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Nichtoffener Wettbewerb | 02/2023

Neubau Rathaus Steinheim und Gestaltung Murrterrassen

Anerkennung

walter huber architekten gmbh

Architektur

Burkhard Sandler Landschaftsarchitekten BDLA

Landschaftsarchitektur

f2k ingenieure gmbh

Tragwerksplanung

Erläuterungstext

Rathaus und Gestaltung Murrterrassen

Wettbewerb 2023
Anerkennung

Beurteilung

"Als großer, jedoch differenziert ausformulierter Baukörper rahmt der Neubau den Marktplatz analog seiner bisherigen Ausmaße. Die Giebel weisen unterschiedliche Traufhöhen auf und reagieren damit auf die anschließende Bebauung, der Baukörper bleibt dabei jedoch klar und eigenständig. Der Einsatz von Recycling- und schadstoffarmen Baustoffen, sowie nachwachsenden Rohstoffen ist für den Neubau eines Rathauses mit seiner politischen und gesellschaftlichen Bedeutung ein begrüßenswerter Ansatz und damit sehr zu würdigen"

Beurteilung durch das Preisgericht

Das ehemalige Feuerwehrgelände wird nicht nur ein Entree zu den Murrterrassen, sondern auch zu einem wichtigen Knotenpunkt des öffentlichen Lebens. Hier kann sich Steinheim bereit für die Mobilitätswende zeigen. Die dargestellten Kuben des Hubs bleiben dabei bezüglich ihres Innenlebens ein großes Fragezeichen für das Preisgericht. Die Umnutzung des Bauhofgebäudes in eine gastronomische Nutzung mit zusätzlichen Angeboten für die Bürger wird begrüßt, die Ausbildung eines zugehörigen Freisitzes mit Öffnung des Uferbereichs und Ausstattung mit Sitzstufen bis zum Wasserspiegel steigert hier die Aufenthaltsqualität und verspricht ein prägnanter und sorgsam genutzter Erholungsort in Steinheim zu werden. Die Angemessenheit eines zusätzlichen Aussichtsstegs wird dabei hinterfragt. Ein bis zwei weitere Uferstufenbereiche werden noch ins Dickicht geschlagen; dem Preisgericht gefällt der ansonsten sehr extensive Umgang mit dem Uferbereich. Die bestehenden Vegetationsstrukturen bleiben Großteils erhalten, dafür werden auf dem oberen Niveau große lichte und multifunktional nutzbare Wiesen angeboten, die mit Wegen sparsam und selbstverständlich die umliegenden bestehenden und neuen baulichen Strukturen an den Flussraum anbinden.

Die angebotenen intensiver ausgestatteten Spielplätze erscheinen lagerichtig am Brückenkopf Richtung Marktplatz. Von dort an beginnt der steinerne Auftakt Richtung des Zentrums, angereichert durch entsiegelte und der Versickerung dienende baumbepflanzte Grüninseln. An der Martinskirche beginnt dann ein Dreigestirn an gut dimensionierten und miteinander in Bezug stehenden barrierefreien Platzsituationen „Badtor“, Kirchplatz und dem Marktplatz. Letzterer ist wohlproportioniert und gut gefasst, sowie angemessen mit Brunnen und neuen Baumpflanzungen ausgestattet. Wie bei allen in diesem Verfahren gezeigten Entwürfen wäre bei einer Umsetzung zu prüfen, wo im Sinne stadtklimatischer Aspekte weitere Entsiegelungen, Baumpflanzungen und vertikale Gebäudebegrünung implementiert werden können, passend zur Entwurfskonzeption und die Funktion nicht konterkarierend.

Als großer, jedoch differenziert ausformulierter Baukörper rahmt der Neubau den Marktplatz analog seiner bisherigen Ausmaße. Die Giebel weisen unterschiedliche Traufhöhen auf und reagieren damit auf die anschließende Bebauung, der Baukörper bleibt dabei jedoch klar und eigenständig. Als zentraler Ort wird der Marktplatz nun mit dem Neubau präzise gefasst und durch die sanft verzogene Platzfläche bis zum Eingang als schwellenfreier Platz für alle ausformuliert. Eine Arkade entlang der Platzflanke markiert den Eingangsbereich und bildet ein einladendes, ruhiges Pendant zur gegenüberliegenden Arkade des alten Rathauses. Eine Engstelle zwischen Gebäude und Fahrspur der Markstraße stellt die unkomplizierte Bewegung auf dem Trottoir in Frage. Eine leichte Fahrbahnverschränkung könnte sich hier entspannend auswirken. Die Anordnung der öffentlichen WCs und die Fassade Richtung Markstraße ist als Straßen begleitende Geste nicht ganz überzeugend.

Die interne Organisation des Gebäudes ist klar gegliedert und im Einklang mit der strukturellen Idee und der darüber liegenden Dachlandschaft. Das EG nimmt als offene Ebene alle öffentlichen Nutzungen auf, was die barrierefreie Nutzung durch die Bürger*innen ermöglicht. Der Ratssaal wird als Saal der Stadt gemeinsamen öffentlichen Funktionen im EG angeordnet. Während der Saal als transparenter Raum auf Augenhöhe im Bezug zum Marktplatz eine nahbare Nutzung verspricht, wird die in der Lage innerhalb des Gebäudes begründete Proportion des Raumes kritisch gesehen. Der zu Grunde liegende klassische Dreibund, in dem die Büroflächen organisiert sind wird durch Lichthöfe aufgelockert. Eine lebendige, transparente Arbeitswelt ist glaubhaft in die pragmatische Struktur eingebettet. Der versprochene kommunikative Austausch ist in dieser Raumorganisation vorstellbar und als architektonische Leitplanke begrüßenswert. Dabei muss die Orientierung in den netzartig angelegten Arbeitsbereichen eine wesentliche Rolle bei der gestalterischen Ausarbeitung spielen und als Potenzial für die Identität der einzelnen Bereiche genutzt werden. Das zu Grunde liegende Raster stellt einerseits einen soliden, materialgerecht angelegten Holzbau und gleichzeitig glaubhaft eine flexible Raumaufteilung in Aussicht. Damit ist die vorgeschlagene Struktur als Neubau und als Arbeitsplatz nachhaltig sowie agil und offen für zukünftige Veränderungen und Nutzungen. Die barrierefreie Anbindung des EGs und 1. OGs des Gebäudes Badtorstraße 2 ist begrüßenswert und vermittelt eine realistische Nutzung als Café am Platz. Behindertengerechte WCs stehen nicht in ausreichender Anzahl zu Verfügung, dies ist bei einer weiteren Bearbeitung regelkonform zu korrigieren. Im Besonderen wird die fehlende behindertengerechte öffentliche Toilette als unnötiger Mangel angemerkt.

Der Wirtschaftlichkeit des Projekts wird mit der regelmäßigen Struktur, einfachen Symmetrien und präziser Kompaktheit Rechnung getragen. Der Einsatz von Recycling- und schadstoffarmen Baustoffen und nachwachsenden Rohstoffen ist für den Neubau eines Rathauses mit seiner politischen und gesellschaftlichen Bedeutung ein begrüßenswerter Ansatz und damit sehr zu würdigen - in seiner Realisierung dann jedoch in beschriebenem und gewünschtem Maß auch durchzustehen. Der vorgeschlagene Entwurf kann als anerkennenswerter architektonischer Beitrag gewertet werden, der seiner Funktion als Impuls für die Stadt und Region gerecht wird und dabei einen ruhigen aber offenen, transparenten und schwellenfreien Stadtbaustein ausformuliert.
wha_Plan 1

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wha_plan 2

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wha_Plan 3

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