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Nichtoffener Wettbewerb | 01/2023

Neubau Kindertagesstätte Etzenrot in Waldbronn

2. Preis

Preisgeld: 10.000 EUR

Martin Vogelsang Freier Architekt BDA

Architektur

Anne-Sophie Poirier Freie Architektin

Architektur

faktorgruen

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Grundstück und Ausgangslage
Durch den Abbruch des bestehenden Gebäudes am Waldrand entsteht die einmalige Chance, eine moderne und nachhaltige Kindertagesstätte in räumlicher Nähe der bereits bestehenden Waldschule zu errichten. Das Grundstück am nordwestlichen Ortsrand vom Etzenrot liegt am Rande eines Waldgebiets mit einem schönen Ausblick über das Albtal und auf die Berglandschaft des Schwarzwaldes. Der wertvolle Baumbestand als Ausläufer des Waldes fasst das Grundstück im Südwesten ein. Das ausgeprägte Gefälle auf dem Grundstück ist maßgeblich für unseren Gebäudeentwurf.

Gebäude und Entwurfskonzept
Unser Entwurfskonzept fügt sich mit dem zweigeschossigen Baukörper harmonisch in den Geländeversprung von der Kirchstraße zum derzeitigen Geländeniveau des Grundstücks nach Südwesten ein. Über eine Aufweitung des Straßenraums der Kirchstraße an der südöstlichen Gebäudeecke entsteht ein trapezförmiger Vorplatz, der an die natürliche Topografie angelehnt ist und die NutzerInnen der Kita mit einer einladenden Geste empfängt. Durch die zwei abgestuften asymmetrischen Satteldächer schmiegt sich das Gebäude an die bestehenden Höhenlinien an und akzentuiert im oberen Teil den Eingangsbereich so, dass dieser von der Ortsmitte kommend eine angemessene Präsenz bekommt. 
Über einen Windfang betritt man das großzügige und gut belichtete Eingangsfoyer, welches als zentrale Verteilerzone dient. Das zentrale Patio ermöglicht einen Durchblick durch das Gebäude und zoniert den Eingangsbereich von dem aus die verschiedenen Allgemeinräume der Kita im 1.Obergeschoss erreichbar sind. Der Speiseraum kann durch eine mobile Trennwand dem Foyer zugeschaltet werden und schafft damit ein größeres Forum für Aufführungen und Feste. Der Vereinsraum bildet mit seinen Nebenräumen eine eigenständige Nutzungseinheit im 1.OG und wird von der Kirchstraße erschlossen. Auf Wunsch kann der Bewegungsraum mit dem Vereinsraum verbunden werden, wobei die übrigen Räume der Kita verschlossen bleiben können. Die drei Gruppenräume und die weiteren Nutzungen für den täglich Ablauf der Kita im EG werden über einen großzügigen und gut belichteten Treppenraum erreicht. Der räumliche Bezug und der Zugang zum Spielbereich sind damit ebenerdig für alle drei Gruppen möglich. Der mittig angeordnete Spielflur mit dem zentralen Patio gibt dem Gebäude eine klare Struktur. Die Bibliothek kann zum Patio geöffnet werden und dient als kleines Forum. Mit seinen wiederkehrenden Ausblicken in den Freiraum verschafft es eine gute Orientierung und sorgt für eine helle und freundliche Belichtung im Inneren des Gebäudes. Die U3 Gruppe orientiert sich mit dem Ihr zugehörigen Garderobenbereich giebelseitig zum im Südosten anschließenden Freibereich. Die beiden Ü3 Gruppen sind nach Südwesten zum offeneren Spielbereich ausgerichtet und erhalten auch hier über die der Garderobe vorgelagerten Schmutzschleuse den Zugang zum Außenbereich.

Freianlagen und Außenraum
Eine wichtige Leitidee der Gestaltung der Freianlagen ist der behutsame Umgang mit der Topographie sowie mit den vorhandenen Gehölzen. Es soll ein großzügiger Freiraum mit einem Waldcharakter entstehen. An der Kirchstraße sind nur kleine Eingriffe in Bezug auf die Topografie geplant. Im Bereich des Vorplatzes wird der Belag als wassergebundene Decke ausgebildet und leitet so über auf das mit Holz belegte Eingangsdeck. Räumlich gefasst durch ein Staudenbeet und einem Baum bietet eine Sitzbank die Möglichkeit zum Verweilen und als Treffpunkt. Entlang der Kirchstraße erschließt ein Holzsteg barrierefrei den zweiten Eingang für die Vereine und öffnet sich am Ende zu einer kleinen Aufenthaltszone. Der Steg ist im nördlichen Bereich über eine Treppe an die Kirchstraße angebunden. Natursteinquadern mit einer integrierten Treppe verbinden den Vorplatz mit dem unteren Spielhof. Im Hof wird mit einer Holzterrasse die Materialität des Bodenbelags vor dem Eingang aufgenommen und weiterentwickelt in einen Weg, der an der südwestlichen Fassade eine befestigte Bewegungszone im überdachten Vorbereich der Gruppenräume ausbildet. Im Südosten ist in Bezug zum Gruppenraum 3 der Spielbereich für die U3 Kinder angeordnet. Ein Zaun mit einer kleiner Toranlage trennt diesen Bereich vom großen Spielhof der Kinder Ü3 ab. Hier ist Platz für die verschiedenen Spielangebote Schaukeln, Klettern, Balancieren oder Hüpfen. Die notwendigen Fallschutzmaßnahmen werden mit Sand oder Holzhackschnitzeln ausgestattet. Im nordwestlichen Bereich erschließt ein aufgeständerter Holzsteg ein Waldhaus für die Kinder mit Aussicht ins Tal. Des Weiteren wird im Übergang zum Wald eine Waldbühne für Aufführung im Freien vorgesehen. Die vorhandene Topographie wird im südöstlichen Bereich mit Bändern aus Rasenstufen ausgebildet und im Verlauf nach Nordwesten mehr und mehr aufgelöst. Die weniger begangenen Flächen leiten harmonisch in die Natur über. Der vorhandene Geländeversprung wird für eine Rutsche genutzt und die Rasenböschungen in diesem Bereich um Treppenstufen ergänzt. Ein Gemüse- und ein Staudenbeet machen das Thema Garten im Spielhof erlebbar. Durch die vorgesehenen Auffüllungen im Nordwesten ist eine Zufahrt auf das Grundstück für Wartungszwecke am Gebäude und für die Pflege der Bäume im rückwärtigen Bereich möglich.

