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Nichtoffener Wettbewerb | 02/2023

Barrierefreier Anschluss Kaiserbrücke in Mainz – Interkommunaler Lückenschluss

3. Preis

SCHOYERER ARCHITEKTEN_SYRA

Architektur

Bollinger+Grohmann

Tragwerksplanung

Erläuterungstext

Aufgabe, Grundstück und Lage
Die Kaiserbrücke als Eisenbahnbrücke über den Rhein, mit kombiniertem Fuß- und Radweg, ist eine der direkten Rad-Verbindungsachsen zwischen den Landeshauptstädten Mainz und Wiesbaden. Derzeit ist jedoch diese Verbindung nur über eine Treppenanlage mit Schieberille erreichbar. Für Radler und Radlerinnen, Mobilitätseingeschränkte und Eltern mit Kinderwagen ist die heutige Situation unbefriedigend. Die Entwurfsaufgabe fordert ein Erschließungskonzept zur barrierefreien Überwindung des Höhenunterschiedes von 10m.

Entwurfsidee und Konzeptumsetzung
Der Leitgedanke, für den Entwurf der barrierefreien Anbindung an die Kaiserbrücke, folgt der Nachhaltigkeitsphilosophie der Stadt Mainz und daher schlagen die Verfasser ein dynamisches Design in verantwortungsvoller Bauweise vor.

Gestaltung und Einbindung städtebauliche Situation, Standort am Denkmal Kaiserbrücke
Die Verfasser wählen für dieses Verkehrsbauwerk eine kompakte Lösung, welches sich nicht nur funktional, sondern auch architektonisch, in das Umfeld der denkmalgeschützten Brücke, wie auch die städtebaulich bedeutende Situation in Verlängerung des Stadtgebietes Zollhafen, einfügt. Dabei wählen die Verfasser für das Verkehrsbauwerk eine Bauteil-minimierte, bzw. -optimierte Spindelfigur, welche in ihrer Kompaktheit den geringstmöglichen Raum und auch den geringstmöglichen Fußabdruck auf dem Grundstück einnimmt. Durch diese Bauteilminimierung nimmt sich die Spindel gegenüber der denkmalgeschützten Rheinbrücke zurück und bietet zudem im Hochwasserfall einen geringstmöglichen Strömungswiderstand. Als Analogie zur Eisenbahnbrücke wird für die Spindel ebenfalls eine (zwar einseitige) Fachwerkträgerkonstruktion gewählt. Im Maßstab bleibt die Spindelkonstruktion jedoch ganz klar untergeordnet, die Geländeroberkante der bestehenden Radverbindung wird als oberster Abschluss der Spindelkonstruktion eingehalten.
An den äußersten Spindelpunkten wird der Wegeverlauf mit je einer Ruhezone mit Aufenthaltsqualität aufgewertet, welche stromaufwärts und stromabwärts attraktive Blicke frei geben.
Im Resultat wird eine Spindelfigur vorgeschlagen, welche in einer eleganten Bewegung von der Kaiserbrücke auf die Rheinuferpromende über führt.
Die bestehende Feuerwehrzufahrt bleibt in ihren Abmessungen unverändert erhalten.
Dauerhaftigkeit und Gebrauchsfähigkeit / Nachhaltigkeit / Wirtschaftlichkeit.
Nachhaltigkeit - Zero-Waste, bzw. Kreislaufwirtschaft mit Stahl
Mit einem reinen Stahltragwerk wird der Zero-Waste Gedanke in den Vordergrund gestellt. Das Material besitzt einen 100% geschlossenen Recycling Kreislauf, ohne Verlust von Leistungsmerkmalen und Eigenschaften. Zudem entstehen keine schädlichen Abfallprodukte bei der Herstellung und Wiederverwertung.

Geringer Materialverbrauch - Wirtschaftlichkeit
Im Sinne eines geringstmöglichen Materialverbrauchs wird der Spindelverlauf möglichst kurz ausgebildet. Die Gesamtlänge ergibt sich aus den für Barrierefreiheit geltenden Steigungsverhältnissen nach DIN 18040-3. Auch alle anderen Bauteile wie z.B. Widerlager, Fundamente und Geländerstäbe werden auf Mindestmaße dimensioniert. Insgesamt führt diese minimalistische Bauweise zu einem eleganten Design und sichert auch, den Kostenrahmen einzuhalten. Es wird von Herstellungskosten von insgesamt 2.300.000 € brutto (KGR 300+KGR 400) ausgegangen.

