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Einstufiger, nicht offener Realisierungswettbewerb mit vorgeschaltetem Auswahlverfahren | 12/2022

Wohnungsbau Wieslocher Straße in Walldorf

3. Preis

Preisgeld: 7.500 EUR

J M N Architekten Jander Madina Nungeßer

Architektur

Planfabrik SPS

Architektur

Erläuterungstext

Mitarbeitende: Jan Jander, Mona Madina, Hans Nungeßer, Peter Hund, Kirsten Bohnert, Jan Häfele, Isabel Steiger Salvador, Constantin Kaffenberger

Städtebauliche Idee
Zur Wieslocher Straße hin folgen wir der Intention des Bebauungsplanes „Walldorf Süd“ und setzen zwei viergeschossige, straßenbegleitende Riegel.
Mit der Fortsetzung dieser Typologie, auch auf dem westlichen Teil des Wettbewerbsgebiets, entsteht so eine klare städtebauliche Geste, welche die kleinkörnige Bebauung des neuen Wohngebietes nach Norden hin von der östlichen Einfahrt ins Zentrum Walldorfs begrenzt und „schützt“.
Ergänzt werden die Riegel durch zwei Punkthäuser, die mit ihrer Kubatur einen Übergang zur südlich des Wettbewerbsgebietes liegenden Doppelhausbebauung herstellen.
Das westliche Punkthaus fasst durch seine Positionierung die verkehrsberuhigende „Straßenaufweitung“ südlich des Baugrundstücks und markiert so auch städtebaulich diesen „Ankommenspunkt“ im Wohngebiet Walldorf Süd.

Gebäudetypologie / Wohnungen
Entlang der Wieslocher Straße entstehen zwei modular aufgebaute Gebäuderiegel, die jeweils straßenseitig über einen Laubengang erschlossen werden.
Der Laubengang wirkt als Filter zur Straße hin, schafft Distanz zum vorgelagerten Gehweg sowie einen Übergang von der Intimität der Wohnungen hin zum öffentlichen Raum. Die Laubengänge dienen als Erweiterung des Wohnraums und fördern gleichzeitig durch ihre Erschließungsfunktion die zufällige Kommunikation der unmittelbaren Anwohner.
Lufträume, die vertikal durchgrünt werden können, bilden eine freundliche Pufferzone zu den dem Laubengang angegliederten intimeren Wohnungszonen.
Je ein „Flex“- und ein „Wohnmodul“ werden abwechselnd aneinandergereiht. Küche und Wohnraum befinden sich unabhängig von der Wohnungsgröße immer innerhalb des „Wohnmoduls“, das als „Durchstecker“ beidseitig belichtet wird.
Das Absetzen des Wohnmoduls durch einen Luftraum von der Horizontalerschließung gewährleistet die erforderliche Intimität und erzeugt eine gute Belichtungssituation der Küchen. Eingangsbereich, Bad sowie die nutzungsneutral gehaltenen und flexibel zuschaltbaren Zimmer befinden sich im „Flexmodul“. Je nach Bedarf können so Ein- bis Vierzimmerwohnungen konzipiert und flexibel miteinander kombiniert werden.
In den Staffelgeschossen der Riegel befinden sich überwiegend Vierzimmerwohnungen mit großzügig gestalteten privaten Außenbereichen nach Südwesten.
An die Treppenhäuser angegliedert ist jeweils ein gemeinschaftlicher nutzbarer „Freibereich“ mit „Kochnische“, der zum Treffen und Verweilen der Hausgemeinschaft einlädt. Für die „klassischen“ Punkthäuser im Süden der beiden Baufelder sehen wir dreiseitig belichtete Vierzimmerwohnungen vor. Der Wohnungsmix und dessen prozentuale Aufteilung entspricht nahezu den Vorgaben der Ausloberin.

Konstruktion/ Materialität / Ökologisches Konzept
Tiefgarage und Erschließungskerne werden konservativ betoniert. Die Verwendung von Recyclingbeton wird empfohlen. Die beiden Gebäuderiegel werden in modularer Schottenbauweise als Holzhybridbau mit Betonkernen (Treppenhäuser, Aufzüge), Schotten und Außenwände als Holzrahmenbau, Decken aus Brettstapelelementen, konzipiert.
Der strukturelle Aufbau der Riegel ermöglicht einen hohen Vorfertigungsgrad der Bauelemente. Schotten-, Fassaden- und Brettstapeldeckenelemente werden vor Ort mit geringer Bauzeit gefügt. Balkone und Laubengänge werden in einem zweiten Schritt als teilweise eigenständige Konstruktion vorgestellt und am Gebäude rückverankert.
Aufgrund der streng durchgerasterten Schottenbauweise sind flexible Wohnungsanpassungen auch im weiteren Planungsprozess problemlos möglich.
Der Entwurf hat den Anspruch klimaneutral realisiert zu werden. Dem wird sowohl konstruktiv als auch klimakonzeptionell Rechnung getragen. Der hohe Holzbau-Anteil der Konstruktion minimiert den „CO2- Fußabdruck“ des gesamten Entwurfs.
Eine Erdkollektoren Wärmepumpe sorgt ebenso für die nötige Wärmezufuhr im Winter. Den großflächigen Verglasungen der Wohnräume sind Balkone vorgelagert, die der sommerlichen Überhitzung vorbeugen. Photovoltaikelemente auf den Dächern werden zur Stromerzeugung herangezogen.

