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Studienauftrag | 01/2023

Arealentwicklung Neue Kirche Zürich Witikon (CH)

Hybrides Gebäudeensemble aus identitätsstarken Typologien

Hybrides Gebäudeensemble aus identitätsstarken Typologien

Sieger

Penzel Valier AG

Architektur

MAURUS SCHIFFERLI, LANDSCHAFTSARCHITEKT

Landschaftsarchitektur

Gruner AG

TGA-Fachplanung

HEFTI. HESS. MARTIGNONI. Zürich AG usic

TGA-Fachplanung

BAKUS Bauphysik & Akustik GmbH

Bauphysik

36O36Ø Visualisierungen

Visualisierung

Erläuterungstext

Neue Kirche Zürich Witikon

Eingebettet im unmittelbaren Zentrum des Quartiers Witikon bildet das Areal einen zentralen Knotenpunkt von hoher städtebaulicher Bedeutung. Die reformierte Kirchgemeinde Zürich Witikon initiiert einen nachhaltigen Transformationsprozesses für die Zukunft des Quartiers, der gleichzeitig die Lebendigkeit der Kirchengemeinde weiter stärkt und deren Relevanz als Ort der Gemeinschaft und Spiritualität festigt. Seiner Wichtigkeit entsprechend konzipierte der Architekt Theodor Laubi im Jahr 1955 ein kirchliches Zentrum mit eigenständigen Baukörpern, welche sich selbstbewusst um einen zentralen Platz anordnen und durch die unterschiedliche Positionierung ein starkes Spannungsfeld von Aussen- und Zwischenräumen schaffen. Die räumliche und kulturelle Qualität der bestehenden, teilweise denkmalgeschützten Bestandsbauten sowie der Grundgedanke eines denkmalbewussten sowie nachhaltigen Entwicklungsprozesses ist zentraler Grundsatz des Entwurfs.

Neben Kirchenbau mit zugehörigem Kirchturm bleibt das historischen Gemeindehauses erhalten. Dieses ist neben seiner architektonisch hohen Qualität trotz hohen Baualters in einem überdurchschnittlich guten baulichen Zustand. Darüber hinaus ist das Gemeindehaus heutzutage wichtiger Bestandteil des Gemeindelebens und bildet neben der Kirche und dem Glockenturm einen zentralen identitätsstiftenden Baustein mit hoher Akzeptanz und hoher Nutzungsfrequenz.

Die effiziente Nutzung und mehrfache Belegung der vorhandenen Flächen sowohl im Gemeindehaus als auch in der Kirche erlaubt das neu zu erstellende Bauvolumen umwelt- und ressourcenschonend zu reduzieren und wertvolle Substanz weiter zu nutzen, statt sie abzubrechen. Zudem können baukulturelle Werte und identitätsstiftende Räume der Gemeinde erhalten werden, die in dieser Grosszügigkeit kaum neu errichtet werden können. Gleichzeitig können Rohbaukosten gespart werden, was den Druck auf die zu erwirtschaftende Rendite bei den Wohnungen reduziert.

Der Charakter eines hybriden Gebäudeensembles aus unterschiedlichen Volumen mit jeweils identitätsstarker Typologie wird durch das Hinzufügen von vier zusätzlichen Gebäuden erweitert. Vier klare, einfache Baukörper ergänzen das Ensemble und versammeln sich um den zentralen Platz als Zentrum des Gemeindelebens. Zwischen den Körpern öffnen sich die Räume in die offene Umgebung und vernetzen die Mitte mit dem Quartier.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der zentrale Entwurfsgedanke ist das Weiterentwickeln und Verdichten der bestehenden Situation. Die Kirche mit Turm und das Saalgebäude werden erhalten und durch vier weitere Häuser ergänzt. Es entsteht ein gut proportionierter mittiger Platz, der sich allseitig zwischen den Gebäuden mit der Umgebung verzahnt. Die Bestandsbauten und die differenzierten Ergänzungsbauten lassen ein interessantes neues Ensemble entstehen, das sich behutsam und doch selbstbewusst ins Quartier einbindet.

Das Punkthaus an der Witikonerstrasse ersetzt das HOCH3, schützt den Hof zur Strasse und bildet zusammen mit dem Kirchturm den städtebaulichen Auftakt zur Anlage. Ebenfalls die Witikonerstrasse begleitend, besetzt das schmale Haus mit der eleganten aufstrebenden Stirnfassade die Kreuzung zur Heilighüslistrasse. Die geschickte Stellung und Proportion dieses Längshauses lässt den Blick frei auf den prägnanten Saalbau an der Heilighüslistrasse. In der Verlängerung des Saalbaus schliesst der grösste und tiefste Baukörper an und komplettiert die städteräumliche Situation zum angrenzenden Wohnquartier. Schliesslich fügt sich der letzte Baustein im Südosten zwischen Kirche und grossem Haus ein und vervollständigt mit seiner Stirnseite die Geometrie des Platzes.

Die charakteristisch durchgrünten Ränder der Parzelle mit wertvollem Baumbestand zur Witikoner- und Heilighüslistrasse werden beibehalten und zusätzlich gestärkt. Im Übergang zur Schulanlage wird der parkartige Aussenraum durch die zusätzliche Durchwegung und Anbindung ans rückwärtige Quartier aufgewertet. Zum zentralen Platz hin verdichtet sich der befestigte Bodenbelag und schafft die Grundlage für ein vielfältiges Nutzungsangebot. Die Mitte des Platzes wird weiterhin durch die schattenspendende Bauminsel ausgezeichnet.

