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Kooperatives Verfahren | 11/2022

Revitalisierung Hotel am Schlossgarten in Stuttgart

Perspektive Vorplatz

Perspektive Vorplatz

2. Preis

Preisgeld: 20.000 EUR

Hild und K

Architektur

Studio Vulkan Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Der gemeinsame Entwurf von Hild und K und Studio Vulkan schreibt die in den 1960er Jahren verwurzelte Architektursprache des Bestandsgebäudes fort. Mit dem Ziel eines stimmigen Gesamtbildes wurden bestehende städtebauliche und architektonische Qualitäten identifiziert, geklärt und präzisiert. Die Strategien bewegten sich dabei zwischen Stadtbildpflege und Urban Mining.
Das Hotel liegt zwischen zwei im Stadtgefüge relevanten Achsen. Die Königstraße im Westen verbindet als Hauptgeschäftsstraße den Hauptbahnhof am Arnulf-Klett-Platz und den zentralen Verkehrsknotenpunkt am Rotebühlplatz. Im Osten erstreckt sich eine große Grünanlage vom Schloss bis in den Rosensteinpark. Mit ihrer hohen Aufenthaltsqualität besitzt sie eine wichtige, städtisch übergeordnete Naherholungsfunktion. Derzeit gelingt es dem Bestand und seinem Umgriff weder an die Qualitäten des Schlossgartens anzuknüpfen noch eine angemessene Adresse hin zum Straßenraum zu bilden. Mit dem Umbau des Stuttgarter Hauptbahnhofes werden die das Hotel umgebenden Stadträume umstrukturiert und aufgewertet. In diesem Fahrwasser besteht die Chance, das Gebäude neu im Stadtraum zu verorten. Der städtebauliche Ansatz des Entwurfs liegt dabei in eine Stärkung der vorhandenen Qualität als Solitär am Park. Es gilt in der Freiraumgestaltung die städtebaulichen Typologien im Umfeld zu klären sowie die spezifischen Qualitäten des Gebäudes herauszuarbeiten. Der Baukörper wird deshalb durch Abbruch späterer Ergänzungen in der Theaterpassage freigestellt und in seiner rechteckigen Grundform gestärkt.
Die städtebaulich motivierte Freilegung des Gebäudes belässt, wo möglich, vorhandene Elemente und verwendet Rückgebautes weiter. Daneben wird das Volumen des Bestands auf seine Grundgeometrie zurückgeführt. Das Gebäude gliedert sich in einen horizontal orientierten, geradlinigen Sockel und einen vertikal orientierten, in seiner Form expressiveren Turm. Der Sockelteil ist, einer aus der klassischen Moderne entliehenen formalen Leitidee folgend, in ein offenes, aufgeständertes Erdgeschoss und ein kompakteres Obergeschoss geteilt. Zugleich lässt er sich in seiner Nähe zum Park als Anleihe an eine modernistische Pavillonarchitektur lesen. Auf dem Flachbau ist der Turm positioniert und damit von der Umgebung freigestellt. Über dem Attikageschoss, das durch eine neue Pfosten-Riegel-Fassade an Leichtigkeit gewinnt, ist sein oberer Abschluss etwas über die Kubatur auskragend ausgebildet. Als ikonisches Bauwerk hoch über dem Park thronend, wirkt das Hotel weit in den umliegenden Stadtraum hinein.
Ein weiteres die Architektursprache prägendes Element ist das Motiv der Faltung. Im Bestand immer wieder auffindbar, wird es aufgegriffen und weiter verstärkt. Die Stirnseiten des Turmbaus erfahren eine entsprechende volumetrische Überformung, indem ihre Fassade nach Abbruch der bestehenden Balkone zu einem mittig liegenden Knick zusammengeführt wird. Sowohl im Regelgeschoss an Längs- und Stirnseiten als auch im ersten Obergeschoss findet sich die Faltung in einzelnen Fassadenelementen wieder und schafft so ein neues, übergeordnetes und verbindendes Motiv.
Das Ensemble, welches den Schlossgarten fasst, verbindet sich auch über die Materialität der Fassaden. Marmor ist hierfür ein wichtiges Element und soll daher im Erscheinungsbild des Hotels weiterhin eine strukturierende Rolle spielen. Im Turm und ersten Obergeschoss wird die geschlossene Natursteinfassade weitestgehend beibehalten und definiert so weiterhin die Einheit beider Bauteile, bei zugleich entgegengesetzter, horizontaler und vertikaler, Ausrichtung. Eine Reduzierung der bestehenden Marmorflächen, insbesondere im Erdgeschoss und Dachgeschoss, ermöglicht eine Wiederverwendung des Materials nach der energetisch notwendigen Erneuerung der Unterkonstruktion. Der Erhalt der Marmorfassade ist nicht nur unter baukulturellen und ensemblebildenden Gesichtspunkten erstrebenswert, sondern auch im Sinne eines nachhaltigen Umgangs mit vorhandenen Ressourcen und einer Reduzierung der für den Umbau aufzubringenden Grauen Energie.
Dies gilt gleichermaßen für das vorgehängte Sonnenschutzraster aus Aluminium. Es wird als einer der charakteristischsten Bauteile in unveränderter Form ab- und wieder neumontiert. Dabei erfüllt es nach wie vor seinen Zweck, einen Großteil der solaren Einstrahlung effektiv abzuschirmen, ungeachtet der durch Wegnahme einer massiven Brüstung bodentief erweiterten Fensteröffnungen. Mit ergänzender Sonnenschutzverglasung wird ein ausreichender Schutz gegenüber dem thermischen Wärmeeintrag erreicht. Das markante Motiv des hervorstehenden Aluminiumrahmens wird zudem in den neuen Fensterlaibungen der Stirnseiten und des ersten Obergeschosses weitergeführt und trägt damit weiter dazu bei, die verschiedenen Fassadenteile in einer einheitlichen Sprache zusammenzuführen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf schlägt eine Revitalisierung des Hotels vor, die dem Bestand mit großem Respekt begegnet und ihn – obwohl (noch) nicht geschützt – denkmalgerecht behandelt. Die Entfernung von späteren baulichen Ergänzungen stärkt die identitätsstiftende Grundform des Gebäudes.

