modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 02/2023

Neugestaltung Neue SchlossgÀrten Illertissen

Lageplan

Lageplan

2. Preis

Preisgeld: 11.500 EUR

lohrer.hochrein landschaftsarchitekten und stadtplaner gmbh

Landschaftsarchitektur

ErlÀuterungstext

Konzept | Die Inzenierung der landschaftlichen Sequenzen - Der Ort als solches begeistert – das Schloss sowohl als GebĂ€udekomplex wie auch seine Situierung in der Topographie, seine hervorgehobene Lage am Talraum und sein erahnbarer Dialog mit der historisch gewachsen (Stadt-) Landschaft fasziniert.
Umso bedauerlicher ist so nicht nur der Verlust der GĂ€rten im Detail, sondern insbesondere die verloren gegangene Inszenierung der landschaftlichen Sequenzen des Ensembles im Ganzen. Die Setzung des Schlosses ist eine wohldurchdachte und historisch gewachsene Abfolge von landschaftlichen Bildern, die von der Zufahrtsallee ĂŒber das erste Tor, den umfriedeten (Jagt-) Park, den eingebetteten ZiergĂ€rten, den empfangenden Vorhof mit den ÖkonomiegebĂ€uden, die akzentuierende SchlossbrĂŒcke bis in den Arkaden gesĂ€umten Schlosshof reicht.

Das Herausarbeiten dieser im Ort begrĂŒndeten Inszenierung von landschaftlichen Sequenzen, - Landschaft, Park, Garten, Hof - eine betont zurĂŒckhaltende gebaute Dichte und dezente MaterialitĂ€t sowie eine besondere Betonung der Pflanze im Dialog von artifiziell bis natĂŒrlich bildet die Grundlage dieses Konzeptes.


Schlossallee | In der Zufahrt wird das Bild der PrĂ€chtigen Alle gestĂ€rkt. Die Fahrbahn wird mit einem schmalen Regelprofil erneuert (Asphaltfahrbahn, seitliche Natursteineinfassung, fĂŒr eventuelles Ausweichen befahrbares grĂŒnes Bankett, Rasenmulde). Die Fahrbahn wird beidseitig von einem offenen, breiten Wiesenstreifen begleitet, der die besondere Wirkung der so freigestellten Baumreihen betont. Durch Nachpflanzungen wird die RegelmĂ€ĂŸigkeit der Reihung wieder hergestellt.
Nach dem Tor wird die Zufahrt durch eine lineare offene Schneise in den umfassenden dichten BestÀnden rÀumlich verdeutlicht.

Tor und Umfriedung | Der Eintritt, die ZĂ€sur verdeutlicht den Wechsel der Sequenzen. Ein von Mauern und ZĂ€unen umschlossener Jagt-Park umgibt das Schloss. Die Mauern werden saniert und wenn möglich ergĂ€nzt. Die ZugĂ€nge werden abgestuft inszeniert - in der Allee besonderes betont mit kleinem Vorplatz, Risaliten im Mauerwerk und einem neuen Gittertor, in der Gartenmauer zurĂŒckhaltend hervorgehoben mit einem soliden handwerklichem Eichentor und unscheinbar bei den ergĂ€nzenden Rampenwege mittels schlichten Zauntoren.

Landschaftspark | der so umschlossene Park entwickelt sich betont naturnah in einer Abfolge von dichtem WĂ€ldchen (Bosco), aufgelockertem Hangwald und lichtem Hutewald. Wiesen und BĂ€ume sind die beiden prĂ€genden Elemente. In diese wechseldichte Baumlandschaft werden LandschaftsbĂŒhne und Wildgehege subtil integriert.

Vorhof | Inspiriert durch die alten Karten wird die schmale Zufahrtsstraße in Höhe der frĂŒheren ÖkonomiegebĂ€uden und heutigem Hotel zu einem Vorhof geweitet. Eine Mauer begrenzt einem „AHA“ gleichend zum abfallenden Landschaftspark hin den Hof. Verstellende EinzĂ€unungen werden so vermieden, die Aussicht gestĂ€rkt. In Kastenform geschnittene Linden ergĂ€nzen die tradierte RĂ€umlichkeit. Unter den Kronen werden SitzbĂ€nke und - wenn erforderlich- ergĂ€nzende StellplĂ€tze integriert. Ein Trogbrunnen akzentuiert den Hof. Der kleinere eingriff in das Areal des Wildgeheges wird durch FlĂ€chen unterhalb des Terrassengartens kompensiert.

