modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 01/2023

Neue Fuß- und Radwegebrücke in Bramsche

1. Preis

Preisgeld: 24.680 EUR

BUNG Ingenieure AG

Tragwerksplanung

isea tec GmbH

Tragwerksplanung

Schulitz Architekten

Architektur

JKL PartG mbB Landschaftsarchitekten und Stadtplaner Prof. Dirk Junker & Lennart Harmeling

Landschaftsarchitektur

Jonas Bloch Architekturvisualisierung

Visualisierung

blumemodell

Modellbau

Erläuterungstext

Konzeptidee
Der vorliegende Brückenentwurf entwickelt sich als stadtverbindendes Element aus der Landschaft auf beiden Seiten der Bahntrasse. Die Dynamik der Verkehrsströme wird bei der Brücke in eine elegante Form und Funktionalität übertragen, so dass ein dynamisches, aber unaufdringliches Bild entsteht. Der Grundgedanke des Brückenentwurfs ist ein sich in die Freiflächen ein-schmiegendes Bauwerk, welches sowohl als ergonomisch empfundene Verkehrsbeziehung, als auch gestalterisch als bandartiger Stahlüberbau mit den Freianlagen als Einheit fungiert. Der Entwurf besticht durch seine schlichte, den konstruktiven Erfordernissen und funktionalen Anforderungen angepasste Formgebung. Zwischen den Auflagern entwickeln die Brückensegmente „flügelartige“ Erhöhungen in Form von seitlichen, schrägen Aufkantungen und bilden damit auch visuell den Momentenverlauf des Tragwerkskonzeptes ab. Gleichzeitig stellen diese Flügel bei der Überquerung der Bahntrasse den Berührschutz dar, so dass auf störende Anbau-teile verzichtet werden kann. So entsteht ein modernes, mit der landschaftlichen Intervention harmonierendes Brückenbauwerk im Maßstab der Stadt Bramsche.
In ihrer Gesamtform verdeutlicht die Brücke bereits ihre zentrale Funktion: Die Verbindung von Marienstraße und Bahnhof / Innenstadt. So führt die Brücke von der Marienstraße aus kommend in einem leichten Bogen in Richtung Bahnhof, wo sich als Kurzschluss ein Fußgängerabgang befindet, so dass eine extrem kurze Fußgänger-Gesamtverbindung entsteht.
In einer dynamischen Bewegung schwenkt die Brücke anschließend in einer Schleifenbewegung nach Süden und geht nahtlos in die landschaftliche Wegegestaltung über. Die landschaftliche Intervention setzt diese Bewegung fort und gestaltet die Planungsgebiete auf beiden Seiten der Bahntrasse in Wechselwirkung und Zusammenspiel mit der Brückenform.

Wegeführung
Von Westen führt die neue Fuß- und Radwegbrücke über den südlichen Quartiersplatz, welcher über eine ergänzte Treppenschleife neben einem Fahrradstellplatz mit angebunden wird. Die Brücke führt weiter schräg über die Bahngleise in Richtung Bahnhof und in einer ovalen Linienführung hinab, wo sich der Verkehrsstrom nördlich zur Ladestraße und südlich zum Friesenweg verteilt. Für den Fußgängerverkehr ist als Verkürzung des Verkehrsweges ein direkter Auftritt vom Bahnhof herkommend auf das Brückendeck über einen zusätzlichen Treppenaufgang vorgesehen.

Bauwerksgestaltung
Der wellenförmig geschwungene Geh- und Radwegsteg wird aus Cortenstahl gefertigt und bringt durch seine Materialität und Formensprache einen stadtteilverbindenden Akzent gestalterisch zum Ausdruck und verkörpert zeitgemäß, sowie sozial- und umweltverträglich den Stellenwert des Fuß- und Radverkehrs in einer modernen Stadt. Die Formgebung basiert dabei auf einem statisch-konstruktiven, optimierten, errechneten Gesamtmodell und bildet durchgehend die jeweiligen Anforderungen an seine Steifigkeit und Funktionalitäten ab.
Auch der Berührschutz über den Gleisen wird in der Form wie selbstverständlich integriert und sichergestellt. Das ca. 187 m lange Brückenbauwerk besteht aus einem Stahlhohlkasten mit gerundetem Bodenblech, dieses verleiht dem Bauwerk neben den seitlich auskragenden, das Bodenblech verlängernden Flügeln einen in sich stimmigen, harmonischen Charakter. Im Interesse der Wirtschaftlichkeit und eines geringen Wartungs- und Instandhaltungsaufwand des Bauwerks wurde die Brücke als integrales Bauwerk geplant. Die schlanken Stützen, welche das integrale Bauwerk „atmen“ lassen, verleihen der Brücke zudem die notwendige Leichtigkeit.

