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Nichtoffener Wettbewerb | 01/2023

Neubau Alfred-Delp-Grundschule mit Einfeld-Turnhalle in Mannheim-Gartenstadt

Anerkennung

Preisgeld: 5.000 EUR

KASTNER PICHLER SCHORN ARCHITEKTEN

Architektur

studio grüngrau Landschaftsarchitektur GmbH

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

LEITIDEE
An die Idee der Gartenstadt angelehnt wird ein möglichst kompakter Gebäudekörper in den nordwestlichen Grundstücksteil platziert, sodass dieser in Richtung Südosten ein möglichst großes Feld zwischen Waldpforte und dem Lerngebäude aufspannt, das mit einer parkähnlichen Gestaltung und naturnahen Atmosphäre seine Umgebung der Gartenstadt aufnimmt und sie als Idee stützt. Die Gebäude der Sporthalle und des zukünftigen Kita-Gebäudes werden als Villen im Park gesehen. Hier entsteht ein Ort des Austauschs, der Kommunikation, ein campusartiges räumliches Gefüge, das zwischen öffentlichen und geschlossenen Situationen vermittelt.
Das Ensemble bildet eine sichtbare Adresse für den neuen Kinder-Campus aus. Durch das Zurückversetzen von der Straße entsteht ein angemessener Vorbereich. Ein zentrales und den Außenraum gliederndes, begrüntes Dach kann im zweiten Bauabschnitt nach Entfernung des Bestandes ergänzt werden.

AUßENANLAGEN
Die Außenanlagen einer Schule sind heutzutage wichtiger Bestandteil eines modernen Schulkonzeptes.
Zentrales Element des Entwurfes ist der große Schulhof als neues grünes Zentrum.
Die abwechslungsreiche Gestaltung mit dezentralen Sitz- und Aufenthaltsbereichen, Spiel- und Sportflächen sowie den weitestgehenden Erhalt der vorhandenen Baumsubstanz schafft hier einen Ort des Lernens und des Wohlfühlens.
Über einen, analog zum Schulhof, gestalteten Eingangsplatz werden die Sporthalle, die Kindertagesstätte und die Grundschule erschlossen. Der Anlieferungsbereich liegt im Norden und ist räumlich durch einen Zaun und einer Hecke vom Schulkomplex getrennt. Unter der Tribüne ist die Müllentsorgung organisiert. Durch das Unterfahren der Tribüne wird eine Wendemöglichkeit für die Anlieferung geschaffen.
Der Schulhof und der Vorplatz gliedern sich in befestigten Flächen aus farbigem Asphalt und größeren Spiel- und Sport- sowie Wieseninseln. Die Spiel- und Sportbereiche bekommen entsprechend den Anforderungen Fallschutzbeläge aus Gummigranulat. Die große grüne Insel wird modelliert und speichert dadurch die Niederschläge in einer Retentionsmulde.
Das grüne Klassenzimmer befindet sich räumlich getrennt im süd-westlichen Schulhofbereich entlang der Grundstückgrenze.
Die beiden Innenhöfe werden jeweils mit Solitärbäumen bepflanzt. Beide Höfe sind zum Betreten vorgesehen.
Die Auswahl der Baumarten erfolgt unter den Aspekten der Klimaresilienz.
Fahrradstellplätze liegen zentral auf dem Vorplatz. Der Kindergarten hat einen eigenen räumlich abgeschlossen Außenspielbereich. Das Grundstück wird mit einem anthrazitfarbenen Stahlzaun mit einer Laubhecke eingefasst. Entsprechende Tore und Zugängen sind an den Eingängen berücksichtigt.

