autofreier Loop

Erschließung und autofreier Loop

Öffentliches und privates Grün

Öffentliches und privates Grün

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