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Einladungswettbewerb | 12/2022

Quartiersentwicklung Insterburger Straße in Dortmund

Perspektive Quartiersplatz

Perspektive Quartiersplatz

1. Preis

Preisgeld: 30.000 EUR

studio grüngrau Landschaftsarchitektur GmbH

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Die Insterburgsiedlung in Dortmund-Huckarde entspricht den in den Nachkriegsjahren typischen Siedlungsstrukturen und bedarf hinsichtlich der Freianlagen einer grundlegenden Sanierung und Herstellung von zeitgemäßen Freiraumstrukturen.
Unser Konzept sieht eine Belebung der bisher mindergenutzten Freiräume und deren aktive Aufladung durch neue Elemente vor.
Ziel ist es, vielfältig nutzbare Freiflächen zu entwickeln, die pflegeextensiv sind und zugleich vielfältige Aktivzonen für Spiel und Sport sowie Gemeinschaftsflächen anbieten. Dabei wird das Parkplatzkonzept grundlegend überarbeitet, ein Regenwassermanagement integriert und der gesamte Freiraum durch eine vielfältige Bepflanzung einer größeren Biodiversität zugeführt.
Alle erdgeschoßbezogenen Wohnungen erhalten einen Mietergarten, der mittels Gartentor und Laubhecken abgegrenzt wird.
Quartiersplatz
Der Quartiersplatz ist das neue Zentrum der Insterburgsiedlung. Der Platz liegt an der Insterburgstrasse in der Mitte des Quartiers. Die bereits bestehenden Haltestellen des ÖPNV werden dadurch sinnvoll integriert. Auf dem Platz wird ein vielfältiges Angebot entwickelt. Neues Zentrum ist das Multifunktionsgebäude der Vonovia mit Stadtteiltreff, Quartiersmanagement, Büros und Verwaltung. Ergänzend findet sich im neuen Gebäude auch eine Mobilitäts- und Paketstation und Fahrradabstellplätze.
Der Platz aus überwiegend ungebundener Decke wird in einigen Bereichen wie der Straßenüberfahrt, dem Wasserspiel und in den Zugangsbereichen des Gebäudes mit einem beigefarbenen Asphalt befestigt.
Große Pflanz- und Retenionsinseln lockern die Struktur auf. Kleinere Spiel- und großzügige Sitzplatzangebote ergänzen den Platz.
Die Lage der bestehenden Gasleitung wurde bei der Gebäudestellung berücksichtigt.
Regenwasserversickerung und Biodiversität
Durch ein intelligentes und zugleich bezahlbares Regenwassermanagementsystem werden nicht nur zukünftige Starkregenereignisse gemildert, sondern auch durch die Verdunstungskälte das Kleinklima in Hitzeperioden verbessert.
Hauptbestandteil sind die dezentralen Retentionsmulden, die einen definierten Mindestwasserstand haben und mittels variierenden Wasserstands erhebliche zusätzliche Niederschlagsmengen aufnehmen können. Über angrenzende Rigolen wird das anfallende Regenwasser lokal versickert.
Die Wasserflächen dienen zudem der Vegetation und den urban gardening Bereichen.
Daneben werden bei „kritischen“ Baumstandorten mit wenig Substratvolumen und unversiegelten Baumscheiben Baumrigolen installiert.
Zusammen mit den extensiven Dachbegrünungen mit zusätzlichen Festkörperspeichermatten entsteht so ein intelligentes Prinzip für die Nutzung des Regenwassers.
Mittels einer dem Klima angepassten Bepflanzung mit resilienten Baum-, Strauch- und Staudenarten wird insgesamt eine deutlichere Durchgrünung des Quartiers angestrebt.
Durch weitere Maßnahmen, wie das Aufstellen von Bienenstöcken, von Nisthilfen, von Insektenhotels und Überwinterungsquartieren sowie dem Aufbau von Trockenmauern für Amphibien wird ein auch für Fauna und Flora „lebendiges“ Quartier entstehen.
Grünachsen
Zentrale neue Entwurfsidee sind die beiden Grünachsen, die sich zukünftig durch die Siedlung ziehen. Hier entstehen vielfältige, gemeinschaftlich nutzbare Freiraumbänder, die alle neu geschaffenen Elemente wie Spiel- und Sportplätze, urban gardening und Retentionsbereiche integrieren - ein Band der Kommunikation, der Erholung und der Aktion.
Fahrrad, Müll und Parkplätze
Mit der teilweisen Verlagerung und der Teilaufstockung von Parkpaletten entsteht überhaupt erst der Handlungsspielraum für die Freiflächen.
Insgesamt werden 413 Parkplätze geschaffen.
Müll- und Fahrradstellplätze sowie Fahrradboxen werden dezentral organisiert und sinnvoll den einzelnen Gebäuden zugeordnet. Laubhecken rahmen diese Standorte ein.
Insgesamt werden 590 Fahrradabstellplätze geschaffen.
Wartungs- und Rettungswege sind entsprechend den Anforderungen berücksichtigt worden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit orientiert sich sehr deutlich an der Bestandssituation, insbesondere im Hinblick auf die vorhandene Erschließungsstruktur und den Baumbestand. Durch zwei neue schlüssig ausformulierte Grünachsen in Ost-West-Richtung wird ein attraktives Freiraumkonzept initiiert.

