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Einladungswettbewerb | 03/2023

Städtebauliche Entwicklung Siedlung Ludwigsfeld München

Neue Mitte

Neue Mitte

2. Preis

Preisgeld: 36.000 EUR

Pesch Partner Architektur Stadtplanung GmbH

Stadtplanung / Städtebau

Burger Landschaftsarchitekten Susanne Burger und Peter Kühn Partnerschaft

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Dreiklang der Quartiere: In der stadtlandschaftlichen Konzeption für Ludwigsfeld fügen sich eigenständige Elemente zu einem neuen Ganzen: die 1950er Jahre-Siedlung mit ihren klassischen Wohnzeilen und kleinteiligen Arrondierungen, die urbanen Wohnhöfe mit dem Bildungscampus und das Waldquartier als Neuinterpretation der Gartenstadt. Dieser städtebauliche Dreiklang gewinnt seine Identität aus dem Dialog attraktiver Wohnformen mit Landschaft und Freiraum. Prägend sind: Der grüne Saum der Bachaue und der äußeren Biotope und – gegenwärtig noch Zukunftsmusik – eine biologisch angereicherte Kulturlandschaft. Das feinmaschige Wegenetz verbindet diesen grünen Rahmen mit den inneren Freiräumen: dem Ludwigsfelder Park in der Mitte, der Promenade als zentrale Wegeachse und Verbindung der Erinnerungsorte und dem Rundweg zwischen den Nachbarschaften und den neuen Einrichtungen: Bildungszentrum, Bürgertreff, Galerie und Quartiersplatz mit Trambahnhaltestelle. Ein zukunftsorientiertes Mobilitätskonzept, das Fuß- und Radverkehr und den ÖPNV als Leitverkehre priorisiert, garantiert ein weitge-hend autofreies Wohnumfeld. Aus der ortsbezogenen Interpretation der Bauaufgabe entsteht ein differenzierter Stadtraum mit gut wahrnehmbaren Zeitschichten der Quartiersentwicklung und einer unverwechselbaren Atmosphäre.

Orte zum Leben: Das Wachstum der Siedlung Ludwigsfeld wird als Chance gesehen, am Schnittpunkt des Wegenetzes eine neue Mitte zu gestalten. Um den Quartiersplatz gruppieren sich Supermarkt und Drogeriemarkt, möglichst auch ein Paketdienst und ein Bistro. Der Haltepunkt der Tram und das Mobilitätszentrum, aber auch die optimale Lage im Wegenetz und die im Umfeld konkurrenzlosen Angebote sichern durch eine gleichbleibende Frequenz die Belebung des öffentlichen Raums. Der Platz öffnet sich zum Grün und wird mit der 12-geschossigen Hochhausscheibe akzentuiert. Das Grüne Band und der nördlich anschließende Park werden von der Promenade begleitet, die sich an Bildungscampus und Erinnerungsort zu einer Terrasse öffnet. Der städtebauliche Entwurf findet in den drei Quartieren jeweils eigenständige Antworten auf die Rahmenbedingungen: In der Mitte Ludwigsfelds beeindruckt die alte Siedlung durch die grünen, eingewachsenen Zwischenräume. Ihr alles umschließender, poröser Charakter steht im Dialog mit den luftig arrangierten Wohnzeilen. Punktuelle Ergänzungen tragen zur Aktualisierung des Wohnungsangebots mit zeitgemäßem Familienwohnen bei. Das Ortsbild wird mit maßstäblichen Ergänzungen fortgeschrieben. In eine Wohnzeile wird eine Kita integriert.Im Südosten fügen sich fünf- bis siebengeschossige Stadthäuser zu kompakten Wohnhöfen. Die geschlossenen Ränder schirmen den Innenraum gegen Lärmeintrag ab und stellen attraktive Freiräume für die Wohngemeinschaft zur Verfügung. Am Übergang zur Bestandssiedlung erzeugen solitäre Stadthäuser einen verträglichen Übergang zum Bestand. Zum Schutz der Privatheit werden die Wohnungen an der Schnittstelle zum öffentlichen Raum konsequent im Hochparterre angeboten. In die Wohnzeile am westlichen Quartierseingang wird eine Kita integriert. Im Nordwesten zwischen der Aue am Schwabenbächle und der Russisch-Orthodoxen Kirche greift das Waldquartier gartenstädtische Motive auf. Die auf Lücke gesetzten Galeriehäuser respektieren den erhaltenswerten Baubestand und schützen Wohnungen und Freiraum vor Schalleintrag von der Karlsfelder Straße. Die von mächtigen Gehölzen gesäumte Lichtung bietet ideale Voraussetzungen für eine Spiel- und Liegewiese. Die erforderlichen Kindertagesstätten werden dezentral im Quartier angeordnet – im Bestandsgebiet wie auch in den Neubaugebieten im Nordwesten und Südosten. Die Baulücke am Onyxplatz wird genutzt, um die Versorgung mit Altenwohnungen im Quartier zu verbessern.

