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Einladungswettbewerb | 12/2022

Stadtentwicklungsgebiet WWE-Gründe St. Pölten (AT)

Lageplan

Lageplan

Gewinner / Baufeld B

StudioVlayStreeruwitz ZT-GMBH

Architektur

studio boden

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Starke Paare am Auwald

Wie möchten wir hier leben? Jedenfalls am Wald!

Die den Ort prägende Waldauenlandschaft wird als atmosphärisches Leitmotiv aufgegriffen. Sie ist im gesamten Quartier spürbar – in den grünen Binnenräumen, den Straßenräumen und dem öffentlichen Herz, dem zentralen Quartiersplatz. Das Leben am Wald gibt der Urbanität des Quartiers eine besondere Note – kein typisches Innenstadt-Leben, sondern kleine feine Treffpunkte, die für ein besonderes Quartiers-Flair sorgen. Gerade deswegen ist das Quartier gleichzeitig ein „Ort zum Ausfliegen“ für alle, die einmal raus aus St. Pölten wollen, raus aus dem Alltag, aber eben nicht einfach ins Grüne, sondern in den Zauber einer sanften „waldgeprägten“ Urbanität.
Dieser Zauber schreibt die besondere Geschichte des Waldes an diesem Ort fort – der Raum der Erinnerung trifft auf den Raum der Möglichkeiten.

Im Waldarchipel
Das Grundstück der WWE Gründe befindet sich im ehemaligen Schwemmland der Traisen. Der Charakter dieser Landschaft lässt sich auf historischen Karten erahnen – der Fluss bahnte sich früher, jedes Jahr aufs Neue seinen Weg und formte dadurch eine Landschaft mit hoher Dynamik. In der Gestaltung der Freiräume, wird das Leitmotiv des „Waldarchipels“ in die weiche Formensprache, üppige Bepflanzung und die Verwendung naturnaher Materialien übersetzt. Das Waldarchipel schreibt sich in die städtebauliche Leitfigur ein und macht den Wald bis ins Zentrum des Quartiers – dem Quartiersplatz – erlebbar. Der Wald bildet die atmosphärische Klammer zwischen Platz-, Straßen- und Binnenraum, womit die städtebauliche Formel „urbaner Schauplatz versus grüner Hinterhof“ zugunsten eines ortsspezifischen Milieus aufgehoben wird. Das Leben am Platz und an der Straße unterscheidet sich zwar vom Leben in den Binnenräumen hinsichtlich Intensität, Art und Rhythmus. Letztlich sind es aber lediglich zwei Schattierungen innerhalb eines einzigen, vom Wald geprägten Ortes.

Fließender Binnenraum
Die eigenwillige Form der Häuser und ihre präzise Konfiguration ist ganz dem fließenden Gestus des Waldarchipels gewidmet. Anstatt zwei Höfe zu bilden, entsteht ein fließender, mehrfach durchlässiger Binnenraum. Der öffentliche Raum wird klar entlang seiner an zwei Hauptachsen orientierten Frontlinien gefasst, während die mäandrierenden Fronten im Binnenraum diese Hauptachsen brechen und Diagonalbezüge herstellen, die das fließende Raumgerüst anreichern. Die ruhige Traufenlinie ohne Staffelgeschosse unterstreicht kontrapunktisch das horizontale Mäandrieren der Grundrissfigur und stärkt die Höhenakzentuierung der beiden Punkte an der Nord-Süd-Linie des Quartiers.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Projekt wird konzeptionell über fließende Räume, den Wald als „Archipel einer Aulandschaft“, „kommunizierende Häuser“, oder Gemeinsamkeit gebende räumliche Verknüpfungen hergeleitet. Diesen vom Projekt eingelösten Versprechungen stehen pragmatisch angelegte, den Grundregeln des Wohnens verpflichtete Grundrisse gegenüber. Dazu kommt ein umfangreiches Angebot vielfältig nutzbarer Gemeinschaftseinrichtungen, die topografisch auf unangestrengte Weise ihren Platz in der zugrunde gelegten Struktur finden.

