modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 03/2023

Neubau Kindertagesstätte in Ludwigsburg-Oßweil mit Ideenteil Pflegeheim

ein 2. Preis / Kindertageseinrichtung

Preisgeld: 8.000 EUR

Freivogel Mayer Architekten

Architektur

Erläuterungstext

Realisierungswettbewerb Neubau Kindertageseinrichtung
Ludwigsburg Oßweil mit Ideenteil Pflegeheim

Die neue Einheit aus Kindertageseinrichtung und Pflegeheim setzt sich als einfache, prägnante Form in die grüne Anlage und fügt sich aufgrund der niedrigen Geschossigkeit passend in die Höhenentwicklung der Umgebung ein. Das vorgesetzte Holzgrid bildet eine räumliche Fassung zu den Außenspielflächen und dient als direkter Zugang zu den Grünräumen, als Fluchtbalkon und baulicher Sonnenschutz.
Städtebau

Die Kindertageseinrichtung und das Pflegeheim bilden selbstbewusst ein zusammengehöriges Ensemble zwischen der kleinteiligen Einfamilienhaussiedlung im Norden und Westen sowie der neu geplanten mehrgeschossigen Wohnbebauung zum Hang im Süden. Durch die Zweigeschossigkeit der Kita und die Dreigeschossigkeit des Pflegeheims staffeln sich die Höhen von Süd nach Nord ab und ergeben eine stimmige Höhenentwicklung im gesamten Gebiet.
Die Kita erstreckt sich als einfacher Riegel über zwei Geschosse und bildet großzügige, zusammenhängende Außenräume zu den großen Platanen im Norden und der grünen Fuge im Osten. Das Pflegeheim nimmt die Fluchten der Kita auf und bildet ein Hofhaus, welches sowohl nach Innen orientiert ist als auch Bezüge nach Außen aufnimmt. Auch hier orientiert sich der öffentliche Außenraum zur grünen Fuge. Ein über beide Grundstücke angelegter Fußweg sorgt für kurze Strecken. Zusätzlich kann er für Anlieferungen in die Kita und das Pflegeheim genutzt werden.

Funktionalität
Beide Gebäude sind überaus funktional aufgebaut. Die Kita wird über die Stirnseite im Südwesten betreten. Im Erdgeschoss befinden sich die Gemeinschaftsräume, die Krippenräume, ein Teil der Verwaltung und Nebenräume. Eine einläufige Treppe führt in das Obergeschoss, in dem die Gruppenräume, die Verwaltung und die sonstigen notwendigen Nebenräume untergebracht sind. Im Obergeschoss entsteht durch ein großzügiges Oberlicht ein lichtdurchfluteter Spielflur, durch welchen über eine Galerie Licht ins Erdgeschoss gelangt. Die Pufferzone zwischen Mehrzweckraum und Cafeteria im Erdgeschoss fungiert als Erweiterung und schafft eine große offene Raumzone, welche multifunktional genutzt werden kann.
Die Krippen- und Gruppenräume sind jeweils an den Stirnseiten angeordnet und orientieren sich zum grünen Außenraum. Durch Schmutzschleusen gelangen die Kinder (über einen Fluchtbalkon im Obergeschoss) direkt in den Außenbereich, welcher zusammenhängend, aber dennoch in U3 und Ü3-Bereiche unterteilt ist.

Eine Anlage für Kinder und Senioren im Park, umgeben von Bäumen, Terrassen und einer grünen Fuge vor den Aufenthaltsräumen. Natürliche Baumaterialien und der grüne Außenraum schaffen eine angenehme Lern- und Entwicklungsumgebung für die heranwachsenden Kinder und eine hohe Aufenthaltsqualität für die Senioren.

Nachhaltigkeit
Das Gebäude wird vollständig in Holz gefertigt. Die Pfosten-Riegel-Fassade ist mit dreifach verglasten Scheiben ausgestattet; die geschlossenen Elemente sind gedämmte Holz-Paneele. Die Außenflächen mit Terrassierung bleiben erhalten und es wird nur wenig Fläche versiegelt. Großzügige Grünflächen und ein besonderer Baumbestand sorgen für ein angenehmes Mikroklima. Die Dachflächen sind extensiv begrünt und vollständig mit Photovoltaik ausgestattet. Das vorgestellte Holzgrid wirkt als Vordach in beiden Geschossen und verhindert eine sommerliche Überhitzung. Durch die kompakte und einfache Bauform entsteht ein sehr günstiges A/V-Verhältnis: Zur Minimierung des Energiebedarfs, als Beitrag zum sommerlichen Wärmeschutz und zur Kosteneffizienz.

