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Nichtoffener Wettbewerb | 02/2023

Neugestaltung Kaiserstraße/ Königsplatz in Kitzingen

Anerkennung

Preisgeld: 4.500 EUR

club L94

Landschaftsarchitektur

TERRA.NOVA Landschaftsarchitektur

Stadtplanung / Städtebau

Erläuterungstext

Grüne Altstadtspange bunte Plätze

Ziel
Mit der Umgestaltung der Kaiserstraße sowie der angegliederten Stadtplätze, dem Königsplatz und dem Platz der Partnerstädte, um die Altstadt bietet sich die Gelegenheit die Kitzinger Innenstadt neu zu strukturieren und somit das Zentrum Kitzingens neu auszurichten. Angegliedert an die innerstädtische Fußgängerzone bietet sich hier die Möglichkeit die nicht-kommerzielle Nutzung der Freiräume in den Fokus zu stellen und Räume für Kommunikation, Aufenthalt, Kultur, Bewegung und Spiel zu entwickeln.

Haltung
„Man könnte von einem Platz zum anderen flanieren und würde in jedem Zwischenraum ein anderes Bild entdecken: Rosengärten, Felslandschaften, dampfende Springbrunnen und ein Lichtermeer aus Straßenlaternen würden aufeinanderfolgen wie die verschiedenen Akte einer städtischen Inszenierung.“
FRANCIS SOLER. DIE ENGEL VON CHRISTIANS BRYGGE UND ANDERE ARCHITEKTURGESCHICHTEN. 1995.
Sinnbildlich für den Wunsch nach Vielfalt in der Stadt, beschreibt Francis Soler in seinem Werk die Abfolge unterschiedlicher, spannungsvoller Freiraumszenerien wie die Inszenierung eines Dramas. Es wird deutlich welch eine Spannung und Inwertsetzung durch das Arrangement unterschiedlicher Räume mit eigener Identität entstehen können.
Betrachten wir unter dieser Haltung die Kaiserstraße so gilt es den heute monofunktionalen Anspruch des Erschließungsraumes hin zu einer Vielfalt des öffentlichen Raums zu entwickeln. Verkehrsflächen werden zu Gunsten der Nutzung durch die Bürger*Innen und Besucher*Innen auf das notwendigste Maß reduziert, sodass sich auf den Flächen das städtische Leben ausbreiten kann.
Grundsätzliches Ziel dabei ist es, die Lebensqualität auch in der Innenstadt langfristig zu sichern, notwendige Flächen zu entsiegeln, Regenwasser intelligent zu nutzen, Starkregenereignissen vorzubeugen, schattenspendende Bäume zu pflanzen, um Feinstaub zu binden, Wasserelemente zu integrieren und Lebensräume für Tiere in der Stadt zu etablieren. Der städtischen Straßenraum entfaltet sich zu einem resistenten, zukunftsorientieren, begrünten Raum mit gesellschaftlicher Akzeptanz und multifunktionalen Nutzungen.

Konzept „Die Grüne Altstadtspange und ihre bunten Plätze“
Gemeinsam mit der Luitpoldstraße, dem Stadtgraben, der Kapuzinerstraße und der Alten Burgstraße beschreibt die Kaiserstraße, dort wo ehemals der Stadtgraben zu finden war, den direkten Straßenring um die Altstadt Kitzingens. Als Schnittstelle und Verteiler können von hier sowohl die Tore in die Altstadt als auch die Verbindungen in die gesamte Stadt und Umgebung erreicht werden. Das Freiraumkonzept möchte genau dieses Spannungsfeld aufnehmen und sichtbar machen.

Die Grüne Altstadtspange
Ein klarer Grüner Baumrahmen unterstreicht die geschlossene, kleinteilige Altstadtstruktur und öffnet sich an den Orten, wo einst die Stadttore in die Altstadt führten. Die Baumreihe überstellt die PKW-Stellplätze, die sich entlang des Straßenraums befinden. Weitere funktionale Ausstattungselemente wie Fahrradbügel werden zudem hier untergebracht.
Gegenübergestellt wird ein frei-fließender Grüner Stadtraum, der sich in die öffnenden Platzräume zieht und sich so mit den umliegenden Stadträumen verbindet. Hier steht die Vielfalt und Freiraumnutzung für Bürger*Innen und Besucher*Innen der Stadt im Vordergrund.

Die bunten Plätze
Um den Stadtraum vielfältig zu gestalten, sollen die Stadtplätze als einzigartige und identitätsstiftende Orte gestaltet werden, die als Pendant zu den gegenüberliegenden Altstadteingängen hervortreten. Bezogen auf die historische Nutzung entsteht am Königsplatz der „Garten am Strohmarkt“, der als moderner Schmuckplatz und Kommunikationsort mit Hochbeeten auf Sitzhöhe ausgebildet wird. Der Platz der Partnerstädte hingegen wird als Wasserplatz, Bewegungs- Spiel- und Veranstaltungsort, gestaltet und setzt die anliegende imposante Stadtkirche zusätzlich in Szene. Als Gegenüber des östlichen Stadteingangs bezieht sich das Konzept auf die Alte Mainbrücke, die als wichtiger Verbindungs- und Aussichtsort über den Main dient.