Wohnen in vielfältigen Nachbarschaften: Die angebotenen Wohnformen orientieren sich an der Nachfrage der Stadtregion München. In Landschaftsnähe kann eine breite Nachfrage bedient werden. Getragen wird diese Idee vom Typus des städtischen Hauses. Die vorgeschlagene Holzhybridarchitektur folgt gemeinsamen Gestaltungsprinzipien, variiert jedoch in Kubatur, Geschosszahl, Fassade und Farbgebung. So entstehen innerhalb des städtebaulichen Rahmens individuelle Adressen und Wohnlagen, die sich für klassisches Familienwohnen ebenso eignen, wie für Seniorenwohnen, Servicewohnen oder Generationenwohnen und Wohngemeinschaften. In einen modularen städtebaulichen Rahmen eingewobene Gebäudetypologien ermöglichen soziale Vielfalt und Anpassungsfähigkeit an Nachfrageänderungen. Das Stadthaus in der Reihe bietet klassische Wohnungen unterschiedlicher Größe als drei- und Vierspänner an. Punkt- oder Winkelhäuser in den Ecken der Wohnhöfe verbinden eine attraktive Adresse mit einer wirtschaftlichen Gebäuderealisierung. Für die sehr sensible Südseite werden zwei Lärmschutztypologien angeboten: ein klassischer Durchwohngrundriss mit Schallschutzloggia und ein mehrspänniges Hofhaus. Die konsequente Ausrichtung zum Innenhof und eingehängte grüne Zimmer bieten den Wohnungen an der südlichen Ortskante einen Mehrwert, der Lagenachteile auszugleichen vermag. Das Hochhaus am Quartiersplatz verbindet mit den Loggien und Wintergärten attraktives Wohnen am Freiraum mit Fernblick. Die Galeriehäuser des Waldquartiers eignen sich hervorragend für das Wohnen in der Gemeinschaft, auch in Verbindung mit neuen Lebensmodellen.

Lernen auf dem Campus: Grundschule, Sporthalle und Kindertagesstätte im nordöstlichen Segment des Quartiers sind als Bildungscampus organisiert. Die Gebäude rahmen den Schulhof und schirmen die Außenräume und die anschließenden Nachbarschaften gegen Schalleintrag aus Richtung Osten ab. Die Kita wird mit drei aufgesattelten Wohngeschossen zu einem Generationenhaus aufgewertet. Die städtebauliche Zuordnung der Bildungseirichtungen entspricht ihren funktionalen Anforderungen. Die Sporthalle erhält einen Standort gegenüber direkt neben den Sportplätzen. Die Terrasse vor der Mensa und die zurückspringenden Eingänge vor Grundschule und Kita unterstützen die Adressbildung und die Integration der Bildungseinrichtungen ins Ludwigfelder Umfeld.

Pfad der Erinnerung: Mit punktuellen Interventionen in Architektur und Freiraum soll an das Außenlager des Konzentrationslagers Dachau erinnert werden. Die ehemalige Sanitärbaracke wird zur Galerie umgebaut. Ein offen zugängliches Foyer mit Informationstafeln informiert über die Geschichte des historischen Ortes. Die Setzung vis à vis zu den Begegnungsräumen erlaubt den Bezug zu pädagogischen Projekten auf dem Bildungscampus. Der Weg zum gesicherten Gräberfeld führt über die ans Ende der Promenade versetzten Stele. Der Pfad der Erinnerung wird wegbegleitenden Intarsien und einer Lichtspur subtil markiert und erlaubt ein beiläufiges wie auch vertieftes Gedenken an die Geschichte des Ortes.