Die bauplastische Ausformung ist keinem Formalismus geschuldet. Vielmehr folgt sie der Absicht räumliche Konturen in Andeutungen spürbar zu machen ohne diese tatsächlich einzufassen oder abzugrenzen. Damit ist dieses Konzept auch ausreichend robust um die eine oder andere erforderliche Anpassung wahrzunehmen und sich den gegenüber liegenden Baufeldern einladend zuzuwenden ohne dabei die Linie des großen Ganzen zu verlieren. Das gilt auch für das daraus abgeleitete bzw. in direkter Wechselwirkung mit der Bebauung entwickelte, daher stringente Freiraumkonzept, das tatsächlich einen fließenden, mehrfach durchlässigen Binnenraum entstehen lässt, der den Flair einer "waldgeprägten Urbanität" mit vielen, kleinteiligen, ineinander übergehenden, vielgestaltigen Räumen in sich trägt.

Die Baukörper sind als „Doppelhäuser“ entwickelt, was bedeutet, dass jeweils zwei Baukörper über eine Vertikalerschließung miteinander verknüpft sind, woraus sich bei grundsätzlich einfachen „Bausteinen“ vielfältige Variationen ergeben. Unterschiedlich gruppiert und zueinander gestellt, entstehen so die beschriebenen räumlichen Fassungen in Form von angewinkelten Häusern als Klammern, Schenkeln, Riegel und Punkte. Die Höhenentwicklung bleibt ruhig und setzt mit zwei Hochpunkten auch in der dritten Dimension Orientierung gebende Akzente.

In dieser Formensprache können die Objekte sowohl die Raumkante des Quartiersplatzes markieren, wie auch in die Übergänge zur Aulandschaft führen und dabei eine Sequenz von Räumen einleiten, die letztlich auch den Wohnungen ihren unverwechselbaren Ort und eine Adresse zuweisen. Auch die Stiegenhäuser (mit wenigen Ausnahmen) knüpfen an diese Räume an und stellen so einen wertvollen Bezug zum Außenraum dar, der für die Orientierung und die Lebensqualität eines solchen Stadtteils wesentlich ist. Ergänzt durch die jeweils zugeordnete Freiraumstrukturen.

Das Konzept zum Quartiersplatz ist als, der Idee nach aus dem Wald herausgerückter, mit zwei zentralen Baumhainen strukturierter zentraler Freiraum nicht nur sehr offen zu den angrenzenden Baufeldern, sondern auch sehr geeignet - im Sinne des besonderen Quartiersstandortes im/am Auwald - identitätsstiftend für das Quartier im Detail weiter entwickelt zu werden.

Die Wohnungen sind bei konsequentem Qualitätsanspruch vielfältig aus der jeweiligen Situation entwickelt. Die dargestellte Fassadenstruktur bleibt zurückhaltend und ist von leichten umlaufenden Balkonkonstruktionen geprägt. Sie tritt jedenfalls gegenüber der plastisch-räumlichen Setzung wohltuend in den Hintergrund. Der Zweigeschossige Kindergarten ist an der vorgesehenen Stelle in diese Konzeption eingebunden und wird als Teil des Quartiers empfunden.

Dem Projekt gelingt es eigenständig als räumlich plastische Komposition zu überzeugen und gleichzeitig sich mit einladender Geste den anderen Bauteilen zuzuwenden. Diese Offenheit nach außen begründet auch dieselbe nach Innen, somit auch die Möglichkeit Nutzerwünschen entgegenzukommen, gegebenenfalls auch die Kubatur ohne das Konzept zu schwächen noch zu optimieren. Die Freiraumkonzeption wird dahingehend ebenfalls nachjustierbar sein, kann ohnedies nur aus der Leitidee in direkter Abstimmung mit der Bebauung vertieft werden. Die kompakt angelegten Baukörper versprechen eine wirtschaftlich plausible Bauweise.
Quartiersplatz

Quartiersplatz

Schnitt Quartiersplatz

Schnitt Quartiersplatz