Parken / Freiflächen / Erschließung
Die erforderliche Tiefgarage wird über nur eine Zufahrt auf dem östlichen der beiden Baufelder erschlossen. Die überdachte TG-Abfahrt wird mit hinreichender Überdeckung begrünt und durch die Anlage von Spielflächen mit einer Seilbahn auf der so geschaffenen geneigten Ebene in das Freiflächenkonzept integriert.
Die Freiflächen sind als locker gestreute, organische Grüninseln konzipiert, die je nach Bedarf mit unterschiedlichen Nutzungen (Aufenthalt, Spielflächen) belegt sind. Zwischen der „Grüninseln“ ist ein versickerungsfähiger Bodenbelag vorgesehen.
Das durch die Neubebauung zusätzliche Verkehrsaufkommen wird aus dem Quartier herausgehalten. Um die erforderliche Stellplatzanzahl zu erreichen ist eine Unterquerung der Dietrich-Bonhoeffer-Straße erforderlich. Die hierdurch erforderliche Tiefe der Gründung wird auf dem westlichen WBW-Grundstück beibehalten.
Sobald sich alternative Mobilitätskonzepte und geringere Stellplatzbedürfnisse durchsetzen, kann das durch die westliche Tiefgarage entstandene Volumen mit geringem Aufwand in attraktive Räumlichkeiten für „Open-Work-Spaces“ umgenutzt werden. Die zunächst nur für das Parken eingebrachte graue Energie kann sinnbringend und nachhaltig genutzt werden.
Fahrradstellplätze sind sowohl in den Eingangsbereichen des Erdgeschosses als auch in der Tiefgarage in ausreichender Anzahl vorhanden.

Nachnutzung Tiefgarage
Der anzusetzende Stellplatzschlüssel erfordert bei Erstellung der gebotenen Bebauungsdichte ein großes TG-Volumen. Alternative Mobiliätskonzepte, wie Carsharingmodelle, JobBikes u.ä., können den Stellplatzbedarf in absehbarer Zeit deutlich verringern.
Gleichzeitig zeigt uns insbesondere die Erfahrung der vergangenen Jahre, dass sich klassische Grenzen und Distanzen zwischen Wohn- und Arbeitsort auflösen, was im Sinne der „Stadt der kurzen Wege“ weitere Vorteile birgt.
Um die erforderliche graue Energie zur Erstellung der Tiefgarage nachhaltig zu nutzen, wird die Umnutzung der potenziell freiwerdenden (Park)Flächen auf dem westlichen Baufeld gleich mitgedacht. Kellerräume werden durch Abbruch ihrer Deckenfelder in Atrien umgewandelt und zur Belichtung des Tiefgeschosses herangezogen. Die ehemalige TG kann als Bürofläche oder als Serverfarm (z.B. von Softwareunternehmen) genutzt werden.



Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit gliedert die Baukörper in zwei Zeilen an der Wieslocher Straße und in zwei Baukörper im rückwärtigen Bereich. Durch die baukörperliche Gliederung wird neben der Fassung der Wieslocher Straße auch ein Abschluss aus der Dietrich-Bonhöffer-Straße von Süden erreicht.
Die Positionierung der Solitärgebäude im südlichen Grundstücksbereich ist stimmig und vermittelt zur südlich angrenzenden Individual-Wohnbebauung. Zwischen Riegel und ergänzenden Baukörpern im Süden bilden sich durchaus gut nutzbare Außenräume für die Hausgemeinschaft. Die städtebauliche Setzung ist im Grundsatz gut gelöst. Das östliche Ende der Riegelbebauung wirkt leider etwa abgeschnitten. Hier hätte man sich Öffnungen zum anschließenden Grünraum gewünscht. Die Zugänge zu den Riegeln sind mittig richtig angeordnet. Die Zufahrt zur gemeinsamen Tiefgarage ist richtig platziert und überdeckt.
Die Zusammenfassung der Tiefgaragen unter der Straße hindurch wird eher kritisch gesehen. Die perspektivischen Umnutzungsideen sind im Grundsatz positiv zu bewerten. Über Laubengänge im Norden werden die Wohnungen erschlossen, die sich stark gerastert am Holzbau orientieren. Hierbei sind die Raumspangen leicht zueinander versetzt angelegt. Der Laubengang ist mit nur einer Treppe zu reduziert ausgestattet, hier wäre eine ergänzende Treppe wünschenswert. Das Abrücken der Laubengänge von den Zugängen und Küchenbereichen wird positiv bewertet. Der Solitärgebäude sind als Zweispänner organisiert und angemessen gelöst.
Die städtebauliche Gesamtdisposition überzeugt in weiten Teilen. Die klar strukturierten über Laubengänge erreichbaren Wohnungen sind zumeist in zwei Zonen gegliedert. Unterschiedliche Zuordnungen in den Zonen ergeben ein vielfältiges Wohnungsangebot, trotz der eindeutigen Rasterung. Ein eigener Zugangsraum mit Garderobe und Schrankmöglichkeit stellt einen guten Übergang und Puffer zwischen Innen und Außen dar. Der durchgesteckte Wohnraum lässt ein Durchwohnen zu, sodass die Orientierung zur Südseite gewährleistet ist. Die Anordnung der Balkone durch das Versetzen der Raumspangen ergibt einseitig geschützte gut nutzbare Außenräume. Die Dachgeschosse sind gut aus dem System konstruktiv in die Breite entwickelt. Die Wohnungen in den Zweispännern in den Solitärgebäuden sind ebenfalls ansprechend gelöst. Das Freiraumangebot dieser Wohnungen mit schmalen langen Balkonen könnte nutzbarer gestaltet sein. Die Arbeit ist in Gänze in Holz konstruiert, was erkennbar ist. Durch die Versätze sind die Südfassaden stark gegliedert und rhythmisiert. Die runden Fenster sind für geförderten Wohnungsbau zu überambitioniert. Die Seite zur Wieslocher Straße mit den Laubengängen ist fast zu unruhig, jedoch ohne interne Gliederung und Akzente. Gestalterische Chancen an den Stirnseiten der Riegel wurden nicht genutzt. Insgesamt ist das Projekt aber anspruchsvoll gestaltet und wird die Qualität der Arbeit positiv gewertet. Durch die Baukörperliche Gliederung entstehen nutzbare Bereiche, die Entwicklungspotentiale bieten.
Die aufgefaltete Überdeckung der TG-Zufahrt soll eine Seilbahn aufnehmen, was eine kreative Idee darstellt. Im Zentrum gibt es attraktive Aufenthaltsbereiche für die Bewohner. Die Terrassen im EG sind entsprechend abgeschirmt. Für Fahrräder müssen im Freibereich zusätzliche gedeckte Angebote geschaffen werden, weil hier zu wenige Plätze nachgewiesen sind.
Das Tragwerk dieser Entwurfsarbeit wurde in Holzbauweise konzipiert. Die Decken werden durch Brettsperrholzelemente gebildet. Aufgrund der klar angeordneten tragenden Struktur über die Geschosse ist die Ausbildung des Tragwerkes in Holzbauweise möglich und ermöglicht einen hohen Vorfestigungsgrad für die tragenden Holzbauelemente.
Die Arbeit besteht aus vier Baukörpern mit geringer Kompaktheit. Die Verkehrsflächen sind deutlich über den durchschnittlichen Arbeiten. Dies wirkt sich auf die Betriebskosten negativ aus. Der flächenbezogene Energiebedarf ist knapp unter Durchschnitt. Die Versätze der Raumspangen schaffen trotz der guten Struktur zusätzlichen Außenflächen und damit auch Kosten, auch wenn das Laubenganghaus mit seiner wirtschaftlichen Erschließung, diese Nachteile teilweise kompensiert. Ob eine Konstruktion der offenen teilweise gewitterten Läubengänge in Holzbauweise richtig ist, bleibt dabei zu hinterfragen. Hier könnte man sich auch andere Konstruktionen vorstellen. Im Sinne der Nachhaltigkeit sind die Werte von Hülle zu Fläche über dem Durchschnitt. Trotz des wirtschaftlichen Grundsystems zeigen die Werte insgesamt nur bedingt eine wirtschaftliche Umsetzung.
Konzeptpiktogramme

Konzeptpiktogramme

Grundriss EG mit Umgebung

Grundriss EG mit Umgebung

Grundriss Regelgeschoss

Grundriss Regelgeschoss

Ansicht Süd

Ansicht Süd

Fassadenschnitt

Fassadenschnitt