Freiraum als Ressource: Die Dichte der Gehölze und das Volumen der Baumkronen verbinden in der Siedlung und dem nördlich anschließenden Biotop einen hohen bioökologischen Wert mit einer besonderen Atmosphäre – eine unersetzbare Qualität in Zeiten des Klimawandels. Um den Erhalt dieser, das Gesamtquartier durchdringenden, offenen Freiräume mit den prägenden Gehölz-, Vegetations- und Bio-topstrukturen zu ermöglichen, wird baulich nur punktuell eingegriffen. Die den Bestand prägende Porosität kann bestehen bleiben und den grünen Kern der Ludwigsfelds bilden. Gleichwohl soll eine funktionale Verbesserung der Aufenthaltsbereiche in der weiteren Ausarbeitung und eine Strukturvielfalt der Vege-tationstypen erreicht werden.
Der neue Ludwigsfeld-Park ist als verbindender, kommunikativer Ort konzipiert, der gleichzeitig einen versöhnlichen Übergang zur Siedlung und ihrer Bewohnerschaft herstellt. Um seinen Wert zu steigern, ist der Park eingebunden in ein grünes Netz, das mit grünen Fugen die notwendigen Ventilationsbahnen für die Frischluft freihält und die Nachbarschaften miteinander verbindet. Als östliches Pendant zum Park wird der grüne Saum am Schwabenbächle in das Konzept eingebunden und erschlossen. In Ost-West-Richtung bildet ein bestehender Baumrain eine grüne Fuge zur Landschaft nach Osten aus und setzt sich nach Westen über den grünen Straßenraum der Diamantstraße fort. Die Parkbänder sind über vielfältige Wege verbunden. Besonderes Augenmerk widmet die Planung einem inneren Rundweg, der neben sei-ner Erschließungsfunktion einen Beitrag zur guten Nachbarschaft von Alt und Neu leisten soll. Die Logik der privaten Freiräume folgt der Systematik der neuen Grünflächen. Die Wohnhöfe der urbanen Nachbarschaften sind der jeweiligen Wohngemeinschaft vorbehalten. Sie sind nur teilweise unterbaut und bieten Wurzelraum für großkronige Bäume, die den Höfen eine besondere Atmosphäre verleihen. Zusätzliche Freiräume finden die dort Wohnenden auf grünen Terrassen, die der Hausgemeinschaft über die Treppenhäuser zugänglich sind. Im Waldquartier stehen private Freiräume für die Gemeinschaft zur Verfügung. Die Liegewiese in auf der Lichtung ist ein Angebot an die Quartiersöffentlichkeit.

Mobil in Ludwigsfeld: Der Entwurf folgt der Idee einer stadt- und umweltverträglichen Mobilität. Leitverkehre im Quartier sind der Fuß-und Radverkehr. Der Quartiersplatz und der Bildungscampus werden direkt von der Tram und den Buslinien angefahren. Die Erschließung für die motorisierten Individualverkehr erfolgt als große Schleife von der Dachauer Straße im Südwesten zur Karlsfelder Straße im Norden auf der Trasse des Feldweges. Hier fährt auch der öffentliche Verkehr, der mit drei Haltepunkten und der Tram im Boulevard eine gute Versorgung mit Mobilitätsdienstleistungen garantiert. Insgesamt soll ein Erschließungssystem entstehen, das die bestehende Siedlung von Fahrverkehr aus dem Entwicklungsgebiet verschont und die befürchteten Abkürzungsverkehre ausschließt. Für den ruhenden Verkehr wird ein gestuftes Konzept angeboten: Ein Mobilitätszentrum in der neuen Mitte verbindet die Möglichkeiten neuer Angebote wie Elektro-Carsharing und E-Bike Sharing mit Fahrradwerkstatt mit einer leistungsfähigen Quartiersgarage. Stellplätze im Erdgeschoss stehen den Kunden des Nahversorgers während der Geschäftszeiten zur Verfügung. Die Konzentration der Stellplätze entlastet die Siedlung und die urbanen Wohnhöfe von ruhendem Verkehr und erlaubt es, in den teilunterbauten Wohnhöfen Bäume mit Erdanschluss zu pflanzen. Zwei weitere Quartiersgaragen im Nordwesten Ludwigsfelds schaffen die Voraussetzung, um im bioökologisch sensiblen Umfeld auf den Bau von Tiefgaragen zu verzichten. Die Stellplätze für den Bildungscampus werden in Tiefgaragen realisiert. Besucher finden ihre Stellplätze in Parkstreifen entlang der Sammelstraßen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit von pesch partner Architekten Stadtplaner mit Burger Landschaftsarchitekten geht konzeptionell überzeugend mit den vorhandenen Freiraumstrukturen um und integriert die Bebauung im Norden und der bestehenden Siedlung sensibel in den Gehölzbestand.