ARCHITEKTUR
Das neue Lerngebäude setzt sich bewusst zwischen Schulhof und Sportanlagen und sucht allseitige Symbiose mit den Außenräumen.
Im Innenraum wird zwischen dem nördlichen dem südlichen Zugang mit Platz für Bewegung der Schüler vermittelt und eine großzügige Verbindung mit direkten Blickbeziehungen durch das Gebäude vom Schulhof bis zu den angrenzenden Sportanlagen geschaffen.
Von unten nach oben entwickelt sich der Raum von großzügigen öffentlicheren Zonen bis hin zu den kleineren Einheiten der Cluster im Obergeschoss. Blickbeziehungen über das mittige Atrium fördern eine kommunikative Lernkultur. Zwei Tageslicht spendende und begrünte Innenpatio ergänzen die Cluster und den nah an den Clustergruppen gelegenen Pausenbereich im Erdgeschoss. Hier kann dieser zum einen getrennt als Ganztags- und Mensabereich genutzt oder aber zu einem großen Raum für Ausstellungen, Vorträge und vieles mehr zusammengeschaltet werden. Die große Treppenlandschaft dient neben der Erschließung auch als Aufenthaltsraum und kann als Tribüne für Bühnensituationen dienen. Ein zentraler Aufzug steht für Rollstuhlfahrer zur Verfügung.
Die vier Cluster sind jeweils unter 400m2 groß und verfügen über eigene begrünbare vorgelagerte Lern-und Spielterrassen, die darüber hinaus als Rettungsbalkone dienen. Von jeder Stelle eines Aufenthaltsraums im Obergeschoss wird ein direkter Ausgang ins Freie erreichbar sein.
Dadurch ergeben sich sehr kurze Angriffswege für die Feuerwehr, was die Realisierung von zusammenhängenden Lernbereichen ohne interne Brandschutzanforderungen ermöglicht. Der zentrale Treppenraum ist als eigenständiger Bereich von den Nutzungseinheiten entkoppelt.
Für RollstuhlfahrerInnen bzw. Personen mit eingeschränkter Mobilität sind gesicherte Wartebereiche vor den Außentreppen vorgesehen, an denen diese Personen bis zur Evakuierung verweilen können.
Auf diese symbiotische und selbstverständliche Weise kann die Idee der Lernhäuser auch auf Grundlage der derzeitigen Schulbaurichtlinie umgesetzt und zugleich eine direkte Verbindung zu den Außenräumen im Erdgeschoss geschaffen werden.
Der Ganztagsbereich und die Mensa sind vollständig auf den Schulhof ausgerichtet. Dieser kann so mittels öffenbaren Schiebeelementen als erweiterter Innenraum flexibel in das didaktische Konzept einbezogen werden.

