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2. Rang 3 / 3

Werkstattverfahren | 02/2023

Neugestaltung des Rathausplatzes in Herford und Ideenfindung für die angrenzenden Flächen

Lageplan M 1:200

Lageplan M 1:200

3. Rang

Die Planergruppe

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Szenenwechsel Auftakt GRÜN
Der Rathausplatz in Herford

Intention
Der Rathausplatz in Herford und die umgebenden Flächen erhalten mit dem Konzept ‚Szenenwechsel‘ einen neuen, grüneren und damit zukunftsweisenden Auftakt direkt im historischen Zentrum der Hansestadt Herford.

Die Neugestaltung des Rathausplatzes und der angrenzenden Flächen schafft einen gelungen, nutzungsoffenen und multifunktionalen Freiraum zwischen Rathaus und Markthalle und fügt das Gesamtensemble mit Münsterkirche, Wolderuskapelle und Archäologischem Fenster zu einem Gesamtbild zusammen. Durch eine neu sortierte Materialität lässt sich im Planungsraum eine weltliche und eine geistige Insel ablesen.

Dem zukünftigen Rathausplatz wird insgesamt ein robustes Konzept zugrunde gelegt, das mit seiner Nutzungsoffenheit nicht nur den unterschiedlichen Akteuren gerecht wird, sondern auch auf die sich wandelnden Ansprüche und Veränderungen der Zukunft reagieren kann.
Die Markthalle wird gestalterisch gestärkt und kann auch eine mögliche zukünftige Reduktion des Wochenmarktes auffangen. Der neue Rathausplatz kann den Wochenmarkt sowie kleine Veranstaltungen beherbergen, fungiert aber auch ohne diese temporären Nutzungen als magnetisierender Stadtplatz im Zentrum Herfords.

Entwurf
Um dem repräsentativen Charakter des Platzes zu stärken und Aufenthaltsräume und -qualität an einem der frequenzstärksten und bedeutendsten Orte der Stadt zu schaffen, ist es unabdingbar die PKW-Stellplätze aus dem historisch gewachsenen Ensemble zu entfernen. In den umliegenden Parkhäusern sowie im nördlichen Bereich des Rathauses können entfallene Stellplätze kompensiert werden.

Die vorhandene Qualität der schattenspendenden Platanen an den Rändern des Platzes soll erweitert und nutzbar gemacht werden. Die darunterliegenden Flächen werden mit wassergebundener Wegedecke ausgestattet und ins Platzinnere erweitert. Dadurch können Teile des Platzes entsiegelt, und den Wurzelbereichen der Gehölze deutlich mehr Raum gegeben werden.
Die drei Baumreihen, mit je drei Platanus acerifolia, werden jeweils um eine Platane ergänzt, sodass sich ein symmetrisches Bild aus insgesamt vier Baumreihen mit jeweils vier Großgehölzen ergibt. Im Zuge der Erweiterung der Aufenthaltsflächen werden die beiden Platanenreihen vor der Markthalle außerdem jeweils um eine zweite Baumreihe ergänzt, so dass sich ein breites Baumdach bildet. Damit wird der Markthalle ein etwa 11 Meter breiter Raum vorgelagert, der von der Gastronomie der Markthalle bespielt werden kann und die Präsenz der Markthalle mit Ihren Funktionen am Platz deutlich stärkt. Die ausgedehnten Flächen wassergebundener Wegedecke im Norden des Platzes werten den Platz für den konsumunabhängigen Aufenthalt auf. Von hier aus lässt sich das Geschehen auf dem Platz in Ruhe beobachten. Bänke und Hocker werden den unterschiedlichen Akteuren gerecht, Rücken- und Armlehnen ermöglichen auch mobilitätseingeschränkten Menschen einen angenehmen Aufenthalt. Eine hochwertige Einfassung mit der Charlottenburger Gehwegplatte aus Naturstein ausgeführt, ziert die Aufenthaltsräume und kann als Orientierungselement dienen. Eine großzügige Struktur aus geschliffenem Kleinsteinpflaster ermöglicht das barrierearme Erreichen aller dem Platz zugewandten Eingänge von Rathaus und Markthalle. Dafür wird ein Teil des vorhandenen Kleinsteinpflasters aus Basalt im Bestand oberseits abgeschliffen, aufgenommen und später neu verlegt. Es entsteht eine gleichmäßige, ästhetisch ansprechende, rutschfeste Oberflächentextur, die besser begehbar und damit barrierefrei ist und dennoch den Charakter der ursprünglichen Natursteinoberfläche behält. Das geschliffene Kleinsteinpflaster wird von einem Blindenleitsystem mit taktilen Bodenindikatoren gesäumt. Auf dem gesamten Platz wird das Basalt-Kleinsteinpflaster aus dem Bestand wiederverlegt. Das im Norden des Platzes liegende Bodendenkmal, der alte Abteibrunnen wird zukünftig mit einer Granitplatte bodeneben abgedeckt und verweist somit auf das darunterliegende Denkmal im Boden.

