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Einladungswettbewerb | 01/2023

Neugestaltung Bahnhofsumfeld in Traunstein

Lageplan

Lageplan

ein 2. Preis

Preisgeld: 17.000 EUR

lohrer.hochrein landschaftsarchitekten und stadtplaner gmbh

Stadtplanung / Städtebau, Landschaftsarchitektur

modellwerkstatt reinhold fischer

Modellbau

Erläuterungstext

Städtebauliches Konzept | Mit der Neugestaltung des Bahnhofsumfeldes bietet sich die Gelegenheit, Traunstein in diesem Bereich gleich in vier Aspekten zukunftsorientiert weiterzuentwickeln:

• Mit dem neune Steg und dessen Einbindung in das innerstädtische Wegenetz wird die Zäsur Bahn überwunden und die nachfolgenden Quartiere und der neue entstehende Campus niederschwellig in des urbane Grid eingeflochten.
• Auf den bisher nur gering gewerblich bespielten Flächen entlang der Bahnstraße entsteht ein hochwertiger Mix von hochschulaffinem Gewerbe, Co-Working und attraktiven Wohnungsbau im Grünen.
• Der Bahnhofsvorplatz wird von einem Zuviel der vergangenen Jahre aufgeräumt und mit einem leicht zu begehenden Belag versehen. Es entsteht ein einladend offener, offener und flexibel bespielbarer Vorplatz mit ausreichend Flächenreserven für kommerzielle wie non-kommerzielle Nutzung.
• Der bisher sehr steinerne, funktional geprägte Verkehrsraum kann durch eine intensivere Begrünung zu einem eigenständigen Westabschnitt eines rahmenden Grünringes entwickelt werden und somit einen eigenständigen Beitrag für Klimaschutz und Klima-Resilienz der Stadt schaffen.
Das vorliegende Konzept ermögliche einerseits diese unterschiedlichen Aspekte in räumlich wie zeitlich voneinander weitgehend unabhängigen Projekten zu entwickeln und trotzdem im Schritt um Schritt so ein synergetisches wie stimmiges Gesamtbild zu entwickeln.

Mobilitätskonzept | Das bestehende Erschließungskonzept mit Einbahnregelung, zentraler TG und oberflächlich zeitlich eingeschränkten Kurzparker und Anlieferungen wird beibehalten, verfeinert und ergänzt.
In der Stegschleife entsteht ein neuer Mobilitätshub, der ein modernes wie großzügiges Fahrradparkhaus mit begleitendem Service und Bike- wie Car-Sharing Angeboten in direkter Nähe zum ÖV verknüpft.
Das Radwegenetz wird in der Folge des neuen Steges verdichtet und aus allen Richtungen mit der neunen Querung verflochten. Dafür wird insbesondere für Fahrräder die Einbahnregelung der Bahnhofstrasse mittels einer getrennt geführten parallelen Trasse aufgehoben.
Durch die Erweiterung der bestehenden TG unter dem Moblitäts-Hub entstehen weitere Stellplätze, sodass oberflächige Stellplätze nur noch für Anlieferung und kurzen Hol- und Bring-Verkehr zur Verfügung stehen.

Bahnhofsquartier Nord | Parallel der Bahn entsteht in Verbindung mit dem bestehenden Hochpunkt und Abschluss des Platzes eine lang gesteht Gewerbestruktur – flexibler Raum für hochschulaffine Ausgliederungen, Start-Ups oder Co-Working Spaces. Die erforderlichen Stellplätze sind im EG bzw. in TG auf dem Gelände untergebracht.

Bahnhofsquartier Süd | Um die gewundene Rampe des neunen Steges entsteht der neue Mobilitätshub mit ergänzenden Raumangeboten für Büros, Boarding House oder Co-Working in der ergänzenden Überbauung.
Um den Hub entwickelt sich ein neues Platz- und Gassengeflecht, das die bestehenden Wege in Richtung Innenstadt ergänzt und neue Wohnlagen fußläufig ergänzend mit einbindet. Eine großzügige Durchgrünung und der schon weite Blick auf den Turm der Auferstehungskirche prägt dieses neue Quartier.
Das Quartier knüpft an die Traunstein westlich der Innenstadt prägenden Villenstruktur an, interpretiert sie neu und entwickelt mit hohem Freiraumbezug ein attraktives Wohnquartier. Die erforderlichen Stellplätze sind unter Würdigung der besonderen Verkehrsgunst vollständig in TG unter der Wohnanlage untergebracht.