KONSTRUKTION + NACHHALTIGKEIT
Bei der Realisierung und dem Betrieb manifestiert der ‚Cradle to Cradle‘-Gedanke das zeitgemäße Streben nach Nachhaltigkeit.
Von Anfang an wird nicht nur eine ressourcen- und energieschonende Erstellung des Gebäudes berücksichtigt, sondern auch der Betrieb sowie eine eventuelle Nachnutzung als auch der potentielle Recyclingprozess des Gebäudes bedacht.
Wiederverwertbare Baustoffe spielen hierbei eine prägende Rolle. Auf geklebte und nicht reversible Verbindungen soll wo immer möglich grundsätzlich verzichtet werden. Das gesamte Projekt wird in nachhaltiger Holzhybridbauweise erstellt. Lediglich die Kerne und die Bodenplatten im erdberührten Bereich werden aus Recyclingbeton erstellt.
Die Struktur basiert auf Stützen und ist flexibel für etwaige zukünftige Nutzungsänderungen. Trotz der geschossweise wechselnden Grundrisse, ist im Entwurf ein Achsensystem integriert, welches einen durchgängigen Lastfluss ermöglicht und das Gebäude in klare Tragabschnitte gliedert.
Stützen und Decken werden als Holzkonstruktionen und als Decken mit Aufbeton ausgeführt. Die Holz-Beton-Hybridbauweise begünstigt eine fachgerechte Umsetzung der bauphysikalischen, brandschutztechnischen und akustischen Anforderungen. Zeitgleich bietet sie die Möglichkeit, den Fußboden als Heiz-/Kühlfläche zu nutzen und solare Wärmeeinträge dort abzuführen, wo diese im Fassadenbereich entstehen. Die Wärme kann einem smarten Energiemanagement zugeführt und genutzt werden.
Öffenbare Elemente realisieren eine natürliche Fensterlüftung. Es ist angestrebt die freie Lüftung lediglich für Spitzenlasten mechanisch zu unterstützen. Durch die Atrien ist eine Nachtauskühlung für den sommerlichen Wärmeschutz möglich. Der Einsatz von Wärmepumpen und adiabater Kühlung der Fortluft stellt zusätzliches Potential dar. Außenliegende Raffstore mit Lichtlenkfunktion werden ergänzend eingesetzt. In den Lernräumen begünstigen Oberlichter die Tageslichtatmosphäre.
Eine fein abgestimmte Beleuchtungsanlage erfüllt nicht nur die aktuell gültigen Normen und Vorschriften, sondern unterstützt das Wohlbefinden, die Stimmungslage und die Gesundheit der SchülerInnen und LehrerInnen.
Die lichttechnische Steuerung erfolgt in Abhängigkeit zum natürlichen Licht, Tageszeit und Nutzer.
Alle Dachflächen sind mindestens einfach intensiv begrünt und haben eine Drainage aus Festkörperplatten, die das Regenwasser zwischenspeichern. Das Dach des Schulgebäudes wird für die solare Energiegewinnung durch Photovoltaik genutzt. Hieraus direkt gespeiste Ladesäulen stellen einen weiteren sinnvollen Beitrag zur Elektromobilität in Mannheim dar. Überschüsse aus der Stromgewinnung, die vorrangig der Schule zugunsten kommen soll, werden ggf. ins öffentliche Netz eingespeist.
Durch ein smartes Energiemanagement können solare Einträge und IT-Abwärme zur Kühlung genutzt werden.
Im Foyer kann durch eine Anzeigetafel die Energiebilanz von den SchülerInnen abgelesen werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die VerfassenInnen begründen ihr städtebauliches Konzept mit einem möglichst großen Feld innerhalb der Gartenstadt zwischen Waldpforte und Bildungsbau. Die Setzung des Baukörpers an der Westseite schafft zwar einen großen Vorbereich. Eingeschnürt wird dieser allerdings durch die eingestellten Einbauten von Sporthalle und Kita, die die gewünschte Großzügigkeit damit leider negieren.

Die Abstandsflächen nach Norden und Westen werden nicht eingehalten. Trotz großer Grundstücksfläche wird das Gebäude regelrecht im Westen eingezwängt und erkauft sich damit zusätzlich wenig Spielraum, Gebäude und Freiräume miteinander zu verknüpfen. Die Addition von Stellplätzen, Fahrradplätzen, Sporthalle, Spielfeld und kleinem Mensa-Außenbereich im Norden schaffen kein identitätsstiftendes Freiraumkonzept für die GrundschülerInnen. Die Schulhofgestaltung hat ein sehr urbanes Gepräge, ein Überbau zum Gartenstadtthema ist schwer erkennbar.

Positiv augenfällig im architektonischen und pädagogischen Sinn ist der konzeptionelle Umgang mit den 4 Klassen, deren Räume alle einen guten Außenbezug im 1. OG aufweisen und zusammen mit den beiden Lichthöfen großzügige gemeinsame Lernorte im Innern aufweisen. Die Eckzimmer sind durch die zuschaltbaren Kursräume aber leider etwas abgehängt.

Der umlaufende überdachte Gang wird besonders gut hervorgehoben und hat bezüglich unterschiedlicher Witterungsverhältnisse bei Regen und Sonne eine gute Antwort gefunden.

Im Erdgeschoss schaffen die Lichthöfe ebenso eine gute Übersichtlichkeit so dass das tiefe Gebäude auch gut im Innern in der EG-Zone freundlich und lichtdurchströmt ist. Die Fassadengliederung ist äußerst streng. Eine Ablesbarkeit des Gebäudes für die Schulkinder und eine gewisse Anmutung zur Identitätsstiftung für die kleinen NutzerInnen wird vom Preisgericht etwas anders erwartet. Die vorgeschlagene Holzhybridbauweise wird lobend hervorgehoben.