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Offener Wettbewerb | 03/2023

Bürgerpark - Landesgartenschau Neuss 2026

Perspektive Kinderspielplatz

Perspektive Kinderspielplatz

Anerkennung

Preisgeld: 40.000 EUR

Planorama Landschaftsarchitektur – Maik Böhmer

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Weite Wiesenflächen, dichte Gehölzsäume und ein vielfältiges Programm bilden die atmosphärische Kulisse des neuen Bürgerparks. Ein mäandrierender Rundweg verbindet alle räumlichen Qualitäten und inszeniert dabei das abwechslungsreiche Spiel aus Weite und Nähe, aus Kontemplation und belebten Orten. Kultur und Gärtnern, Sport und Spiel, Wassererlebnis und Wiesenmeer – der Bürgerpark Neuss, ein Park für alle!
Ziel des Entwurfs ist es, die bestehenden räumlichen Qualitäten zu respektieren und zu stärken und gleich- zeitig einen neuen, markanten Park zu gestalten. Um dies zu ermöglichen wird die historisch gewachsene Weite und Offenheit des Areals erhalten und inszeniert. Offene und extensive Wiesenflächen prägen die neue Parkmitte und ermöglichen vielfältige Weitblicke sowie ein erhabenes und kontemplatives Parkerlebnis.
Gerahmt wird die zentrale Wiesenlandschaft durch einen teils dichten Gehölzgürtel, der dem Park eine vege- tative und einheitliche Fassung verleiht sowie der offenen Parkmitte einen atmosphärischen Kontrast gegen- überstellt. Bereits bestehende Bäume werden in den Gehölzrahmen integriert und anhand von klimaange- passten Arten und Sorten ergänzt. Es entwickelt sich ein arten- und strukturreicher, in Teilen wilder Gehölzsaum in den behutsam Orte der Erholung, des Rückzugs sowie der Naturbildung integriert werden.
Zentrales Gestaltungselement bildet der mäandrierende Rundweg, der alle Parkteile und Aktionsbereiche miteinander verbindet und immer wieder neue und spannende Blicke über die offenen Wiesenflächen bietet. Er vermittelt zwischen dichten und offen Parkbereichen und ermöglicht beim Beschreiten unterschiedliche Parkerlebnisse. Großzügige, wegebegleitende Panoramabänke bieten spannende Orte des Verweilens und der Rast. Aufweitungen innerhalb des Gehölzrahmens bilden platzartige Eingangssituationen und verweben den Bürgerpark mit der angrenzenden Stadtlandschaft.
Ergänzt wird der Rundweg durch den Rennbahnweg und die Wiesenpfade, die dem Park ein feingliedriges Wegenetz verleihen. Der Rennbahnweg bildet eine Reminiszenz an die ehemalige Galopprennbahn, und bie- tet die Möglichkeit den ehemaligen Verlauf zu durchwandern. Begleitet wird der Weg durch einen, der ur- sprünglichen Bahnbreite entsprechenden Mahdstreifen, der sich in das flirrende Wiesenmeer einzeichnet. Die Wiesenpfade führen dezent durch die zentrale Fläche, ermöglichen Abkürzungen sowie ein völliges Ein- tauchen in die Wiesenlandschaft.
Die in die Parkmitte führenden Wegeschleifen des Rundwegs formulieren unterschiedlich bespielte Parkter- rassen mit den Themen Sport, Spiel, Gastronomie und Aufenthalt aus. Überhöht wird diese Prinzip in Form eines schwebenden Stegs im Bereich der Wasserfläche. Die in Richtung Parkrand verlaufenden Wegeschleifen inszenieren die Tiefe des Raums mit Weitblicken zu den gegenüberliegenden Parkseiten.
Der Bürgerpark ist ein Park des Miteinanders und der Begegnung. Er bietet ein breites und vielfältiges Spekt- rum an unterschiedlichen Angeboten und Orten, die über den Rundweg miteinander verknüpft sind. Orte der Begegnung, der Kommunikation, der Erholung und des Rückzugs, exponiert und introvertiert, aktiv, laut so- wie entspannt und leise.
Aus der Innenstadt kommend bildet der Kulturhof den Auftakt in den Park. Die Kulturzone wird von unter- schiedlichen kulturellen und gastronomischen Einrichtungen, wie dem Globe Theater, dem Rennbahnhaus oder der ehemaligen Führring Bühne bespielt. Freiraumnutzungen wie Spielorte, Außengastronomien und Wasserspiele ergänzen das Programm und erzeugen einen Ort des Austauschs und des gemeinsamen Erlebens.
Die Arena fügt sich als großzügige Parkterrasse in die zentrale Wiesenfläche ein. Als aktiver Ort steht hier das sportliche Miteinander im Vordergrund. Basketball, Skaten, Calisthenics oder Beachvolleyball lassen Sportlerherzen schneller schlagen. Gefasst werden die Sportflächen durch baumüberstandene, tribühnenartige Sitzstufen.
Sich am Standort der bestehenden Teiche orientierend, entsteht eine weitläufige Wasserfläche. Die Uferbe- reiche werden naturnah, mit einem gestaffelten Uferrelief, Schilfinseln und verschiedenen Wassertiefen aus- gestaltet. Architektonische Akzente, wie ein schwebender Wasserring, ein Aussichtsturm sowie uferbegleitende Sitzstufen erzeugen einen reizvollen Kontrast zu den wilden Vegetationszonen und machen das Wasser auf unterschiedliche Weisen erlebbar.