Wirtschaftlichkeit
Der Baukörper wird auf eine ebene Fläche gestellt, wodurch kein Aushub notwendig ist. Bei dem Pflegeheim ist dieser zum Hang hin reduziert, um den Anteil unbelichteter Bereiche zu begrenzen. Eine gute Wirtschaftlichkeit des Gebäudes ist zu erwarten, da in vielerlei Hinsicht ein hoher Grad an Vorfertigung möglich ist.
- Durchlaufende Pfosten-Riegel-Fassade mit nur zwei unterschiedlichen Paneelen
- Innenwände mit gleichen Abmessungen
- Brettstapeldecken mit gleichen Abmessungen
- Einfaches, vorgestelltes Holzgrid mit gleichbleibendem Raster
Die Brettstapeldecken werden auf innenliegenden Stützen gelagert, wodurch Materialbedarf und Dimensionierung der nichttragenden Pfosten-Riegel-Fassade deutlich reduziert werden können. Zusätzlich gelingt es mit dem vorgeschlagenen Konzept, das komplette Raumprogramm in einem zweigeschossigen Baukörper unterzubringen – es sind lediglich einfache, einläufige Treppen über ein Geschoss notwendig.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf überzeugt durch die klare architektonische Konzeption des Kindergartens, der als Pavillon im Grünen steht. Verbindendes Element zum angrenzenden Landschaftsraum ist der allseitig umlaufende Balkon, der über die Nutzung als Fluchtbalkon hinaus eine sinnvolle zweite Haut als Klimamembran darstellt und dazu den Innenraum qualitätvoll erweitert. Ein Pendant mit gleicher Kantenlänge soll das Pflegeheim mit lediglich drei Geschossen bilden. Dieser Vorschlag konnte im Preisgericht nicht vollumfänglich überzeugen, da der konzipierte innere Lichthof das Volumen und den Fußabdruck zusätzlich vergrößert und dabei keinen räumlich-architektonischen Gewinn illustriert.
Die zunächst sehr streng anmutende Architektursprache der Tagesstätte entfaltet erst auf den zweiten Blick die hohen architektonischen Qualitäten: Herzstück ist der über das Foyer zusammenschaltbare Multiraum aus Essbereich und Mehrzweckraum. Diese Zone bindet die Nordseite mit der wunderbaren Bestandsplatanen transparent bis zur Südseite durch – ein echter Gewinn bei internen Festlichkeiten.
Das großzügige Oberlicht belichtet beide Geschosse überzeugend auch im Zentrum des Gebäudes im Erdgeschoss. Hier ist im Ostflügel der abtrennbare Teil der Krippe etwas abseits des Trubels richtig verortet.
Auch die Gruppenräume beider Geschosse sind konsequent so positioniert, dass eine Belichtung von zwei Seiten über Eck erfolgen kann. Zudem sind die Räume über innere Bypässe entlang der Fassade verbunden, sodass ein interner Ringschluss erfolgt, der die Grundrisse auf lange Sicht variabel und flexibel macht – ganz unabhängig vom pädagogischen Konzept, das über die Lebenszeit des Gebäudes vielfach wechselt. Einzelne Verwaltungsräume weisen eine für die Nutzung ungünstige Raumproportion auf und müssten angepasst werden.
Der Freibereich ist im Grundsatz gut gegliedert, wobei die Eingangssituation in der räumlichen Darstellung wenig einladend erscheint – hier wäre die Ausgestaltung eines qualitätvollen Platzes zum Ankommen und Abholen erwartbar gewesen. Hinterfragt wird seitens der Jury auch, ob der südöstliche Treppenabgang an anderer Stelle besser positioniert wäre, sodass eine Querung des Spielbereichs der unter Dreijährigen umgangen werden kann. Der Wunsch, die Zone unterhalb des Platanendachs als Spielbereich auszubilden ließe sich aufgrund des Wurzelschutzes nur mit leichten Holzpodesten realisieren – ein Anschütten des Geländes mit dem vorgeschlagenen Mauerabschluss zur Straße wäre nicht umsetzbar und die dort vorgesehenen Spielgeräte müssen also an anderer Stelle verortet werden.
Zusammenfassend setzt der Beitrag die Anforderungen der Auslobung in sicherer Handschrift um, wenngleich man der Arbeit etwas mehr Poesie und Charme in der architektonischen Ausstrahlung gewünscht hätte. Eine Umsetzbarkeit im wirtschaftlich vertretbaren Bereich scheint durch die kompakte Bauform gegeben, wobei das Konzept zur Nachhaltigkeit noch weiterentwickelt werden müsste.
Lageplan

Lageplan