Tragwerk der Brücke
Der Tragwerksentwurf der Fuß- und Radwegbrücke ist durch einen schlanken im Grundriss gekrümmten Fünffeldträger mit einer Hauptspannweite von ca. 65 m über den Eisenbahngleisen gekennzeichnet. Der Überbau wird als Halbschale ausgebildet. Ein prägendes Merkmal des Brückenüberbaus sind die sich auf- und abwärts bewegenden Flügel, die neben der Funktion als in das Tragwerk integrierte Berührschutz über den Gleisen, den Lastabtrag durch die statische Beanspruchung gewährleisten. Der stählerne Überbau besteht generell aus drei Körpern, welche lediglich je Querschnitt in Brückenlängsrichtung durch Breitenanpassung der Bleche variieren. Der obere Teil des Hohlkastens weist ebene Deckbleche auf. Die nach innen ausgerichtete Querneigung dient der Führung von Regenwasser weg von der Fuge Asphalt zu Flügel. Das untere Bodenblech des Hohlkastens, welches einen Radius von 9.5 m aufweist, wird über die gesamte Brückenlänge mit konstanter Breite ausgebildet. Die daran angrenzenden Bleche mit einem Radius von 60 cm variieren in dem Öffnungswinkel, wodurch die Neigung der Flügel beeinflusst wird. Durch Breitenanpassung der Bleche wird die Flügelausladung gesteuert. Hier-durch ergibt sich eine dynamische Bewegung entlang des Decks. Neben dem gestalterischen Aspekt folgt die Form den statischen Erfordernissen, da anhand des Montagekonzeptes sich im Eigengewichtszustand eine Einfeldträgerkette ergibt.
Die Stützen werden aus mit Flachstahlrippen versteiften Stahlrohren ausgebildet und monolithisch mit dem Brückendeck verschweißt bzw. mit dem Sockel auf der Fundamentplatte verbunden. Hierdurch weisen die Stützen eine schlanke Anmutung und eine hohe Flexibilität in horizontaler Richtung auf.
Aufgrund der im Grundriss vorhandenen Krümmung und den flexiblen Stützen kann das Brückentragwerk infolge Temperatureinwirkung horizontal ‚atmen‘. Hierdurch ist die Realisierung eines robusten und dauerhaften Brückenbauwerks in integraler Bauweise (ohne Dehnfugen und beweglichen Bauteilen) möglich. Neben den Stützen wird das integrale Brückenbauwerk an den Bauwerksenden auf flachgegründeten Widerlagern monolithisch verbunden. Bei der Entwässerung der Brückenfläche wurde bewusst ein Gefälle zur Querschnittsmitte gewählt. Das Oberflächenwasser wird so von den seitlich angeschweißten Flügelanschlüssen weggeleitet und durch das natürliche Längsgefälle der Brücke über vereinzelte Bodenabläufe im Brückendeck in da-runter liegende Retentions- und Grünanlagen geleitet.

Freiraum
Die östliche Rampe und die Treppenanlage sind selbstverständlich in eine modellierte Landschaft integriert, die den Bereich entlang der Bahntrasse prägt. Platzflächen mit in den Hang integrierten Sitzstufen bilden einen abwechslungsreichen Freiraum, der um Spiel- und Bewegungsangebote ergänzt wird. Ein multifunktionaler Wasserspielplatz im Bereich der Rampe wird auch als Retentionsraum für anfallendes Regenwasser genutzt. Das Umfeld des Bahnhofsvorplatzes wird in Abstimmung mit den Außenanlagen des Hotels geplant. Ein baumbestandener Biergarten wäre wünschenswert. Stellplätze sollten in diesem Bereich nur für PKWs mit Sondernutzung (Behinderte, E-Ladestation, Hotelgäste) angeboten und in die Platzfläche integriert werden. Der neue Quartiersplatz auf der Westseite wird als großzügige Platzfläche gestaltet. Der geringe Verkehr wird über den Platz geführt, der primär als Aufenthaltsraum für die neuen Bewohner des Quartiers dient. Ein Teich dient als Retentionsraum und nimmt das anfallende Regenwasser von Platz und Brücke auf. Die Bepflanzung ist pflegeleicht und berücksichtigt die aktuellen Anforderungen an die klimatischen Veränderungen. Nyssa sylvatica und Gleditsia tiracanthos als Solitärgehölze und blühende Amelanchier als mehrstämmiger Großstrauch ver-binden Ost- und Westseite.