Grundstruktur des Gartenlands bilden die zur Pflegestation, Gartenhalle und für gastronomische Zwecke umgenutzten Bestandsarchitekturen. Die rasterförmige Anordnung der Gebäude wird im Freiraum fortgeführt und zu einem formalen und inhaltlichen Gesamtkonzept entwickelt. Das Gartenland beinhaltet ein reichhalti- ges Angebot aus Gärten, Obstwiesen und Flächen für den Gemüseanbau. Neben privaten und gemeinschaftlichen Gärten finden auch pädagogische und gemeinnützige Initiativen hier ein neues, grünes Zuhause.
Zwei weitere Parkterrassen setzen im östlichen und nördlichen Parkabschnitt spielerische Akzente. In Ein- klang mit dem Gartenland entsteht ein großer Kinderspielplatz als Sand-, Berg- und Wasserlandschaft mit unterschiedlichen Angeboten für Groß und Klein. Klettern, wippen, balancieren oder matschen wird hier großgeschrieben. Der zweite Spielplatz erhält eine naturnahe Ausformulierung. Topographie, Stämme, Steine und Baumhäuser ermöglichen ein freies Spiel ohne vordefinierte Angebote.
Ziel ist eine qualitätsvolle, extensive Entwicklung und naturnahe Aufwertung der Flächen mit einem vielfältig gemischten und artenreichen Spektrum, das viele jahreszeitliche Aspekte wie Blüte und Blattfärbung aber auch Nahrungsangebot für Insekten bietet. Die neuen Vegetationspflanzungen setzen sich aus klima- sowie standortangepassten heimischen und nicht heimischen Arten zusammen, die mit sommerlicher Hitze und Trockenheit gut zurechtkommen.
Die offenen Wiesen- und Wasserflächen fördern die Belüftung und Kühlung der angrenzenden Stadtquartie- re. Im Sinne einer wassersensiblen Planung wird das anfallende Regenwasser in Retentionsbeete, Mulden- Rigolensysteme oder direkt in die zentrale Wiesenfläche eingeleitet, gespeichert und versickert. Als zusätzli- che Option besteht die Möglichkeit der Integration von unterirdischen Speichervolumen um das gesammelte Wasser für die spätere Bewässerung zu nutzen. Zudem werden versiegelte Flächen auf das absolut nötige Maß reduziert um einerseits Hitzeinseln zu vermeiden andererseits die Versickerungsfähigkeit zu erhöhen.
Zum Einsatz kommen nur nachhaltige Baustoffe aus ressourcenschonender Herstellung, entsprechend dem kreislaufbasierten Prinzip des `Cradle to Cradle ́. Wo möglich werden Materialien wiederverwendet sowie Recyclingbaustoffe oder Gebrauchtmaterial aus anderen Regionen verbaut. Ein aktives Bodenmanagement und eine Bodenaufbereitung vor Ort reduzieren die Ab- und Anfuhr von Material. Ziel ist die Reduktion ein- gesetzter Energie bei der Herstellung sowie ein möglichst geringer Materialverbrauch.
Der hohe Anteil an extensiven und naturnahen Flächen, robuste Oberflächen und einfache, modulare Aus- stattungselemente ermöglichen niedrige Folgekosten im Sinne des Unterhalts und der Pflege. Die dezentrale Niederschlagswasserbewirtschaftung sowie neuste Leuchtentechnik ermöglichen zusätzliche Einsparungen.
Der Bürgerpark als `Park für Alle ́ wird in Gänze barrierefrei und stufenlos für Mobilitätseingeschränkte gestaltet. Sport- und Spielplätze sind für alle zugänglich und bieten ein breites, inklusives Angebot. Die stu- fenlose Zugänglichkeit des Stegs und des Wasserrings gewährleisten ein umfängliches Wassererlebnis. Für Mensch mit Sehbeeinträchtigung werden Stufen und Treppen ausreichend kontrastreich hergestellt, sowie sinnvolle Leitlinien aus taktilen Elementen z.B. an Übergängen eingebaut.
Die Eingangsbereiche, der Rundweg, die Kulturzone und das Urban Garden Land werden mit niedrigen Mast- leuchten normgerecht und sicher ausgeleuchtet. Platzzentren verbleiben eher zurückhaltend beleuchtet, leicht abgedunkelt, zum Verweilen an lauen Sommerabenden. Die Leuchtentechnik entspricht dem aktuellen energiereduzierten Standards, dem Thema der Lichtverschmutzung und Nachhaltigkeit wird vollumfänglich Rechnung getragen. Die bestehenden Scheinwerfer werden lediglich als historische Relikte in die Gestaltung integriert.
Das Neusser Schützenfest findet auch zukünftig im Bürgerpark eine Heimat. Am bestehenden Standort ord- nen sich die Schausteller, Verkaufsstände und Buden zusammen mit dem Schützenfestzelt zu einer ringför- migen Einheit. Tribüne, Pferdeunterstand sowie Reitbereich sind entlang des nördlich angrenzenden Rund- weges eingeplant. Der Maschierweg wird in seinem heutigen Verlauf beibehalten. Die Anordnung der Stell- plätze für Vereinsmittglieder sowie der Anlieferbereich für Transportfahrzeuge erfolgt im Bereich hinter dem Festzelt um den eigentlichen Festbereich nicht zu stören. Die Zu- und Abfahrt für Anlieferung, Feuerwehr und Rettungsdienste wird über den nördlichen Rundweg sowie über die Zufahrt am Wendersplatz geregelt.

