Die Verfasser*innen formulieren für den Hochschul-Campus ein Ensemble aus fünf gleichartigen Hallen, die sich in zwei Reihen längs zum Hafenbecken und der Hafenallee ausrichten. Ihre versetzte Anordnung formuliert im Bereich der Durchsicht einen gut proportionierten trichterartigen Auftaktplatz, der sich zum Hafenbecken hin öffnet und das kommunikative Herz der Hochschule bildet. Punktuelle, ovale Baum- und Pflanzinseln erzeugen einen fließenden Außenraum, der die Hallen umspült. Ob die dargestellten grünen Dachflächen in der vorgeschlagenen Form als grüner Freiraum funktionieren können, wird kritisch diskutiert.
Der zukünftige Hochschulplatz wird von Stirnseiten der ihn flankierenden Baukörper gefasst und durch die sich zu ihm orientierenden Ausstellungsflächen und Werkstätten belebt. Die fassadenhohen Falttüren erhöhen seine Öffnung und Bespielbarkeit zusätzlich. Die Haupteingänge der Hochschule liegen in Erschließungsgelenken, die in den Obergeschossen passarellenartige Verbindungen ausbilden. Ihre vom Platz aus stark zurückversetzte Lage in den östlichen Hallen macht die Adressierung der Cluster drei bis fünf unklar.
Die Architektur der Hallen ist als industriell anmutende Skelettkonstruktion aus Betonfertigteilen gedacht, die – so versprechen es die Verfasser*nnen – durch ein System aus Holzstützen und -kassettendecken individuell und je nach Bedarf mit den unterschiedlichen Nutzungen der Hochschule aufgefüllt werden kann. Dieses Grundgerüst verspricht Robustheit und eine zukünftige Anpassbarkeit, deren Flexibilität jedoch nicht aufgezeigt wird. Im Bereich des Hochschulplatzes und im Osten bespielen Teile der Skelettkonstruktion als offenes Freiraumgerüst den Außenraum, im östlichen Bereich kann die Hochschule später durch einen Ausbau des Gerüsts erweitert werden.
Das Studierendenwohnheim reiht sich als kleinere Schwester im Ausdruck in die Hallenarchitektur ein. Die Struktur wird hier mit einer Nutzungsanordnung um einen zentral gelegenen Erschließungskorridor aufgefüllt. So entstehen Wohnräume, die sich zur stark befahrenen Hafenallee orientieren. Einige der Wohngemeinschaften verfügen über parallel zum Korridor angeordnete Gemeinschaftsflächen und Vorbereiche von Zimmer-Clustern, wodurch zu schmal bemessene Aufenthaltsräume ohne Tageslichtversorgung oder zusätzliche Erschließungsflächen entstehen. Die Lage der Mensa ist im Osten abseits des Hochschulplatzes gelegen und sollte zum Campus orientiert werden. Zudem ist ein zusammenhängender Raumverband zu gewährleisten und die Vorgaben aus dem Auslobungstext zu berücksichtigen. Ergänzend sind die Technikflächen zu klein angesetzt. Die Tiefgaragenzufahrt an der Hafenallee ist städtebaulich ungünstig positioniert.
Der Ausdruck der industriellen und flexibel anpassbaren Hallenarchitektur wird im Ansatz als großes Potenzial für eine alleinstehende Architektursprache für die Hochschule angesehen. Im Inneren wird die potenziell sehr hohe räumliche Qualität des Hallentypus für die Jury aber nicht überzeugend weiterentwickelt. Die Hallen werden mit gewöhnlicher Architektur aufgefüllt und vermögen keine eigene Formensprache zu entwickeln; der Hallenraum ist lediglich im Bereich vereinzelter, großzügiger atriumartiger Deckenausschnitte erlebbar.
Die als gleichartiger Vorhang formulierte Begrünung der Fassaden und die begrünten und begehbaren Schrägdächer des Hallenensembles wirken nicht fertig ausformuliert. Ob die dargestellten grünen begehbaren Dachflächen in der vorgeschlagenen Form als Freiraum funktionieren können wird kritisch diskutiert. Insgesamt nutzt sich das Ensemble durch die 19 Addition von mehreren, gleich dimensionierten und untereinander nicht ausdifferenzierten Hallenbauten in seiner Wiederholung ab.
Der Einsatz von Holzstützen und -decken stellt aus brandschutztechnischer Sicht formal eine Abweichung zur Hessischen Bauordnung dar, wonach im Sonderbau – Gebäudeklasse 5 die tragenden und raumabschließenden Bauteile feuerbeständig sein müssen. Hier werden tragende und aussteifende Teile aus nichtbrennbaren Baustoffen vorgeschrieben (§ 29 HBO). Die Ausbildung begrünter Fassaden ist aus brandschutztechnischer Sicht möglich, solange gewisse Spielregeln (Pflegeordnung, Abstand zum Dach, Abstand zur Brandwand, etc.) berücksichtigt werden. Es wird eine flächendeckende Löschanlage in Verbindung mit Rauchschutzvorhängen zur Kompensation der offenen Geschossverbindung (Atrien) geplant.
Die hessischen Anforderungen zur Erreichung des Niedrigstenergie-Standards können mit dem vorliegenden Entwurf erfüllt werden. Dennoch lässt der sehr hohe Glasflächenanteil in der Fassade den Rückschluss zu, dass die Gebäudeflächen großflächig technisch konditioniert werden müssen.
Der aus konstruktiven und technischen Maßnahmen, sowie einer Fassadenbegrünung bestehende sommerliche Wärmeschutz, wirft Fragen bezüglich der sich ergänzenden Komponenten und deren Wirksamkeit auf.
Der Wärmebedarf soll durch eine Solarthermie-Anlage und Wärmepumpen gedeckt werden. Das vorgeschlagene Konzept erscheint plausibel, wobei es dennoch Fragen zum Umgang mit dem Fernwärmeanschluss und damit der Wirtschaftlichkeit aufwirft.
Der Strombedarf soll ergänzend zum Netzanschluss durch eine Fotovoltaikanlage gedeckt werden.
Insgesamt werden das Energiekonzept und der geplante Einsatz von erneuerbaren Energien positiv bewertet. Die vorliegenden Potenziale werden weitgehend ausgeschöpft.
Zur Verringerung der Energiegehalte in den Baustoffen werden Vorschläge zur Verwendung von Holzmaterialen gemacht.
Insgesamt erscheint das Nachhaltigkeitskonzept plausibel und gibt eine Aussicht auf weitere zu hebende Potenziale.
Der Wettbewerbsbeitrag liegt - bezogen auf den vorgegebenen Kostenrahmen - in der vergleichenden Kostenbetrachtung über dem Durchschnitt aller Wettbewerbsbeiträge und über dem Wert der Vorgaben aus dem „0"-Projekt.
Eine mögliche Bauabschnittsbildung (Sollbruchstellen) im Baufeld B wird nicht ausreichend differenziert dargestellt.
Der Entwurf stellt mit dem industriegeschichtlichen Zitat des Hallenmotivs einen interessanten Ansatz dar, der in funktionaler Hinsicht noch optimiert werden müsste.