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Einladungswettbewerb | 02/2023

Wohnen und Gewerbe auf dem Beethovenquartier in Erlangen

Rendering

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1. Preis

Preisgeld: 20.000 EUR

Blauwerk Architekten GmbH

Stadtplanung / Städtebau, Architektur

grabner huber lipp landschaftsarchitekten und stadtplaner partnerschaft mbb

Landschaftsarchitektur, Stadtplanung / Städtebau

Erläuterungstext

„Stadtouvertüre“ Achse der Wissenschaften
Städtebau
Das Wettbewerbsgrundstück liegt an der Nahtstelle zu städtischen Strukturen aus der Innenstadt kommend und objekthaften Gebäuden an der Werner-von-
Siemens-Straße, überwiegend bestehend aus gewerblichen Nutzungen für die Siemens-Firmengruppe. Östlich an das Grundstück grenzt der denkmalgeschützte Himbeerpalast, ebenfalls ehemals von Siemens genutzt und nun in Vorbereitung auf eine Nachnutzung durch die Hochschule FAU als Auftakt für die „Achse der Wissenschaften“. Auf diese drei wesentlichen städtebaulichen Strukturen gilt es adäquat zu antworten und eine angemessene Struktur zur Einbindung in den Kontext zu finden. Der Entwurf schlägt eine Abfolge von Baukörpern vor, die an die nördlich angrenzenden städtischen Strukturen entlang der Sieboldstraße anknüpft und über ausformulierte Kopfausbildungen im Süden einen feinen Übergang zu den objekthaften Kammhäusern der bestehenden „Banane“ im inneren ausformuliert. Eine Abfolge von plätzen und Freibereichen ebenso wie die Baukörper, vermittelt in differenzierter weise zwischen den unterschiedlichen städtebaulichen Strukturen.
Denkmal Himbeerpalast
zum denkmalgeschützten Himbeerpalast hin wird über einen zwölfgeschossigen Hochpunkt ein Abschluss des Bestandsgebäudes der Banane ausgebildet.
Gleichzeitig wird ein stadträumlich prägnantes Signet am neuen Eingang in die „Achse der Wissenschaften“ gebildet. Durch ein zweites achtgeschossiges Gebäude in nördlicher Verlängerung wird der Übergang in die städtischen Strukturen der Innenstadt entlang der Sieboldstraße hergestellt. Zwischen den beiden Hochpunkten, gegenüber des Himbeerpalasts gelegen, öffnet sich ein kleiner Platz mit Gasse und leitet die Passanten und Bewohner in einen zweiten, inneren, lärmgeschützten Platz, welcher durch eine reihe öffentlicher Ladennutzungen im Erdgeschoss umgrenzt und belebt wird. Zum Himbeerpalast hin wird im Zuge des Baus der Stadtumlandbahn das Straßenprofil verkehrsberuhigt ausgebildet und bietet einen schönen Auftakt zur neuen Raumabfolge der vorgeschlagenen Bebauung. Eine neue Haltestelle der Stadtumlandbahn zwischen Himbeerpalast und den beiden hochpunkten bindet das neue Quartier ideal an den ÖPNV an. Die differenzierten Geometrien der umgebenden Bebauungen, insbesondere die des Himbeerpalasts, werden in die neue Baukörperabfolge aufgenommen, verweben die Neubauten mit dem umliegenden Kontext und stellen so einen angemessenen Ortsbezug der Neubauten her.
Adressbildung Kammhäuser, "Banane" / Durchwegung