Entwurf

Verkehr
Die Kaiserstraße und die Alte Burgstraße werden als Haupterschließungsstraßen im Zweirichtungsverkehr mit einer Regelbreite von 6 m angelegt und auf ein Tempolimit von 30 begrenzt. Der Kreiverkehr am Gustav-Adolf-Platz entfällt zugunsten von mehr Freiraum. Die Zufahrten zum Mainkai, zur Hauptschule, zum Landratsamt, zur Schweizergasse und in die Marktstraße werden weiterhin ermöglicht. Die Luitpoldstraße wird als Einbahnstraße ausgebildet.
Die Buslinien können weiterhin auf der Kaiserstraße verkehren und erhalten neue, barrierefreie Haltestellen mit Kasseler Borden am Platz der Partnerstädte.
Zwischen Alter Mainbrücke und Luitpoldstraße werden insgesamt 67 Stellplätze verortet, die sich direkt an den Straßenraum angliedern. Davon sind 4 Behindertenstellplätze in direkter Umgebung des Landratsamtes, 2 Weitere nahe der Alten Mainbrücke verortet. Es ist möglich die Stellplätze zu Gunsten von mehr außengastronomischer Flächennutzbarkeit im Sommer umzunutzen. Die 104 Fahrradstellplätze werden dezentral im Planungsgebiet verortet.

Gehölze
Die Straßenräume erhalten eine einseitige Baumreihe mit einem schmalen Habitus auf der Altstadtseite. Durch die Unterbrechungen an den sich öffnenden Platzräume entsteht ein aus dem Stadtraum abgeleiteter, selbstverständlicher Rhythmus. Die gegenüberliegende Straßenseite ist geprägt durch frei angeordnete Einzelbäume, die je nach Platzverfügbarkeit mal dichter mal luftiger platziert werden. Hier werden die großen Bestandsgehölze ebenso wie auf den Plätzen erhalten und in die Planung integriert. Die Plätze erhalten ergänzende Solitärgehölze, die in ihrer Art und Größe variieren. Alle Neupflanzungen werden mit sogenannten Zukunftsbäumen, die besonders hitze- und trockenheitsresistent sind, vorgenommen.

Brunnen
Die denkmalgeschützten Brunnen werden wieder aktiviert und auf dem Platz der Partnerstädte mit vielen weiteren Wasserelementen zu einem Wasserplatz ergänzt. Durch die Installation verschiedener Wasserdüsen können diverse Stimmungen in den Stadtraum gebracht werden. Während des Weihnachtsmarktes oder weiterer Veranstaltungen können die Wasserdüsen ausgestellt werden.

Beleuchtung
Die angestrebte Differenzierung der Stadträume in Platzsituationen und Straßenräume wird durch das hierauf abgestimmte Beleuchtungskonzept unterstützt. Die Straßenräume werden mit Hilfe von Mastleuchten ausgeleuchtet, wodurch allen Verkehrsteilnehmer das Gefühl von Sicherheit gegeben wird. Die Plätze erhalten zusätzlich eine besondere Lichtinszenierung durch indirekte Beleuchtung der Gestaltungselemente.
Sämtliche Lichtelemente werden insektenfreundlichen Lichtintensitäten kleiner/gleich 2800 K ausgestattet. Die Lichtsysteme erhalten eine hochwertige Entblendung. Generell wird die Farbwiedergabestufe 1/ sehr gut eingesetzt. Eine hohe Lichtausbeute gepaart mit hohen Leuchtenwirkungsgraden ermöglicht einen wirtschaftlichen Betrieb. Zeitabhängige Milieuschaltungen führen dazu, dass in den Abend- und Nachtstunden die Beleuchtung in Stufen reduziert wird (Erscheinungsbild, Wirtschaftlichkeit), dabei aber die objektiven und subjektiven Sicherheitsanforderungen erhalten bleiben.

Märkte und Veranstaltungen
Für die Kitzinger Märkte und Veranstaltungen, wie den Weihnachtsmarkt oder den Kitzinger Frühling, kann ergänzend zum Marktplatz zukünftig die gesamte Fläche des neuen Platzes der Partnerstädte genutzt werden. Zu diesen Anlässen werden die Wasserdüsen ausgeschaltet und der historische Brunnen der Partnerstädte bespielt den Ort weiterhin mit rauschendem Wasser. Als Verbindungsroute können die Veranstaltungen vom Platz der Partnerstädte über die Kaiserstraße zur Alten Burgstraße und über die Marktstraße sowie den Marktplatz in einem Rundweg geführt und bespielt werden.