Die dauerhaft neu geschaffenen Wege- und Vegetationsstrukturen bilden die Ausgangslage für temporär begleitende Schaupflanzungen, thematische Gärten, Austellerpavillons sowie Gastronomie- und Kulturange- bote. Idee ist es, flächige Ausstellungsbeiträge entlang des großen Rundwegs sowie im Urban Garden Land und in der Kulturzone unterzubringen, da hier entsprechende Strukturen bestehen, die später nicht wieder rückgebaut werden müssen bzw. die Möglichkeit besteht Inhalte der Gartenschau in die Daueranlage überzu- führen. In den beiden Schwerpunktbereichen sind die großflächigen Gastronomien und Bühnenstandorte verortet. Eingangsbereiche werden großzügig und übersichtlich gestaltet und empfangen die Besucher*Innen mit farbenfrohen Akzenten. Eingriffe in extensiv und naturnah gestaltete Parkbereiche werden vermieden, bzw. nur punktuell inszeniert. Hier stehen aktuelle Themen der Naturbildung, des Natur- und Landschaftserlebnis sowie ein Angebot an ruhigen und besinnlichen Orten im Vordergrund. Innovative Konzeptbeiträge wie Klimagärten, vertikales Grün, nachhaltige Wassernutzung, Recyclingmaterialien, nachwachsende Rohstoffe und natürliche Materialien (Fasern, Pilze, Algen...) oder digitale Trends sollen bei dieser Gartenschau neue Themen setzen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser:innen entwickeln ein großzügiges und räumlich zurückhaltendes Konzept für den neuen Bürgerpark in Neuss. Kraftvolle Baumkulissen dienen als Filter zwischen Stadt und Parkmitte und beschirmen eine freie Wiesenfläche. Einzelne Baumpflanzungen dienen als Orientierung im Parkinneren. Wenige Wege erschließen den neuen Park. Intensive Nutzungen sind konsequent an den Rändern in sogenannten Parkterrassen konzentriert. Für die ehemalige Galopprennbahn wird über ein gemähtes Wiesenband eine behutsame Lösung vorgeschlagen. Auch die große Wasserfläche wird positiv gesehen.