Konstruktion und Material
Das Gebäude wird von uns weitgehend in Holzbauweise geplant. Dies muss gerade in Zeiten des Klimawandels ein wichtiger Beitrag der Baubranche zu Reduktion des CO2 Ausstoßes sein. Kontext, Nutzung und regionale Verfügbarkeit des nachwachsenden Rohstoffes befördern diesen Anspruch und führen nach unserem Verständnis fast selbstverständlich zur Verwendung von Holz in tragender Konstruktion und Fassade. Lediglich die Bodenplatte und die Stützwand im EG zur Kirchstraße sollen in Stahlbeton ausgeführt werden. Durch die winkelstützartig auskragende Bodenplatte werden keine Queraussteifungen benötigt, so dass auch der Treppenhauskern in Holzbau ausgeführt werden kann. Für die tragenden Außen- und Innenwände werden vorgefertigte Holzständerwände geplant. Diese ermöglichen einen ressourcenschonenden Einsatz des Werkstoffs Holz. In die Zwischenräume der Außenwände werden Zellulosefasern eingeblasen. Für die Aussteifung werden raumseitig Holztafeln eingesetzt, die zugleich auch die Luftdichtigkeitsebene bilden. Sowohl im Bereich der Decke über dem EG wie auch im Dach ermöglichen Brettsperrholzplatten die notwendigen Spannweiten. Hierfür werden gezielt Auskragungen in Richtung Flur und zum überdachten Außenbereich ausgebildet. Diese wirken entlastend für die Deckenfelder und ermöglichen es die großzügigen Gruppenräume wirtschaftlich zu überspannen. Die Decke erhält gegen die Körperschalllängsleitung eine gebundene Splittschüttung und wird mit einem klassischen Estrichaufbau inclusive Fußbodenheizung ergänzt. Die asymmetrischen Dächer werden, um die Schubkräfte der Dachflächen aufzunehmen, mittels Zugstäbe in Baubuche in Verbindung mit Gewindestangen unterspannt.




Beurteilung durch das Preisgericht

Mit zwei Satteldächern, parallel zum Hang organisiert, fügt sich das Gebäude sensibel in die vorgefundene Topografie ein. Die asymmetrisch ausgeformten Dächer unterstützen dabei die Geste, den Geländeverlauf sanft nachzuzeichnen. Wie selbstverständlich orientiert sich der Eingang des Kindergartens Richtung Dorf. Mit zwei schräg gestellten Wandflächen gelingt es den Verfassern auf einfache, aber überzeugende Weise, sowohl die Zugangssituation zum Kindergarten als auch zu den Vereinsräumen zu akzentuieren. Nicht gänzlich überzeugen kann, wie sich der horizontale Steg, der den Eingang des Vereinsraums erschließt, parallel zur Kirchstraße entwickelt und in einer gesonderten Treppe seinen Abschluss findet.
Die Grundrisse sind klar strukturiert, erlauben eine einfache Orientierung und versprechen gleichmäßig hohe Aufenthaltsqualitäten, insbesondere in den Spielfluren und den Gruppenräumen des Kindergartens, die darüber hinaus alle über einen ebenerdigen Zugang zum Freibereich verfügen.
Die geschickte Anordnung von Vereinsraum und Mehrzweckraum des Kindergartens erlaubt anlassbezogen eine Koppelung beider Räume. Im Erdgeschoss ist das Satteldach auch im Innern erlebbar und trägt so zu einer hohen Raumqualität mit vergrößertem Luftvolumen bei. Etwas kritisch wird die Dimensionierung und räumliche Qualität der Treppe ins UG beurteilt, die ja von allen Kindergartennutzern begangen werden muss.
Die überraschende Anordnung eines Lichthofes im Zentrum des Gebäudes wird in seiner Dimension kontrovers diskutiert. Durch seine Zweigeschossigkeit bewegt sich seine Breite an der unteren Grenze des Sinnvollen. Möglicherweise könnte durch eine einfache Verglasung in der Dachschräge des Lichthofes auch ein kleines Gewächshaus entstehen könnte. Ungeachtet der größeren Tiefe des Gebäudes, die letztlich dem Lichthof geschuldet ist, ist der verbleibende Freibereich gut dimensioniert und verspricht eine leicht zu organisierende Zonierung für unterschiedliche Altersgruppen. Durch eine geringfügige Tieferlegung des Gebäudes könnte es möglicherweise gelingen, die Höhenanschlüsse an das vorhandene Gelände zu optimieren. Die klare Strukturierung des Gebäudes wird eine Realisierung in Holz-Hybridbauweise auf wirtschaftliche Weise ermöglichen.
Insgesamt ein Entwurf, der eine überzeugende Lösung für die anspruchsvolle Aufgabe im sensiblen Kontext darstellt.
Obergeschoss Straßenniveau

Obergeschoss Straßenniveau

Erdgeschoss

Erdgeschoss

Ansicht Ost

Ansicht Ost

Schnitt Nord-Süd

Schnitt Nord-Süd