durch die Öffnung der vorgeschlagenen Bebauung mittels kleiner Quartierszugänge und die Durchwegung in Ost-West- sowie in Nordsüdrichtung wird gleichzeitig eine neue, angemessene Adresse für die als Wohngebäude umgenutzten Kammhäuser der Banane ausformuliert. Gemeinsam mit den kopfartigen Hochpunkten im inneren des Grundstücks werden spannungsreiche Raumbezüge und Querblicke ermöglicht, trotz hoher baulicher Dichte. In Nord-Süd-Richtung wird eine fußläufige Durchwegung über den Bestand der Banane hindurch bis an die Werner-von-Siemens-Straße vorgeschlagen. Diese ermöglicht eine Verbindung der bestehenden nördlichen Quartiere und der neuen Gebäude, perspektivisch auch über die Werner-von-Siemens-Straße hinweg mit den südlich angrenzenden Quartieren.
Umgang mit Bestand "Banane"/ Büro-Wohnnutzung / Nachhaltigkeit
Der straßenbegleitende, gekrümmte Bauteil der Banane wird weitestgehend belassen. Lediglich am östlichen Ende wird der spitzwinklige Gebäudeabschluss zugunsten eines adäquaten Pendants zum Himbeerpalast modifiziert. Das bestehende Treppenhaus wird nach Norden verlegt. Die vorhandenen Treppenläufer können hierbei wiederverwendet werden. Im Erdgeschoss werden neben dem neuen Durchgang neue Vorbereiche mit Überdachungen für den Bürozugang ausgebildet sowie zwei straßenraumwirksame Ladenzonen vorgeschlagen. Diese sollen den öffentlichen Raum entlang der Werner-von Siemens-Straße aktivieren. Die Erschließung der Wohngebäude erfolgt durch zwei vorgestellte Treppenhäuser, womit der Eingriff in den Bestand gering bleibt. Die rückseitigen Brückenbauwerke der Büronutzung werden aufgrund der Umnutzung nicht mehr benötigt und entfernt. Somit kann eine Realteilung der beiden Funktionen sichergestellt werden. Im Obergeschoss wird eine Gebäudeaufstockung aus Holz vorgeschlagen, um die Lasten auf das bestehende Bauwerk gering halten zu können. Große Teile der bestehenden Fassaden der Kammhäuser können im Sinne des nachhaltigen Bauens wiederverwendet werden.
Ideenteil südlich der Werner-von-Siemens-Straße / Mobilitätskonzept
Für den Ideenteil wird eine zweistufige Strategie vorgeschlagen - „Umnutzungvor Neubau.“ Im Zuge des sich zukünftig reduzierenden Flächenbedarfs für den MIV wird vorgeschlagen, zunächst in Stufen die sieben Parkebenen Schritt für Schritt umzunutzen. Hierbei könnten Zwischendecken entfernt und alternative
Raumhöhen generiert werden. Über einfache, temporäre Zwischennutzungen könnten die Parkebenen Geschoss für Geschoss ersetzt werden. Sofern über zu entwickelnde, alternative Verkehrsformen und Mobilitätskonzepte das Parkhaus für den erforderlichen Stellplatznachweis komplett obsolet wird, könnte langfristig eine Neubebauung mit Supermarkt, Büroflächen und Boardinghaus das Parkhaus ersetzen. Dies jedoch erst nach erfolgter positiver CO2-Bilanzierung eines Neubaus gegenüber dem langfristigen, energiegerechten Umbau des Bestandsparkhauses. Für die Neubauten und den Bestand der Banane könnte schon heute über die Anwendung eines Mobilitätskonzepts der Flächenverbrauch für die Parkierung annähernd halbiert werden. Beispielsweise durch Angebote von Carsharingmodellen + alternativer Mobilitätsformen (und, einem Stellplatzschlüssel von 1:5)

