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Offener Wettbewerb | 01/2023

Entwicklung Mobility Hubs Oberbillwerder in Hamburg-Bergedorf

Perspektive

Perspektive

2. Preis / MH6

Preisgeld: 15.000 EUR

Benkert SchÀfer Architekten Partnerschaft mbB

Architektur

ErlÀuterungstext

Leitidee 

Das Mobility Hub ist ein identitĂ€tsstiftender Stadtbaustein der durch das traditionelle und nachhaltige Material Reet, eingesetzt in moderner Form, fĂŒr den zukunftsweisenden Ausdruck der MobilitĂ€t steht.

StÀdtebau

Der rechteckige Baukörper nutzt effizient die FlĂ€che des GrundstĂŒcks und nimmt die stĂ€dtebaulichen Fluchten auf, um einen klaren Stadtraum zu erzeugen. Der Bau prĂ€sentiert sich als selbstbewusster SolitĂ€r. PrĂ€gend fĂŒr den im SĂŒden liegenden Platz ist die offene transparente Fassade, die die gesamte Platzbreite bespielt. 

Nutzungsverteilung

Hinter der offenen zum Platz orientierten Fassade sind auf 4 Geschossen öffentliche Nutzungen und BĂŒrorĂ€umlichkeiten ĂŒbereinander angeordnet. Im Erdgeschoss dieser Raumspange befinden sich Quartiersboxen und das MobilitĂ€tsfoyer sowie der öffentliche Zugang zur Dachterrasse. Die Nutzungen interagieren mit dem Stadtraum und schaffen eine belebte Zone. Die AußenflĂ€chen der Gastronomie bespielen den Platz. Auf dem Dach sind öffentliche begrĂŒnte FlĂ€chen mit hoher QualitĂ€t vorgesehen, die die bebaute FlĂ€che kompensieren und einen Blick in die Ferne ermöglichen. FĂŒr FußgĂ€nger ist das GebĂ€ude allseitig erschlossen, mit dem Hauptzugang im SĂŒden.  Die Zufahrt fĂŒr den motorisierten Verkehr liegt im Norden und erschließt weitere ErdgeschossflĂ€chen mit ĂŒberdachten ParkplĂ€tzen und Carsharing PlĂ€tzen, sowie die Zu- und Abfahrt mit WarteparkplĂ€tzen zu den Übergabekabinen der 7 Autospeichern, die 6 vertikale Parkebenen andienen. 

Baulicher Ausdruck

Das GebĂ€ude ist gekennzeichnet durch die Wahl nachhaltiger Baustoffe, nachwachsender Naturmaterialien und die Anlehnung an regionale Bauweisen. FĂŒr die GebĂ€udebereiche mit ParkplĂ€tzen und dem Autospeicher wird eine Fassade aus Reet geplant. Mit der Materialwahl werden zukunftsorientiertes Bauen und die traditionsreiche Handwerkskunst der Reetverarbeitung verknĂŒpft. Das regionale Wissen wird genutzt, um neue Wege in der Anwendung zu gehen und damit die OrtsidentitĂ€t zu stĂ€rken.  Um den Brandschutz der reetgedeckten FlĂ€chen zu gewĂ€hrleisten, sind diese mit einem feuerhemmenden Mittel behandelt. Die einzelnen „Speicher“ haben je Volumen von ca. 3.200 m3 und sind in StahlbetonwĂ€nden und decken F90 eingefasst. Die zum Platz orientierte Raumspange ist vollflĂ€chig verglast und wird durch geschossweise feste VordĂ€cher aus PV Modulen verschattet. Die Kombination aus der Reetfassade und der transparenten Platzfassade ist eine Verbindung von ortstypischem Erscheinungsbild und modernem Ausdruck als harmonisches Gesamtbild.

Umnutzung

Die 7 Parkspeicher mit den Maßen von 26 m auf 10 m und 12,6 m Höhe können einzeln umgenutzt werden. Durch Ausbaumaßnahmen können neue Nutzungen, wie beispielsweise LagerflĂ€chen und WerkstĂ€tten realisiert werden.

