modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Mehrfachbeauftragung | 09/2022

Neubau Wohngebäude an der ehemaligen Gärtnerei Steckroth in Leinfelden-Echterdingen

Gewinner

Preisgeld: 16.500 EUR

STEINHOFF | HAEHNEL ARCHITEKTEN GmbH

Architektur

Planstatt Senner

Landschaftsarchitektur

ee concept gmbh

Bauphysik

MS Architekturmodelle

Modellbau

Erläuterungstext

Städtebauliches Konzept
Ziel des Entwurfes ist es, einen neuen, architektonisch hochwertigen Stadtbaustein zu schaffen, der sich harmonisch in die bestehende Bebauungsstruktur einfügt. Proportionen und Baukörperanordnung orientieren sich dabei an der Körnung der vorhandenen Ortsrandbebauung. Das neue Ensemble gliedert sich in fünf Einzelbaukörper mit abwechselnder Gebäudeausrichtung Nord-Süd oder Ost-West. Dezente Vor- und Rücksprünge der Baukörper zueinander erzeugen ein angenehmes Spannungsverhältnis zwischen Regung und Ruhe der Geometrien. Die asymmetrisch geneigten und extensiv begrünten Satteldächer nehmen die Dynamik der heterogenen Dachlandschaft auf und übersetzten diese in eine zeitgemäße, ökologisch nachhaltige Komposition.

Quartierskonzept
Entlang der Straße Höfer Äcker, gegenüberliegend des Nahversorgungszentrums, ermöglicht eine zurückgesetzte Bebauung als Raumkante eine vorgelagerte Begrünungs- und Begegnungszone für die gewerblichen und gemeinschaftlich genutzten Erdgeschossbereiche. Durch die in das Quartierzentrum hineinragende L-Bebauung entstehen differenziert gefasste Freiräume mit eigener Identität zwischen den einzelnen Baukörpern, so dass trotz homogener Fassadengestaltung jedes Haus zu einer eigenen Adresse wird.
Der natürliche absteigende Geländeverlauf von Nordwest nach Südost wird von der Neubebauung aufgenommen und ermöglicht die Ausbildung eines doppelt genutzten Unter- bzw. Gartengeschosses. In den vollständig vom Erdreich bedeckten Bereichen organisiert sich der ruhende Individualverkehr. Die ausgestellten Bereiche dienen als Gartengeschosse der im Erdgeschoss angeordneten Maisonette-Wohnungen. Die erweiterte Wohnnutzung im Untergeschoss verbessert die Bilanz der eingesetzten Ressourcen durch die Reduzierung von energieintensiven Konstruktionen für die ausschließliche Herstellung von Nebenräumen oder Tiefgaragenflächen.

Wohnkonzept
Die Eingänge zu den Baukörpern werden durch Einschnitte in die Gebäude ablesbar gemacht. Eine von innen nach außen entwickelte Willkommensbank schafft nachbarschaftliche Begegnungszonen vor und in den großzügigen Eingangsbereichen. Die sozial geförderten und frei finanzierten Eigentumswohnungen sind auf die Gebäude gleichmäßig verteilt und bilden gemeinsam mit dem Wohnungsmix von kleinen und großen Wohneinheiten die Grundlage für ein sozial und demografisch durchmischtes Wohnquartier. Barrierefreie Wohnungen sind in allen Gebäuden auf verschiedenen Ebenen angeordnet. Schaltbare Zimmer in den reinen Wohngebäuden ermöglichen ein flexibles und nachhaltiges Wohnkonzept. Im L-Baukörper können in den Regelgeschossen die Gemeinschaftsapartments (2-Zi-Wohnungen) ohne größere Umbaumaßnahmen zu Einliegerwohnungen umgewandelt und mit den angrenzenden Wohnungstypen über einen gemeinsamen Vorflur zusammengelegt werden. So entstehen Apartments, die eine generationsübergreifende Wohnkultur ermöglichen. Die denkbare Auslegung als herkömmliche 2- Zimmer- Wohnung eröffnet die Möglichkeit, eine funktionale Anpassung auf die aktuelle Wohnraumnachfrage und auf sich ändernde Bedürfnisse während des Lebenszyklus des Gebäudes zu reagieren.