Durch die großzügigen Aufenthaltsbereiche unter den Platanen erhält die sanierte Markthalle gleichzeitig einen ihr neu zugeordneten Vorbereich, der sie vor allem an den Markttagen ‚freistellt‘, Abstand schafft und repräsentativ unterstreicht. Die Marktaufstellung variiert an den unterschiedlichen Markttagen. An den Wochentagen können sich die Markstände gegenüber der Markthalle platzieren, sodass das Marktgeschehen unter den neu entstandenen Platanendoppelreihen stattfindet. Am Wochenende werden Diese um eine weitere Reihe Marktstände im Norden ergänzt. Die MarktbesucherInnen können so an allen Tagen auf der Struktur des barrierearmen, geschliffenen Pflasters den Wochenmarkt genießen.

Als neuer Schwerpunkt auf dem Rathausplatz wird das Stadtgeschichtsdenkmal zentral platziert. Direkt auf dem neuen Rathausplatz thematisiert es das Kondominat und damit das singuläre Verhältnis von Stift und Stadt an dessen Keimzelle. Es wirkt identitätsstiftend für die BürgerInnen und BesucherInnen Herfords, lädt dazu ein sich mit der einzigartigen Geschichte der Stadt, in unmittelbarer Nähe zum archäologischen Fenster auseinander zu setzten und birgt zusätzlichen Spielwert für Kinder.


Umfeld Rathausplatz | Denkmäler | Orientierungsachsen
Im Norden des Rathauses wird der Parkplatz in seinen grundsätzlichen Bestandteilen beibehalten. Die Zufahrtsituation wird geändert, sodass der Parkplatz nur noch von Westen über die Straße „Münsterkirchplatz“ angefahren und im Osten über die „Abteistraße“ verlassen wird. Dadurch kann das Verkehrsaufkommen zusätzlich reduziert und beruhigt werden. Neben der Vergrößerung des vorhandenen Baumbeetes werden die Überhangbereiche zwischen den einzelnen Parkstreifen entsiegelt und weiterhin einige PKW-Stellplätze im Sinne der Mobilitätswende durch zusätzliche Fahrradanlehnbügel ersetzt.
Das Gesamtensemble um Rathaus und Münsterkirche wird mit einem Grünem Entree von der Straße
„Auf der Freiheit“ aus eingeleitet. Eine von Großgehölzen überstandene Rasenfläche empfängt die BesucherInnen mit dem hier neu platziertem Frieda-Nadig Denkmal. Entlang der bedeutenden Marta-Achse werden die weiteren Denkmäler als ‚Trittsteine‘ platziert. Den Entwurf der Marta-Achse weitergedacht, wird auch in diesem Bereich die Achse mit Gehölzen gesäumt.