Bauliche Umsetzung
In einem ersten Schritt werden die massiven Widerlager und Stützenfundamente betoniert. In dieser Zeit kann bereits damit begonnen werden auf der BE-Fläche einzelne Brückensegmente, welche in der Stahlbauwerkstatt hergestellt werden, zu Trägern zusammenzuschweißen. In einer nächtlichen Sperrpause wird der Brückenträger über dem DB-Netz eingehoben und auf den Stützen gelagert. In analoger Weise werden Brückenträger östlich und westlich der Bahntrasse gefertigt, an Ort und Stelle gehoben und mit dem bereits errichteten Teil des Brückentragwerks verschweißt. Final erfolgt der Anschluss an die Widerlager. Nach Abschluss dieser Phase wird mit dem Ausbau der Brücke begonnen.

Nachhaltigkeit
Die Reduzierung auf die wesentlichen Anforderungen, so z.B. ein durchgehend bedarfsorientierter, angepasster Querschnitt der Brücke, ist bereits in der Grundkonzeption ein besonders ressourcenschonender Ansatz. Der verwendete Cortenstahl ist ein sehr nachhaltiges Material, da es sich - auch auf Grund seiner Reinheit – hervorragend wiederverwenden lässt. Der hierdurch mögliche Verzicht auf ein Korrosionsschutzsystem wirkt sich äußerst positiv auf die Ökobilanzierung aus. Auf aufwendige, instandhaltungsintensive und Abwässer verunreinigende Beschichtungen wird verzichtet. Es handelt sich daher um eine besonders reinigungs- und wartungsfreundliche Konstruktion mit hoher Robustheit und Dauerhaftigkeit. Insbesondere werden aufwändige Instandhaltungsarbeiten, die normalerweise einen Nachteil gegenüber Stahlbetonkonstruktionen darstellen würden, vermieden. So entfallen hier auch die dafür erforderlichen Abstimmungen mit der Bahn und Bahngleissperrungen, was einen großen Vorteil für den dauer-haften Betrieb darstellt.
Durch die flächigen, seitlichen Aufkantungen (Flügel) und das somit weitestgehend dahinter verborgene Geländer sind Beeinträchtigungen von Vögeln und Fledermäusen durch Kollisionen oder Lichtemissionen praktisch ausgeschlossen. Das Beleuchtungskonzept zielt weitgehend auf eine nach innen gerichtete Beleuchtung des Brückendecks. Die Brücke bietet einen hohen Fahr- und Laufkomfort, gute Sichtverhältnisse insbesondere in den relevanten Bereichen. Bei der Organisation der Verkehrswege werden unnötige Kreuzungen vermieden. Es wird eine durchgehend angenehme, barrierefreie und rutschsichere Wegeführung angeboten. Durch die Schrägstellung des Geländers nach innen wird einer Überkletterbarkeit verhindert.