Die Stellplatzanlagen nördlich der Insterburger Straße werden zugunsten dieser Achsen konsequenterweise nach Norden verschoben. Beide Achsen werden als multifunktionale Bänder, die auch als Ringsystem vernetzt und nutzbar sind für alle Bewohnenden ausformuliert.

Das zentrale und identifikationsstiftende Element stellt der sinnfällig positionierte und richtig proportionierte Quartiersplatz südlich der Insterburger Straße dar, in dem auch ein geplantes VONOVIA Verwaltungsgebäude im Einmündungsbereich von Insterburger und Rastenberger Straße integriert wird. Der Platz umfasst ebenfalls zahlreiche Gestaltungselemente und Nutzungsangebote. Städtebaulich und funktional ist diese neue Quartiersmitte im Kontext der Siedlung sehr gut nachvollziehbar.

Im südlichen Bereich schließt sich als Abschluss der südlichen Grünachse ein Spielplatz mit Pergola als wunderbare funktionale Ergänzung an. Kontrovers wird das Angebot an Urban Gardening - Flächen in der südlichen Grünachse diskutiert, jedoch wären hier auch alternative Ausgestaltungen und Nutzungen gut denkbar.

An den Zeilenbauten werden Mietergärten für die EG-Wohnungen angeboten; in der Mitte der Wohnhöfe entsteht ein Angebot an wohnungsnahen Freiräumen mit flexiblen Nutzungsangeboten. Diese Zonierung von privaten und halböffentlichen Räumen stellt neben den beiden Grünachsen ein gutes Ordnungssystem innerhalb des heutigen ungegliederten
Abstandsgrün dar und entspricht den bewährten und aktuell nachgefragten Freiraum- und Gartennutzungen im Quartier.

Das dezentrale Regenwasserkonzept ist nachvollziehbar und wird die Freiraumqualitäten und Wachstumsbedingungen für die Pflanzungen optimieren.

Die öffentlichen (Besucher-) Stellplätze an der Insterburger Straße als „dritte Achse“ im Freiraumsystem entfallen ohne nachvollziehbare Begründung. Für den Straßenraum wird leider in diesem Kontext keine erkennbare Gestaltungsidee formuliert, was ein Manko dieser Arbeit darstellt und der Straße als potentielles Rückgrat keine wirklichen Qualitäten verleiht, sondern eher eine Beschleunigung des MIV befürchten lässt. Die Parkpaletten und ebenerdigen Stellplätze sind nachvollziehbar im Quartier verteilt und lassen keine Beeinträchtigung der Wohnqualitäten erwarten. Müllabstellflächen und Fahrradabstellmöglichkeiten sind ebenfalls wohnungsnah und erschließungstechnisch gut platziert. Ein ausreichendes wohnungsnahes Angebot an Fahrradabstellplätzen ist jedoch zu überprüfen. Die aufgrund von Grundstücksverfügbarkeit nicht realisierbare Parkpalette im Osten wird eine Nachbesserung im Konzept erforderlich machen.

Die Arbeit wird im positiven Sinne als solides und robustes Konzept gewertet, das sich auch im Hinblick auf künftige Werteparameter (z.B. Mobilitätsverhalten) als ausreichend flexibel zeigt und sukzessiv nachsteuern ließe. Leider werden zu wenige visionäre Ansätze im Kontext der IGA 2027 vermittelt.

Insgesamt handelt es sich aber um einen gut durchgearbeiteten und transparenten Entwurf, der eine zeitnahe, unkomplizierte Umsetzung impliziert und somit sicherlich auch eine tragbare wirtschaftliche Lösung darstellt. Mit vergleichsweise geringen Eingriffen in das Grünsystem werden hohe Freiraumqualitäten generiert, die als sozialverträglich zu werten sind und sicherlich eine große Akzeptanz in der Bewohnerschaft erwarten lassen.
Perspektive Grünachse

Perspektive Grünachse

Lageplan 1:500

Lageplan 1:500

Lageplan 1:200

Lageplan 1:200

Abgabeplan 1-2

Abgabeplan 1-2

Abgabeplan 3-4

Abgabeplan 3-4