Multifunktionskonzept
Die Erdgeschosszone des L-Baukörpers wurde so konzipiert, dass sowohl eine herkömmliche Büro- oder Gewebenutzung in Form von Vermietung als auch eine Nutzung als Gemeinschafts- bzw. Quartiersräume möglich ist. Ein zentraler Sanitärbereich im Kern, die separaten Zugänglichkeiten sowie mobile Trennwände schaffen die Möglichkeit, die kleineren Einheiten zu einer größeren Fläche wie z.B. für Geburtstagsfeiern zusammen zu legen. Zum Quartiersplatz ist eine Zone für CoWorking vorgesehen. Zur neu geschaffenen Begegnungszone entlang der Straße Höfer Äcker wurde eine kleine Ladeneinheit angeordnet. Vorstellbar wäre eine Eisdiele, ein Quartierscafe, ein kleinerer Blumenladen oder ähnliche kleinere Manufakturen.

Material- und Fassadenkonzept
Im Vordergrund steht die Bildung einer homogenen Quartiersanmutung mit klarer Bekennung der einzelnen Bausteine zueinander unter Verwendung gleicher Materialien und Oberflächenbeschaffenheit. Die Formsprache der Mehrfamilienhäuser wird von klaren kubistischen Baukörpern bestimmt. Als Fassadenbekleidung kommt eine hinterlüftete Holzwerkstoffschalung zum Einsatz. Anbauteile wie bspw. Absturzsicherungen werden feuerverzinkt. Auf jedem Freisitz werden Pflanzkorb-Gabionen als Gärtnerboxen angeordnet, um die ehemalige Nutzung des Areals als Gärtnerei aufzugreifen und die angrenzende Filderlandschaft über die Freitreppen sowie die Freianlagen in die Fassaden und über den Dachgarten im Wohn- und Geschäftshaus in den Straßenraum zu transportieren. Die Konstruktion der tragenden Wandbauteile kann nach individuellen, wirtschaftlichen und ökologischen Zielen gewählt werden, ohne die Gestalt der Gebäude zu verändern. In der Planung ist derzeit ein Hintermauerwerk aus Hochlochziegeln vorgesehen. Die horizontale Tragstruktur wird überwiegend aus Stahlbeton hergestellt, wobei hier ein Fokus auf Recyclingbeton und Beton aus Werken der Region gelegt werden sollte.

Perspektive Ideenteil
Auf dem nördlich vom entwickelten Wohnquartier liegenden Ideenteil wird eine städtebauliche Neuordnung der Nahversorgungsfläche vorgeschlagen, um perspektivisch weitere Wohnquartiere zwischen der Straße Höfer Äcker und der Sielminger Straße zu entwickeln. Die Umgestaltung sieht einen Gebäudekomplex mit integriertem Supermarkt im Erdgeschoss und Wohnnutzung in den Obergeschossen vor. Die Lage an der Straße Höfer Äcker ermöglicht eine fußläufige Verbindung zur Stettener Hauptstraße und somit zu dem neuen Mobilitätsknoten und dem Stettener Ortskern. Die Besucherparkplätze sollen zukünftig überwiegend in einer Tiefgarage untergebracht werden. Im nördlichen Bereich des Ideenteils kann ein individuelles Wohnquartier aus Punkthäusern entstehen. In der Belegung der Entwicklungsfläche wurde darauf geachtet, dass der alte Supermarkt bis zur Fertigstellung des Neubaus bestehen bleiben kann.