Schloss | Das Schloss bildet das Zentrum der Anlage und das Ende der AnnÀherungssequenzen. Durch behutsame Eingriffe wird der rahmende Hangwald ausgelichtet und Sichtachsen zum GebÀude freigestellt.


Topographischer Garten | ein geometrisch aufgeteilter Gartenteppich legt sich hangseitig begleitend auf das bewegte Relief und wird von den naturnahmen GehölzbestĂ€nden gerahmt. Topografie wird durch das ĂŒberspannende Raster und dessen projektierte Verzerrung erlebbar. Ein filigraner Stahlsteg verlĂ€uft waagrecht ĂŒber den nun von oben gut einsichtigen Gartenteppich und öffnet, nachdem er die fassenden Baumkronen des Hangwaldes durchstoßen hat, den weiten Blick ĂŒber das Tal und die Stadt.

Terrassengarten | Die Eingriffe in den Nordhang beschrĂ€nken sich auf lediglich eine obere an die Schlossallee angelagerte Terrasse. Die tieferen Lagen verschmelzen mit dem bereits vorhandenen Wildgehege zu einem zusammengehörigen lichten Hutewald. Die Terrasse wird durch eine steilere Wiesenböschung zum abfallenden Gehege hin abgetrennt. Ein Höhenweg öffnet den Blick ĂŒber das Tal. Hangseitig wird der Weg durch weitere gartenĂ€hnliche Bereiche der Landschaft bezogenen Tierbeobachtung begleitet - der Bienengarten mit kĂŒnstlerisch inszenierten Bienenstöcken in einem Meer von nĂ€hrenden BlĂŒten, Aquarienbildern von heimischen, an sich unscheinbaren Wasserlebewesen sowie, von einem filigranen Stahlnetz, ĂŒberspannt eine Voliere mit heimischen und exotischen Vogelstimmen.

chromatographischer Garten | Walled Garden im klassischen Sinne - sanierte Ziegelmauern begleitet von schwingende Staudenmatten, von Hecken gefasste BlĂŒtenfelder mit Prachtstauden und Sommerflor sowie eine von Rosen umrankte transparente Treillage als osmotische Trennung zum Hotelgarten. Die Pflanzung lĂ€sst den Farbkreis in schimmernder Abfolge erschienen. Begehbarer Rasen fĂŒhr durch die Pflanzung und öffnet sich zu offenen FlĂ€chen mit lockerer Bestuhlung. Das BestandsgebĂ€ude wird zur ergĂ€nzenden kleinen Espressobar mit Bookshop/Info und WC - Ort zum kleinteiligen entdecken und zur kontemplativen Rast zwischen den Seminarblöcken.


MaterialitĂ€t | ZurĂŒckhaltung bildet die Grundlage fĂŒr die Materialwahl – gebrauchtes Pflaster im Wildverband fĂŒr die wichtigen ErschließungsflĂ€chen – ansonsten wassergebundene Decke ohne Einfassung. Die erforderlichen Mauern werden aus gebrauchtem Klinker hergestellt. Holz - LĂ€rche unbehandelt in filigranen Profilen, ergĂ€nzt durch ebenso filigranen Stahl in dunklem Glimmer.

Ausstattung | Sitzelemente in klassischer Form als Bank und einzelnen Ruhesessel werden im GelĂ€nde verteilt. ErgĂ€nzend werden im Vorhof und in den GĂ€rten grĂ¶ĂŸere Terrakotten akzentuierend gesetzt-

Ruhender Verkehr | Vorfahrt und Andienung im Areal ist gewÀhrleistet. Kurzparken können, wenn erforderlich unter den Kastenlinden eingeordnet werden. (Verstellendes) Parken sollte, wenn möglich auf den im externen Wiesenpattern integriertem Sammelparkplatz konzentriert werden, der durch die neunen Gartentore auf kurzem Weg gut erreichbar angebunden wird.

Beurteilung durch das Preisgericht

Vor dem Hintergrund ihrer Faszination mit dem Ort und des historischen GebĂ€udeensembles entwickeln die Verfasser ein schlĂŒssiges und ideenreiches Konzept mit differenzierten Raumsequenzen und zahlreichen Nutzungsangeboten.