Der städtebaulichen Anlage entsprechend ist die Haupterschliessung auf dem Platzniveau organisiert. Unterschiedliche Wege führen allseitig zum neuen Ensemble. Der charmante bestehende Zugang zwischen Kirche und Turm bleibt bestehen und führt ebenfalls ins Herzstück der Anlage. Die Kubatur und das Erscheinungsbild der Kirche werden erhalten. Mit behutsamen Eingriffen wird einerseits die ursprüngliche prägnante Lichtführung wiederhergestellt und andererseits mit dem Einbau der neuen Empore als multifunktionales Möbel neue Synergien geschaffen. Der Rückbau der bestehenden Empore samt symmetrischen Treppen schafft ein attraktives überhohes Foyer, das mit zwei neuen Fenstern den Bezug nach Aussen sucht und der Kirche zu mehr Offenheit verhilft. Die neue Empore ragt etwas weiter aus und lässt sich über Schiebeelemente auf der Kirchenebene zum Gemeindesaal schliessen. Zwei Lichtkanonen versorgen den Gemeindesaal von oben mit Tageslicht und verleihen dem Raum seine besondere Atmosphäre. Die Schiebeelemente und die mobile Bühne lassen unterschiedliche Nutzungsszenarien zu - vom Gottesdienst über Theateraufführungen bis hin zum Bankett.

Das räumliche Potenzial des bestehenden Saales wird erkannt und daraus ein flexibles neues Raumgefüge geschaffen. Am Scharnier zwischen Foyer und Saal wird die nötige Infrastruktur angeboten, um sowohl den schmalen barartigen Bereich zum Hof als auch das Restaurant im Saal zu bedienen. Vom Saal kann ein gut proportionierter Raumteil abgetrennt werden, der sowohl als «Sääli» als auch als Mehrzweckraum genutzt werden kann. Der erhöhte Bühnenbereich bietet eine zusätzliche Nische mit eigener Raumstimmung. Die beiden unabhängigen Eingänge in Kombination mit den verschiedenen Raumzonen ermöglichen die Gleichzeitigkeit unterschiedlicher Anlässe und eine tolle Nutzungsflexibilität.

Die Sichtbarkeit des HOCH3 wird durch die Ausrichtung zur Strasse noch verbessert. Die Präsenz am Platz bleibt und es werden nach wie vor attraktive Aussensitzplätze angeboten. Direkt daneben auf dem gleichen Niveau und ebenfalls auf den zentralen Aussenraum ausgerichtet befindet sich gut auffindbar das Sekretariat mit Empfang.

Das Co-Working im Kopf des schmalen Hauses schafft sowohl zum Sekretariat als auch zur Bibliothek Synergien. Die Bibliothek vermittelt über die zweigeschossige Organisation ins Sockelniveau und bietet dort einen direkten Zugang von der Witikonerstrasse an. In Kombination mit dem Wohnungseingang schafft das schmale Haus zur Strasse ebenfalls die gewünschte Öffentlichkeit.

Kindergarten und Hort besetzen die Erdgeschosse der beiden südlichen Neubauten, wodurch die Mitte zusätzlich belebt wird und eine gute Verbindung zur Schulanlage geschaffen wird.

Die Kinderkrippe, die unabhängig von Kirche und Schule funktioniert, ist im Sockel des grossen Hauses geschickt platziert, da der vorgelagerte abgeschlossene Aussenraum zur Heilighüslistrasse die Durchlässigkeit der Umgebung nicht tangiert und für die Krippennutzung sehr gut besonnt ist.

Die Schulungsräume im Sockel des Saalgebäudes werden weiterhin als Unterrichts- und Sitzungszimmer genutzt. Die Anbindung zur Gesamtanlage funktioniert einerseits über die neue Treppe mit Lift zum Platz und andererseits über eine unterirdische Wegverbindung zum Treppenhaus des Punkthauses. Das ausgedehnte Untergeschoss verknüpft auf der unteren Ebene praktisch alle Bereiche. Dieser erhebliche Eingriff steht im Kontrast zur subtilen Entwicklung der Anlage auf der sichtbaren Ebene. Es wären mehr nicht unterbaute Grünflächen erstrebenswert.

Die vierspännigen Erschliessungen der Wohnungen sind effizient, aber eher knapp bemessen. Die Problematik des Lärms an der Witikonerstrasse wurde grösstenteils gut gelöst. Die Grundrisse der Wohnungen sind attraktiv und versprechen einen hohen Wohnwert. Im grossen Haus sind einige Wohnungen ungünstig nach Nordosten ausgerichtet. Das Haus neben der Kirche schöpft das Potenzial der Weitsicht seiner Stirnfassaden noch nicht aus, da statt den Wohnräumen nur Schlafzimmer angeordnet sind.

Die konstruktive Umsetzung als Mischbauweise ist plausibel und die Idee gewisse strukturelle Elemente des Saalbaus zu übernehmen und neu zu interpretieren ist interessant. Auch der Wille, dass die Neubauten nicht alle gleich aussehen, stärkt den Charakter des gewachsenen Ensembles.

Das Projekt ist ein wertvoller Beitrag zur Debatte über die Sinnhaftigkeit vom Erhalt von Bestandsbauten. Gerade das Nebeneinander von Alt und Neu macht die Qualität des neuen Ensembles aus. Raffiniert ist auch die Verteilung aller öffentlichen Nutzungen in den Erdgeschossen, was viel Flexibilität für die zukünftige Planung mit sich bringt und der Anlage die gewünschte Lebendigkeit schenkt.
Zentraler Platz als Zentrum des Gemeindelebens

Zentraler Platz als Zentrum des Gemeindelebens

Polyvalenter Kirchensaal mit Holzeinbauten

Polyvalenter Kirchensaal mit Holzeinbauten