Beurteilung durch das Preisgericht

Das vorgeschlagene Bebauungskonzept sieht eine kleinteilige Aufteilung des Raumprogramms über das Entwurfsgrundstück vor. Mit der dafür gewählten städtebaulichen Struktur gelingt es den Entwurfsverfasser:innen, sowohl das Bestandgebäude der „Banane“ als auch die Tiefhöfe und das Trafohaus harmonisch in ein neues Gesamtensemble zu integrieren, das attraktive, am menschlichen Maßstab orientierte Raumsequenzen sowohl in Ost-West-Richtung als auch in Nord-Süd-Richtung und eine klimagerechte Durchlüftung des Areals ermöglicht. Diese Abfolge von Wohnhöfen und Platzflächen lässt mit den zu diesen Räumen orientierten Nutzungen ein hohes Maß an gemeinschaftlichem Miteinander der Nutzer:innen erwarten, das eine positive Strahlkraft über den Ort hinaus entwickeln kann.

Gleichzeitig gewinnen durch die Setzung und Staffelung der Baukörper auch die angrenzenden Straßen an räumlicher Prägnanz. Die Werner-von-Siemens-Straße erfährt durch die Integration von Einzelhandelsflächen im Erdgeschoss eine wohltuende Belebung. In der Beethovenstraße und Schuhstraße wird der Straßenraum situativ zu Vorplätzen aufgeweitet, die für eine attraktive Adressbildung der Wohngebäude sorgen. Die Hochpunkte entlang der Sieboldstraße sind in ihrer skulpturalen Ausprägung auf den Platzraum vor dem Himbeerpalast und auf das Straßenprofil der Achse der Wissenschaft abgestimmt. Im Hinblick auf die Wohnqualität wäre jedoch ein größerer Abstand der beiden Hochpunkte notwendig. Ebenso müsste die Fügung des Eckturms mit der „Banane“ feinjustiert werden. Die Abfolge von Bestandsgebäude, Glasfuge und Hochpunkt sowie das proportionale Verhältnis zwischen dem Sockelgeschoss und den Abstufungen des Eckturms ergeben noch kein schlüssiges Gesamtbild. Auch die gewählte Höhe des Eckgebäudes ruft bezüglich der dominanten Erscheinungsform des Baukörpers gegenüber dem Himbeerpalast kontroverse Reaktionen hervor.

Insgesamt ergibt sich durch die differenzierte Bebauungsstruktur mit unterschiedlichen Gebäudetiefen und -höhen eine vielfältige Mischung an unterschiedlichen Wohnungstypologien. Sie erlauben eine funktionale Raumeinteilung und schaffen gleichzeitig sehr spezifische Wohnsituationen. In der Regel sind die Wohnungen zu mindestens zwei Himmelsrichtungen orientiert. Im Bereich der Tiefhöfe müsste allerdings die Wohnqualität der Nutzungseinheiten bezüglich der Belichtung verbessert werden. Auch die Erschließungstypologie wirft in diesem Bereich Fragen auf. Sie wäre im Hinblick auf die Aspekte des Brandschutzes zu überprüfen. Die Anordnung eines Nottreppenhauses anstelle der bestehenden Brückenverbindungen der „Banane“ führt zu unattraktiven Nachbarschaften zwischen Büro- und Wohneinheiten.

Der Vorschlag für die Gestaltung der Fassaden der Wohngebäude zeigt eine angemessene Auseinandersetzung mit den Fassaden des Bestandgebäudes, sodass eine Verwandtschaft zwischen Alt und Neubau entsteht. Ebenso begrüßt wird die Integration von Fassadenbegrünung. Aufgrund der gewählten Darstellungsform ist die architektonische Artikulation der Fassaden jedoch nur sehr eingeschränkt lesbar.

Die versetzt angeordneten Gebäude öffnen Freiräume, die nutzungsspezifisch ausgestaltet werden. Dadurch entsteht ein Wechselspiel aus öffentlichen, dem Straßenraum zugewandten, halböffentlichen und privaten Freianlagen mit einem wohltuenden Anteil unbebauter Fläche. Die Vernetzung der baulichen Struktur mit dem Freiraum verspricht auch hinsichtlich der klimatischen Fragestellungen (Durchlüftung usw.) eine hohe Qualität. Die textlich erwähnte bodengebundene und in Pflanztrögen angesiedelte Fassadenbegrünung wird positiv bewertet, bedarf aber einer konkreteren Erläuterung. Etwas störend werden die an den „Bestandsfingern“ angehängten Treppenhäuser bewertet, die v.a. Am östlichen „Finger“ zur Beschattung und unangenehmen Kleinräumigkeit beitragen.

Die Aussagen des Entwurfs zum Wassermanagement sind unvollständig und zu pauschal, als dass sie bewertet werden könnten.

Im Ideenteil ist eine starke Überformung des Bestandsparkhauses erkennbar. Die gewählte Anordnung und Organisation der Nutzungseinheiten sind im Hinblick auf die Grenzsituation zum Nachbargrundstück nachvollziehbar.
Die Stärke des Entwurfs liegt in der passgenauen Einfügung des Gebäudekomplexes in den städtebaulichen Kontext und in der Schaffung eines differenzenzierten, auf den Standort abgestimmten Angebots an Wohn-, Gewerbe- und Freiflächen, das vielfältige Situationen auch für ein informelles Miteinander in Form einer Nachbarschaft ermöglicht. Es entsteht ein Gesamtensemble, das auf städtebaulicher und gebäudetypologischer Ebene überzeugt.
Schwarzplan

Schwarzplan

Lageplan

Lageplan

Städtebau

Städtebau

Ausschnitt Grundriss EG

Ausschnitt Grundriss EG

Ansicht Ost

Ansicht Ost

Ansicht Süd

Ansicht Süd

Querschnitt

Querschnitt