Die Einfachheit und Behutsamkeit wird allerdings den Anforderungen an einen künftigen Park nicht wirklich gerecht. Die funktionale Gliederung und Programmatik lässt eine räumliche Vielfalt und Erlebbarkeit vermissen. Auch die Zugänge und Verknüpfungen zwischen Park und Stadt scheinen in der Dimensionierung wenig kraftvoll. Damit bleibt der Park eine Intarsie in der Stadt, die von außen introvertiert wirkt. Auch die auf den ersten Moment wohltuende Leere und damit die Freiheit zur informellen Aneignung durch die Besucher scheint mit Blick auf die künftigen klimatischen Herausforderungen nicht wirklich zukunftsfähig.

Die Brücke über den Europadamm ist irrtümlicherweise bereits 2026 realisiert, die Rampe Richtung Südwesten quert aufgeständert eine Blickachse nebst Weg Richtung Obertor.

Die Realisierung der Gartenschau scheint möglich, konzentriert sich jedoch - ganz im Sinne des Entwurfsansatzes – kompakt auf die beiden Veranstaltungsorte im Osten und Westen. Zufahrten und Stellplätze fehlen zum Teil. Damit wird die Gartenschau leider nicht in die Tiefe des Parks geholt und der Besucher muss sich den Park selbst erschließen. Die Flächen für das Schützenfest sind inklusive der Reiterspiele überwiegend berücksichtigt, jedoch zu weit in das Parkinnere verschoben und damit schlecht erreichbar.

Insgesamt vermittelt die Arbeit eine klare räumliche Haltung, die jedoch für den Ort und die Suche nach Lösungen für innerstädtische Grünflächen in dieser Dimension nicht wirklich zukunftsfähig scheint. Auch einen stadtökologischen Mehrwert lässt die Arbeit vermissen.

Mit Blick auf die vorgeschlagenen behutsamen Maßnahmen bleibt unklar warum der Kostenrahmen überschritten (knapp) wurde. Die Unterhaltungskosten lassen einen durchschnittlichen Aufwand erwarten.
Perspektive Blick über die zentrale Wasserfläche

Perspektive Blick über die zentrale Wasserfläche

Lageplan

Lageplan

Ausschnitt Bereich Kulturzone / Spiel und Sport

Ausschnitt Bereich Kulturzone / Spiel und Sport