Nachhaltigkeit

Die Reetfassade ist eine Entscheidung fĂŒr den Einsatz eines nachwachsenden und regionalen Baustoffs. Die Bauweise trĂ€gt wesentlich zur Nachhaltigkeit des GebĂ€udes bei. Durch die dĂ€mmenden Eigenschaften des Materials minimieren sich die Temperaturschwankungen im GebĂ€udeinneren. Zudem werden die im Parkaus entstehenden Schallemissionen auf natĂŒrliche Weise gedĂ€mpft. Durch die geschlossene FlĂ€che der Reetfassade wird der solare WĂ€rmeeintrag eingeschrĂ€nkt und es kann auf energieaufwĂ€ndige Sonnenschutz- und KĂŒhlmaßnahmen verzichtet werden. Die verglasten FlĂ€chen werden effektiv durch die VordĂ€cher verschattet. Der Einbau von technischer GebĂ€udeausstattung wird wesentlich reduziert. Die DachflĂ€che ist anteilig intensiv begrĂŒnt und dient als RetentionsflĂ€che und Lebensraum fĂŒr Insekten. Photovolotaikmodule sind in idealer Ausrichtung auf den Verschattungselementen der SĂŒdfassade geplant und können eine autarke Energieversorgung des GebĂ€udes gewĂ€hrleisten.

Beurteilung durch das Preisgericht

Es braucht nicht viel, um eine elegante MobilitĂ€tsstation fĂŒr Oberbillwerder zu entwerfen: einen klar zonierten Grundriss, der einerseits eine funktionierende Logistik im Inneren des Hauses ermöglicht - durch ausreichende RĂŒckstauflĂ€chen und gut platzierte AufzĂŒge - und andererseits durch das vorgelagerte Foyer zum sĂŒdlich angrenzenden Quartiersplatz, das ausreichend Platz fĂŒr eine vielfĂ€ltige Nutzung bietet. Diese Klarheit und Einfachheit setzt sich in den Obergeschossen fort und bestimmt auch die Ă€ußere Anmutung des Hauses.
Das gut proportionierte GebĂ€ude fĂŒgt sich stimmig in den stadtrĂ€umlichen Kontext und besticht durch eine leichte filigrane glĂ€serne Front mit integrierter Photovoltaik und einer ungewöhnlichen Idee, fĂŒr die West-, Ost- und Nordflanken auf das mit Reet zu verkleiden. Kleine „Glaubensartikeln“ Öffnung in den ansonsten geschlossenen WĂ€nden sollen, die eine Belichtung der automatisierten Parkdecks ermöglichen. Leider ist aus Sicht des Brandschutzes Reet fĂŒr eine derartige Bauaufgabe nicht einsetzbar und mĂŒsste durch ein anderes Material ersetzt werden.
Das kann sich die Jury vorstellen. Weniger ĂŒberzeugend ist hingegen die Tatsache, dass der Mobility-Hub zu drei Seiten wenig zur Vitalisierung des Stadtraumes beitrĂ€gt. Weder zu den beiden Schmalseiten noch nach Norden entstehen Adressen und interessante Nutzungsangebote, die ĂŒber die rein Verkehrssicherheit Funktion hinausgehen. Das kann auch nicht durch den schmalen und gleichwohl gut nutzbaren nach SĂŒden orientierten Dachgarten kompensiert werden. Interessant ist die Idee, aus dem Quartiersplatz einen stĂ€dtischen Garten zu machen - auch wenn das kein expliziterer Bestandteil der Aufgabenstellung war. Die an skizzierte Idee fĂŒr die Nachnutzung in Richtung Wohnen findet die Jury interessant und im Grundsatz tragfĂ€hig. Das könnte durchaus in Etappen geschehen.
ErgĂ€nzungen durch die SachverstĂ€ndigen fĂŒr Verkehr:
Der Entwurf prĂ€sentiert einen großzĂŒgigen Verkehrsraum vor den Übergabekabinen ins automatisierte Parken, in dem auch das barrierefreie Parken seinen Raum findet. Insgesamt ist eine bessere Sortierung geboten, auch die Anzahl der Speicher ist in diesem Prozess zu ĂŒberdenken. Die Anlieferung muss verlegt werden, um das RĂŒckwĂ€rtsfahren im öffentlichen Raum zu umgehen. Beides scheint aber aus Sicht der Fachgutachter:innen grundsĂ€tzlich innerhalb des Entwurfes möglich. Leider werden weitere MobilitĂ€tsangebote im Erdgeschoss nicht dargestellt — der Mobility Hubs kann so seine Funktion als Scharnier in der Wegekette von Oberbillwerder nicht erfĂŒllen.
Lageplan

Lageplan

Erdgeschoss

Erdgeschoss

Schnitt

Schnitt

Plan

Plan