Baukosten und Wirtschaftlichkeit
Der vorgeschlagene Entwurf für die Fuß- und Radwegbrücke beinhaltet ca. 850 m² Brückenfläche. Einschließlich den damit verbundenen Wege- und Erdrampenbauten werden die Baukosten auf ca. 4,5 Mio. Euro (netto) abgeschätzt. Für die technische Ausrüstung des Brückenbauwerkes wird ein zusätzlicher Kostenrahmen von 350.000 € (netto) geschätzt. Für die Erneuerung des Quartiersplatzes, sowie des östlichen Bereiches werden die Kosten für die Frei- und Verkehrsanlagenplanung auf 980.000 € (netto) abgeschätzt. Der vorgeschlagene Entwurf ermöglicht durch die Anwendung der Prinzipien des Leichtbaus, einer integralen Bauweise des Überbaus, einer nachhaltigen Herstellung von Bauteilen, sowie einer robusten und langlebigen Konstruktion, dass für den Bauherrn ein gut gestaltetes sowie wartungs- und instandhaltungsarmes Brückenbauwerk realisiert werden kann. Insbesondere die Verwendung des Cortenstahls erspart sehr aufwendige und kostenintensive Instandsetzungsmaßnahmen über den Eisenbahn-gleisen. Auch eine regelmäßige und längere Bahngleissperrung in Abstimmung mit der DB Netz AG wird dadurch weitestgehend vermieden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die wellenförmig geschwungene Brücke verbindet die zwei Stadtquartiere westlich und östlich der Bahngleise. Die Verfasser:innen schlagen eine Flügelkonstruktion vor, die den Momentenverlauf in der Dimensionierung der Träger abbildet. Die Brücke wirkt sehr elegant. Die Vereinigung von Form und Konstruktion als Konzeptidee ist sehr gut ablesbar und geht mit den Freianlagen in der Formgebung als Einheit nahtlos in die Freiraumgestaltung über. Die Veränderung / Modellierung der Topographie im Bahnhofsbereich des Brückenkopfes wird von der Jury besonders gewürdigt. Sie stellt auch gleichzeitig einen sinnfälligen Schallschutz und Abgrenzung zu den Bahngleisen dar. Die nutzbare Breite der Brücke mit 4,50 m ist durchgängig gegeben, sie ist barrierefrei und die Radien für Fahrradfahrer:innen sind eingehalten worden.
Die Geländerhöhen sind entsprechend den Bestimmungen eingehalten worden und die seitlich aus-kragenden, schräg nach oben gerichteten Flügel stellen den erforderlichen Berührungsschutz dar. Das Beleuchtungskonzept ist der Bauaufgabe sehr angemessen geplant. Die indirekte LED-Beleuchtung im Handlauf wirkt dezent und verstärkt in der Wirkung die Konstruktion des Brückenbauwerkes. Die Eleganz und Ausformung der flächigen Untersicht nebst reduzierter Detailierung der Brücke wird besonders gewürdigt. Die zigarrenförmigen Stützen wirken im Verhältnis zu der Flügelkonstruktion der Brücke filigran. Eine kurze Verbindung zwischen dem westlichen und östlichen Teil der Bahngleise für Fußgänger ohne Mobilitätseinschränkungen ist durch die Planung und Anordnung zweier Treppen an der richtigen Stelle der Überquerung eindeutig platziert. Kritisch angemerkt wird, dass die erforderlichen PKW-Stellplätze nicht ausgewiesen worden sind.
Die Jury vermisst ebenfalls planerische Aussagen zur Führung von Fuß- und Radverkehr. Die entworfene Brücke stellt eine gestalterisch zurückhaltende, aber sehr elegante Ausführung dar, ist angemessen für den Ort und potentiell ´unverwechselbar´. Städtebaulich und ingenieurtechnisch ist die entworfene Brücke zeitgerecht und von sehr hoher Qualität. Die wellenförmig geschwungene Geh- und Radwegbrücke aus Cortenstahl gefertigt, bringt durch die Materialität und Formensprache einen stadtteilverbindenden Akzent gestalterisch zum Ausdruck und stellt einen sehr wertvollen Wettbewerbsbeitrag für den Ort dar. Die elegant geschwungene Figur im Lageplan führt zu einer sehr großen Spannweite über dem Gleiskörper. Dafür reagiert der gewählte Querschnitt des Brückenüberbaus aus Stahl mit einer Trogform, die ihre Höhe aus der Momentenbeanspruchung des Trägers entwickelt. Mit der gewählten Abstufung der Höhen geht allerdings die Durchlaufwirkung des Brückenträgers nahezu verloren.
Die Arbeit besticht durch ihre Verbindung von ´Brücke´ und ´landschaftsarchitektonische Intervention´. Die vorhandene Topographie und die vorgeschlagene landschaftsarchitektonische Intervention führen in einem spannungsreichen, akzentuierten Gesamtwerk. Im Osten wird die dynamische Tragkonstruktion in eine modulierte Landschaft überführt und lässt unterschiedliche Raumfolgen entstehen. Durch den Schwung nach Süden gelingt es, sowohl den Bahnhofsvorplatz wie auch die südlichen Stadträume anzubinden. Vermisst wird die P+R-Anlage, die dadurch erlangten Qualitäten dieses Freiraums rechtfertigen eine eventuelle Verlegung der geforderten Stellplätze.
Der Quartiersplatz scheint in seiner vorgeschlagenen Dimensionierung ziemlich groß, die quadratische Grünfläche unter der Brücke nicht nachvollziehbar. Der Übergang zur Gerhardt-Hauptmann-Straße ist in seiner Ausformung angenehm zurückhaltend. Allgemeine Anmerkungen vom Sachverständigen der Deutschen Bahn: Die bauordnungs- und bauplanungsrechtlichen Grenzabstände wären im Rahmen der Überarbeitung des eingereichten Entwurfes einvernehmlich mit der DB abzustimmen und ggf. anzupassen.