Schlosshof, Vorhof und Schlossallee zeigen ganz unterschiedlich ausgeprĂ€gte RĂ€umqualitĂ€ten, die zu einem spannenden und gut nachvollziehbaren GesamtgefĂŒge verknĂŒpft werden. Die Gestaltung der Schlossallee mit einem neuen Regelprofil und die ErgĂ€nzung der Allee mit neuen BĂ€umen wird begrĂŒĂŸt. Eine Markierung des Übergangs in der Spur des ehemaligen Jagdparks ist aus stĂ€dtebaulicher und rĂ€umlicher Sicht gut nachvollziehbar, wird aber seitens der Denkmalpflege kritisch gesehen.

Im Bereich des Vorhofes öffnet sich der lineare Straßenraum zu einem gut proportionierten Platz, dessen besondere QualitĂ€t im Raumschluss durch ein Baumkarree sowohl zum Wildgehege als auch zur Schlossallee liegt. Hiermit wird eine Referenz zur ursprĂŒnglichen, historischen Raumkante durch ein ehemaliges GebĂ€ude aufgenommen. Unmittelbar vor dem Hotel kann die Baumsetzung nicht ĂŒberzeugen.

Gut gelöst ist die Anfahrt zum Hotel fĂŒr GĂ€ste. Konsequenterweise aber wird auf ein Angebot von DauerstellplĂ€tzen in diesem empfindlichen Raum verzichtet. Das Angebot eines Behindertenstellplatzes wĂ€re aber wĂŒnschenswert.

Dass das bestehende NebengebĂ€ude als zukĂŒnftiges CafĂ© umgenutzt wird, ist sowohl in Bezug auf Nachhaltigkeit als auch fĂŒr die Geschlossenheit der sĂŒdlichen Raumkante konsequent und begrĂŒĂŸenswert. Den Vorschlag zu einem Brunnen vor dem Hotel hĂ€lt das Preisgericht fĂŒr unangemessen. Auch mit einem differenzierten Angebot unterschiedlich ausgeformter GĂ€rten zeigen die Verfasser konzeptionelle Stringenz einerseits und Gestaltungsreichtum andererseits. Der Schlossgarten wird unter sorgfĂ€ltiger Beibehaltung des Baumbestands zu einem „chromatographischen Garten“ umgestaltet und stellt in erweitertem Sinne eine Interpretation der mit eingefassten, blĂŒhenden Beeten historischen Schlossgartenanlage dar. Der Übergang zum Hotelgarten erfolgt mit einer begrĂŒnten Pergola als Raumtrennung und ist der Situation entsprechend sensibel ausgebildet.

Ein weiteres Element im Portfolio der GĂ€rten ist der topografische Garten, dessen NutzungsqualitĂ€t als nicht begehbarer Bereich in Frage gestellt wird. Die zukĂŒnftige ZugĂ€nglichkeit, möglicherweise auch mit einem Anschluss an den Staffelweg, wĂ€re hier wĂŒnschenswert. Nicht ĂŒberzeugen kann auch der Aussichtssteg in Bezug auf seine Kosten-Nutzen-Relation. DemgegenĂŒber zeigt der Umgang mit dem Terrassengarten einen ĂŒberzeugend konsequenten und in Bezug auf die Umsetzung sparsamen Ansatz. Die Eingliederung der FlĂ€che in das Wildgehege zeigt eine gute Lösung fĂŒr das topografisch anspruchsvolle GelĂ€nde. Bestehende BĂ€ume mĂŒssten allerdings geschĂŒtzt werden. Die Erweiterung des Wildgeheges mit einer Vogelvoliere könnte eine zukĂŒnftige Attraktion sein.
Vermisst wir eine Darstellung des stĂ€dtebaulichen Anschlusses im Bereich der Vöhlinstrasse. Wirtschaftlichkeit und Versiegelung liegen in einem sehr gĂŒnstigen Bereich. Auch der Pflegeaufwand erscheint angemessen.

Insgesamt zeigt der Beitrag einen konzeptionell sowie gestalterisch ĂŒberzeugenden Ansatz und damit eine ausgesprochen wertvolle Antwort auf die Frage der zukĂŒnftigen Umgestaltung.