Konstruktion und statische Umsetzung
Das Tragwerk der Rampe wird aus einem einseitig auf der Innenseite der Spindel angeordneten Vierendeel-Fachwerkträger gebildet. Dieser Fachwerkträger wird von freistehenden Stahlstützen getragen und ist in diese integriert.
Die Fläche des Fahrradstegs kragt einseitig vom Untergurt aus. Dieses Kragmoment wird in den gekrümmten Bereichen des Fachwerkträgers über eine Torsionsbeanspruchung des Fachwerkträgers abgeleitet. Infolge der Krümmung des Fachwerkträgers im Grundriss wird diese Torsionsbeanspruchung des Fachwerkträgers durch eine Druckkraft im Untergurt und in eine Zugkraft im Obergurt abgetragen.
In den Bereichen, in denen der Fachwerkträger eine geringere Krümmung hat, wird das Kragmoment durch die Torsionssteifigkeit des Untergurtes und über horizontale Biegung von Untergurt und Obergurt aufgenommen.
Insgesamt wird die Konstruktion so konzipiert und dimensioniert, dass die Eigenfrequenzen sowohl horizontal als auch vertikal über den Grenzwerten von ca. 2,5 Hz liegen.
Zur horizontalen Stabilisierung wird der Stahlsteg unten in die Betonrampe eingespannt. Oben findet auf der bestehenden Eisenbahnbrücke kein Lastabtrag statt; die Spindel kragt von der letzten Stütze zum Bestand hin aus. Zusätzlich werden alle Stützen unten in die Einzelfundamente elastisch eingespannt. Oben findet eine Einspannung durch Integration in den Vierendeelträger statt. Durch diese elastische Einspannung der Stützen werden Zwängungskräfte durch Temperaturverformungen auf ein vertretbares Maß minimiert. Zur Stabilisierung der Einzelfundamente wird davon ausgegangen, dass entsprechend dem zu erstellenden Bodengutachten ein Pfahlgründung notwendig werden wird.
Bauablauf und Bauverfahren
Zunächst wird der Beginn der Spindel unten als blockförmige Stahlbetonrampe entsprechend dem Bodengutachten auf Pfählen gegründet. Parallel werden die Einzelfundamente der Stützen ebenfalls auf Pfählen betoniert.
Danach können die freistehenden Stützen aufgestellt werden.
Die Segmente des Vierendeelträgers zwischen den Stützen werden in Abhängigkeit von den Transportmöglichkeiten vorgefertigt angeliefert und an den Stützen befestigt.
In einem zweiten Schritt werden vorgefertigte Segmente der Fahrbahn angeliefert und an die Vierendeelträger angeschraubt.
Als letzten Montageschritt werden die Geländer, Handläufe und Absturzsicherungen inclusive der integrierten Beleuchtung montiert.
Details und Geländer
Durch die elliptische Grundform der Spindel gibt es eine dichtere Innenkante und eine offenere Außenkante. Entlang der Innenkante läuft die Tragstruktur parallel zum Rampenverlauf als durchlaufender Vierendeelträger durch. Durch die radiale Anordnung der Kragarme entsteht eine offenere Außenkante.
Entlang der Außenkante begleitet ein durchlaufendes vertikales Stabstahlgeländer die gekurvte Spindelaußenkante. Die angeschweißten Flachstahl-Geländerstäbe erwecken je nach Blickwinkel den Eindruck von Transparenz oder Geschlossenheit. Aus dem Blickwinkel der Passanten und Schiffspassagiere erscheint das Geländer leicht und transparent, während Radfahrer auf der Spindel durch die Geländerstäbe einen geschützten Raumeindruck erhalten.
Entlang der Innenkante ergibt sich durch den dichten Abstand - der gegenüber der Fahrbahn – 2 m hohen Vierendeelträger-Pfosten ein geschlosseneres Bild als auf der Außenseite. Auf beiden Seiten dient ein Edelstahlnetz als Absturzsicherung.
Über den gesamten Spindelverlauf wird ein rutschhemmender Belag aus Epoxidharz aufgebracht.
Beleuchtung
Ein aus Radfahrerperspektive leicht abgedecktes, durchlaufendes LED-Lichtband verläuft beidseitig auf Brüstungshöhe (in etwa 90 cm). Für die Nutzer ergibt sich ein ausgewogenes Lichtbild in der nach DIN erforderlichen Ausleuchtung. Eine Blendung für Nutzer und Passanten ist ausgeschlossen.