Ein großzügiger nord-süd gerichteter Grünzug verbindet Neubau und Bestand sowie das Quartier mit der Landschaft im Süden. An diesem liegt gut auffindbar das Quartierszentrum mit einem Platz, der durch maßvolle Größe, gute Proportion und Lagequalität überzeugt und mit einem Wohnhochhaus stadträumlich akzentuiert wird. Der benachbarte Mobilitätshub bietet mit Studentenwohnen auf dem Dach eine sinnvolle Ergänzung, die zur Belebung des Zentrums beitragen wird.

Im Ideenteil der Schule werden weitere Wohnungen angeboten, die u.a. bezüglich Lärmkonflikte kritisch gesehen werden und nicht in die Bilanz eingehen.

Die Erinnerungsorte der ehemaligen Sanitärbaracke und des Gräberfeldes werden klug und schlüssig in den Schulcampus und die Bildungsarbeit integriert.

Die Arbeit bleibt in der Anzahl der Wohnungen etwas unter dem Durchschnitt zurück. Die Kitas im Areal liegen in Anzahl und Geschossfläche unter den Anforderungen der Auslobung.

Entschieden positionieren sich die Verfasser durch die Erschließung des südlichen Bereichs mit einer kombinierten MIV-/ÖPNV-Trasse, die beidseits bebaut eine qualitätvolle urbane Stadtstraße verspricht und konsequent auf die südliche Umfahrung des Wettbewerbsgebietes verzichtet. Leider ist deren Breite etwas zu schmal, um die Trambahn aufzunehmen, hier müsste nachgebessert und das Strassenraumprofil erweitert werden. Nördlich der Straße vermitteln die Verfasser zu den bestehenden Reihenhäusern mit einer höhengestaffelten Bebauung, die aber die Abstandsflächen zur Grundstücksgrenze nicht einhält. Auch südlich der Schule verbleiben Abstandsflächenprobleme, die gelöst werden müssen.

Für den ruhenden Verkehr wird der erforderliche Stellplatzschlüssel leider nicht nachgewiesen, jedoch mit dem großen Mehrwert, dass die Innenhöfe weitgehend von Unterbauung freigehalten werden. Die Schaffung der heute notwendigen Stellplätze wäre in zusätzlichen Tiefgaragen nachzuweisen, was aber ohne Änderungen an der oberirdischen Baustruktur machbar scheint. Mit den drei Mobilitätshäusern wird zudem eine anpassbare Struktur angeboten, die es auch erlaubt, auf mögliche Veränderungen in der Zukunft zu reagieren.

Das Thema Schwammstadt ist mit der geringen Unterbauung sehr gut aufgegriffen, die baumbestandenen Innenhöfe sowie der großflächige Erhalt der Bestandsbäume leisten einen wichtigen Beitrag für eine gute bioklimatische Situation. Die notwendigen Durchlüftungsachsen sind ausreichend dimensioniert und gut in den Städtebau integriert. Die geforderte Freiflächenversorgung wird quantitativ und qualitativ überzeugend abgebildet. Das etwas asymmetrische Verhältnis von öffentlichen zu privaten Freiflächen sollte in Richtung öffentlichem Grün verbessert werden.

Positiv zu bewerten ist die Vielfalt der angebotenen Wohnungstypologien in den Höfen. Diese sollten durch bauliche Rettungswege möglichst von Feuerwehr freigehalten werden und lärmexponierte sowie rein nordorientierte Wohnungen durch kluge Grundrissorganisation vermieden werden. Die Arbeit bietet hier eine große typologische Vielfalt an, die ausbaufähig erscheint.

Die Arbeit überzeugt durch ihre hohe Freiraumqualität und die behutsame Ergänzung des Bestandes. Insgesamt ein sehr klarer und robuster Städtebau, der sich gegenüber dem Bestand so selbstbewusst wie selbstverständlich einfügt und auf zukünftige Anforderungen städtischen Wohnens gut reagieren kann. Jedoch bleiben Zweifel, ob die Themen Abstandsflächen- und Tramtrasse ohne Flächenverluste gelöst werden könnten.

Energie und Nachhaltigkeit
Die Arbeit schneidet bei Kompaktheit und graue Energie gut ab. Auch beim solaren Bauen ist die Arbeit überdurchschnittlich. Eine Klimaneutralität kann potentiell erreicht werden.
Waldquarter

Waldquarter

Rahmenplan

Rahmenplan

Detail Neue Mitte

Detail Neue Mitte

Detail Neue Mitte mit Grundrissen

Detail Neue Mitte mit Grundrissen

Schnitt Neue Mitte

Schnitt Neue Mitte

Isometrie Neue Mitte

Isometrie Neue Mitte