Freiraumgestaltung
Zentrale Idee der Außenanlagengestaltung ist die Förderung der sozialen Gemeinschaft der Bewohner sowie ein hoher Anspruch an Ökologie und Nachhaltigkeit. Eine Abfolge von drei durch die Bebauung zonierten Plätzen ermöglicht unterschiedlichste generationsübergreifende Aktivitäten aller Nutzer. Das Konzept basiert auf einer naturnahen Gestaltung, in die sich die Mehrfamilienhäuser und deren private Bereiche harmonisch einfügen. Die Mitte und das Zentrum der Gemeinschaftsflächen bildet der Mehrgenerationenplatz. Im Quartier verteilte Landschaftshügel ermöglichen eine intensive Bepflanzung oberhalb der Tiefgaragendecke mit heimischen Bäumen und Sträuchern. Im Osten lädt die Landschaftstreppe mit Filderblick zum Verweilen ein. Wildblumenwiesen bilden einen harmonischen und ökologisch wertvollen Übergang in die Filderlandschaft.

Regenwassermanagement
Ein vierstufiges Regenwasserkonzept schützt das neue Wohnquartier effizient bei Starkregenereignissen. Zunächst wird das Regenwasser auf den Gründächern gefiltert und zurückgehalten. Das gefilterte Regenwasser wird dann in Regenwasserretentionsboxen auf der Tiefgaragendecke geleitet und gespeichert. Das gespeicherte Regenwasser steht so den Pflanzen direkt zur Verfügung. Das dann noch überschüssige Wasser wird durch Mulden in Baumrigolen geleitet. Bei extremen Regenereignissen wird das nicht zu fassende Regenwasser über Mulden in den renaturierten Bach Höfer Brühl geleitet.

CO²-neutrales Gesamtkonzept
Die Wärmeversorgung erfolgt über zwei Sole-Wärmepumpen in einer gemeinsamen Heizzentrale in der Tiefgarage. Jeder Baukörper erhält jeweils eine eigene Übergabestation. Für die Auslegung der Wärmepumpen wurde ein Jahresbedarf von ca. 160.150 kWh für Wärme und Warmwasser auf Grundlage der beheizten BGF ermittelt. Das entspricht bei 1500 Volllaststunden eine benötigte Gesamtleistung von ca. 107 kW. Für die Auslegung der Anzahl der Erdwärmesonden wurde eine Bedarfsleistung von ca. 80 kW Energie (ca. 75% der Gesamtleistung) angenommen. Bei einer wirtschaftlich sinnvollen Bohrtiefe von bis zu 100 m kann nach der vorliegenden Baugrundbeurteilung ein Ertrag von ca. 4,5 kW pro Bohrung angenommen werden. Bei einem Bedarf von ca. 80 kW entspricht das ca. 18 Bohrungen.
Der Strom für den Betrieb der Wärmepumpen (25% der Gesamtleistung) für die Haushalte und für die Außenbeleuchtung soll vollständig über Photovoltaikanlagen auf den Dachflächen erzeugt werden. Der Jahresbedarf wird unter Berücksichtigung der Wohnfläche auf ca. 120 000 kWh geschätzt. Bei einer anrechenbaren Dachfläche (50% der Dächer) von ca. 650 qm und einem durchschnittlichen Jahresertrag von 184 kWh/m² wird der Gesamtbedarf voraussichtlich vollständig gedeckt. Die erste Abschätzung der Gesamtenergiebilanz zeigt das Potenzial eines CO²-neutralen Betriebs unter der ausschließlichen Nutzung von lokalen Umweltenergien.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit überzeugt durch die klare städtebauliche Setzung der einfachen, sich wiederholenden Gebäudevolumen, die sich angemessen in die Ortsrandlage am Übergang zum Landschaftsraum einfügen und sich mit diesem gekonnt verzahnen. Der Kunstgriff der alternierenden Firstausrichtung bei meist gleichem Modul ergibt ein spielerisches Bild mit differenzierten Freiräumen. Zum Straßenraum Höfer Äcker wird das Areal durch klare Raumkanten definiert, schafft jedoch gleichzeitig eindeutige Zugänge ins Quartier. Durch die Setzung des L-Gebäudes in den Quartiershof entsteht eine mäandrierender Außenraum mit gut proportionierten Höfen, welche Blickbezüge in die Landschaft bieten. Die Abstufung zwischen Wohnraum, privatem Freiraum und gemeinschaftlichen Freiräumen wird durch das Beurteilungsgremium als besonders gelungen gewürdigt.