Bahnsteg | ein Steg ist nur so gut wie die Rampen letztendlich zum liegen kommen – mit diesem Gedanken entwickelt sich - ausgehend von den wesentlichen Anknüpfungspunkten - ein bequem flach geneigtes und attraktiv in die grüne wie gebaute Landschaft eingeflochtenes Wegeband. In gut zu befahrenden Radien schlängelt es sich auf der Westseite durch die Baumkronen des neunen Bahnparks und auf der Stadtseite um die grüne Fassade das Fahrradparkhauses. Angedockte Treppentürme erlauben ergänzend Fußgängern die kurze Verbindung zu den direkt angrenzenden Zielen – beispielsweise zu den Buswartebereichen oder dem neuen inneren Platz.

Bahnhofsplatz | Der Bahnhofsplatz wird geklärt und mit einem barrierefreiem Wegebelag versehen. Das Wildpflaster aus melangiertem Granitkleinstein in wechselnden Farben und Formaten bietet eine lebendige Struktur die flexibel auf die besondere Topografie antworten kann. Die barrierefreien Oberflächen sind gesägt – an den Übergängen zu den befahrbaren Flächen sind taktile Markierungen eingefräst.
Zwei lang gestreckte Bänke zonieren einladend die Fläche, grenzen erkennbar den Parkverkehr aus und lenken den Fußgänger dezent zu den geschützten Querungen. Der verstellende Bestands-Brunnen wird auf eine dezent eingelegte Brunnenschale als Blickfang zurückgebaut.
Das bestehende flache Eiscafé kann einer „Vitrine“ entsprechend erhöht werden und trägt so zu einer weiteren Belebung des Platzes bei.

Kilmaresilienz / Schwammstadt | Die schrittweise Umsetzung der großen Bausteine wird durch einen Reihe kleinerer Maßnahmen begleitet, mit den Brachflächen entsiegelt und mit Bäumen unter besonderer Würdigung der Klimabeständigkeit überstellt werden. Anfallendes Regenwasser wird auf den Grundstücken in leichten topographischen Mulden retardiert und anschließend gedrosselt zur Versickerung gebracht.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das städtebauliche Konzept respektiert im Kernbereich die bestehende Situation. Die beiden Hochpunkte Post und Wohnhaus am Kino werden im Süden durch einen neuen Hochpunkt ergänzt. Dadurch wird der Bahnhofplatz räumlich gut gefasst. Die Bebauung entlang der Crailsheimstraße wird in angenehmer, auf den Kontext reagierender Körnigkeit entwickelt. Bedauerlich ist, dass das NUTS nicht in diese Struktur integriert worden ist. Sehr begrüßt wird die Idee den Baumbestand an der Westecke Richtung Bahnareal zu erhalten. Der Vorschlag für die Neubebauung im Norden (Hartinger-Areal) mit zwei flacheren, liegenden Baukörpern ist eine sehr gute Alternative zu der als unbefriedigend beurteilten Idee der „Twin-Tower“.

Die Fuß- und Radbrücke startet mit einer gewendelten Rampe auf die Westseite in einer Grünfläche und endet auf der Ostseite im „MobilitätsHub“, wo sie als Teil des Gebäudes Richtung Bahnhofplatz führt. Die Verbindung von Gebäude und Rampe wird im Hinblick auf eine zügige Realisierung kritisch beurteilt, könnte aber als Interim über einen Aufzugsturm nördlich des Busbahnhofs gelöst werden. Das bestehende Verkehrssystem auf dem Bahnhofplatz wird beibehalten. Eine neue, separate Radspur gegen die Einbahnrichtung wird vorgeschlagen. Durch einen einheitlichen Belag wird die Bahnhofstraße mit dem Bahnhofplatz auf der Bodenebene zu einem einheitlichen Raum zusammengefasst.

In diesem Stadtraum werden einige wenige, richtig positionierte Setzungen eingeführt, die die Zonierung verschiedener Platzbereiche ermöglichen. Zwei lange Bänke bieten nicht-kommerzielle Aufenthaltsqualität und grenzen das ebenfalls mit Gastronomie bespielte Vorfeld des Eiscafés und des Kinos gegen den Verkehrsraum ab. Die bestehende, sehr dominante Brunnenanlage wird aufgelöst und durch eine seitlich verschobene, kleinere Brunnenschale ersetzt. Durch diesen Rückbau wird die Barriere der vorhandenen Mauern aufgelöst, sowohl Sicht- als auch Gehbeziehungen zum Bahnhofseingang werden hergestellt. Die Kombination von langer Bank, Brunnenschale und Bestandsbäumen ergibt einen angenehmen Aufenthaltsort vor dem bestehenden Eiscafé.

Positiv bewertet wird, dass in der Bahnhofstraße die Bestandsbäume erhalten und mit Neupflanzungen ergänzt werden. Der Charakter einer Allee mit angrenzenden baulichen Solitären im Grünen wird durch den Erhalt der Vorzonen wohltuend gestärkt. Insgesamt erkennt die Arbeit die Defizite und Potentiale sowohl des Städtebaus als auch des Freiraums im Bahnhofsumfeld und reagiert darauf mit angemessenen Interventionen.