Spartenpläne
Die zukunftsorientierte Konzeption des Entwurfes mit zahlreichen Neupflanzungen von Straßenbäumen kann dazu führen, dass die Leitungen entlang der Baumstandorte in den zukünftigen Gehwegbereichen verlegt werden müssen. Der Kanal kann auf Grund seiner Mittellage der Straße weitestgehend erhalten bleiben.

Beurteilung durch das Preisgericht

Mit dem geschlossenen Baumrahmen anstelle des früheren Stadtgrabens wird der Entwurfsgedanke der „Grünen Altstadtspange“ nachvollziehbar durchgearbeitet. Die dichten regelmäßig gestellten Baumreihen werden im Bereich der Stadtplätze aufgelöst um die Tore zur Altstadt zu inszenieren.

Gleichzeitig führen sie in bewusst dramatischer Weise auf die drei intensiv gestalteten Plätze von denen der Königsplatz als „Garten am Strohmarkt“, der „Platz der Partnerstädte“ als „Wasserplatz“ und der Vorbereich zur Alten Mainbrücke als „Verbindungs- und Aussichtsort“ jeweils einen eigenen identitätsstiftenden Charakter erhalten.
Durch die formal konsequente Ausformulierung der Arbeit gelingt es den Verfassern, das Konzept „Die Grüne Altstadtspange und ihre Bunten Plätze“ eindrucksvoll zu vermitteln, dem

Stadtraum einen neuen, spannungsvollen Charakter und eine deutliche ökologische Aufwertung zu geben.

Die stark formale Haltung des Entwurfs hat jedoch am Königsplatz zur Folge, dass dessen Rolle als Verkehrsraum nur noch schwer erkennbar und vor allem dessen Funktion, durch die enge Stellung der Pflanzbeete entlang der Straße, stark eingeschränkt ist. Die historische städtebauliche Entwicklung des Platzes spielt in dem Konzept keine Rolle, passend hierzu steht der repräsentative Wandbrunnen nun funktionslos ohne Rückwand in einem Pflanzbeet.

Zudem müssten beide Bäume und der Trafo versetzt werden. Am „Platz der Partnerstädte“ wirkt die Gestaltung als „Wasserplatz“ mit dem bestehenden Brunnen inmitten der zahlreichen Fontänen etwas übersteigert. Darüber hinaus lässt die große Anzahl an Fontänen, mit Blick auf den täglichen Schülerverkehr, relativ hohe Unterhaltskosten erwarten. Durch die Baumstellung wird zudem die städtebaulich bedeutende Sichtachse auf die Schauseite der Kirche verstellt.

Die „Grüne Altstadtspange“ hat zwar eine starke stadträumliche Wirkung allerdings sind zwischen den Bäumen fast ausschließlich Parkplätze angeordnet, zur Qualität des Raumes entlang der dichten Baumreihe werden keine weiteren Aussagen gemacht. Ungelöst bleibt die Situation am Gustav-Adolf-Platz mit dem Übergang zum Mainufer. Der Platz selbst erhält zwar eine zurückhaltende Gestaltung, was aus Sicht des Konzeptes „Plätze im Bereich der Altstadttore“ nachvollziehbar ist, allerdings stellen die angebotenen „Zebrastreifen“ als Verbindung zur bedeutenden Naherholungszone am Mainkai eine ungenügende städtebauliche Lösung dar. Auch die Parkplatzsituation im Kreuzungsbereich kann so nicht funktionieren und würde in der folgenden Bearbeitung zu einer weiteren Reduzierung des Parkplatzangebotes führen.

Trotz der beschriebenen Mängel stellt die Arbeit konzeptionell einen sehr wertvollen Beitrag dar, der jedoch hinsichtlich der Angemessenheit für den Ort kritisch zu hinterfragen ist.
Die als Einbahnstraße geführte Luitpoldstraße kann in ihrer Verkehrsführung über den Königsplatz nicht überzeugen, insbesondere da die Anbindung der Seitengassen nicht gelöst ist; die Straßenführung im Einmündungsbereich auf die Kaiserstraße wirkt unmotiviert breit.

Fahrbahn-Mittelmarkierungen und Zebrastreifen sind hier deplatziert und stehen im Widerspruch zu den angestrebten Tempo 30 / 20- Regelung. Die Ausbildung der Einmündung am Gustav-Adolf-Platz kann nicht überzeugen; die Parkstände nahe der Einmündung sind hier sehr unglücklich. Es ist aber nicht zu erkennen wo die dann in der Summe fehlenden ca. 10 Parkstände angeordnet werden könnten; für die fehlenden Fahrradabstellanlagen lassen sich dagegen im Seitenraum Räume finden. Die Lage der Haltestellen am Platz der Partnerstädte ist richtig gewählt.