Architektonische Interventionen (zum Beispiel an den geknickten Stirnseiten des Turms) verbessern Erscheinungsbild und Wirkung. Dies gilt auch für die raumhohen Verglasungen in den Hotelzimmern.

Die nun durchgängige und barrierefreie Ausbildung des Erdgeschosses und seine klare Zonierung entsprechen der Erwartung des Auslobers und ermöglichen hohe Flexibilität bei der künftigen Raumaufteilung.

Der fließende Übergang vom Restaurant über dessen Terrasse zur Erlebbarkeit des Schlossgartens ist überzeugend gelöst.

Der Erhalt bzw. die Wiederverwendung von Marmorfassade und starrem Sonnenschutzraster ist Teil eines konsequent nachhaltigen Umgangs mit den vorhandenen Ressourcen.

Die Fassadenausbildung in Richtung Schillerpassage stellt insbesondere im Bereich der Küche und ihrer Nebenräume keinen Beitrag zur Aufwertung des öffentlichen Raums dar. Dies vermag auch die vorgeschlagene Baumpflanzung nicht zu kompensieren, zumal diese zu einer weiteren Verschmälerung beiträgt. Die Fassaden haben einen angemessenen Glasanteil. Die Verfasser nutzen den bestehenden feststehenden Sonnenschutz für den sommerlichen Wärmeschutz. Photovoltaik ist auf den Flachdächern vorgesehen. Den durch den Entwurf ermöglichte hohe Grad an Wiederverwendung bestehender Materialien ist positiv. Dies betrifft vor allem die Marmorfassade, aber auch andere Bauteile.

Der Bestand der Freianlagen wird sehr, teilweise vielleicht zu sehr, respektiert im Hinblick auf Topografie und formale Elemente. Dies zeugt von Respekt, schafft jedoch wenig Neues im direkten Umfeld des Hotels, z.B. erscheint die Terrasse des Restaurants sehr klein.
Gut sind einige Eingriffe durch die kreative Pflege des Baumbestandes zur Schaffung von Licht und Durchblicken.

Vorschläge zum Vorfeld an der Schillerstraße und deren Weiterführung bis zur Königstrasse sind funktionstüchtig und bieten gemessen am Bestand eine deutliche Verbesserung.

Insgesamt ein Beitrag, der Einfühlungsvermögen und Stilsicherheit beim Umgang mit dem Bestand beweist und diesem einen weiteren Lebenszyklus unter Verzicht auf modische Aperçus ermöglicht.
Perspektive Park

Perspektive Park

Lageplan

Lageplan

Fassadenschnitt

Fassadenschnitt