Klimaanpassung | Resilienz |Funktionen
Durch die Neupflanzung an Gehölzen, die durch Baumrigolen mit Wasser versorgt werden, wird das Mikroklima auf dem Platz verbessert. Eine vergrößerte Blattoberfläche erhöht die Wirkung der Verdunstungskühlung, dient damit der Retention von Regenwasser und erhöht die beschatteten Flächen. Schnittgehölze haben zudem durch den regelmäßigen Schnitt die Möglichkeit dichteres Laub und damit einen wirksameren Schattenwurf auszubilden. Betrachtet man den gesamten Lebenszyklus fallen die Unterhaltungskosten nicht höher aus als bei konventioneller Kronenpflege. Auch das Teilentsiegeln der Flächen durch Umwandlung von Pflasterflächen in wassergebundene Decke verbessert das Mikroklima des Platzes.
Ein besonderes Augenmerk liegt außerdem auf dem ressourcenschonenden Umgang von Materialien. So wird das im Bestand liegende Kleinsteinpflaster aus Basalt aufgenommen und neuverlegt. Überschüssiges Kleinsteinpflaster, dass beispielsweise im Bereich der zukünftigen wassergebundenen Wegedecke nicht wieder neu verlegt wird, kann im südlichen Bereich der Markthalle neu verlegt werden und trägt somit zu einem einheitlichen Gesamtbild bei. Hohe Mastleuchten leuchten den Rathausplatz aus und lassen ihn auch in der Dunkelheit zu einem sicheren Ort werden. Um der Lichtverschmutzung entgegenzuwirken und Energie einsparen zu können, sollte auf ein smarte Leuchten-Ausstattung gesetzt werden, welche auf Bewegungen reagiert.
Im gesamten Gebiet werden 50 Fahrradstellplätze verortet. Im Süden der Markthalle entstehen zusätzlich weitere fünf Stellplätze für Lastenräder. Die Anlieferung der Markthalle ist über die Straße „Münsterkirchplatz“ gewährleistet. Ebenso kann die Anfahrbarkeit durch Rettungsfahrzeuge gesichert werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Im Vordergrund des Entwurfes steht die grundsätzlich positiv zu bewertende Verbesserung der klimatischen Bedingungen im städtischen Raum. Die Arbeit unterscheidet sich deutlich von den übrigen Vorschlägen durch die zusätzliche Baumreihe vor der Markthalle sowie die Ergänzung der Baumreihen vor der Rathausfassade um jeweils einen Baum.

Neben den positiven Effekten für die Gastronomie vor der Markthalle wird die multifunktionale Nutzung des Platzes dadurch jedoch erheblich eingeschränkt. Der Sichtbezug zwischen den Eingängen von Rathaus und Markthalle verliert durch die zusätzlichen Baumpflanzungen an Deutlichkeit und Kraft. Die Anordnung des Stiftdenkmals schränkt zusätzlich die flexible Nutzung der Platzfläche ein. Die Proportionen des Platzes verändern sich zu seinen Ungunsten und führen zu einer Asymmetrie in der Wegeführung. Als kurzfristige Zwischenlösung wird die Gestaltung des Raumes nördlich des Rathauses als Parkplatz als sinnvoll erachtet. Sie bietet jedoch langfristig keine zukunftsweisende Perspektive. Die Vorschläge zum Umgang mit den bestehenden Platzbelägen sind schlüssig und gut. Eine Unterscheidung der Platzbeläge in „weltliche und kirchliche“ Bereiche ist geschichtlich jedoch nicht abzuleiten. Insgesamt bietet die Arbeit eine qualitätvolle Platzgestaltung die jedoch den speziellen Rahmenbedingungen und Anforderungen dieses Ensembles nur bedingt gerecht wird.
Blick auf die Münsterkirche

Blick auf die Münsterkirche

Lageplan M 1:500

Lageplan M 1:500

Akteure

Akteure

Konzept

Konzept

Herleitung

Herleitung

Schnittansicht

Schnittansicht

Schnittansicht Rathaus

Schnittansicht Rathaus

Detail M 1:50

Detail M 1:50

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