Die Ausbildung des Hanggeschosses nach Süden ist hervorragend gelöst und bietet die richtige Antwort auf die herausfordernde Topografie. Eine mögliche Erhöhung des südlichen oder süd-östlichen Gebäudes um ein Geschoß könnte in der weiteren Bearbeitung unter Berücksichtigung der Qualität der Freiräume, konkret der Verschattung des Innenhofs und der nördlichen Gebäude, geprüft werden. Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Höhe der obersten Geschosse an den Traufseiten für nicht ausreichend angesehen wird, sodass eine Erhöhung der Gebäude hier ohnehin erforderlich werden wird.

Der Durchgang im L-Gebäude mit Fahrradstellplätzen im Erdgeschoss wird als gelungener Auftakt ins Quartier begrüßt. Ein angemessenes Angebot gemeinschaftlich genutzter Räume wäre in der weiteren Durcharbeitung zu definieren. Die Option einer gebündelten Anordnung der geförderten Wohnungstypen, kann unter Beibehaltung der städtebaulichen und architektonischen Grundstruktur überprüft werden.

Die Beurteilungskommission würdigt die am Hanggeschoss vorgeschlagenen Maisonettewohnungen, die gemeinsam mit den großzügigen Treppenanlagen einen gekonnten Übergang zum Landschaftsraum bilden. Einzelne Wohnungsgrundrisse sollten in der weiteren Bearbeitung allerdings vertieft betrachtet werden; dies betrifft die Geometrie einzelner Wohn-/Essbereiche in der unteren Ebene der Maisonetten, die sicherlich auch einen direkten Zugang aus der Parkebene erhalten könnten. Im Bereich des nord-östlichen Gebäudes sollte die Gebäudekante nach Norden sowie die Belichtung der Maisonettewohnung und deren Abgrenzung zum nahen Straßenraum geprüft werden. Der Übergang zwischen privatem Freibereich und gemeinschaftlichem Freiraum ist grundsätzlich noch weiter auszuarbeiten. Positv bewertet wird die hohe Wohnqualität durch die Situierung der privaten Loggien über Eck und der bodentiefen Fenster.

Die vorgeschlagene Konstruktion des Gebäudes mit Mauerwerk und vorgehängter Fassade wird durch die Jury als angemessen bewertet. Im Zuge dessen wird auch die Fassadengestaltung im Bereich der Tiefgaragenzufahrt gelobt. Positiv fällt außerdem die helle Fassadengestaltung auf. Hier sieht die Kommission eine weitere Nuancierung der Fassadengestaltung der Gebäude in einem durchweg sehr hellen Farbspektrum als eine mögliche Option, wenngleich die Ablesbarkeit als ein Quartier damit nicht geschwächt werden sollte. Die Wirtschaftlichkeit der Arbeit scheint über den Einsatz sich wiederholender Grundmodule gegeben.

Im Ideenteil wird die Unterbringung des Lidl-Marktes in einem neuen Gebäude im südlichen Bereich des Grundstücks bei temporärem Erhalt des bestehenden Marktes positiv hervorgehoben. Das Zurücksetzten der Raumkante nach Norden ist jedoch nicht zwingend erforderlich und eine Bezugnahme auf die Kante des westlich an der Stettener Hauptstraße neu entstehenden Volumens ebenfalls gut vorstellbar.

Zusammenfassend stellt die Arbeit einen überzeugenden Beitrag zur gestellten Aufgabe in topographisch anspruchsvoller Lage dar: Der architektonische und freiräumliche Ausdruck eines neuen Quartiers am Stettener Ortsrand ist gut getroffen.
Modell

Modell